so gut ich konnte, beobachtete ich vom rücksitz her die fahrt durchs gebirge. die zersprungene fensterscheibe machte es nicht einfacher. allerdings übersah ich durch diese eingeschränkte sicht manchen lkw, der uns, kaum hatte mein fahrer zum überholen angesetzt, auf uns zu fuhr und wild hupend über den schotter schleuderte, während wir mit knapper not abbremsten und zusahen, dass wir uns schnell wieder nach rechts einordneten.überhaupt war es so: es vergingen viele minuten, in denen uns überhaupt kein auto entgegenkam. aber immer, wenn mein taxifahrer zum überholen ansetzte, tauchte garantiert ein fahrzeug auf der gegenspur auf. sie schienen geradezu darauf zu warten, mit einem überholenden fahrzeug zusammenzustossen.

ich hatte mich in die vorderlehne festgekrallt und sah aus den augenwinkeln, wie hart mein fahrer arbeitete. schweiss stand ihm auf der stirn, sein hemd war nass, während er sich bemühte, allen entgegenkommenden autos auszuweichen. das war auch deshalb oft nicht einfach, weil die zersplitterte scheibe des autos ihm nur an einer kleinen heil gebliebenen stelle eine freie sicht von schätzungsweise 30 mal 30 zentimetern bot. hätte ich nicht so viel angst um mich gehabt, hätte ich ihn sicher bemitleidet.

als uns wieder einmal ein lkw mit flackernder lichthuppe entgegenraste, platzte ihm der kragen. "ich trag nie brille. mein doktor sagt, ich brauch brille. aber, wie sieht das aus?" dabei nestelte er in seiner westentasche und beförderte eine silberne brille ans tageslicht. "aber nun ist mir zu bunt hier. jetzt will ich doch sehen, was ist." er setzte sich die brille auf und ich sank beruhigt in den rücksitz. die riskanten überholmanöver waren ergebnis seiner dioptrien-schwäche gewesen und würden sich jetzt, mit brille, wohl nicht mehr wiederholen.

und so war es. wir fuhren sehr manierlich durch den mittleren atlas und ich schlief auf dem rücksitz ein und träumte von zusammenstössen von lkws mit kekspyramiden.

"du hunger? wir mittag?", weckte er mich aus dem leichten schlaf. nein, jetzt nicht essen, dachte ich. nur weiter. marrakesch ist noch weit. nur jetzt keine pause! aber bevor ich noch antworten konnte, bremste er das auto ab und bog auf einen parkplatz. "ich weiss, du hunger!".rief er und parkte die taxe. wir stiegen aus. am rand des parkplatzes stand ein restaurant. die plätze unter der markise waren dicht besetzt. mit einiger mühe fanden wir dann aber doch einen freien tisch. "du setzen und ich duschen", sagte mein taxi-fahrer. was sollte das jetzt? wir wollten doch nur eine kleinigkeit zu uns nehmen und dann weiter....? aber bevor ich noch etwas einwenden konnte, verschwand er mit grossen schritten im inneren des restaurants.

jetzt kam ein junger marokkaner auf mich zu. er trug in jeder hand ein bündel sonnenbrillen. vor meinem tisch hielt er. "du allemagne? du brauchst brille?" "nein", antwortete ich. "ich habe bereits eine!" "und wenn die kaputt, du brauchts ein andere, oder?" "das ist richtig, aber meine brille ist doch nicht kaputt." "noch nicht mister, aber bald. hier nimm eine von mir." "nein, das geht nicht, ich trage eine sonnenbrille mit geschliffenen gläsern!" "das macht nichts. du gehen mit brille zum optiker und er machen dir schöne gläser. nimm."....ich war müde und hungrig. ich wollte das gespräch nicht. ich kaufte ihm die sonnenbrille ab. als wir später weiter richtung marrakesch fuhren, vergass ich, sie einzustecken.

kaum war der sonnenbrillen-verkäufer verschwunden, erschien ein uhrenverkäufer auf der bildfläche und machte an meinem tisch halt. "du allemagne? du hast schöne uhr. ich sehe. aber nicht so schön wie meine. hier, guck! rolex! kennst du rolex? ist aus swisse! gut qualität.da mein taxifahrer immer noch unter der dusche stand und ich nicht damit rechnen konnte, dass er so sehr bald wieder erscheinen würde, bat ich den uhrenverkäufer an den tisch und liess mir seine ganze kollektion zeigen. eine üppige breitling-uhr mit billigem china-quarz-werk hatte es mir schliesslich angetan."oh, schön stück. in swisse kostet 10.000 dirham. bei mir aber nur 500!" ich gab ihm schliesslich 150 dirham und steckte meine neuerworbene uhr in die tasche.

endlich erschien mein taxi-fahrer wieder. er schüttelte sich das wasser aus seinen nassen haaren und setzte sich. "das war gut", rief er. "jetzt wir essen." "gern erwiderte ich. "aber bitte nur eine kleinigkeit. wir wollen ja heute noch nach marrakesch, oder?" jetzt sah mich der taxifahrer sehr ernst an. "mein freund, wenn mittag in marokko, dann wir essen. und später wir fahren. eins nach anderen". dann bestellte er eine tanjine mit hammelfleisch. es dauerte eine ganze weile, bis der ober den überdimensionierten tontopf auf unseren tisch stellte und den spitz zulaufenden deckel hob.

auf einem bett aus kartoffeln und karotten lag das hammelfleisch. ach, was sage ich? da lag ein halber hammel, duftend und bereit, sich von uns verzehren zu lassen. war ich jetzt auf dem weg nach marrakesch oder dem festessen einer marokkanischen hochzeit gelandet?

"gut appetit", rief mein taxifahrer und griff sich ein besonders saftiges stück fleisch aus dem topf.