da hast du wohl etwas falsch verstanden! die allierten (frankreich, england und amerika) vergaben nach dem krieg zeitungslizensen an "unbelastete" journalisten - und von denen gab es wenige. die bedingung war, eine zeitungslandschaft in deutschland aufzubauen, die sich am angelsächsischen vorbild orientierte - nämlich der pressefreiheit (worüber allerdings trefflich zu streiten wäre!)

natürlich war die vergabe der lizensen auch mit der absicht verbunden, kontrollierend einzugreifen.

aber gerade rudof augstein hat sehr schnell - damals noch in hannover - den einfluss der engländer stark zurückgedrängt, indem er sich jede zensur verbat.

es ist nicht so, dass die frühen lizensierten zeitungen (stern, welt und spiegel) amerika- oder england hörig waren.

gerade für den spiegel wäre es glattweg eine gemeinheit, ihm amerikahörige publizistik nachzusagen. man lese nur einmal die berichterstatung des spiegel während des vietnam-krieges.

aber ganz abgesehen davon: natürlich hat sich die nachkriegspolitik und publizistik stark an amerika orientiert. wie hätte es anders sein können, oder: an welcher art der publizistik hätte man sich sonst orientieren sollen: an der russischen vielleicht?

die journalisten begannen 1945 ihre arbeit ineinem vakuum. übrigens hat rudolf augstein parteigenossen der nsdap beschäftigt - wahrscheinlich mit seinem wissen. denn es gab in deutschland nach dem krieg eben wenige journalisten, die ihr handwerk verstanden.

dennoch hat der spiegel keine einzige zeile veröffentlicht, die ihn in den ruf hätte bringen können, nationalistisch zu sein oder alten träumen hinterher zu hängen.

eine freie presse - überall in der welt - wird sich selbst heute noch an der amerikanischen messen lassen müssen. wer zum beispiel hat den watergate-skandal aufgedeckt, über den ein präsident stürzte? es war die "washington post"!

also wollen wir dann mal gerecht sein und nicht unsere vorurteile und aversionen zu letztgültigen aussagen machen, gell, thomas friedrich?

J.