Hallo Mimhaat

 Antwort auf:
was denken, gerade vielleicht die jungen Marokkaner, wenn sie sehen, dass es so leicht ist für Europäer nach Marokko zu kommen (Urlaub, "Visa") und es auch offensichtlich "so leicht" ist für sie Immobilien zu kaufen ect., während für sie selber der Weg ins Ausland von fast bis gar unmöglich ist, auf legale Art?
Also ich kann nur von mir persönlich und meinem Bekanntenkreis sprechen, also keine objektive Antwort auf deine Frage geben. Ich weiß z.B., dass es gar nicht so einfach ist, wie es hier verschiedentlich dargestellt wurde, eine Aufenthaltsgenehmigung für Marokko zu bekommen. Das gestaltet sich ähnlich aufwendig wie der umgekehrte Antrag für eine Residenz in einem EU-Staat mit Gehalts- oder Vermögensnachweis, Wohnungsnachweis, Arbeitsnachweis usw. Und dann gilt die Genehmigung zunächst nur für jeweils ein Jahr und erfodert allerlei Behördengänge. Die Marokkaner wollen sich also genauso absichern wie die anderen Länder, dass niemand dauerhaft zu ihnen kommt und dann evtl. jemandem einen Arbeitsplatz wegnimmt oder dem Staat sonst wie schadet. Anders ist es, wenn man ein Projekt hat und Arbeitsplätze schafft, dann geht’s schnell und problemlos.

Aber genauso verhält es sich auch andersrum. Mit einem Arbeitsvertrag in der Tasche oder einem konkreten und abgesicherten Geschäft bekommt auch jeder Ausländer seine Wohngenehmigung in Europa. Und dass er dort Immobilien erwerben kann, ist ebenfalls sogar unbeschränkter als in Marokko möglich (landwirtschaftlicher Besitz).

Etwas anders sieht es allerdings bei „Normalreisenden“ bzw. Touristen aus. Hier ist die Einreise für Ausländer nach Marokko eindeutig einfacher als umgekehrt. Die Erklärung ist natürlich einfach, denn einerseits will Marokko Devisen aus dem Tourismusgeschäft, andererseits ist kaum zu befürchten, dass diese Touristen illegal im Land bleiben werden und als Billigarbeiter der einheimischen Bevölkerung Konkurrenz machen werden. Der umgekehrte Fall ist ja hinreichend bekannt und bedarf keiner Erläuterung.

Dass ein „reicher“ Marokkaner oder zumindest jemand, der eine feste Anstellung und Besitz in Marokko hat und dessen Rückreise gesichert erscheint, dennoch ebenfalls seine Visa für Europa bekommt (notfalls mit Vitamin B), ist absolut keine Ausnahme. Augenscheinlich ist die Diskrepanz lediglich in der unterschiedlichen Anzahl betuchter Europäer zu wohlhabenden Marokkanern.

Und schließlich zu deiner Frage, wie die jungen Leute in Marokko das sehen, kann ich nur sagen, dass sie das genauso erkennen, wie ich es dargestellt habe. Es bedarf zwar manchmal z.T. erheblicher Überzeugungsarbeit, ihre falschen Vorstellungen von einem paradisischen Europa zu korrigieren, welche sie von ihren eigenen zurückkehrenden angeberischen Landsleuten empfangen. Aber neidische oder gar missgünstige Reaktionen auf diese Verhältnisse habe ich bisher noch nicht erfahren.

Gruß von drake