Mein lieber Karim Habbouri,

wenn man schon zitiert, dann alles und nicht nur das, was einem gerade in den Kram passt. Da nützt auch ein Link zur Quelle nichts, denn wenn zitiert wird, dann geht der normale Leser davon aus, dass korrekt und vollständig zitiert wird.

Alles andere ist schlechter polemischer Stil!

Deshalb erst mal der gesamte Beitrag:

 Antwort auf:
Gespräch

Keine Spuren im Sand

In der algerischen Sahara sind mehr als 30 Touristen verschwunden. Uwe George bereist seit 40 Jahren die Region. Ein Gespräch über Gefahren und Faszination der Wüste

Interview: Franz Lenze und Dorothée Stöbener

Herr George, wenn Sie jemand vor zwei Monaten gefragt hätte: Kann ich nach Algerien in die Sahara fahren – was hätten Sie geantwortet?

Ich hätte gesagt: Fahr los!

Keine Bedenken wegen des damals bevorstehenden Irak-Kriegs?

Nein. Die Sahara ist so groß, dass die globalen politischen Probleme nie bis in die zentrale Sahara vorgedrungen sind. Algerien hat genug eigene Probleme.

In Algerien herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände. Jedes Jahr fordert der Kampf zwischen Regierung und Islamisten mehrere hundert Opfer. Macht es wirklich Spaß, in dieses Land zu reisen?

Für viele Sahara-Touristen ist das kein Problem. Sie wollen durch atemberaubende Landschaften fahren, Politik interessiert sie nur am Rande. Die Massaker beschränken sich ja auf den Norden des Landes.

Der Süden ist also sicher?

Sicher ist er nie gewesen. Ganz weit im Süden, an der Grenze zu Niger, hat es immer Überfälle gegeben – mindestens zwei oder drei im Jahr. Man muss wissen, dass viele Saharastämme traditionell auch räuberisch sind. Das ist für sie der einzige Ausweg, um zu überleben. Stellen Sie sich einen mittellosen Afrikaner vor, der nichts hat außer einer Kalaschnikow und sehr viel Munition. Und dann kommen Touristen in Geländefahrzeugen, die allein schon 60000 Euro kosten. Also hat man ihnen Geld und Ausrüstung abgenommen.

Nun sind aber bereits mehr als 30 Sahara-Touristen in der algerischen Wüste verschwunden. Sie waren mit Autos und Motorrädern in verschiedenen Reisegruppen unterwegs. Was kann passiert sein?

Auch ich kann da nur spekulieren. Möglich wäre, dass es neuerdings eine Allianz zwischen traditionell räuberischen und islamistischen Gruppen gibt. Vielleicht versuchen Islamisten aus dem Norden, Algeriens Gesinnungsgenossen freizupressen, die in den Gefängnissen schmoren. Ich kann mir auch vorstellen, dass sie vielleicht sogar welche freipressen wollen, die im Ausland gefangen genommen wurden. In Deutschland zum Beispiel. Denn immerhin sind unter den verschwundenen Touristen viele Deutsche. Aber wenn das der Fall ist, müssten langsam Forderungen gestellt werden.

Einige der Touristen werden seit dem 21. Februar vermisst.

Ja, und im Moment herrschen dort unten schon 40 Grad im Schatten, in zwei Wochen können es 50 Grad sein. Bei diesen Temperaturen steigt der Wasserverbrauch pro Kopf leicht auf zehn Liter am Tag. 30 Menschen über einen so langen Zeitraum zu versorgen dürfte äußerst schwierig sein.

Algerische Soldaten, unterstützt von Beamten des Bundeskriminalamtes und Experten der Anti-Terror-Einheit GSG-9, suchen bislang ohne Erfolg nach den Vermissten. Sie sind wie vom Erdboden verschluckt.

Die Sahara ist neun Millionen Quadratkilometer groß. Man kann sich die Weite dieser Landschaft kaum vorstellen, wenn man sie nie gesehen hat. Es gibt endlose Sanddünen, wild zerklüftete Bergplateaus und Milliarden von Höhlen. Ich war selbst einmal an einer Suchaktion beteiligt. Wenn sich ein verirrter, verdurstender Mensch in eine schattige Felsspalte verkriecht, finden Sie ihn nie wieder. Allerdings finden sich fast immer die Autos, die sind sehr auffällig. Es sei denn, jemand stellt sie in den harten Schlagschatten der Felsen, dann sind sie aus der Luft nicht zu sehen.

Das spurlose Verschwinden der Fahrzeuge spricht also dafür, dass die Menschen entführt worden sind?

Da wir nichts wissen, darf man aber auch die Möglichkeit nicht ausschließen, dass es sich um eine zufällige Häufung von Unglücken handelt. So unwahrscheinlich das klingt.

Viele, die jetzt vermisst werden, waren auf der so genannten Gräberpiste unterwegs. Es heißt, das sei eine einfach zu befahrene Piste.

Das stimmt. Die Piste hat ihren Namen wegen der prähistorischen Gräber erhalten. Sie bietet auf einer relativ kurzen Strecke einen repräsentativen Querschnitt durch viele Sahara-Landschaften. Deshalb ist sie bei Off-Roadern so beliebt. Was solche viel befahrenen Pisten gefährlich macht, ist, dass sie mit der Zeit eine wellblechartige Struktur entwickeln, die Autos zerreißen kann. Die Leute weichen aus, und so bilden sich neben der eigentlichen Spur immer weitere Spuren. Die Piste weitet sich aus. Manch eine wird bis zu 100 Kilometer breit. Ich bin hin und wieder selbst auf solche Pisten reingefallen. Und landete dann an einem verlassenen Bohrloch, das Ölarbeiter vor langer Zeit angelegt haben. Verfahren kann man sich da ständig. Allerdings gilt das nicht für die Gräberpiste. Sie bietet kaum Ausweichmöglichkeiten, weil sich links und rechts des Weges Felsen oder hohe Sanddünen türmen.

Die verschwundenen Touristen waren erfahrene und gut ausgerüstete Individualreisende. Was bedeutet gut ausgerüstet?

Das ist ein weites Feld. Das Wichtigste aber ist ein geeignetes Fahrzeug. Nicht wie viele dieser hochgezüchteten Modelle, die die Autoindustrie auf den Markt wirft. Das sind beeindruckende Angeberautos, die schnell versagen können, wenn sie überladen werden. Schließlich muss man auf einer Sahara-Tour eine enorme Menge Wasser und Ersatztreibstoff mitführen. Der Wagen sollte einen Dieselmotor haben, der Fahrer Grundkenntnisse der Mechanik besitzen, um auch einmal einen Motor reparieren oder eine gebrochene Wagenfeder austauschen zu können. Neben all der Technik darf nicht vergessen werden: Ein bisschen Französisch sollte man natürlich in der Sahara auch beherrschen.

Verleitet die immer bessere Ausrüstung – von Allrad-Jeeps über das elektronische Navigationssystem GPS – zu immer waghalsigeren Wüstentouren?

Es ist ein Trugschluss, sich mit GPS sicher zu fühlen. Das Gerät führt bei Reisenden, die zum ersten Mal durch die Wüste fahren, dazu, dass sie nicht mehr auf die Landschaft achten. Sie programmieren ihre Wegepunkte und gucken aufs Display. Das hilft einem aber nicht, wenn Staubstürme aufziehen, es wochenlang keine Sicht gibt, es zu Hitzewellen kommt, der Wind aus verschiedenen Richtungen fegt. In solchen Fällen hat man sich sehr schnell mit den Wasservorräten verkalkuliert, weil der Verbrauch von zwei Litern am Tag auf acht steigen kann. Die Wüste bleibt eben gefährlich, selbst bei guter Ausrüstung.

Die vermissten Gruppen waren ohne Nomadenführer unterwegs.

Diese Leute wollen den Kitzel spüren, das Abenteuer, nicht geführt zu werden. Denn das wäre ja schon wieder Pauschaltourismus. 90 Prozent der Sahara-Freaks wollen eigenständig sein. Ob sie ein lokaler Führer vor einer Entführung – falls es eine war – hätte schützen können, vermag ich nicht zu sagen.

Haben Sie Verständnis für solche Abenteuerlust?

Ja. Ich bin als Naturforscher erstmals in den sechziger Jahren in die Sahara gekommen. Seither hat mich die Wüste nicht mehr losgelassen. Ich bin immer tiefer reingefahren, anfangs mit völlig unzulänglicher Ausrüstung, und habe so manchen gefährlichen Trip überlebt.

Was ist das Faszinierende an der Wüste?

Ich kenne keine Region auf der Erde, die so vielfältig ist wie die Sahara. Diese landschaftlichen Strukturen! Sand-Ozeane, Steinwüstenplateaus, vulkanische Hochgebirge, chaotische Sandstein-Erosionslandschaften – es ist ein ständiges Feuerwerk an Eindrücken. Und es ist die ganz große Freiheit.

Man fährt dort hin, um das wahre Wesen der Dinge zu erkennen?

Die Sahara ist ein magischer Ort. Einerseits der Horror Vacui, andererseits die Verheißung, sich von jeder Regel freizumachen, sich wie in einem riesigen Ozean treiben zu lassen, um Antworten auf die eigene Existenz zu finden. Und die Sahara ist auch ganz praktisch ein Ort, um wahre Dinge zu erkennen: Die Erdgeschichte liegt hier völlig offen zutage. Für einen Wissenschaftler ist sie eine ungeheure Fundgrube.

Und was ist sie für Touristen?

Für Touristen heißt Sahara: fantastische Landschaften und unendliche Freiheit. Aber das stimmt ja nur bedingt. Das kann, wie wir sehen, auch ins Unglück führen.

Uwe Georg, 63, ist Expeditionsleiter der Zeitschrift »Geo« und schrieb mehrere Bücher über die Wüste

(c) DIE ZEIT 17/2003
Zu dieser Deiner Aussage

 Antwort auf:
Sind die Zeitungsbeiträge falsch?
kann ich Dir leider aus eigener Erfahrung sagen: Ja, oft.

 Antwort auf:
Noch eine Frage am Rande. Wer kam für die Kosten des Einsatzes der Behörden auf? Personen wie Schoenthal oder der Steuerzahler der solchen Leichtsinn bezahlen muss?
Ganz klar der Steuerzahler, demnach auch ich. Wie auch ich für jeden Alkoholiker, Kriminellen der im Knast sitzt, Extremsportler jeder Couleur der gerettet werden muss und weis Gott noch wer Kosten für den Steuersäckel verursacht, mitzahle, darüber aber nicht so wie Du auf dumpfeste von unseligen Politikern losgetretenen Stammtischparolen reagiere.

Und das ist gut so, sonst würde ich an unseren demokratischen Grundrechten und unserer Solidargemeinschaft zweifeln wenn man auf einmal anfangen würde zu unterscheiden: Diese Aktion zahlen wir Steuerzahler aber nicht und diese schon.

Gruß

U.E.H.