hallo lobozen,


ich danke dir sehr für deine kritische reaktion !
hier, wenn du magst, meine antwort auf einige deiner passagen.

- "du schlaegst beidhaendig auf die deutsche doerfler-mentalitaet ein und scheinst vor allem in frankreich das mekka der weltlaeufigkeit zu erblicken.
das ist ein bisschen zu einfach. wenn du naemlich paris (oder auch madrid) mal verlaesst, wirst du sehr schnell "


meine bewunderung von frankreich ist im gegenteil dessen, was du annehmen magst, nicht unbegrenzt. in vielen dingen finde ich jedoch, daß das niveau an aufklärung, welches die gesamt gesellschaft in frankreich erreicht hat, in deutschland erst in vielen jahrzehtnen wenn überhaupt zu erwarten ist. es ist allerdings eine vergleichsdebatte, die ich als solche für steril halte und nicht gerne führe.

tatsache ist, daß diese urbanen megazentren wie paris und madrid, nicht nur einen beträchtlichen teil der bevölkerung beherbergen, sondern auch die kulturellen und gesellschaftlichen impulse für die gesellschaft insgesamt geben. in spanien versuchen städte wie barcelona und valencia der hauptstadt konkurrenz zu machen und die provinz außerhalb von paris hat kein problem zu erkennen, daß die zunkunft nicht in der kulturellen öde und anpassung liegt.

der unterschied zu deutschland liegt nur vordergründig darin, und bezieht sich - tiefer - auf eine universalistische auffassung von gesellschaft, die vom prinzip ausgeht, daß menschen gleich und wirklich so sein müssen und, daß alle regeln des menschlichen zusammenlebens für alle menschen, überall und in jeder zeit gelten.

das ist der grund, warum keiner in der frz. gesellschaft es wagen würde, begrifflichkeiten wie leitkultur öffentlich zu thematisieren, auch wenn die "frz. kultur" dominiert.

in deutschland geht man von einer provinziellen grundauffassung aus, wonach, diese regeln lokal bezogen sind, für hier und ihre urheber gestaltet werden und zunächst gelten.

diese trennung liegt nicht nur zwischen frankreich und deutschland, sondern schneidet europa scharf in zwei hälften. deutschland ist im gegenteil zu anderen ländern mit der selben provinziellen auffassung zusätzlich ein land, welches kaum eine zentralisierte macht erlebt hat und über keine nennenswerte kolonialgeschichte verfügt. der provinzielle geist ist in deutschland sozial und historisch verwuzelt.

hier kannst du erkennen, daß ich "provinziell" nicht als schimpwort benutze und damit lediglich einen sachverhalt meine, wovon die dörfliche und kleinstädtische struktur, auch in den mentalitäten, lediglich ein aspect, eine konsequenz sind.

- "ebenso einseitig ist es, den eindruck zu erwecken, alle migranten (bis auf wenige ausnahmen) wuerden versuchen, sich in diese gesellschaft zu integrieren und das eigentlich integrationshindernis seien leute wie stoiber, die die frechheit besitzen, an zuwanderer forderungen und erwartungen zu stellen."

tatsächlich ist mancher ausländer und migrant der deutschen gesellschaft, wie sie wirklich ist und sein wird und nicht etwa in ihren folkloristischen seiten, viel näher und verbundener als stoiber oder koch. herr stoiber hat faktisch immense schwierigkeiten gehabt, sich als politiker zu profilieren, mit dem die deutschen außerhalb bayern sich identifizieren.

man müßte in disem punkt empirische erhebungen konsultieren. nach meiner aufassung und auch persönlichen erfahrung geben sich migranten eine große mühe, sich der gesellschaft anzupassen und vor allem die sprache zu erlernen, was oft mit bedeutenden finaziellen aufwänden verbunden ist.

wieso ? weil die deutsche gesellschaft zum einen kontinuierlich einen erhelblichen druck zur anpassung übt und weil auch diese menschen wissen, daß die sprache in ihrem vorhaben extrem wichtig ist, sie voranbringt, sei es stdium, arbeit, handel oder auch nur die banalen ansprüche des täglichen lebens.

viele suchen im deutschunterricht auch eine wertvolle gelegenheit der einsamkeit und langweile zu entfliehen.

vielleicht muß man sich als deutscher eher fragen, ob einem nicht nur jene seiten auffallen, die eben auffallen. in dieser richtung verstand ich auch die letzten zeilen von haskamp.

- " am derzeitigen klima gegenueber immigranten in deutschland sind nicht die stoibers schuld, sondern die rot-gruenen waechter der political correctness, die jede diskussion ueber lange jahre aus ideologischer blindheit verhindert haben."

das entspricht nicht der wirklichkeit. rot-grün ist mehrheitlich rot und zwar unter der leitung von schröder, der die political correctness nicht nur in bezug auf ausländer großzügig überwindet, sondern insgesamt auf schwache gruppen der gesellschaft. sei begriff "mitnahme-mentalität" ist beispielsweise kandidat als unwort des jahres gewählt zu werden.

sein innenminister heißt schilly, ein ehemaliger grüner, und gilt als die effizienteste antwort auf beckstein.

die grünen selbst haben zum thema lediglich einige blasse aussagen, die oft reaktionen sind und nicht mehr als provokative eintagsfliegen gelten (ströbele und der muslimische feiertag oder kühnast und der religionsunterricht).

außerdem wurde die debate um die migration in den letzten jahren inhaltlich stark durch die wirtschaftlichen interessen des landes und instutionell durch die kommission für einwanderung geleitet, die maßgeblich von persönlichkeiten der cdu wie rita süßmuth beeinflußt waren (sie leitete sogar die kommission ??).

verantwortlich für das jetzige klima sind also politiker, die im patriotismus einen rettungsring für ihre vefehlte politik und innerparteiischen machtkämpfen sehen.


- " auf der einen seite zitierst du eine menge aus deutschen zeitungen, um das niedrige niveau der aktuellen debatte zu brandmarken - andererseits benutzt du ebenso polemische und duemmliche artikel wie die des stern (aussage: deutschland hat das unsozialste schulsystem der welt), um deine thesen zu stuetzen. "

gerade was das schulsystem deutschlands angeht, war ich nicht auf den stern angewiesen ! die gesamte presselandschaft war mit deutschland - trotz ausgleichsversuche hie und da - gnadenlos. daß der stern hier etwas härter urteilt, sehe ich nicht als mein problem.

ich dem ich selektiv beiträge erwähne und zitiere, weise auf aspeckte, die ich erfreulich und konstruktiv finde und andere, die ich für blind und borniert halte. es handelt sich um meine persönliche urteilskraft, für die ich auch gründe gebe. es werden aber von uns keine wissenschaftlichen dissertationen hier erwartet (gott sei dank nicht !).


gruß
jm