Mein Integrationserlebnis des Tages:

Morgens kurz vor neun in der Straßenbahn (wo sonst kann man bessere soziologische Studien machen, als in der Straßenbahn). Zwei junge türkische Frauen steigen ein und setzen sich ernsten Gesichtes auf einen Sitzplatz. Als die Bahn losfährt zücken sie blitzschnell ihre Maschinchen: “Die Fahrausweise bitte”. Jede von ihnen hat bald jeweils eine offenkundig deutsche Passagierin ohne gültigen Fahrausweis am Wickel. Bei derjenigen, die ich beobachten kann, handelt es sich um eine ältere Dame von der man nicht unbedingt erwarten würde, dass sie schwarz fährt. Ihr Ticket ist überstempelt. Sie gibt an, den ersten Abdruck nicht gesehen zu haben. Ich bin gespannt, was passiert. Die Kontrolleurin bleibt hart. Es gibt nun mal Regeln. Wer keinen Fahrschein hat, zahlt 40 Euro. Ich bin beeindruckt und belehrt. Wie oft habe ich deutsche Kontrolleure verurteilt, wenn sie einer offenkundig des Deutschen nicht mächtigen Ausländerin 40 Euro abknöpften.


Mein zweites Erlebnis mittags im Kindergarten. Zwei marokkanische Fünfjährige fletzen in der Kuschelecke. Ein libanesisches Mädchen sitzt zwei Meter entfernt mit sehnsüchtigem Blick. Die Marokkanerinnen erklären mir ungefragt: mit der spielen wir nicht, die stinkt. Ich schlucke. Kinder sind manchmal grausam, egal wo sie herkommen.