Hallo Ulla,

sehr richtig. Und nicht jedes minderjährige Mädchen, das als Haushaltshilfe arbeitet, weder europäische Au-Pairs noch marokkanische petites bonnes, tut dies unter Bedingungen, für die die Bezeichnung „Sklaverei“ zutrifft. Und bei den in Europa lebenden „Haussklaven“ handelt sich um ein zahlenmäßig nicht sehr bedeutendes Phänomen. Aber ich nehme doch an, dass wir uns darin einig sind, dass jeder einzelne Fall von an Sklavenhaltung gemahnender Ausbeutung von Immigranten in Europa ein Fall zu viel ist.

Die Ursachen dafür, dass unter den Opfern der von mir angesprochenen speziellen Form von Ausbeutung auffallend viele Marokkanerinnen sind (hingegen lt. Angaben der frz. Betreuungsorganisationen so gut wie gar keine Algerierinnen oder Tunesierinnen), sind wohl in Marokko zu suchen. Das Phänomen der „petites bonnes“ liefert einen Erklärungsansatz. Es gibt sicher auch andere. Die Ursachen dafür, dass in Frankreich anscheinend mehr solcher Fälle publik werden als in anderen europäischen Ländern sind in Frankreich zu suchen. Gibt es noch andere Gründe außer der Tatsache, dass dort wesentlich mehr Marokkaner leben als etwa im deutschsprachigen Raum? Die Isolation in den „Nordafrikaner-Ghettos“ frz. Großstädte? Die Öffentlichkeitsarbeit der genannten Organisationen?... Na, vielleicht ist ja in der ARTE-Doku mehr darüber zu erfahren...

Zur kefala: Dass sie mitunter einen Weg darstellt, um zu billigem Hauspersonal zu kommen, spricht natürlich nicht gegen die kefala als solche.

Passt zwar nicht wirklich hierher, aber: Welche anderen Faktoren, außer dem Umstand, dass Mädchen als preiswerte Haushaltshilfen betrachtet werden, tragen noch dazu bei, dass in dem von Dir erwähnten Waisenhaus 88 Jungen leben und nur 2 Mädchen? Ist das ein Einzelfall oder ist solch ein eklatanter „Jungenüberhang“ auch in anderen marokk. Waisenhäusern zu beobachten?

In den SOS-Kinderdörfern in Marokko gibt´s jedenfalls so eine Art Quotenregelung, die bewirkt, dass gleich viel Mädchen wie Jungen aus den Waisenhäusern dort Aufnahme finden. Find ich gut. Wie ich überhaupt die SOS-Dörfer, und vor allem auch die Ausbildungsmöglichkeiten, die den Kindern u. Jugendlichen dort geboten werden, sehr gut finde. Die Unterbringung im Kinderdorf ist meiner Meinung die zweitbeste Lösung nach der in einer liebevollen Pflegefamilie. Es gibt derzeit 3 Dörfer in Marokko, in Imzouren (Region Al Hoceima), Ait Ourir (bei Marrakesch) u. Dar Bouazza (Nähe Casablanca), wo insgesamt ca. 300 Kinder leben. 300 Kinder gegenüber den Tausenden in den Waisenhäusern und auf den Strassen...

Und wohin wir als Touristen in MA auch fahren: Es ist immer ein Waisenhaus oder eine Schule in der Nähe, die allesamt jede Form von Unterstützung gut gebrauchen können, und wo man sich über jede kleine Geld- oder Sachspende sehr, sehr freut...

Gruß
Elisabeth