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Mittwoch 25. Februar 2004, 16:44 Uhr
Fieberhafte Suche nach weiteren Überlebenden in Marokko

Rabat (AP) Mit Äxten und blossen Händen haben die Rettungskräfte im marokkanischen Erdbebengebiet am Mittwoch fieberhaft nach weiteren Überlebenden gesucht. Die Zahl der Todesopfer des Bebens am frühen Dienstagmorgen stieg auf mindestens 564, wie die amtliche Nachrichtenagentur MAP meldete. Ein Nachbeben am Mittwoch habe ein weiteres Menschenleben gekostet. Zwei Erdstösse der Stärke 4,3 und 4,5 erschütterten MAP zufolge die Umgebung der Stadt Al Hoceima und versetzten die Überlebenden in Angst und Schrecken.

Es wurde damit gerechnet, dass sich unter den Trümmern der in der Nacht zu Dienstag eingestürzten Häuser noch weitere Tote befinden. Besonders in entlegenen Dörfern, in die die Rettungsmannschaften erst am Mittwoch aufbrachen, wurden weitere Opfer befürchtet.

Laut MAP wurden bei dem Erdstoss der Stärke 6,5 rund 300 Menschen verletzt; 80 von ihnen waren am Mittwoch noch in ärztlicher Behandlung. Zahlreiche obdachlos Gewordene verbrachten die Nacht bei feuchtem und stürmischem Wetter in provisorischen Zelten. Nach Angaben des Stadtratsvorsitzenden von Al Hoceima, Mohamed Bourad, werden Notunterkünfte für 20.000 Menschen benötigt, die obdachlos geworden seien oder sich nicht mehr in ihre Häuser wagten. Die meisten Häuser im Katastrophengebiet sind aus Lehm gebaut.

Der 6.000-Einwohner-Ort Ait Kamara wurde nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) völlig zerstört. Rettungsmannschaften wurden entsandt, um nach möglichen Verschütteten zu suchen.

Bundespräsident Johannes Rau sprach dem marokkanischen König Mohammed VI. in einem Telegramm am Mittwoch sein Beileid aus. Er verfolge mit grosser Erschütterung die Meldungen über die hohe Zahl an Toten und Verletzten, hiess es in dem vom Bundespräsidialamt veröffentlichten Schreiben. Papst Johannes Paul II. rief zu Hilfen auf und erklärte, er bete für die Opfer.

Das Technische Hilfswerk (THW) entsandte zwei Spezialisten in das Erdbebengebiet. Sie sollen dort im Auftrag von Bundesinnenminister Otto Schily die Einsatzmöglichkeiten erkunden und die europäische Hilfe mit den marokkanischen Behörden koordinieren, wie das THW am Mittwoch erklärte. Das deutsche Koordinierungsteam werde gemeinsam mit Einheiten des luxemburgischen Zivil- und Katastrophenschutzes noch am Mittwochmorgen in Oujda erwartet.

Auch Mohammed VI. kündigte umfangreiche Hilfe für die betroffene Region an. Er wollte das Gebiet noch am Mittwoch besuchen. Frankreich wollte ein Flugzeug mit 15 Einsatzkräften und Spürhunden entsenden. Auch Belgien, Spanien und Finnland schickten Hilfstransporte auf den Weg. Die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften bat um Spenden in Höhe von 2,8 Millionen Schweizer Franken (rund 1,8 Millionen Euro), um unter anderem 1.500 Zelte, 30.000 Decken und 15.000 Matratzen für die Opfer bereitstellen zu können.

Al Hoceima ist die grösste Stadt im Norden Marokkos am Fuss des Rif-Gebirges und wird von Berbern bewohnt. Das letzte grössere Beben in der Region ereignete sich 1994, es hatte die Stärke 6,0. Im Jahr 1960 kamen bei einem Beben in der südmarokkanischen Stadt Agadir 12.000 Menschen ums Leben.