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Fieberhafte Suche nach weiteren Überlebenden in Marokko


Rabat (AP) Mit Äxten und bloßen Händen haben die Rettungskräfte im marokkanischen Erdbebengebiet am Mittwoch fieberhaft nach weiteren Überlebenden gesucht. Die Zahl der Todesopfer stieg auf mindestens 564, wie die amtliche Nachrichtenagentur MAP meldete. Es wurde damit gerechnet, dass sich unter den Trümmern eingestürzter Häuser noch weitere Tote befinden. Unterdessen liefen die internationalen Hilfsanstrengungen für die Opfer des Bebens in der Nacht zum Dienstag an.

Laut MAP wurden bei dem Erdstoß der Stärke 6,5 rund 300 Menschen verletzt; 80 von ihnen waren am Mittwoch noch in ärztlicher Behandlung. Zahlreiche obdachlos Gewordene verbrachten die Nacht bei feuchtem und stürmischem Wetter in provisorischen Zelten. Aus Sorge vor möglichen Nachbeben schliefen auch viele Menschen, deren Häuser noch standen, im Freien. Das Beben erschütterte eine ländliche Region in der Nähe der Küstenstadt Al Hoceima. In der Katastrophenregion sind die Häuser überwiegend aus Lehm gebaut.

Der 6.000-Einwohner-Ort Ait Kamara wurde nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) völlig zerstört. Das Zentrum des Bebens lag 160 Kilometer nordöstlich von Fes im Mittelmeer. Rettungsmannschaften wurden entsandt, um nach möglichen Verschütteten zu suchen. Auch Soldaten waren im Einsatz. Die Helfer hatten jedoch Schwierigkeiten, die abgelegene Gegend zu erreichen, in der etwa 36.000 Menschen leben. Hubschrauber sollten Hilfsgüter in die Gegend bringen.

Bundespräsident Johannes Rau sprach dem marokkanischen König Mohammed VI. in einem Telegramm am Mittwoch sein Beileid aus. Er verfolge mit großer Erschütterung die Meldungen über die hohe Zahl an Toten und Verletzten, die das verheerende Erdbeben gefordert habe, hieß es in dem vom Bundespräsidialamt veröffentlichten Schreiben. Papst Johannes Paul II. rief zu Hilfen auf und erklärte, er bete für die Opfer.

Das Technische Hilfswerk (THW) entsandte zwei Spezialisten in das Erdbebengebiet. Sie sollen dort im Auftrag von Bundesinnenminister Otto Schily die Einsatzmöglichkeiten erkunden und die europäische Hilfe mit den marokkanischen Behörden koordinieren, wie das THW am Mittwoch erklärte. Das deutsche Koordinierungsteam werde gemeinsam mit Einheiten des luxemburgischen Zivil- und Katastrophenschutzes noch am Mittwochmorgen in Oujda erwartet.

Auch Mohammed VI. kündigte umfangreiche Hilfe für die betroffene Region an. Er plante für (den heutigen) Mittwochvormittag einen Besuch in dem Gebiet. Frankreich wollte ein Flugzeug mit 15 Einsatzkräften und Spürhunden entsenden. Auch Belgien und Spanien schickten laut MAP Hilfstransporte auf den Weg. Die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften bat um Spenden in Höhe von 2,8 Millionen Schweizer Franken (rund 1,8 Millionen Euro), um unter anderem 1.500 Zelte, 30.000 Decken und 15.000 Matratzen für die Opfer bereitstellen zu können.

Al Hoceima ist die größte Stadt im verarmten Norden Marokkos am Fuß des Rif-Gebirges und wird von Berbern bewohnt. Das letzte größere Beben in der Region ereignete sich 1994, es hatte die Stärke 6,0. Im Jahr 1960 kamen bei einem Beben in der südmarokkanischen Stadt Agadir 12.000 Menschen ums Leben.
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