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Mindestens 300 Menschen sind am Dienstag bei einem schweren Erdbeben im Nordosten Marokkos ums Leben gekommen. Das Beben gegen 02.30 Uhr Ortszeit (03.30 Uhr MEZ) hatte nach Messungen des Geologischen Dienstes in den USA eine Stärke von 6,5. Es erschütterte eine ländliche Region in der Nähe der Küstenstadt Al Hoceima. Die Behörden sorgten sich insbesondere um das Schicksal der 30.000 Einwohner in den Dörfern Ait Kamra, Tamassint und Imzourn.

"In Anbetracht der Tatsache, dass allein in Ait Kamra etwa 140 Menschen getötet wurden, glauben wir, dass die Zahl der Opfer auf mehr als 300 steigen wird", sagte ein Sprecher der örtlichen Behörden der Nachrichtenagentur AP. Das Zentrum des Bebens lag 160 Kilometer nordöstlich von Fes im Mittelmeer.

Abgelegene Gegend schwierig zu erreichen
Rettungsmannschaften wurden entsandt, um nach möglichen Verschütteten zu suchen. Auch Soldaten waren im Einsatz. Die Helfer hatten jedoch Schwierigkeiten, die abgelegene Gegend zu erreichen.

Ein Arzt des Krankenhauses in Al Hoceima sagte dem französischen Fernsehsender France 2: "Der Schaden ist gewaltig. Dreistöckige Gebäude sind eingestürzt und völlig zerstört." Ein früherer Minister, Mohammed Ziane, sprach von einer Tragödie. Bei den meisten Opfern handle es sich wahrscheinlich um Frauen, Kinder und ältere Menschen. Die Männer seien als Gastarbeiter in den Niederlanden und Deutschland, sagte Ziane. In der Katastrophenregion sind die Häuser überwiegend aus Lehm gebaut.

Hubschrauber bringen Hilfsgüter
Hubschrauber sollten Hilfsgüter in die Gegend bringen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz und Roten Halbmond teilte mit, mehr als 200 Rettungskräfte seien vor Ort. Auch ein Team aus vier Ärzten und 20 Krankenschwestern sei entsandt worden. "Die oberste Priorität ist, nach Überlebenden zu suchen und ihnen die notwendige medizinische Versorgung zu geben."

Al Hoceima ist die größte Stadt im verarmten Norden Marokkos am Fuß des Rif-Gebirges und wird von Berbern bewohnt. Das letzte größere Beben in der Region ereignete sich 1994, es hatte die Stärke 6,0. Im Jahr 1960 kamen bei einem Beben in der südmarokkanischen Stadt Agadir 15.000 Menschen ums Leben. Zuletzt wurde Nordafrika im Mai 2003 von einem Erdbeben erschüttert. Es kostete 2.200 Menschen in Nordalgerien das Leben.