Liebe Mouna!

Ich finde, Du solltest als erstes verstehen, daß es einen großen Unterschied zwischen jüdischen Menschen im allgemeinen und der Politik Israels gibt. Du kannst z. B. die Ziele der Araber, Intifadah und die der Palästinenser nicht verraten, nur weil Du jemanden liebst, der Jude ist. Politik und die Ansichten einzelnen Menschen sind und bleiben glücklicherweise 2 Paar Schuhe. Ich kenne viele jüdische Menschen in Deutschland, die absolut gegen die derzeitige Politik Israels sind. Wenn man Religion und eine Regierung gleichsetzen würde, würde dies z. B. bedeuten, daß ich als Shiitin und iranische Staatsbürgerin mit dem derzeitigen Regime in Iran automatisch einverstanden sein müßte, was nicht stimmt.

Ich finde die Idee Deines Freundes zum Islam zu konvertieren, gar nicht so dumm. Er scheint ja nicht so sehr an seiner Religion zu hängen wie Du an Deiner. Die Möglichkeit, daß Du zum Judentum konvertierst scheidet für Dich ja aus, da Du gerne Muslima bist. Es stimmt, man soll aus Überzeugung konvertieren, aber letztendlich wäre es auch falsch, daß Du Deine Familie verlierst, weil sie Deine Beziehung nicht akzeptieren. Wie würde denn seine Familie reagieren, wenn er konvertiert? Sind sie eher säkular oder praktizierende Juden?

Ich denke nicht, daß man den Islam durch eine menschliche Beziehung verrät. Eine Religion, die durch so etwas zu schädigen ist, ist eine schwache Religion, und das trift auf den Islam nicht zu.

Wie Du mit dem Gebot, als Muslima keinen Nichtmoslem zu heiraten umgehst, mußt Du selbst entscheiden. Letztendlich solltest Du aber bedenken, daß einer der Gründe für das Heiratsverbot darin lag, daß die Religion nach damaligen Verständnis vom Vater vererbt wird, und ein Nichtmoslem als Vater hätte zahlenmäßig die Anhängerschaft der jungen Umma geschwächt, da das Kind aus einer solchen Verbindung kein geborener Moslem wäre. Die Möglichkeit, daß die Kinder später selbständig zum Islam konvertieren, wurde nicht erwähnt. Das es heute Leute gibt, die an ihrer eigenen Religion nicht sehr hängen und nichts dagegen hätten, ihre Kinder islamisch aufwachsen zu lassen, konnte damals noch nicht in Betracht gezogen werden.

Yours,

I.