Hallo zusammen,

was Internet-Bekanntschaften anbelangt gibt es eine Besonderheit, die meiner Meinung nach problematisch werden kann: Im realen Leben nämlich, wenn man sich begegnet oder kennen lernt, beginnt die gegenseitige Persönlichkeitserforschung erst nach der visuellen Personenwahrnehmung. Im Internet ist es umgekehrt, durch Foren, Emails etc.. können Freundschaften entstehen, man gewinnt eine Reihe von Informationen über eine Person, man kann diese Person interessant finden oder man fühlt sich in bestimmten Fällen von ihr angezogen.. wie auch immer.. Doch das Vakuum, das durch die fehlende Wahrnehmung der Person als leibhaftige Einheit entsteht, wird durch eine subjektive, eher zum Positiven tendierende Vorstellung ersetzt. Denn man ist bemüht, einerseits die guten und interessanten Eigenschaften der physisch unbekannten Person mit einem entsprechend positiven Erscheinungsbild zu verbinden, andererseits neigt der Mensch dazu, wenn eine Begeisterung gegeben ist, die ansprechende Person zu verherrlichen. Und so kann es vorkommen, dass man im Falle einer faktischen Begegnung vor einer heiklen Aufgabe steht: man muss die Strecke, die normalerweise im realen Leben zwischen „Wahrnehmen“ und „Kennenlernen“ liegt, mühsam in der umgekehrten Richtung hinter sich bringen. Mit anderen Worten: man hat die Aufgabe, das gewonnene Wissen über den Charakter und die Persönlichkeit seines Gegenübers nun der realen Person zu zuordnen.