Nochmal ich: Mir fiel gerade ein, daß ich schon einmal in diesem Forum mit einer jungen Dame namens Leonie über ein ähnliches Thema diskutiert habe. Ich habe die entsprechenden Zeilen einfach mal rauskopiert und stelle sie hier nochmal hin, denn an dieser Meinung habe ich nichts zu ändern. Jaja, ich zitiere mich selber, aber ich verfüge nicht (wie einige andere hier) über Sprachsoftware. Damit komme ich auf Deine ursprüngliche Frage zurück, wie sich Dein Freund / Schatz / Geliebter hier zurechtfinden könnte. Es ging damals zwar um einen marokkanischen Studenten, der bereits hier in Deutschland lebte, aber das fällt nicht ins Gewicht.

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Zum Studium an sich: Ich weiß von meiner Frau und auch von zahlreichen ausländischen Freunden, daß ihnen das Studium große Mühen abverlangt. Dies ist oftmals auf Sprachschwierigkeiten zurückzuführen (Mit Menschen Deutsch zu sprechen ist eine Sache, aber fachlich fundiert sein Wissen in einer Klausur zu Papier zu bringen ist eine ganz andere Geschichte!). Fakt ist in unserem Fachbereich: Unter ca. 300 Studienanfängern befinden sich i.a. ca. 10-15 Studenten aus Marokko. Ich habe in all den Jahren bislang nur zwei Marokkaner kennengelernt, die es bis zum Schluß geschafft haben und ihr Diplom in
Empfang nehmen durften. Natürlich liegt es nicht daran, daß diese Leute eine schlechte Bildung mit sich bringen, aber was ist dann der Grund? Ich denke, hierfür gibt es mehrere Ursachen.

Viele Ausländer (und natürlich auch Marokkaner) begehen einen meiner Meinung nach sehr schweren Fehler von Beginn an. Wenn ich vor einer Studentenklasse von meinetwegen 100 Leuten stehe, dann beobachte ich folgendes: Es gibt eine Gruppe von etwa 70 deutschen Studenten, meist in einer großen Ansammlung. Dann, auf der anderen Seite, erkenne ich folgendes: Etwa 6-8 Marokkaner in einer Sitzreihe, ca. 15 türkische Studenten in etwa drei Sitzreihen, vielleicht noch drei asiatische Studenten (ebenfalls nebeneinandersitzend) und noch einige andere. Was ich damit sagen will, ist folgendes: Soziale Kontakte zwischen ausländischen und deutschen Studenten finden bis auf kurze und oberflächliche Kontakte leider viel zu selten statt. Man bleibt offensichtlich "unter sich". Ohne jemandem nahe treten zu wollen, stelle ich aber folgendes fest: Einige Marokkaner haben erstens große Berührungsängste gegenüber deutschen Mitmenschen, offensichtlich aus Angst, zu viel von sich und ihrer Persönlichkeit preiszugeben, sozusagen ihre "Wurzeln zu verlieren", wenn die deutsche Lebensart zu sehr in das eigene Leben
hineingelassen wird. Zweitens bemerke ich bei einigen, auch sehr jungen Marokkanern, eine gewisse Überheblichkeit gegenüber Nichtmarokkanern, frei nach dem Motto: "Marokko ist besser, die Kultur reichhaltiger und wir haben in Marokko Anstand und ein Gespür für gute Sitten.". Diese Sichtweise ist aber doch völliger Humbug! Man bemerkt oft eine latente Ablehnung von deutschen Menschen und deren Lebensart. Drittens ergeben sich viele Mißverständnisse, wenn beide Seiten nur wenig Ahnung von der jeweiligen Mentalität des Gegenübers haben. Mir passiert es auch heute noch, daß ich etwas unglaublich komisch finde, worüber meine Frau überhaupt nicht lachen kann und weswegen es manchmal auch Streit geben kann. Daß dieses Verhalten nur schaden kann, versteht sich wohl von selber. Abhilfe kann hier nur ein reger Kontakt mit deutschen Kommilitonen und der Versuch des Verstehens des gewählten Studienlandes schaffen. Und gerade diese Bereitschaft und Offenheit vermisse ich bei vielen marokkanischen Studenten! Ich sehe das so: Wie kann man auch nur ansatzweise glücklich werden, wenn ich mir keine Mühe gebe, das Land, in dem ich mich aufhalte, zu verstehen und mich mit den Menschen dort anzufreunden? Mich verwundert
angesichts dieser Tatsachen auch nicht, daß viele Marokkaner über extremes Heimweh klagen. Und darüber hinaus, und das ist wohl eines der größten Probleme überhaupt, resultiert diese selbstgewählte Abschottung in extremen Sprachproblemen, wohl mit einer der Gründe dafür, daß es viele nicht bis zum Ende des Studiums schaffen. Logisch, daß man nur bruchhaftes Deutsch spricht, wenn Kontakte mit Deutschen nie oder selten
vorhanden sind. Auch diese Äußerung bitte ich wertfrei zu verstehen, aber die Sprache einiger Studenten ist so mies, daß ich überhaupt nicht darüber verwundert bin, daß extreme Probleme auftreten können, die letztendlich zu einem Studienabbruch führen und das vorher hoffnungsvoll angestrebte Leben in Deutschland jäh beenden. Den Vogel schoß übrigens einmal eine Gruppe von 5 jungen Marokkanern in einer meiner Übungsgruppen ab, von denen nur einer genügend Deutsch sprach, um mir eine Frage zu stellen. Der junge Mann übersetzte dann meine Antwort für seine Kollegen ins Arabische, so daß alle fünf danach weiterarbeiten konnten. Keiner dieser Jungs, die damals kurz vorm Vordiplom standen (das bedeutet Halbzeit) ist heute noch an unserer Universität, leider.

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Ich denke aber, daß Du entscheidend dazu beitragen kannst, daß Dein Freund hier mit Dir zusammen seinen Weg machen wird. Dies sind ganz einfache Sachen. Fordere ihn zu einem aktiven Leben mit Dir und Deiner Umwelt auf, und alles weitere wird sich vermutlich von selber ergeben. Ich glaube, Du erkennst meine Sichtweise der Dinge. Aber sicher wirst Du schon ahnen, daß dies auch Einsatz von Dir erfordert. Beschäftige Dich mit seiner Religion, lerne sein Land kennen, suche den Kontakt zu anderen Marokkanern und Arabern und lerne, mit dem spezifischen Denken und dem Verhalten dieser Leute umzugehen, Du wirst überrascht sein, was für liebe Menschen Du kennenlernen wirst. Und mit gegenseitigem Respekt und Verständnis schafft man das alles...

(...)

Nun noch ein paar Sätze zur Arbeit. Das stellt natürlich für viele Ausländer ein Problem dar, aber ich kenne eigentlich keinen, der nicht schwarz arbeiten würde. Stichworte sind hier sicherlich Gastronomie etc. Das ist eine Tatsache, über die wir auch nicht weiter diskutieren müssen. Lob auch an Deinen Freund, daß er selber für seinen
Unterhalt sorgen will, das ist auch ein Beweis für seine guten Absichten. Auch hier gilt: Zähne zusammenbeißen und durch, wenn man dies will, dann schafft man das auch.

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Vielleicht sind diese Zeilen eine nützliche Anregung für Dich.

Gruß, Ilyass


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