Hallo Rainer!
Ich kann verstehen, dass du aus deiner eigenen privaten Situation heraus Nicco zur Konvertierung räts. Du hast ja irgendwo geschrieben, dass es für dich kein größeres Problem war, da du eh gläubig bist. Du hast ja sogar die Beschneidung als Erwachsener noch über dich ergehen lassen und ich finde, dass deine Frau auch sehr stolz darauf sein kann, dass du dies sozusagen für sie getan hast. (Deutsche Männer tuen ja im allgemeinen nicht unbedingt sehr viel für ihre Frauen, so dass du hier eine rühmliche Ausnahme darstellst!) Nur wirst auch du (wahrscheinlich) zugeben müssen, dass du niemals Moslem geworden wärest, wenn nicht deine große Liebe Muslima gewesen wäre, oder? Ich persönlich finde es gut von dir, dass du durch die Konvertierung deiner Frau diesen Konflikt mit ihrem Gewissen und ihrer Familie erspart hast. Wenn der traditionelle und familiale Druck so übermächtig ist, und dem Partner diese Dinge so viel bedeuten, ist es wohl das Beste sich anzupassen (wenn man es denn kann), da nur so die Basis für ein glückliches Zusammenleben geschaffen wird. Keiner möchte schließlich sein Leben lang unglücklich sein, weil man wegen solcher Zwistigkeiten nicht mit der "Traumpartnerin" zusammensein kann und keiner möchte, dass die Partnerin unglücklich ist, weil sie sich zwischen eben dieser Ehe und ihrer Familie entscheiden muss. Du kannst mir glauben, ich erkenne durchaus die Schwere des Konflikts und ich würde wahrscheinlich auch eher pragmatisch handeln. Trotzdem erlaube ich mir zu sagen, dass die "offizielle" Begründung (Schwäche/Unterlegenheit der Frau/ der Mann hat in der Familie zu sagen etc) dafür, dass ein Moslem zwar eine Nicht-Muslima heiraten darf aber ebene nicht umgekehrt, fatal ist, aus der Sicht eines Menschen, der wie ich die absolute und uneingeschränkte Gleichheit aller Menschen, seien sie nun männlich oder weiblich, schwarz oder weiß, für eine unabdingbare und unabänderliche Tatsache hält, und daher natürlich eine Gleichbehandlung im rechtlichen, sozialen und ökonomischen Sinne all überall auf der Welt einfordert. Damit möchte ich natürlich niemanden als Person in seiner Meinung bzw. in seiner Religiösität angreifen. Das ist einfach mein humanistisches, individuelles Rechtsbewusstsein, von dem ich mir natürlich wünsche, dass es viele Menschen teilen mögen. Wer denn aber wirklich denkt, die Frau sei dümmer oder schwächer (hier nicht gemeint im Sinne von körperlicher, rein anatomischer Unterlegenheit, die in der Regel offensichtlich ist und auch von mir nicht geleugnet wird - warum auch, wäre ja Quatsch), der soll das tuen. Ich aber werde mir die Freiheit nicht nehmen lassen solch ein Denken als Schwachsinn und Dummheit zu bezeichnen bzw. diesen Menschen ein egoistisches Motiv, nämlich das der Unterdrückungsabsicht, zu unterstellen.
Marie