Hallo Jm,

"wie du es richtig bermerkst, vertreten die islamisten eine auffasung der religion, die mit dem islam wohl viel zu tun hat und dieser religion sogar näher ist, als manche akzeptieren mögen"

Nein, das habe ich nicht gesagt! Wo soll ich das gesagt haben?

Mir fällt eine Menge zu dem ein, was du geschrieben hast, aber ich habe leider – wie du – das Zeitproblem.

Zu PC: Ja, diese Art von political correctness, die keinerlei „Kritik“ am Islam zulässt, kenne ich nicht nur von anderen, sondern manchmal auch von mir selbst. Das liegt jedoch daran, dass bei einem überwiegenden Teil der Bevölkerung in Deutschland ein Negativbild (wenn nicht Feindbild) Islam vorherrscht, das aus Stereotypen besteht. (Ich glaube, ich brauche dir das nicht zu beschreiben. Du kennst es) Da gerät man nicht nur als Muslim, sondern auch als Islamwissenschaftlerin sehr leicht in die Defensive: Aus der jahrelangen Beschäftigung mit der islamischen Welt weiß man wie vielfältig Kultur/Religion/Geschichte/Moderne etc. sind und möchte dies den Menschen um einen herum näherbringen. Man wird dann aber sofort mit Beispielen von internationalem Terrorismus oder von Nichtbereitschaft zur Integration von Muslimen in Deutschland konfrontiert. Das ist das, was die Menschen hier bewegt. Ich kann das auch verstehen, aber du und ich und die meisten anderen hier im Forum wissen, dass das nicht alles ist. Man gerät dann jedoch schnell in die Lage zu sagen: „der und der Terrorakt hat nichts mit dem Islam zu tun“ (und sollte vielleicht besser sagen: der Terrorakt hat nichts mit dem Islamverständnis eines ganz überwiegenden Teils der muslimischen Bevölkerung dieser Welt zu tun.).

Vielleicht können wir uns darauf einigen: Islam ist immer das, was Muslime an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit gerade darunter verstehen.

Der Islamismus ist im 20. Jahrhundert entstanden und hat sich zu einer maßgeblichen (wenn auch nicht mehrheitlichen!) politischen Strömung in den meisten Ländern der islamischen Welt entwickelt. Dabei ist die islamistische Strömung in sich vielfältig, sie reicht von militant bis reformistisch, von (patriarchalisch) ultrakonservativ bis „demokratisch“ (wenn man jetzt mal von Einzelheiten des Demokratiebegriffs absieht).

Was aber macht die islamistische Bewegungen so attraktiv, gerade auch für Frauen, wo man doch annehmen muss, dass ein Machtgewinn der Islamisten den Frauen nicht gerade eine günstige gesellschaftliche Position einbringt?
Bilden sie vielleicht eine Art „Ersatzreligion/Ersatzgemeinschaft“ (nämlich eine purifizierte universalistische Religion) für das Verschwinden (und gleichzeitig die Verpönung, der du hier das Wort redest) der traditionell gelebten (sinnlichen) Formen von Religiosität?

Es mag sein, dass man in Gelehrtenkreise immer auf die sog. "Volksreligion" herabgeschaut hat; aber hat man sie nicht auch geduldet oder vielleicht sogar integriert? Ist nicht auch das ein Zeichen von Wandel, dass sich die Azhar heute offen gegen solche Formen von Religiosität (Wunderglaube etc.) ausspricht?

Du siehst, mehr Fragen als Antworten.

Gruß