hallo mrvi! wenn jesus an gottes nähe zweifelte, heisst das ja nicht, dass er an der existenz gottes zweifelte! es heisst nur, dass jesus sich nicht sicher war, ob gott ihm noch zugewandt war. im augenblick seines sterbens, so sagt die bibel, habe er dann den satz gesagt: "mein gott, mein gott, warum hast du mich verlassen!"

die betonung liegt dabei wohl auf dem "du mich"! ich würde sogar sagen, dass sich jesus von gott im stich gelassen fühlte.

nun wollen wir einmal die geschichte von jesus auf die füsse stellen! jesus war jude und wollte den jüdischen glauben reformieren. er hatte eine mission! und er war überzeugt davon, dass er in gottes auftrag handelte. er wollte gott *nützlich* sein, indem er die menschen zu einem neuen gottesglauben führte. und dieser gott, dem er sein leben geweiht hat, schickt ihn in die schwerste prüfung, die ein mensch erleben kann. jesus stirbt ja nicht eines natürlichen todes! er wird angeklagt, zum tode verurteilt und hingerichtet. in den augen der römer nämlich war er ein rebell. sie hatten politische gründe, ihn umzubringen. und die juden führten sehr gern den willen der römer durch, da ihnen jesus gefährlich schien und an ihren alten rechten rüttelte.

jesus, der ein gottgefälliges leben führte, wird genau deshalb hingerichtet! wie muss ein mensch beschaffen sein, um in dieser situation *nicht* daran zu zweifeln, dass gott ihn allein gelassen hat.

ich habe es hier ja schon mehrfach gesagt: christen erleben ihren glauben aus dem ende des neuen testaments her: aus der auferstehung. erst diese auferstehung zeigt auch dem letzten, dass die zweifel von jesus unbegründet waren.

warum legt das christentum so viel wert auf die theologische aulegung der kreuzigung?

weil die bibel hier einen sehr *menschlichen* jesus zeigt, der von sich selbst sagt, er wolle der *geringste unter den menschen* sein. jesus hat für sich keine besondere rolle behauptet. er war ein mensch! und er wollte als mensch gesehen und behandelt werden.

menschen aber zweifeln zuweilen, sind mutlos, haben angst! all´diese gefühle nimmt jesus in sich auf. er bedeutet damit uns menschen: es ist erlaubt zu zweifeln, angst zu haben und die frage zu stellen, ob gott *bei uns* ist. dieser gedanke wäre im judentum nach meiner kenntnis undenkbar. aber gerade indem jesus den *neuen bund* zwischen den menschen und gott stiftet, bringt er die menschen in einen direkten kontakt zu gott. der mensch steht in einer *persönlichen* verantwortung zu gott. keine institution mit ritus und dogma steht mehr zwischen mensch und gott.

damit - und das weiss jesus, und es wussten seine jünger! - wurde der mensch *einsamer*. denn es wäre *übermenschlich* ohne zweifel und fragen durch das leben zu gehen. wer aber angst hat und zweifelt, ist ein einsamer mensch.

hier nun setzt das wunder der auferstehung ein! der mensch soll, bei allem zweifel, gewissheit haben, dass gott ihn zu sich nimmt. der mensch, so predigt jesus - und das ist revolutionär - wird auch auf keinen zürnenden, sondern auf einen liebenden gott treffen. verzeihen, gnade, barmherzigkeit! das sind die *nie hehörten* worte von jesus, wenn er das verhältnis gottes zu uns menschen beschreibt.

trotzdem sind die worte am kreuz keine rhetorik! sie sind *menschenworte*, die jemand in höchster bedrängnis und grösster angst herausschreit.

und nun lasse mich noch eines sagen: es hat viele evangelische und katholische pfarrer gegeben, die im dritten reich zum tode verurteilt wurden. von einigen gibt es aufzeichnungen, die sie in ihren todeszellen verfassten. aus allen briefen und berichten spricht der mut und die gewissheit, bei gott zu sein und zu gott zu gehen.

hätte es nicht den kreuzestod und die auferstehung jesu gegeben, wären vielleicht einige dieser so schändlich verfolgten mit gram und lauter bitterkeit in den tod gegangen.

hinter dem kreuz (also dem tod) wartet die begegnung mit gott. wie diese aussieht, wissen wir nicht. ich persönlich glaube nicht an das bequem eingerichtete paradies, wo uns datteln in den mund fallen, wir auf weichen kissen ruhen und den plätschernden quellen lauschen...

aber wie auch immer menschen sich die nähe zu gott vorstellen - jesus hat ihnen den weg gezeigt: sie müssen den tod annehmen, mit der gewissheit, dass dies zwar das ende aller tage, aber der beginn von etwas ganz neuem ist...

was es ist?

ich weiss es nicht!

Jocim