was fatima hier geschrieben hat, ist wirklich ein dilemma! sie liebt als muslima einen christen! das darf nach muslimischer überzeugung nicht zu einer ehe führen!

ich kenne das problem -allerdings nur aus der beobachtung: bei uns leben inzwischen türken in der dritten generation. diese generation spricht fliessend deutsch und kann mit der deutschen gesellschaft bestens umgehen. würde man sie zurück in die türkei verpflanzen, würden sie sich dort fremd, fremd und noch einmal fremd fühlen.

aber die türkischen familien lassen es in der regel nicht zu, dass ihre töchter deutsche, dh. christliche männer heiraten. geheiratet wird untereinander. das geht so weit, dass die familien für die töchter ehemänner aussuchen.

es ist fast an der tagesordnung, dass türkische junge frauen mit schwersten repressionen ihrer familien konfrontiert sind. sie sollen sich nur in begleitung anderer familienmitglieder in der öffentlichkeit bewegen, sie sollen sich von kino, discothek etc. fernhalten, sie sollen sich in der familie auf die familie vorbereiten.

die integration der türken in deutschland muss genau an dieser stelle misslingen. sie bleiben aufgrund ihrer traditionen und werte eine gesellschaft in der gesellschaft.

der islam ist eine unsichtbare mauer, die die türken von den deutschen trennt.

welchen sinn macht es dann, von integration zu sprechen? es gibt diese inegration einfach nicht.

wir sprechen in europa gern über multikulturelle gesellschaften. ich habe darunter eigentlich immer verstanden, dass gesellschaften voneinander profitieren und damit ihren horizont erweitern!

dem ist aber wohl nicht so!

diese unsichtbare mauer, dieses "unter sich bleiben wollen" wird natürlich auch von den deutschen nachbarn wahrgenommen. sie erleben die "abschottung" der türken oft als eine zumutung! "warum lehnen uns die türken ab", heisst es dann! oder: "die türken verachten uns", oder: "die türken bleiben lieber unter sich. also haben sie etwas zu verbergen!"

es war vor 30 jahren in deutschland nicht einfach, wenn eine katholikin einen protestanten heiraten wollte. damals galt (ich weiss nicht, ob es heute noch so ist), dass die gemeinsamen kinder in jedem fall katholisch erzogen werden mussten.

auch zwischen katholiken und protestanten gibt es in deutschland eine mauer des unverständnisses. allerdings ist sie nicht so hermetisch dicht, wie die zwischen islam und christentum.

fatima hat ja nun noch ein besonderes problem: ihr freund ist überzeugter christ und hat seinen glauben zu seinem beruf ("berufung") gemacht. er studiert theologie.

für ihn scheint es kein problem zu geben, eine muslima zu heiraten. oder doch? darüber müsste fatima etwas sagen.

ich sehe eigentlich nur zwei wege für fatima: entweder sie löst sich aus ihren religiösen und gesellschaftlichen bindungen und ist frei, ihren freund zu heiraten. damit verliert sie womöglich den beistand ihrer familie. aber das kommt immer einmal wieder vor, wenn familien mit dem partner ihrer kinder nicht einverstanden ist.

oder fatima erlebt sich als gläubige, in ihrer gesellschaft verankerte muslima. dann muss sie sich schweren herzens von ihrem freund trennen.

beides geht nicht!

ich würde sehr hoffen, dass die integration der muslims in europa irgendwann das ergebnis hat, dass glaube eine individuelle entscheidung ist, die der einzelne in sich selbst austrägt., ohne jeder und allen normen genügen zu müssen, die ihm eine muslimische gesellschaft vorlebt.

ein christ wird in europa nicht aus der gesellschaft ausgestossen, wenn er erklärt, nicht mehr glauben zu können. einem muslim kann das aber durchaus passieren.

da aber die islamische welt weit mehr geprägt ist von familie und gesellschaftlichen normen, ist der abschied des einzelnen vom islam ein abschied aus der muslimischen gesellschaft.

und das scheint mir eine sehr bittere konsequenz zu sein.

ich wünsche mir, dass die marokkaner in europa nicht wie die türkischen mitbürger, noch in der dritten generation in einer art gesellschaftlicher isolation verharren. ihr glaube, so wünsche ich es mir, muss elemente der werthaltungen ihrer neuen heimat, europa, annehmen.

es gibt sehr ernstzunehmende muslims, die einen europäischen islamischen weg suchen, der nebenbei den anforderungen einer modernen, materiell geprägten welt genügt.

ich würde mich, wäre ich an fatimas stelle, selbstverständlich für den weg mit dem freund entscheiden. nicht, weil er fatimas "schatzi" ist, wie hier so salopp formuliert wurde, sondern weil gott die liebe zweier menschen segnet!

fatima müsste dazu aber das offene gespräch zu ihrem freund suchen, das die religiösen fragen nicht ausschliesst. welchen besseren gesprächspartner könnte sie haben! sie hat einen freund, der theologie studiert. und dazu gehört an den theologischen fakultäten in deutschland das wissen und die kenntnis nicht nur des christentums, sondern aller religionen - auch und vor allem des islam.

warum "vor allem"?

weil heute pastoren ihren seelsorgerischen dienst in gemeinden tun, die oft zu teilen aus mitbürgern muslimischen glaubens bestehen. auch sie sindf teil der gemeinde, auch wenn sie keine christen sind. ob sie dieses angebot annehmen, ist eine andere frage!

Jocim