Hallo, alle miteinander!

Hier ein Artikel aus der Tageszeitung "Die Welt", vom 24.08.02, in der sich nigerianische Rechtsanwalt Ali Ahmad zum Thema äussert:

Die Scharia aus nigerianischer Sicht

Es ist ein längerer Beitrag, der dort zur "Debatte" steht. Unter anderem schreibt der Verfasser:

"Als moslemischer Rechtsanwalt an einem Scharia-Gericht in Nigerias zweitgrößter Stadt ärgert mich die Verteufelung des islamischen Gesetzes seitens der Christen und Menschenrechtsaktivisten. Die Scharia wird notorisch missverstanden. Aber als jemand, der amerikanisches Recht studiert und in Amerika gelehrt hat, sind mir die Fehler bei der Anwendung der Scharia bewusst, insbesondere im Umgang mit Frauen. Egal wie groß indes der Protest angesichts der Todesurteile gegen Ehebrecherinnen anschwillt, die Scharia kann man hier nicht fortwünschen. Islamisches Gesetz ist seit langer Zeit integraler Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in Nigeria. Das wird so bleiben. Die Herausforderung an die Kritiker der Scharia ist, das islamische Gesetz zu modernisieren, und nicht, es aus dem öffentlichen Leben zu verbannen.

Die strengen Strafen der Scharia schlagen westlicher Rechtsauffassung ins Gesicht. Ich selbst habe hinsichtlich ihrer gemischte Gefühle. Theoretisch akzeptiere ich die Todesstrafe und sogar Amputationen, obwohl ich glaube, dass diejenigen, welche die Scharia eingeführt hatten, wenig Verständnis dafür aufbrachten, dass viele Verbrechen aus Armut und Verzweiflung geschehen. Meiner Ansicht nach sollte die Amputation bei Diebstahl nicht verhängt werden, solange die Armen in der Gesellschaft schlecht versorgt sind.

Dass das jüngste Todesurteil international verurteilt wird, ist auch verständlich. Warum werden lediglich Frauen wegen Ehebruchs zum Tode verurteilt, während Männer frei ausgehen? Scharia-Gerichte legen fest, dass vier Zeugen einen Mann bei der Tat ertappen müssen, damit er überführt werden kann. Dieser Beweis ist so schwer zu erbringen, dass Männer nicht verurteilt werden. Solange die Scharia den Ehebruch nicht gleich behandeln kann, sollten keine Strafen verhängt werden."

Anna