Über Timuzgha oder die Amasirität

der folgende Beitrag will die intelektuellen Hintergründe der Amasirität vorstellen und sie mit allen diskutieren.
Ich verwende Begriffe, die es zu erklären gilt:
1. Tamazgha bedeutet Nordafrika ( Das Land der Masiren )
2. Die Masiristen sind Imazighen, die sich aktiv für die Durchsetzung der Amasirotät in Marokko oder anderswo engagieren.
Es ist ein sehr langer Text geworden, den in Teile hierher kopieren werde.
Falls es jemand interessiert, ich bin ein Soussi und stamme zwischen Agadir und Tass´ort ( Mogador/ Essaouira).
Der Text besteht aus drei Teilen und ist als Grundlage einer Diskussion zu verstehen.
Der erste Teil behandelt die Fundamente der Masirischen Identität. Im zweiten Teil werden die kulturellen, politischen, wirtschaftlichen, ethischen, juristischen und ideologischen Probleme aus der Sicht der Masiristen dargestellt. Der dritte und letzte Teil wird die Gegenwart und Zunkunft behandeln.


Über die masirische ( berberische ) Identität :

Das geographische Prinzip:

Die Masiren ist das älteste nordafrikanische Volk, somit ist die masirische Identität die älteste Identität Nordafrikas. Nordafrika oder Tamazgha ( in masirischer Sprache ) ist somit die einizige kulturelle Heimat der Masiren. Nordafrika wurde in der Antike unterschiedlich bezeichnet. Es gibt Bezeichnungen wie < Mauretanien>, < Numidia>, , etc.... Bei den alten arabischen Autoren hieß Nordafrika < Bilad Al-Barbar / das Land der Berber >, , / der Westen> etc....In der französischen Kolonialzeit wurde folgende Bezeichnung gebraucht: < Afrique du Nord / Nordafrika>. Kurz nach der Unabhängigkeit wurde die arabische Bezeichnung < Al-Maghrib al-Kabir / der große Maghreb > verbreitet. In den siebziger Jahren wurde diese Bezeichnung verändert und seitdem spricht man von < Al-Maghrib al arabi/ der „arabische“ Maghreb>. All diese Bezeichnungen unser Region sind Fremdbezeichungen.
Die Masirische Kulturbewegung greift auf die eigene Bezeichnung < Tamazgha/ Land der Masiren > zurück, so wie es früher bei den Arabern bekannt war. Tamazgha entspricht auch genau das, was die französischen Historiker mit < La Berbérie> bezeichneten.
Tamazgha ist die einzige Heimat der Masiren.

Das ethnische Prinzip:

Die Identifizierung der Bewohner Nordafrikas lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Nordafrikaner, ethnisch gesehen, Masiren sind, gleichgültig, ob sie Sprecher des Tamazight oder des Arabisch-Maghrebinischen sind, ob sie sich als „ Orientalen“ oder als „ Andalusier “ vorstellen. Alle sind Masiren, weil die Zahl der Araber ( im 7 Jahrhundert), die nach Nordafrika kamen, sehr klein war, und man darf nicht vergessen, dass sie als junge Männer nach Nordafrika kamen. Spätestens nach der ersten Heirat mit einer Einheimischen begann ihre Assimilierung.
Für viele ist diese Tatsache schwer zu verstehen, aber mit einem Beispiel lässt sie sich verständlicher machen:

Der junge arabische Flüchtling Idriss der Erste ( Die erste arabische Legende Marokkos ) kam nach Marokko und heiratete im 8 Jahrhundert eine Frau ( Kenza) aus dem masirischen Stamm der Uraba. Dieser Idriss der Erste bekam ein Sohn, Idriss II, nun soll dieser Sohn als Araber oder als Amazigh ( Masire ) betrachtet werden? Dass die „arabische“ Monarchie und Ideologie in Marokko in diesem Sohn nur den Araber sehen will, ist aus Legitimationsgründen ihres politischen Systems selbstverständlich. Aber was sagt die Genetik dazu? 50% Masirisch und 50% Arabisch würde jeder normale Mensch sagen. Eine Mutter würde es anders sehen, da sie diejenige ist, welche den Sohn prägt. Stellen wir uns vor, dieser Sohn nun ( Idriss II) heiratet auch eine Masirin und bekommt einen Sohn oder Tochter. Ist das neue Kind nun Arabisch oder Masirisch? Jeder würde sagen, spätestens in vier oder fünf Generation darf und kann man nicht mehr vom arabischen Blut und Element sprechen, weil die Minderheit sich im Laufe der Zeit in der Mehrheit auflöst. Es gibt neue DNA-Analysen über Nordafrikanerinnen, die die ethnische Homogenität der Nordafrikaner belegen. Diese Nordafrikaner unterscheiden sich durch viele kulturelle Aspekte von den Orientalen.

Das kulturelle Prinzip:

Die Bewohner Tamazghas ernähren sich aus drei unterschiedlichen kulturellen Quellen, sie stellen damit auch drei unterschiedliche Gruppen dar:

1. Die erste Gruppe orientalisiert sich bis zum letzten Knochen. Diese Gruppe betrachtet den muslimischen Orient als ein wichtiges und erstrebenswertes Vorbild. Diese Gruppe geht in ihrer Verherrlichung des Orients so weit, dass sie ihre ethnische masirische Herkunft und Kultur ( Sprache) aufgibt und sogar verleugnet, damit sie sich als Araber fühlen. Einige von ihnen wollen arabischer sein als die Araber selbst. Viele von ihnen fühlen sich als Heilige und/oder direkte Verwandte des Propheten. Einige von Ihnen sind nur Sympathisanten des politischen Orients. Diejenigen unter ihnen, die politisch aktiv sind, profitieren sehr von ihrer freiwilligen Orientalisierung. Die Gruppe ist bereit als für den Islam und Arabisch aufzugeben, nicht ihre kulturelle Identität.
Der Marokkaner, der in Hamburg wegen des 11.09 verurteilt wurde erklärte im Gericht, dass er eigentlicht ein Berber sei, aber der Islam habe aus ihm einen Araber gemacht!
Das Gleiche sagt Abdessalam Yassin, der geistliche Führer der Islamisten in Marokko. Er stammt aus Hâhâ ( zwischen Tass´ort/Mogador und Agadir), ich aber auch. Er sagt, der Islam in arabischer Sprache produziert Araber. Ich sage, der Islam der Islamisten, angefangen bei Ibn Taymiya im 14 Jahrhundert, produtziert nicht nur marokkanische Araber, sogar marokkanische Terroristen.

2. Die zweite Gruppe okkzidentalisiert/europäisiert sich auch bis zum letzten Knochen. Diese Gruppe betrachtet den Westen ( Europa) als das wichtigste kulturelle Vorbild. Diese Gruppe sieht kein Problem daran, dass ihre Kinder nur die französischen oder amerikanischen Privatschulen besuchen. Ihre Verherrlichung des Westens geht so weit, dass sie für eine vollständige Französisierung der Gesellschaft sind. Sie sehen im Orient nur Rückständigkeit und Fanatismus.

3. Die dritte Gruppe originalisiert sich zunehmend und betont ihre Originalität, weil sie das Gefühl hat, ihre Idenität wird durch die beiden Dimensionen ( Orient und Westen) zunehmend verdrängt. Diese Gruppe hält an ihrer masirischen Identität fest und versucht das alte Erbe zu modernisieren und zukunftsfähig zu machen. Diese Gruppe schließt die anderen Einflusssphären und Kulturräume ( Orient und Europa) nicht aus, aber sie gibt dem einheimischen Element und der einheimischen Kultur den Vorrang, was jeder vernüftige Mensch als etwas legitimes sehen würde. Diese Gruppe ist das, was man in Marokko als Masiristen oder die masirische Kulturbewegung bezeichnet.


Alle drei Dimensionen sind nicht total von einander unabhängig. Und diese drei kulturelle Dimensionen sind Teil der Nordafrikanischen Identität. Da die masirische Kultur die älteste Kultur in Nordafrika ist, muss diese Kultur und Identität auch als Erstes Fundament gelten. Alle anderen nicht nordafrikanischen Kulturen ( Orientalische / Westliche), die Nordafrika beeinflusst haben, müssen als etwas zweitrangiges gesehen und betrachtet werden.
Die Masirische Ethnie ist, historisch und wissenschaftlich gesehen, die einzige nordafrikanische Ethnie ist. Die anderen Volksgruppen haben eine andere kulturelle Heimat, aber ihre Identitäten werden nicht verleugnet, nur sie dürfen nicht so aufgewertet werden, dass die einheimische Volksgruppe dadurch verdrängt und bedroht ist.
Das geographische Prinzip ist das wichtigste Fundament der Masirischen Kulturbewegung, es ist auch das einzig Ewige Element, das Nordafrika von anderen Regionen der Welt immer unterscheiden wird. Die Arabische Ethnie hat ihre historische Heimat auf den arabischen Halbinseln. Die Chinesische Ethnie in China usw... Imazighen gab es und gibt es nur in Nordafrika, und nur in dieser Region der Welt haben sie ihre kulturelle Heimat. Die linguistischen, religiösen und politischen Aspekte sind im grundgenommen rein zufällige Elemente. Der masirischen Sprache kommt zwar eine große Bedeutung zu, weil sie sich seit mindestens 3000 Jahre erhalten konnte, sie bildet aber nur ein Teil der masirischen Identitä ( Geschichte, Kultur, Mythen ). Man darf an dieser Stelle nicht vergessen, dass ein Volk seine Sprache, seine Religion und sein politisches System austauschen und wechseln kann. Imazighen selbst hatten neben ihrer Muttersprache unterschiedliche Sprachen beherrscht ( Griechisch, Punisch, Latein). Heute sprechen sie auch andere Sprachen ( Arabisch, Französisch, Deutsch etc... die Geschichte lehrt uns, dass viele Völker den Glauben gewechselt haben. Imazighen stellen hierbei keine Ausnahme, sie waren/sind Heiden, Juden, Christen und Muslime.
Ibn Khaldoun, der nordafrikanische Denker, spricht davon, dass Imazighen 12 Mal vom Islam abgefallen sind. Wer weiß, ob es nicht ein 13. Mal geben wird! Viele Nordafrikaner wechseln ihre Religion und konvertieren zum Christentum, aber keiner fragt warum? Es sind keine reine wirtschaftliche Gründe!
Die kulturellen Elemente also ( Sprache und Religion) verändern sich sehr schnell, aber das ethnische und geographische Element verändert sehr langsam, um nicht zu sagen kaum.

Nun möchte ich auf einige Argumente einiger Islamisten und Arabisten eingehen, die anderer Meinung sind.
Mit " Arabisten" meine ich jene Marokkaner, der arabisch-islamischen Ideologie anhängen, bewußt oder unbewußt. Es gibt auch eine kleine Miderheit der Panarabisten, die eine Einheit mit den orientalischen Dispoten suchen, da sie sich als Araber ausgeben. Unter Islamisten sind jene Marokkaner zu verstehen, die im Namen der Religion die masirische Identität begraben wollen.
Diese Landsleute gehören der ersten Gruppe und sind als Orient-fanatiker zu bezeichnen, sie sind der Meinung, die arabisch-islamische Dimension sei das einzige Fundament der nordafrikanischen Identität. Für sie spielt die lokale und originale masirische Dimension Nordafrikas keine Rolle. Die Originalität in ihren Augen ist nur im Orient und im Islam zu finden. In ihrem Verständnis hat weder der Westen noch die lokale Kultur etwas Originales an sich. Der Islam und der Orient seien für sie die Originalität schlechthin. Es ist ein fremdes Verständnis von Originalität, demnach wird das Lokale und Nahe ( Masirität-Afrikanität ) als Zeichen der Jahiliya ( Ignoranz ) betrachtet, während das Fremde und Weite ( Orient) als das Originale aufgefasst und wahrgenommen wird.
Diese Gruppe verwechselt bewußt das Konzep der Arabität ( Ideologie der Araber ) mit de Islam.Es gibt Strömmungen innerhalb dieser Gruppe, aber alle verteidigen die arabisch-islamische Ideologie ( Kultur und Sprache), deren Wurzeln nicht in Nordafrika liegen.


Zusammenfassung:

Drei kulturelle Dimensionen ( Ideologien) stehen im einem Wettbewerb zueinander in Marokko und Nordarika

1. Masirische Dimension
2. Arabisch-Islamische
3. Westlich-Europäische


Ausgehend vom Prinzip der Originalität und des Lokalen, kommt der masirischen Dimension die wichtigste Rolle zu, während die beiden anderen Dimensionen eine Nebenrolle spielen können. Dies bedeutet, dass die masirische Geschichte und Kultur in ihrer Gesamtheit ( Vor– und nach dem Islam) als eine Nationale Geschichte zu betrachten ist. Historische Figuren wie Takfarinas, Jugurta, Kussayla oder Dihya ( Kahina ) sind aus der nordafrikanisch-masirischen Perspektive zu sehen und weder aus der europäischen noch aus der arabisch-islamischen Sicht.


Der zweite Teil kommt auch bald.
Gruß
Mohand


Tidt n umya!