die marokkanische flagge ist also nicht von lyautey "erfunden" oder eingeführt worden, sondern er hat (scheinbar aus miltärstrategischen gründen) vielmehr veranlasst, dass die der truppen des sultan von den anderen erkenntlich gemacht werden soll. da das pentagramm und die grüne farbe wie der halbmond übliche zeichen des islam sind, kann davon ausgegangen sein, dass diese "kenntlichmachung" auch nur unter berücksichtigung der damals und heute noch in marokko herrschenden glauben und überzeugungen geschah.

wie ihre geschichte auch gewesen sei mag, ist es nicht zu verkennen, dass alle marokkaner sich mit ihr identifizieren und die rote farbe als symbol des opfers und das grüne pentagramm als eins des friedens und des sieges in ihr deuten. für sie ist sie ein symbol der zusammengehörigkeit, des gesamten landes und volkes. man sieht sie u.a. auf großen marokkanischen konzerten im ausland, auf olympischen sportarenas und sonst überall da, wo marokkaner als gruppe auftreten und auf sich als solche, wie andere völker es auch tun, aufmerksam machen wollen. in diesen momenten ist es den marokkanern nicht primär bedeutend, welche farbe sie hat und wer sie eingeführt hat, als vielmehr ihre kraft, sie symbolisch zu vereinen.

auch in deutschland wissen nicht viele deutsche um die geschichte ihrer flagge, aber sie tragen und mögen sie, nicht wegen ihrer farben, sondern für das wofür sie heute steht.

das was hier als "mazighische flagge" vorgestellt wird, kann aus diversen gründen nicht gelten.

- zunächst ist sie kein symbol der mazighen, von denen kaum einer sie kennt, sondern wird mühsam von mazighisten als symbol genutzt. mazighen und mazighisten sind nicht das gleiche. die mazighen bilden die gesamtheit der mazighischen völker, und sind als "reine" ethnische gruppen nur noch in ein paar berggipfeln zu finden, während die mazighisten eine kleine minderheit von pseudo-intelektuellen sind, die selbsternannt beanspruchen, für eine ethnische ideologie zu kämpfen, wobei beide, ihre ideologie und ihr kampf, als diffus und einheitlich einzustufen ist.

- zudem kann die einführung einer solchen flagge per se scheitern, wenn man für eine uralte und verwurtzlete kultur zu kämpfen angibt, eine flagge nicht einmal in dem erbe dieser kultur zu finden bzw. zu entwicklen trachtet, sonder ihre gestaltung gänzlich im letzten jahrzehnt gerade vornimmt.

- die farben der sogenannten mazighistischen flagge (gelb, grün, blau) halten sich an das letzte, was zweifel und diskussion noch erträgt: die natur! damit wird eine kahle negation allen menschlichen, kulturellen, geschichtlichen, politischen usw. von den mazighisten selbst suggeriert. "wenn du den norden verlierst, dann halt dich am boden fest", sagt ein marokkanischer spruch. entweder waren sich die mazighisten wie üblich so uneins, welche symbole die sog. flagge trägt, dass ihnen nur noch die natur des halben kontinents als gemeinsamer nenner übrig blieb, oder sie waren einfach unfähig über etwas, was sie, ihren sogennanten kampf und alle stämme und ihre geschichten vereint und symbolisch vertreten kann, nachzudenken. ich schätze beides.

- die mazighen bilden extrem heterogene völker und volksgruppen, die über so gut wie nie über einheitliche und über lange zeiten dauernde imperien verfügten, sondern als in ganz nordafrika zerstreute stamme exstierten, so dass sie nur durch mehrere grundveschiedene flaggen und ideologien zu vertreten sind, sollten diese sie überhaupt interessieren.

- das organ, welches im namen der mazighen zu sprechen und für sie den stoff und die farben ihrer flagge auszuwählen meint, ist aus marokkanischer sicht selbsternannt, grundsätzlich unbekannt und von niemandem gewählt. es verfügt über keine legitimation, im namen von irgendwem zu sprechen, geschweige ihnen irgendwelche symbole auch noch derart zu gestalten. so etwas nennt man üblich und weltweit tyranei.

schließlich ist der vergleich mit den wappenschildern und flaggen der länder in deutschland für den intelligenten mazighisten (gibt es ihn?) im grunde ein heikler.

sie sind nicht das ergebnis einer demokratischen coolness, sondern einer geschichtlichen, religiösen, regionalen und politischen zersplitterung des landes, die über lange jahnhunderte gewaltsam ausgertagen wurde, seine entwicklung verhinderte und viele seiner geschichtlichen miseren und menschlichen katastrophen verursachte. sie haben heute nur noch einen kommunalpolitischen wert und beanspruchen keine separatistische ideoligische bewegung zu verköpern.

die überwindung dieser geschichtlichen dezentralisierung, die der föderalen politischen landschaft in deutschland und - paraodoxerweise - auch der sympathie der deutschen für separatistische und autonome bewegungen zugrunde liegt, dauerte bis unsere tage: deutschland hat sich vor 12 jahren erstmals und nach zwei gewaltig gescheiterten versuchen (bismark und hitler) erfolgreich wiedervereinigt, was in der geschichtlichen zeitmessung einer minute im menschlichen alter gleich kommt.

aber die deutschen sprechen mittlerweile hochdeutsch, fühlen sich darin wohl und sind mit ihrer wiedervereinigung glücklich und emotional gepackt, was die solidarität während der letzten hochwasserkatastrophe in beindruckender form gezeigt hat.

die flagge beyerns oder düsseldorfs etwa ist kein symbol eines germanischen wiedererwachen gegen irgendwelche radikal abzulehnende römisch-katholische und faschistische zentralmacht, wie die mazighisten ihre "ideologie" interpretieren lassen. sie stehen lokal für regionen und nicht überregional für germanische stämme von skandinavien bis die schweiz etwa.

sollten birnen und äpfel sich schon nicht vergleichen lassen, müßte man davon absehen, auch noch kartoffeln mit ins spiel zu bringen.

während also die deutschen sich national vereinen, sich auf eine deutsche identität besinnen, die allmälich auch "fremdidentitäten" in sich aufnimmt, die grenzen unter sich überwinden und vergessen, eine einheitliche sprache statt verschiedener dialekte sprechen und transnational ihren paltz im vereinten europa sich festigen, nimmt der mazighist das überwundene, den schrott ihrer geschichte als ideologische orientierung für sich und sein land und als glaubensrichtung für seinen sogennanten kampf.

sollte man marokko und die grundunterschiede zwischen den vielen mazighischen gruppen und stämmen in all den vielen regionen und dörfern kennen, würde man nur noch ein kopf schütteln für jene realtitätsfremde mazighisten, die im ernst meinen, die mazighen in "algerien, tunesien, libyien, mali, niger, kanarische inseln und marokko" durch irgend etwas zu vereinen, übrig haben, oder mit gertrud sagen: alle in einen sack, triffst immer 'n richtigen!

jm