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unter dem dt. Titel "Verlassen" erscheint jetzt das Buch, das in Frankreich seit letztem Jahr auf dem Buchmarkt ist.

Das Schiff der Hoffnung
Über das Schicksal junger Marokkaner in Spanien
© Die Berliner Literaturkritik, 06.03.06

PARIS (BLK) – Das französische Literaturmagazin „Lire“ stellt den neuen Roman des französisch-marokkanischen Schriftstellers Tahar Ben Jelloun vor. „Partir“ („Weggehen“) beschreibt am Beispiel von Azel die Lebenssituation vieler junger Marokkaner, die ohne Arbeit und Zukunftsperspektive in einem Land voller Korruption, Armut und Gewalt leben. Und deren größter Traum es ist, die Heimat zu verlassen um in Europa ihr Glück zu suchen.

Azel verbringt seine endlosen Tage im Café am Meer. Das Meer in seiner unerhört blauen Schönheit wird zur Metapher seiner unerfüllten Wünsche, seiner Sehnsucht nach Europa und damit einem besseren Leben. Und es wird zum Symbol für das Abgeschnittensein von sich selbst, denn „man ist von sich selbst getrennt, wenn man ein Leben lebt, das nicht verdient, gelebt zu werden“. Azel hat keine Lust, sein Dasein in Musik und Tanzen zu ertränken, aus seinem Leben eine immerwährende Party zu machen. Und so ist er bereit, alles zu tun, um „abzuhauen“. Seine Ankunft in Spanien wird jedoch zum Schockerlebnis. Auf einer Polizeistation wird er verprügelt und misshandelt. Doch dann lernt er Miguel kennen, einen neureichen Homosexuellen, der in Künstlerkreisen verkehrt. Tagsüber arbeitet Azel für ihn, nachts ist er sein Geliebter. Als er schließlich von diesem fortgeschickt wird, erkennt Azel, dass „Spanien nicht die Lösung ist“. Was einst Hoffnung versprach ist nur die Kehrseite des Notstandes. Ihm wie auch den anderen wird immer ihr eigener Boden fehlen, „damit das Leben, von dem sie träumen, endlich ihr Leben sein kann“. So kehrt Azel nach Marokko zurück.

Was bleibt ist Erfahrung. Diese in Bewusstsein zu verwandeln, sei die Aufgabe des Schriftstellers schreibt „Lire“. Möglicherweise sei dieser der eigentliche Fährmann zwischen den Welten, der den Einzelnen so nah wie möglich zu sich selbst zurückführe.

Tahar Ben Jelloun wurde 1944 in Fes geboren. Er gilt als bedeutendster Vertreter der französischsprachigen Literatur des Maghreb.