Hallo Rita!
Vielleicht kannst du mit diesem Text was anfangen.
Ich kann dir auch das buch: "Lecture des Recits de Tahar Ben Jelloun von rachida saigh Bousta" empfehlen! Wenn du das buch nicht findest kann dir meins leihen.
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Mit gesenktem Blick.

Im ersten Teil des Buches gelingt dies auch gut. Man gewinnt einen poetischen und - wie ich annehme - realistischen Einblick ins Leben eines abgelegenen marokkanischen Dorfes. Der Vater arbeitet in Frankreich, die Mutter wohnt jenseits des Hügels (S.12). Fathma (S.23 oder Kniza S.126 oder beides?) lebt mit ihrem Bruder Driss bei ihrer Tante Slima. Diese ist beiden feindlich gesinnt. Erst spät erfährt man, dass dies seitens der Tante auf der Legende eines Schatzes beruht, also auf Habgier. Doch die Abneigung ist wechselseitig. So berichtet Fathma über Slimas scheußliches Gesicht: "Mit meinen Füßen trete ich so lange, bis alles sich vermengt und man keine menschliche Form mehr erkennt" (12). Sie weiß, daß Driss von der Tante vergiftet wurde. Die zeitlichen Sprünge in der Erzählung erschweren das Lesen. Später zieht die Familie nach Frankreich, kehrt wieder zurück, wieder nach Frankreich, ist nirgends mehr zuhause. Erzählerische Höhepunkte sind die Episode mit der stummen Safia (112) und wie sich Fathma in Paris zurecht findet. Überzeugend und einfühlsam ist das Verhältnis der Kinder untereinander und zum Vater – mit gesenktem Blick – geschildert: . Ein einzigesmal - abgesehen von der schon erwähnten Episode mit Safia - wurde es humorvoll: "Später erfuhren wir, daß sie den Bildschirm auch dann anschauten, wenn kein Bild da war" (214). Doch in der zweiten Buchhälfte vermehren sich Traumeinschübe - die mit der Handlung nichts zu tun haben und daher übersprungen werden können, z.B. 153-163; 183-185; 192-194 oder gar ein Gespräch mit dem Wind 205-207 und mit der Straße 213. Der Roman wirkt dadurch im Rückblick etwas dünn.
Mich störten zahlreiche unaufgelöste Bemerkungen: Die Mutter ist schwanger und wohnt jenseits des Hügels (S.12). Die Rückkehr von Paris ins Dorf (S.109) ist unmotiviert.
"Als ich klein war, fing ich Spatzen und drehte ihnen den Hals um" (54-55). "Als Ursprung des Bösen hatte ich von Anfang an meine Tante ausgemacht" (100). Von seiten des Kindes ist dieser Hass völlig unbegründet und auch höchst unwahrscheinlich. "Unser Land hat uns vielleicht deshalb nicht halten können, weil eine unglückliche Hand eines Tages die Saat der Zwietracht und Rückständigkeit ausgesät hat" (80). Wer hatte die "unglückliche Hand"? Mohammed? Ein französischer oder einheimischer Politiker? Diese grundlegende Aussage hätte einer überzeugenden Ausführung bedurft. Die Familie wohnt in einem Armenviertel von Paris, mehrfach ist aber vom Meer die Rede: "Das Meer" (81), "Da der Spaziergang an der Küste ausfiel..." (83). Völlig unverständlich blieb mir auch: "Von dem Tag an, an dem ich eine Socke in einer Schublade geworden bin, habe ich alles gesehen und alles verstanden" (134). Auf S.164 wird berichtet: "Das Dorf war in einem solchen Zustand des Verfalls und des Mangels, daß man Mühe hatte, die Plätze wiederzuerkennen", dagegen "Tatsächlich hatte sich das Dorf nicht so sehr verändert" (168).
Mich störten auch zahlreiche Szenen, bei denen nicht klar war (zumindest mir nicht), ob Traum oder Wirklichkeit. "Hinter ihm stolperte eine Frau mit zusammengeketteten Händen und gesenktem Kopf her" (166) oder "Mit dem ersten Schein des Tages löste ihr Körper sich in der Luft auf" (168).
Wenn man es versteht die überflüssigen Sequenzen zu überspringen, zeichnet dieser Roman ein eindringliches Bild von Volksgruppen zwischen zwei geographischen, rassischen, religiösen und zeitlichen Welten.


Augen zu und durch
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