hallo poesiefreunde
vielleicht interessiert dieser artikel ( aus der NZZ-Zeitung) bzw. dieser "diwan" jemanden hier! obwohl keine marokkanische poesie!!

liebe grüße
sara

Neuer Diwan
Eine arabisch-deutsche Literaturzeitschrift
Ein neue Literaturzeitschrift mit einem überraschenden Konzept ist anzuzeigen: Man kann sie sowohl von links nach rechts wie von rechts nach links lesen. Denn «diwan. Zeitschrift für arabische und deutsche Poesie», ist zweisprachig gedruckt: Wenn der arabische Leser das Heft zur Hand nimmt, sieht er auf dem Umschlag ein Gemälde des 1949 in Saarbrücken geborenen Künstlers Max Neumann. Wenn es der deutsche liest, blickt ihm das lange, hagere Gesicht des irakischen Dichters Badr Shakir as-Sayyab entgegen, wie es der in Berlin lebende syrische Künstler Marwan (geb. 1934) mit wenigen dicken Strichen und zwischen Grün und Rot changierenden Farbtupfern expressiv festgehalten hat.
As-Sayyab, dem 1964 mit nur 38 Jahren verstorbenen Begründer der modernen arabischen Poesie, ist im deutschen Teil ein Dossier gewidmet, das auch einige Briefe des Dichters mit gewichtigen poetologischen Überlegungen enthält. Eine Bibliographie zu as-Sayyab vermisst man hingegen, ebenso den Hinweis, dass bereits 1995 beim Berliner Kleinverlag Das Arabische Buch eine zweisprachige Sammlung seiner Gedichte erschienen ist. Den Briefen as-Sayyabs im deutschen Teil entspricht im arabischen ein - aus dem Deutschen übersetzter - «Brief an Europa» von Said, dem deutschen Pen-Club Präsidenten. Das Gespräch mit Volker Braun auf arabisch findet sein Echo in einem Interview mit dem libanesischen Dichter Wadi Saadah auf deutsch. Bei gleichem Konzept wird so konsequent immer das Andere und Fremde dargeboten. - «diwan» unternimmt es, den im vergangenen September beim deutsch-arabischen Dichtertreffen im Jemen initiierten Dialog auf eine dauerhafte, vorerst halbjährliche Basis zu stellen. Das Gipfeltreffen in Sanaa steht daher im Fokus des Heftes, in dem zahlreiche der damaligen Diskussionsbeiträge und vorgetragenen Gedichte abgedruckt werden. Da ist es dann doch bedauerlich, dass den deutschen Lesern die Beiträge der deutschsprachigen Kritiker und Dichter ebenso vorenthalten werden wie den Arabern die arabischen.
Das Layout ist aufwendig und professionell. Geleitworte von Adonis und Joachim Sartorius, beide im redaktionellen Beirat, bieten den nötigen Geleitschutz. Denn auf finanzielle Unterstützung dürfte die Zeitschrift des längeren angewiesen bleiben, die Beschränkung auf Lyrik, nicht auf Literatur im Allgemeinen, erscheint im Hinblick auf ein breiteres Publikum als denkbar gewagt, und gute Übersetzungen in der erforderlichen Menge werden bald rar sein. Einzige verantwortliche Redaktorin ist die im deutschen Exil lebende irakische Poetin Amal al-Jubouri, auf deren Initiative und bewundernswerten Einsatz sowohl das Treffen im Jemen als auch diese Zeitschrift zurückgeht. In der Übersetzung ihres - freilich auch im Original kryptischen - Diskussionsbeitrags zur Konferenz in Sanaa finden sich mehrfach Sätze wie die folgenden: «Zwischen dem Ich als der Dichterin und der Dichtung steht jenes Wesen, das die Gedanken formt, zu denen wir gehören, nicht aber die Gedanken, die versuchen, Teig aus welcher Hefe auch immer aus uns zu machen.» Daran lässt sich ermessen, wie gross die deutsch-arabischen Interferenzen trotz aller Bemühungen noch sind. Und so begründet gerade das, was an der Zeitschrift womöglich zu bemängeln wäre, ihre Notwendigkeit.

Stefan Weidner

diwan. Zeitschrift für arabische und deutsche Poesie. Redaktionsanschrift: DIWAN, Postfach 191327, D-14003 Berlin. Tel./Fax: 0049 3030112716. diwan-1@yahoo.de.