Nun noch einen letzten Text zu Sarkasmus und den Hinweis, daß ich mich ab jetzt definitiv als beleidigt betrachte, wenn jemand im Zusammenhang mit meinen Postings nochmal behauptet, sie wären sarkastisch:

Die Intention, welche dem Sarkasmus zugrunde liegt, ist eine von Aggression geprägte: Der Sarkasmus ist bissig, verletzend, verwundend, das unterscheidet ihn von der Ironie: Wo diese auf eine rein semantische Ambivalenz zwischen Gesagtem und Gemeintem zurückzuführen ist, steht beim Sarkasmus immer auch eine moralische Ambivalenz. Für den Sarkasmus ist nicht allein entscheidend, dass er die Regeln der Konversation bricht, wie dies die Ironie tut. Der Sarkasmus übertritt zudem auch kulturelle Verbote, er bricht moralische Tabus.

Zieht man einschlägige Kritiker heran, dann zeigen deren Einschränkungen relativ präzise, gegen welche Regeln der Sarkasmus verstößt, welche kulturellen Tabus er bricht. Ciceros De oratore verbietet das Lächerlichmachen von Fällen schweren Verbrechens und persönlichen Leids; Thomas von Aquin bemängelte, daß es sarkastische Äußerungen immer nur in Bezug auf ein Übel oder Gebrechen gebe:
Wer den Schaden hat, braucht für den sarkastischen Spott bekanntermaßen nicht zu sorgen.

Als grundsätzliches Kennzeichen des Sarkasmus ließe sich daher sagen, dass er auf einen wie immer gearteten personellen Schaden ironisch anspielt und diesen lächerlich macht. Sarkasmus ist eine Ironisierung von Unrecht, Leid, Dummheit oder Peinlichkeit. Während ein normaler Diskurs diese vier Bereiche mit Diskretion, mit Ernst, Pietät, Mitgefühl, Sorge oder Betroffenheit behandelt, macht sich der Sarkasmus aus eben diesen Themen einen Spaß.

Der Sarkasmus stellt eine Kommentierung dieser vier Themenfelder dar, die dem moralischen Gebot einer mitleidenden Reaktion widersprechen: Insofern bricht er ein Tabu. Dem Text und seinem Autor werden nicht Betroffenheit und Mitleid,
sondern Hohn oder Schadenfreude, aber auch die schlichte Lust an der Darstellung von Leid unterstellt.


Aus: Meyer-Sickendieck, Habilitation Sarkasmus - Ein Beitrag zur deutsch - jüdischen Moderne

Sonst ganz ohne Kommentar.

Josi