Hallo Shakir,

wir zwei sind über dieses Thema ja auch schonmal aneinander geraten. Und weil Du ein Meisterschreiber bist, weißt Du auch was mit Worten und Bezeichnungen passiert, die man als Witze in die Welt schickt.

Hier also die "Oma" und die "Omi":

Oma ist eine sehr intime Bezeichnung, die ausschließlich auf den Gebrauch innerhalb einer Familie beschränkt ist, nicht anders als Papa und Mama. Außerhalb der intimen Familienzone wird die "Oma" und noch mehr die "Omi" jedoch als Schimpfwort benutzt, der Begriff bezeichnet einen Bereich, in dem man sich keinesfalls aufhalten möchte und auch nicht von anderen dorthin verwiesen werden will.

Nachdem Witze auch immer eine Entlastungsfunktion haben und solche Oma-Witze, auch wenn sie als Kampf-Omas angeblich toll sein sollen, sollte man sich (selbst, nicht mich als Oma) fragen, was genau sie entlasten sollen? Ist es denkbar, daß man auch solche sexistischen Witze über "Kampf-Junggesellen" über "Kampf-Sitzengelassene", über "Kampf-Alleinerziehende" oder "Kampf-Singles" macht? Kannst Du Dir vorstellen, daß man sich hier über "Kampfväter" kugelt, wenn von ihnen die Rede wäre, daß man sie auf den Stricher-Strich schicken will?

Humor ist ja das spezifisch menschliche Organ, um soziale Spannungen gewaltlos zu lösen: wo liegt also bei der Kampfoma, die man auf den Strich schicken möchte und sich über deren krumme osteoporitische Beine man lachen kann, die soziale Spannung verborgen, die man auf diesem Wege lösen möchte? Für die Deutschen ist und war Humor ja immer etwas ganz besonders Schwieriges, weil sie durch die Kleinstaaterei über Jahrhunderte hinweg zur politischen Ohnmacht verurteilt waren und deshalb nichts Respektloses, Anarchistisches ausbilden konnten wie die Engländer. Denen seit Jahrhunderten sicher ist, daß man die Obrigkeit nicht nur veräppeln darf, sondern das Veräppeln geradezu ein Volkssport ist, der jedoch nicht sanktioniert wurde, also folgenlos war.

"Der Deutsche hingegen liebt den spannungsfreien Innenraum und straft jeden Störer mit moralischem Gelächter. Bis zum 30jährigen Krieg war der deutsche Humor jedoch genauso anarchistisch-respektlos wie der heutige englische: es war der typischse Stadtbürgerhumor, der sich gegen die Autorität des Adels auflehnt und sie in den Dreck zog"*. Danach musste stabilisiert werden auf Teufel komm' raus und aus war es mit dem respektlosen, anarchistischen Humor, der deutsche Humor ist seitdem nach innen gemütlich und nach außen moralisch.

Und wo befindet sich da die Oma in diesem verdrucksten Universum jetzt als Schimpfwort und als Witzobjekt? Und warum funktioniert der Witz auf dem Lächerlichmachen von Oma-Sexualität, die per se als ekelig, als lächerlich, als komisch dargestellt wird? Und könntest Du Dir vorstellen, daß man in Marokko "Oma" als Schimpfwort besonders tauglich finden würde? Oder sich ganze Fußballmannschaften vor Lachen ausschütten, wenn in einem einzigen Satz gleichzeitig das Wort "Prostitution" und "Oma" vorkommt?

Was nützt es, wenn man über #aufschrei und Sexismus einen Thread eröffnet, dann aber unaufmerksam ist im Umgang mit solchen Alltagszoten - Monty Phytons " Hell's Grannies " sind SEHR witzig, diese Videos hier sind es nicht.

Josi

* Max und Monty, Hans-Dieter Gelfert, C.H. Beck-Verlag - dort wird auch der österreichische Humor behandelt und warum er sich darauf gründet, daß Österreich immer zwischen allen Fronten lag und sich darauf eingerichtet hat, prinzipiell schwarz und anspielungsreich zu sein, damit ihn nur ja keiner als Majestätsbeleidigung entdeckt.