hallo Afulki,

vielen Dank für den Hinweis. Bibelstellen brauchst Du mir keine rausschreiben, ich kenne mich in der Bibel sehr gut aus, kann ich sagen.
Es ist wahr, in den Büchern Mose gibt es sehr viele Vorschriften, darunter Speisevorschriften und viele andere. Ich habe jedoch festgestellt, dass leider viele Menschen sich nur einige davon rauspicken, z.B. das Schweinefleischverbot, um beispielsweise das Schweinefleischverbot im Koran damit zu beweisen. Wenn man aber dieses Verbot hernimmt, dann müsste man auch alle anderen (wenigstens)Speisevorschriften der Juden gelten lassen und auf sich selbst anwenden. Dies wird aber nicht gemacht!
Im Alten Testament ( ich nehme diesen Ausdruck her, obwohl Du Dich so darüber aufgeregt hast, um es zu lokalisieren) stehen z.B. Speisevorschriften wie:

-man darf von den Landtieren nur die essen, welche durchgespaltene Klauen haben UND Wiederkäuer sind. Verboten sind den Juden das Schwein ( gesp. Klauen, aber kein Wiederkäuer), der Hase,somit auch das Kaninchen(Wiederkäuer, aber keine gespaltenen Klauen), das Kamel( Wiederkäuer, aber keine durchgespaltenen Klauen).

-von den Wassertieren sind nur die erlaubt, die gleichzeitig Flossen UND Schuppen haben. Das heißt, keine Muscheln, keine Krevetten, Hummer, Krabben, Calamar. Auch die in Marokko so beliebten Schnecken sind somit verboten.

-von den Vögeln sind verboten: Adler, Lämmergeier, Geier, Weihe, alle Arten der Falken, alle Rabenarten, Strauß, Schwalbe, Möwe, alle Habichtarten, Käuzchen, Sturzpelikan, Uhu, Eule, Pelikan, Erdgeier, Storch, alle Reiherarten, Wiedehopf und die Fledermaus.

Jedes Tier, das hier beschrieben ist, ist nach den jüdischen Vorschriften unrein. Man darf diese Tiere weder essen noch berühren, wenn man sie berührt hat, wird man unrein bis zum Abend. Man muss seine Kleider waschen, wenn man solche Tiere berührt hat. Die Insekten, Eidechsen usw. habe ich weggelassen, weil sie sowieso auch von Muslimen nicht gegessen werden.

Dies alles kann jeder in der Bibel nachlesen. Und zwar im 3. Buch Mose ( Leviticus) ab Kapitel 11. Es empfiehlt sich aber, das komplette Buch Leviticus durchzulesen, auch die Vorschriften über Sühne- und Brandopfer, über rein und unrein usw. Jeder wird leicht erkennen, dass das Schweinefleischverbot nur eines von sehr vielen ist und dass hier partiell argumentiert wird. Wenn Du, Afulki, dieses Verbot hernimmst, dann musst du dich auch alle anderen halten.
Dann gäbe es in Marokko kein Kamelfleisch mehr, kein Kaninchen, keine Schnecken, Kalamari, Muscheln und Krevetten. In den jüdischen Speisevorschriften ist ebenfalls eine Vermischung von Fleisch und Milch verboten. Gläubige Juden haben zwei Küchen, eine für Milch und eine für Fleisch, und kein Topf von der einen Küche darf jemals in die andere. Halten wir uns heute daran, auch wenn wir Muslime sind? Nein. Warum nicht, wo es doch in der Bibel steht?


Dass die Bibel Alkohol verbietet, ist mir völlig neu. Habe ich hier eine Wissenslücke? Selbst Jesus trank doch Wein, obwohl er Jude war? Bitte kläre mich auf.

Dann müssten Muslime Brandopfer bringen und Sühneopfer. Das alles findet aber nicht statt.

Im christlichen Glauben gibt es nicht so viele Vorschriften. Die zwei wichtigsten Gebote sind:
" Du sollst Gott, Deinen Herrn lieben mit Deiner ganzen Seele und mit Deiner ganzen Kraft und Deinem Herzen und Deinen Nächsten wie Dich selbst."
Wobei das zweite tatsächlich eins der schwersten und vielleicht unmöglich ist. Zumindest manchmal.

Im Christentum geht es mehr um die geistigen Dinge, ich glaube, das hat Orpheus auch gemeint. Es geht weniger um viele Vorschriften, sondern um die geistige Entwicklung. Jesus sagte, dass nichts, was in den Menschen hineingeht, ihn unrein macht, sondern unrein, was aus seinem Munde herauskommt.


Von Josis Frage habe ich nur die Grundaspekte beantwortet. Selbstverständlich ist mir klar, dass noch vieles andere wichtig ist und ich kann Dir versichern, dass ich sicherlich Hunderte von Hadithen gelesen habe. Ich hatte jedoch nicht den Wunsch, mich vor Josi zu erklären. Sie hat gefragt, ich habe geantwortet. Alles andere ist meine persönliche Sache bzw. zwischen mit und Gott oder Allah.

Ich schildere dir meine Sicht der Dinge: Vorschriften im Glauben fordern den Gehorsam an Gott. Die Religionen unterscheiden sich hier stark voneinander. Jeder wird in eine Religion hineingeboren. Er kann bei ihr bleiben oder sie verlassen. Wichtig ist immer der Gehorsam gegenüber Gott. Weltliche Vorschriften sind hilfreich für den Menschen ( um sich immer an Gott zu erinnern) und nützlich für die Welt. Es gibt oft keine logische Erklärung von Verboten. Muss es auch nicht geben, man soll nur Gott gehorchen und ihn zu seinem Leitstern machen, soweit uns fehlerhaften Menschen das gelingt. Ob jemand nun den Ramadan fastet oder sich als Hinduist an das Rindfleischverbot hält oder ob einer sein Leben der Nächstenliebe widmet, meiner Meinung ist das alles Dienst an Gott und somit richtig. Warum es viele Religionen gibt, wissen wir nicht. Im Koran steht, dass es Allahs Absicht gewesen ist und dass, wenn Er gewollt hätte, Er uns zu einer einzigen Gemeinde gemacht hätte. Der Sinn Seines Willens verschließt sich uns, weil wir begrenzt sind. Wir sollten niemals denken, dass wir Exklusivrechte haben, weil wir einer bestimmten Religion, z.B. dem Islam folgen, ( Christen denken auch häufig, sie haben Exklusivrechte, weil Jesus gesagt hat: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater außer durch mich.") Es gibt keine Exklusivrechte, sondern Religionen sind eine Hilfestellung für uns (schwache) Menschen. Hochmut ist in jedem Fall falsch.

Afulki, das Ganze kommt jetzt etwas aggressiv rüber, ich meine nicht Dich persönlich damit. Nur befinde ich mich seit vielen Jahren im religiösen Dialog und es nervt mich, wenn man sich immer ein Stückchen rauspickt und alles andere weglässt.
Schöne Grüße
Eva