Meine Lieben,
nachdem ich jede Nacht in einer anderen Stadt war und immer abends im Hotel noch lange aufschreiben musste, was ich am Tag so recherchiert habe, bin ich nun in Fes angekommen und gönne mir den Luxus, hier 2 Nächte zu bleiben. Meine erste Nacht in dem Luxushotel El Minzah in Tanger war leider dadurch etwas verdorben, dass die Fähre viele Stunden Verspätung hatte und ich statt morgens um 10 erst abends um 21 Uhr in dem Hotel ankam. Da war leider nicht mehr viel mit Jacuzzi oder Fitness, da gab es noch einen Cocktail in der Bar und das wars dann. Aber es war schön, dass ich so spät am Abend nicht erst noch nach einem Hotel suchen musste.
Am nächsten Tag ging es dann auf meine Reise entlang des Mittelmeeres bis nach Saidia an der algerischen Grenze, eine Tour, für die man auf den bisher schlechten Straßen an der Küste schon ein wenig länger braucht. Aber das wird sich ändern, denn diese Strecke ist im Ausbauplan des marokkanischen Straßenbaus. Und es wird eine erstklassige Straße werden mit Begradigung, nicht so wie bisher, wo jede Kurve und jeder Hügel ausfahren wird. Und man baut Drainagen an den Hängen, damit nicht wie bisher bei jedem starken Regenfall der Asphalt weggespült wird.
Von Tanger bis Ksar es Seghir war die Strecke auch ganz nett, aber dann wegen den vielen Bauarbeiten schon sehr nervig. In Tetuan schlief ich die erste Nacht, spazierte durch die Stadt mit meinem Handy in der Hosentasche und dachte gerade, dass dies doch nicht sehr sicher sein. Ich wollte danach greifen und fand bereits eine andere Hand am Handy, ich konnte es gerade noch zurückerobern. Daraufhin hielt ich meine Tasche mit allen meinen Wertsachen ganz eng an mich und ging zurück zum Hotel, keine weitere Recherche in Tetuan, die Stadt gefällt mir einfach nicht, auch in den Cafes sitzen die Männer dicht gedrängt und man hat nicht unbedingt den Eindruck, dass man dort willkommen ist. Und das sagt nicht etwa ein unerfahrener Marokko-Neuling, sondern jemand der seit 20 Jahren dorthin reist und sich bisher in jeder Stadt wohl gefühlt hat und ohne Gefahr frei bewegen konnte.
Am nächsten Tag gibt es dann direkt am Mittelmeer entlang über Oued Laou und Jebha. Das darf man sich nicht etwa vorstellen wie die Riviera oder die Costa del Sol. Die rauen Rifberge gehen bis dicht ans Meer heran, es wurde vor Jahrzehnten mit viel Aufwand dort eine Straße gebaut, die meist in Serpentinen über die Berghänge führt und nur bei den Ouedmündungen an einer kleinen Bucht vorbei mit dunklem Sand. Die Täler sind fruchtbar, aber auf den Hängen wächst wenig, und am besten gedeiht Haschisch. Dies führt zwar an anderen Straßen evtl. zu Problemen, indem recht aggressiv versucht wird, das Haschisch an den Mann, die Frau zu bringen. Aber die Küstenstraße ist so gut wie nicht von Touristen befahren und deshalb gibt es dort auch keinerlei Belästigung.
Im Gegenteil, was dem Marokko-Erfahrenen dort besonders auffällt, ist die freundliche Zurückhaltung der Bewohner. Hier gibt es keine Anmache, keine bettelnden Kinder. Wenn man mal anhält, um die schöne Landschaft zu bewundern, stört einem niemand dabei. Braucht man jedoch Hilfe, wird diese gerne gewährt, das geht so weit, dass der Ladenbesitzer Brot von der eigenen Familie für mich holte, als im Laden keines mehr war. Die Straße zwischen Oued Laou und Jebha ist prinzipiell zwar gute Teerstraße, aber an vielen Stellen ist der belag durch Bergrutsche weggerissen und nur als Piste wieder ausgebessert. Mein armer MX5 hat also etliches mitmachen müssen, aber es tapfer geschafft. Danach sah er schlammverkrustet schlimmer als jeder Geländewagen aus. Es kommt nämlich noch hinzu, dass diese Gegend ein richtiges Wetterloch ist. Nebelschwaden hängen tief, die Sonne kommt kaum durch, es ist kühl und feucht. Erst wenn man von der Küste weg fährt ist es plötzlich richtig heiß.
In Jebha ist ein ziemlich lebhafter Fischerhafen, dort wird der Fang direkt am Hafen verkauft und man kann sich den Fisch dort auch für wenige Dirham gleich grillen lassen.
Von Jebha führt am Meer entlang nur eine Piste, die auch der MX5 nicht schafft. Hier wird zwar auch die neue Straße gebaut werden, aber das dauert noch 2-3 Jahre. Ich fahre also landeinwärts Richtung Ketama, das Zentrum des Haschischanbaus. Hier im Umkreis war es immer sehr schwierig, entlang zu fahren, denn man wurde von Pickups auf der Straße gestoppt und sollte Haschisch kaufen, auch wenn man gar keins wollte. Und dann gab es Polizeikontrollen, die es einem dann wieder abnehmen würden und vielleicht auch ins Gefängnis bringen, nicht unbedingt eine Luxusunterkunft. Ich wollte mal testen, ob das heute immer noch so ist. Also, ich muss sagen, ganz so schlimm, wie ich es in Erinnerung hatte, ist es nicht. Nur kurz vor Ketama standen Autos am Straßenrand, dessen fahren mir nachriefe „Haschisch“. Aber keine Belästigung, keine Agressivität. Ich bin dann direkt nach Ketama hineingefahren. Der Ort ist wirklich vollgestopft mit Männern, die auf der Straße stehen, einen Plastikbeutel in der Hand und rufen „Amigo, Haschisch“. Aber auch hier nicht mehr. Das kann man gut aushalten.
Ich bin dann aber nicht die berüchtigte Straße über Taounate nach fes, sondern weiter am Mittelmeer nach Alhoceima gefahren. Was sich diese stadt verändert hat! Eine richtige lebhafte Großstadt. Ich erinnerte mich an einen Deutsch-Marokkanischen Freund in Wiesbaden, der hierher stammt, schickte ihm eine SMS und bekam eine Telefonnummer eines seiner Freunde zurückgesimst. Ein Anruf und ich traf zwei gut deutsch sprechende Marokkaner, die mir ihre Stadt zeigten.
Am nächsten Tag ging es zunächst nach Nador, und dann direkt am Mittelmeer über die neue Straße nach Ras Kebdama und Saidia. Das ist eine Strecke, die ich unbedingt empfehlen kann, und zwar möglichst bald. Zunächst Ras Kebdama hat mir gut gefallen, denn im dortigen Fischerhafen ist ein ganz goldiges Restaurant. Und dann kommt der Moulouya-Nationalpark direkt am Meer, sehr, sehr schön. Man kann parken und einen Badetag einlegen. Aber dann der Schock! Das neue Resort von Saidia. Ich wirklich unglaublich, was da so entsteht. Eine nagelneue Ferienstadt mit 5-Sterne-Hotel und Ferienwohnungen, vierspurigen Verbindungstrassen usw. Alles noch im Rohbau. Das wird die Gegend natürlich gründlich verändern und ich kann nur dazu raten, die Mittelmeerküste möglichst bald zu besuchen.
Das alte Saidia Plage ist dagegen recht ruhig, zumindest jetzt in der Vorsaison. Bisher kommen dorthin ja nur einheimische Touristen, vor allem die in Europa lebenden Gastarbeiter auf Heimatbesuch. Daher sind auch die unangenehmen Nebenerscheinung des Auslandstourismus bisher noch nicht aufzufinden, der Souk ist noch sehr ursprünglich, es gibt keine Teppichhändler, keine Anmache und keine bettelnden Kinder.
Von Saidia aus bin ich dann nach Berkane gefahren, um die kleine Tour durch die Zegzel-Schlucht zu machen. Auch das ein heißer Tipp, die Tour war sehr hübsch und erholsam. Die Straße ist nicht ganz so gut, mein MX5 musste eine wasserüberpülte Furt durchfahren, aber er hat es geschafft. Und da ich auf der Reise mein Fitness Programm vernachlaessigen musste habe ich das alles nun nachgeholt. Ich habe die Friouato Grotte besichtigt, und dabei geht es 505 Stufen in die Tiefe. Das ist an sich nicht weiter schlimm, wenn man auch schwindelfrei sein sollte. Nur, diese 505 Stufen muessen auch wierder hoch gestiegen werden. War ganz schoen heftig.
Dann ging es auf einer neuen Straße quer rüber nach Taza. Auch diese Stadt ist nur zu loben, so nette Bewohner, eine so angenehme Medina. Und dann kam der vorläufige Höhepunkt, die Rundfahrt durch den Tazzeka-Nationalpark. Sehr gute Straße, wirklich für jeden machbar, besonders schön sicher für Motorradfahrer. Es gibt zwei sehr schöne Rastplätze und deshalb sollte man unbedingt für ein Picknick vorsorgen, was ich leider nicht getan hatte.
Und nun bin ich in Fes angekommen. Auto, Fahrerin und Kamel Ali gesund,
munter und sonnenverbrannt.


Gute Fahrt
Edith

Edith-Kohlbach-Reisebücher