Hallo Afulki,

ja, ich habe es durchgelesen: die Iran-Wikileaks Depeschen habe ich schon davor gelesen - soweit sie zugänglich sind.

Wenn man dieses Interview richtig verstehen will, muß man wissen, daß das M.I.T. an dem Noam Chomsky 40 Jahre seines Erwachsenenlebens verbracht hat, ein Ort reiner Wollust und reiner Freude ist: jedenfalls für einen Intellektuellen wie ihn und darüberhinaus mit allem ausgestattet, was das Herz begehrt - Zeit, Ressourcen, Sekretärinnen, willige Jünger und devote Interviewer (der Tonfall des Interviews ist schwer erträglich).

Das sollte man bei allem Amerika-Bashing nicht vergessen: Karrieren wie die von Noam Chomsky sind nur in Amerika denkbar und noch weiß keiner, wo die Reise hingeht, wenn Amerika tatsächlich so genervt, geschwächt und sich seines schwindenden Einflusses bewußt ist, wie es den Anschein hat. Noam Chomsky argumentiert deshalb auch noch immer (wie in den 1990ern) aus der Position des genialen Musterschülers (Professor mit 12 Jahren etc.): in Wirklichkeit ist er längst allein im Klassenraum, einen Lehrer gibt es nicht mehr.

Weder China, noch Indien, auch nicht Brasilien und schon gar nicht die rivalisierenden arabischen Staaten könnten die nächsten 10 - 15 Jahre die Rolle Amerikas übernehmen: ich triumphiere deshalb nicht über diesen Niedergang, sondern sehe ihn mit Schrecken und bin nicht der Ansicht, daß irgendwer derzeit irgendein Rezept hätte.

Das Interview ist in diesem Sinn eher traurig als erhellend.

Josi