W wie Wien

...wissen Sie, das ist in Wien, wo ja tatsächlich alle Toiletten so verwahrlost sind wie in keiner anderen größeren Stadt Europas, doch eine Seltenheit, eine Toilette vorzufinden, in welcher es einem nicht den Magen umdreht und in welcher man sich nicht die ganze Zeit, während man sich in ihr aufhält, Augen und Nase unbedingt zuhalten muß; die Wiener Toiletten sind insgesamt ein Skandal, selbst auf dem unteren Balkan finden Sie nicht eine einzige solche verwahrloste Toilette, sagt Reger.

Die Wiener, ja die Österreicher insgesamt, haben keine Toilettenkultur, auf der ganzen Welt finden Sie keine derartig verschmutzten und übelriechenden Aborte, sagte Reger. In Wien auf den Abort zu müssen, ist meistens eine Katastrophe, man macht sich in ihnen, wenn man kein Akrobat ist, schmutzig und der Gestank in ihnen ist so groß, daß er sich oft auf Wochen in den Kleidern festsetzt.

Überhaupt, sagte Reger, sind die Wiener schmutzig, es gibt keine europäischen Großstädter, die schmutziger sind, wie es ja bekannt ist, daß die schmutzigsten europäischen Wohnungen die Wiener Wohnungen sind, die Wiener Wohnungen sind noch viel schmutziger als die Wiener Toiletten.

Die Wiener sagen andauernd, auf dem Balkan ist es so schmutzig, überall hören sie das Gerede, aber in Wien ist es noch hundertmal schmutziger als auf dem Balkan, so Reger. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber die Regel ist doch, daß die Wiener Wohnungen die schmutzigsten Wohnungen auf der Welt sind.

Immer denke ich, was denken sich die Ausländer, wenn sie auf die Toilette gehen müssen in Wien, was denken sich diese Leute, die ja doch saubere Toiletten gewohnt sind, wenn sie in diese schmutzigsten Toiletten von ganz Europa gehen müssen. Auch und vor allem in den Wiener Kaffeehäusern sind die Toiletten so schmutzig, daß es einen ekelt, sagte Reger.

Einerseits dieser größenwahnsinnige gigantische Mehlspeisenkult, andererseits diese fürchterlich schmutzigen Toiletten. Die Kaffeehausbesitzer schützen einerseits ihre Mehlspeisen vor der geringsten Zugluft, was den Mehlspeisen natürlich zugute kommt, legen andererseits aber nicht den geringsten Wert auf Sauberkeit in ihren Aborten. Wehe, wenn man einmal bevor man noch mit dem Mehlspeisenessen begonnen hat, auf die Toilette gehen muß - da vergeht es einem gründlich, auch nur einen Bissen von der angebotenen oder gar schon servierten Mehlspeise zu essen.

Tatsächlich sind die Wiener die schmutzigsten Leute in ganz Europa und es ist wissenschaftlich festgestellt, daß der Wiener nur einmal in der Woche ein Stück Seife verwendet, wie es ebenso wissenschaftlich festgestellt ist, daß er seine Unterhosen nur einmal wöchentlich wechselt, wie er seine Hemden auch höchstens zweimal in der Woche wechselt und die meisten Wiener wechseln ihre Bettwäsche nur monatlich einmal, so Reger. Die Socken oder Strümpfe hat der Wiener im Durchschnitt gar zwölf Tage hintereinander an, sagte Reger.

Und es ist natürlich konsequent, von dem äußeren Schmutz der Wiener, auf ihren inneren Schmutz zu schliessen, sagte Reger, und tatsächlich sind die Wiener innen nicht viel weniger schmutzig als außen und möglicherweise, sagte Reger, ich sage möglicherweise, also nicht ganz mit Sicherheit, verbesserte er sich, sind die Wiener innen noch viel schmutziger als sie außen sind.

Alles spricht dafür, daß sie innen noch viel schmutziger sind als außen. Darüber nachzudenken, habe ich aber keine Lust, sagte er dann, das wäre durchaus eine Aufgabe für eine Studie. In dieser Studie müßten wahrscheinlich doch die Wiener als die allerschmutzigsten Menschen Europas beschrieben werden, meinte Reger.

(wenn ich mich recht erinnere, wollten die Österreicher Thomas Bernhard dafür ausbürgern, haben ihm dann aber lieber das Burgtheater vermacht).