Hallo Marokko-Fans,
letzten Monat war ich in Marokko und auch in der von Marokko völkerrechtswidrig besetzten Westsahara. In Boujdour habe ich neben den ''schönen'' Bauwerken und Straßen auch ein großes Armenviertel besucht und dort mit meiner Spiegelreflexkamera Aufnahmen gemacht. Kurze Zeit später saß ich in einem Cafe, als ich von vier stämmigen Polizisten in zivil umstellt und zur Polizeitwache (Surete National, Permanente)geführt wurde. Dort fragte man mich ob ich Journalist wäre, oder aus welchem Grund ich hier fotographieren würde.Schließlich musste ich den Film aus der Kamera nehmen und den Polizisten übergeben.Nach zwei Stunden zeigte man mir die Fotos.Nur nach langer Diskussion habe ich die Bilder ohne die Negative erhalten...
Ist so etwas der ''Normalfall'' oder muss in Marokko ganz einfach damit gerechnet werden??

Hallo Ewald,

erst mal: Willkommen im Forum! Schön, dass du den Weg zu uns gefunden hast!
Grundsätzlich ist man in Marokko schon etwas sensibel mit dem Fotografieren. Vor allem dann, wenn man in den Fotografen Journalisten vermutet. Aber mal ehrlich: Warum fotografierst du auch ein Armenviertel? Möchtest du in Europa zeigen, dass es solche Armenviertel gibt oder findest du sie "pittoresk"? Oder bist du tatsächlich journalistisch unterwegs?
Die Westsahara ist ein politisch heisses Eisen und es ist nicht weiter verwunderlich, dass hier "strenger aufgepasst" wird, was in der Öffentlichkeit gezeigt werden könnte und was nicht. Ich wundere mich, dass sie dir die Bilder zurück gegeben haben. In vielen anderen Ländern hätten sie das nicht. Verboten zu fotografieren sind übrigens alle militärischen Objekte.

Viele Grüsse,
Muriel

Liebe Muriel,

Interessanter erhobener Zeigefinger von Dir. Klingt ja fast so wie von den marokkanischen Behörden erwünscht: "Slums, nein, die gibt es in Marokko nicht!" Und was der Staat nicht herzeigen will, das möchtest das möchtest Du einem Touristen verbieten dass er es fotografiert und nur blos nicht in Europa herzeigt, könnte ja schlecht fürs Geschäft sein?

Was für eine Moral bzw. welche Interessen verfolgst Du eigentlich mit solchen Aussagen?

Wenn ich reise und fotografiere, dann alles, nicht nur die gewünschte touristische heile Welt. Dass die Behörden sensibel reagieren, wenn ich z. B. Militäranlagen fotografiere, damit muss ich in Europa auch rechnen. Nicht aber, wenn ich die Slums oder unterpriviligierten Wohngegenden fotografiere.

In Marokko ist das anders, ist mir schon klar, der Aufbruch in die Moderne und die Annäherung an Europa soll ja nicht durch solche Bilder gestört werden, sollten sie in Europa in den Umlauf kommen.

Man könnte solche Bilder aber auch als Anstoß sehen um Veränderungen für diese Menschen, auf welche Art und Weise auch immer, auszulösen.

Lass den Zeigefinger der Zensur weg und schlag Dich nicht auf die Seite der Machthaber, ausser, ja ausser Du möchtest Dich Liebkind machen um Deine unternehmerischen Tätigkeiten nicht zu gefährden. Das wäre dann allerdings sehr verwerflich.

Nachdenkliche Grüße

U.E.H.

Natuerlich moechte jeder ein so schoenes und angenehmes Bild von sich geben, wie moeglich.
So eben auch Marokko als Land.
Da ist es nicht unbedingt im Interesse der Menschen eines Landes, wenn jemand ihre Slums fotografiert.
Stell Dir vor Deine Besucher wurden die ungeputze Toilette DEines Hauses fotografieren. Der Garten waere Dir da doch schon lieber, oder?
Vor allem weisst Du auch nicht warum er gerade die Toilette fotografiert. Was moechte er damit erreichen? Moechte er damit evt. "negative Stimmung" gegen Dich verbreiten?
So ist es auch bei Slums.
In zahlreichen Laendern habe ich Verwunderung beim Slumfotografieren der Einheimischen vernommen obwohl ich bei meinen Fotos stehts versuche ein objekitves Bild mit nach Hause zu nehmen, eben nicht die "heile Touriswelt". Dies erklaere ich den Verwunderten auch so, manchmal koennen sie es nachvollziehen, manchmal vermuten sie aber auch "boesartiges".

Vor allem in der Westsahara, da ist man besonders sensibel. Es hat ja in der Vergangenheit einige Berichte von Journalisten gegeben, die nicht unbedingt objekitv waren.

Ich koennte mir vostellen, dass sich die Polizisten aehnliche Gedanken darueber gemacht haben, ob da nicht wieder jemand gezielt "negatives" in der Sahara fotografiert was wohlmoeglich spaeter in einer europ. Zeitung dokumentieren soll, wie schlecht es den Menschen in diesem Gebiet unter marok. Herrschaft geht.
Auch wenn das Verhalten der Beamten nicht rechtens war und Du in einem Prozess sicherlich Deine Negative wiederbekommen wuerdest, so sollte man die Faehigkeit besitzen, ein bisschen solch ein Verhalen nachvollziehen zu koennen.

Mein lieber Thomas,

Du könntest Dir vorstellen dass... - ja, diese Deine Sichtweise spottet jeder Beschreibung. Du weißt genau so wie ich, wie es in Marokko um solche Dinge bestellt ist.

Keine freie Presse, kein freier Journalismus, von den Machthabern unterdrückte freie Meinungsäußerung usw... Ist doch bekannt. Oder hast vielleicht auch Du mit Deinem Plantagenobjekt gewisse Ängste?

Ich kann Dir nur eines sagen: wenn ein Besucher meine Toilette fotografieren will und die sollte gerade nicht geputzt sein, dann darf er das. Wo ist das Problem?

Und wenn bei uns ein Journalist bzw. Fotograf in Kreuzberg oder sonstigen nicht ganz herzeigbaren Gegenden Deutschlands fotografieren will, dann darf er das auch. Genau so möchte ich auch in Marokko das fotografieren was "ich" möchte, aus welcher Intention heraus auch immer, aber ich entscheide und nicht der Staat bzw. die Polizisten als ausführendes Organ.

Lasst endlich mal Eure Heuchelei sein, Marokko ist zwar ein schönes Reiseland, garantiert aber kein Land welches sich viel um Menschenrechte, Pressefreiheit usw. kümmert.

Wer was anderes behauptet lügt.

Und wenn Ewald schreibt:

dann hat er recht.

Gruß

U.E.H.

Hallo Schoenthal

deine Unterstellung finde ich reichlich unpassend. Der KulturSchock beweist, dass ich keinster Weise lieb Kind machen möchte und ich zeige sehr deutlich auch die negativen Seiten des Landes - auch die Slums etc.

Wenn ich Ewald frage, dann weil es für sehr viele arme Menschen sehr verletzend und entwürdigend ist, wenn man sie in ihrer Armut ablichtet - und sie womöglich noch veröffentlicht. Slums sind nicht malerisch, auch wenn sie bunt sind.

Solltest du Marokko kennen, so sollte dir klar sein, dass die wenigsten Menschen dort gerne abgelichtet werden - ob arm oder reich. Wenn, aber dann stellen sie sich gerne in Pose, rücken sich die Haare zurecht und schauen, dass sie möglichst gut auf dem Foto aussehen.

Deine Aussage

zeigt mir, wie unsensibel du mit der Mentalität im Reiseland umzugehen scheinst.

Mir zu unterstellen, ich würde das aus "unternehmerischen" Gründen nur das schöne Marokko zeigen wollen, zeugt davon, wie wenig du von meinen "unternehmerischen" Tätigkeiten weisst. Les mal den KulturSchock, bevor du solche Aussagen triffst.

Muriel

Hallo Muriel,

Moderatorin dieses Forums und das hier: KaravanSerail - Marokko intensiv erleben sagt doch alles oder?

Woher willst Du denn wissen was ich fotografiere? Vielleicht fotografiere ich ja gar keine Menschen!

Aber darum geht es gar nicht, ob jemand sensibel oder unsensibel beim Fotografieren ist, das hast Du flissentlich übersehen. Es geht darum ob ich mich frei bewegen kann oder nicht und ob ich alles fotografieren darf oder nicht, ohne von den Machthabern durch deren Willkür daran gehindert zu werden.

Und der Satz von Dir ist ja schon wieder heile Welt:

Träum weiter

U.E.H.

Eigentlich ist doch mit etwas Feinfühligkeit alles zu fotografieren. Und wenn es perdü jemand nicht will,soll man es lassen.
Solltest du mal in Afrika ein Militärobiekt fotografieren wollen, so schnappe dir einen Wachposten, drücke ihm eine Schachtel Malboro in die Hand, postiere ihn vor deinem Gelände und du kannst die schönsten Fotos machen-wenn du sie brauchst. Ich knipse oft die dümmsten Motive die dann in Malarbeiten umgesetzt werden.Aber ich halte mich als Gast immer an die Landessitten-ob gut oder schlecht.Und wer welches Land kassiert hat. Ich interessiere mich nicht für Politik und Politgangster,Außenminister, Terroristen usw. aus allen Ländern.Alle Menschen wollen nur ihre Ruhe.So bin ich ich z.B. auch in Israel mit meinem Schiffchen-Heimathafen NÜRNBERG groß aufs Heck gemalt, bestens ausgekommen.NO POLITIK. Peinlich war mal nur der Holzfällerwitz-mein Schiffsnachbar hatte nur 4 Finer-Pointe-in Auschwitz verloren.Aber auch hier mit Foto durch die Stadt gerannt. Ägypten auch ab und zu gefragt worden, warum fotografierst du den Strand. Der Anwohner konnte sich nicht vorstellen, was es da gäbe. Aber mit etwas Zeit und Gefühl für die Menschen habe ich es immer erklärt. (Oft mit Einladung-komm mal wieder) Hatte ich nie Probleme.
Und wenn ich in meinem Garten liege und du kommst mit dem Foto und knipst mich dann...........

Liebe Marokkofans,
vielen Dank für Eure lesenswerte Beträge. Es ist für mich sehr interessant wie Ihr die Dinge seht, bzw. beurteilt, denn als ''Marokko-Anfänger'' bin ich da etwas unsicher, denn bei meinen anderen Reisen auf diesem Planeten ist mir so etwas noch nicht untergekommen. Natürlich ist mir die politische Situation in der Westsahara bewußt. Paralellen zur Besetzung Tibets durch die Chinesen sind mir diesbezüglich eingefallen...Oder wie seht ihr das traurige Schicksal der Saharouis, deren Kultur total überfremdet wird??

Ein heises Eisen im forum, Diesen Thread halte ich für ziemlich lesenswert dazu, hat auf jeden Fall zur meiner Meinungsbildung beigetragen.

Eine andere Lösung gab es wohl damals nicht wirklich, hoffe auf eine weise Lösung seitens Marokkos.

Schoental,

ich finde es sehr einfallslos Meinungen, Erfahrungen und Faehigkeiten von Muriel und mir so abzutun, als muessten wir aus geschaeftlichen Gruenden mit den Herrschern dieses Landes kooperieren. Sind einfach voellig fehl am Platz solche Gedanken!
Ich weiss auch nicht was Du damit bezwecken willst.
Bin mir nicht so sicher ob das Deine tatsaechliche Meinung ist oder ob Du von der politischen Oposition gar Versprechungen erhalten hast, wenn Du Dich so aeusserst....)))
Koennte man doch annehmen, wenn Du uns aehnliches mit der Regierung vorwirfst, oder?

Jetzt bin ich aber baff, lieber Thomas Friedrich, wie hast Du das mit der Opposition so schnell rausgefunden?

Ich sag Dir auch was sie mir versprochen haben: Deine Plantage!!!

Neokapitalistische Grüße :-))

U.E.H.

Das hab' ich geaehnt!

Hi!Im Oktober ging es mir ähnlich. Ich habe in Inezgane fotografiert. An der Hauptstrasse mit den Arkaden. Ich habe darauf geachtet, daß ich keine persönlichen Rechte der marrokanischen Bevölkerung verletzte. Im Land der 1000 Augen war dann aber doch ein Offizier zur Stelle. Meine Digicam war dann schnell in der Uniform verschwunden.Nach einigem Palaver und einem Pfefferminztee im Cafe war die Kamera dann wieder da. Mit dem Ratschlag, doch in Agadir zu fotografieren war die Sache aus der Welt. Natürlich mit einem kleien Hinweis auf "Marlboro". Am nächsten Tag sind wir uns dann noch grinsend über den Weg gelaufen, da ich ja immer in Inezgane wohne, da mir die Touritempel nicht zu sagen. Gruß Jürgen

Ich hoffe nur, dass Du Dich weder auf die Malboro, noch auf die Minzteebezahlung eingelassen hast!
(Statt dessen haettest Du den Weg zu seinem Chef suchen muessen!)
Ansonsten wird er es bei den naechsten Touristen wieder tun, obwohl er kein Recht dazu hat.
Na, ja, wenn die Touris sich so leicht einschuechtern lassen, dann ist das ja ein prima Geschaeft fuer den Mann.