Foltervorwürfe sollen aufgeklärt, Ergebnisse allerdings nicht der Öffentlichkeit präsentiert werden

Marokkos König Mohammed VI will Menschenrechtsverletzungen der Vergangenheit aufklären lassen

Rabat - Die marokkanische Regierung hat angekündigt, eine Kommission einzurichten, die Fakten über Folteropfer und verschwundene Regimekritiker untersuchen soll. In erster Linie handelt es sich dabei um linke Oppositionelle, einfache Bürger, die den Geheimdiensten des Königshauses verdächtig erschienen, oder Westsaharauis. Die ehemalige spanische Kolonie Westsahara wurde 1975 von Marokko besetzt, bis heute ist es der UNO nicht gelungen, ein Referendum über die Unabhängigkeit der Westsahara zu vermitteln.

Keine endgültigen Wahrheiten zu erwarten

Trotz der Willensbekundung zur Aufklärung der dunklen Flecken in der marokkanischen Geschichte räumt ein Sprecher des Königshauses ein, dass "die volle Wahrheit" der letzten fünf Jahrzehnte wohl nicht herausgefunden werden könne. Die meisten Menschenrechtsverletzungen fanden unter König Hassan II statt, der das Land von 1961 bis 1999 regierte. Nach der Amtsübernahme durch Hassans Sohn Mohammed VI stiegen die Hoffnungen von Menschenrechtsgruppen auf eine baldige Aufklärung von Hunderten Verschwundenen. Bislang haben marokkanische Behörden 65 Todesfälle in Gefangenenlagern öffentlich anerkannt.

Bevölkerung soll keine Details erfahren

Die "Equity and Reconciliation Commission" wird nach Angaben eines Regierungssprechers keine Untersuchungen an Todesopfern vornehmen. Vielmehr sollen Grabstätten lokalisiert und den Familienangehörigen bekannt gegeben werden. Überlebende haben kein Anrecht darauf, die Namen ihrer Folterer zu erfahren. Selbst Details sollen der Öffentlichkeit verborgen bleiben, um - so der Regierungssprecher - Spannungen in der Gesellschaft zu vermeiden.(red)
14. November 2003,14:53 MEZ

Quelle http://derstandard.at/?id=1482516