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für ein neues Forum #37811
19/07/00 10:14 AM
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Ich bin sehr freudestrahlend, dass es ein so interessantes Forum in Deutschland gibt. Ich habe es glücklicherweise per Zufall entdeckt.
Ich habe ganze Beiträge mit Enthusiasmus gelesen, sie waren phänomenal und sie haben mir gut gefallen. Ich kann euch aufrichtig und herzlich danken für euren intellektuellen Anspruch.
Ich möchte aber gern in diesem Beitrag meine Anregungen und Kritiken zitieren und dadurch hoffe ich Verbesserungen.
Unsere deutschen Freunde beschreiben Marokko in einer kulturellen geographischen Vision und gemäß auch ihrer Erfahrungen. Meine Landsleute bestätigen die 1001 Märschen, indem sie Jamaa Al Fana wie ein kulturelles Ereignis darstellen und nicht als Symptom der Arbeitslosigkeit und soziale Ungerechtigkeit. Es ist trotzdem schön so was zu lesen und dadurch die gute Seite Marokkos zu bewundern.
Nun diese Bewunderung wäre noch größer, wenn ihr uns helft durch ihre Kritiken und Meinungen, dass dieses Land einen „marokkanische movida“ realisieren werde.
Ich werde euch noch bewundern, wenn ihr uns kritisiert und gleichzeitig Vorschläge gebt.
Ich wäre noch zufriedener, wenn ihr den marokkanischen Stand im Hannover kritisiert. Und vielleicht das Organisatorische Syndrom erwähnet. (Zu diesem Punkt war, Gott sei Dank Kritik)
Ich finde es eine Schande für alle Marokkaner, wenn sogenannte qualifizierte Organisatoren im Expo 2000 den marokkanische Stand als ein Souk darstellen. Sie müssen begreifen, dass sie ein Land repräsentieren und dass „Addi wa Selek“ sollte im Marokko bleiben.
Wenn wir Schwierigkeiten haben einen kleinen Stand zu organisieren, wie werde es sein mit einer WM. Ich bin dankbar, dass die Entscheidung von FIFA-Kommission objektiv und nicht sentimental war.
Wir leben in einer globalen Welt. Wir müssen unsere Konsequenzen ziehen und versuchen mit allen Mitteln Marokko zu modernisieren. Der Ausfahrt sehe ich in den Kommunikation- und IT-Bereichen . Wir besetzen ein einzigartiges Potential: Diplommathematikern, Diplomphysikern...... Wir könnten sie mit einem sehr geringerem Budget weiterbilden.
Wir könnten

Zum Schluss möchte ich gern eine Diskussion eröffnen.
Ignacio Ramonet meinte
„Diejenigen, die an einen Wandel nach spanischem Vorbild denken, an eine baldige movida, hoffen daher vergebens. Marokko wird es gewiss langsamer angehen lassen, wie es der Tradition des machsen entspricht. Die geht davon aus, dass man die Bremsen nur nach und nach lösen darf, wenn man gut und sicher vorankommen will.“

Ich werde mich freuen eure Meinung zu lesen.
A continuer

Re: für ein neues Forum #37812
21/07/00 01:01 PM
21/07/00 01:01 PM

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Hallo bakkali,

Erstmal habe ich bisher in keinem Beitrag den Eindruck bekommen, dass deine Landsleute ihr Land in einer märchenhaften Art darstellen.
Zweitens du schießt schneller als die Preussen. Deine Bemerkung, Jamaa al-Fana stelle kein kulturelles Ereignis dar, sondern sei ein Symptom der Arbeitslosigkeit und der sozialen Ungerechtigkeit, ist ein übereiltes Urteil. Dass Arbeitslosse sich dort scharren, ist ein Faktum. Aber nicht nur diese Kategorie ist dort zu treffen: Man bekommt zu sehen viele Kaufleute, Landleute unterwegs, finanziell begrenzte Beamten in den Cafés mit der "Itihad Ischtiraki" in der Hand am rätseln, zwischendurch trifft man auf die Tourismusmafia, von dem Bazari bis hin zum deutschen Reiseleiter im Auftrag von Studiosusreisen, dann aber auch Studenten im Treppencafé beim Suppenlöffeln. Links von der Bank du Maroc sitzen die Bankangestellten und die Kripoangehörigen. Ein paar Meter weiter kommt die Zuhälterszene.
Dieses Amalgam von sozialen Kategorien lässt es nicht zu, mit der Brille des alleswissenden Soziologen nur eine Kategorie herauszugreifen und ununterfüttert die Behauptung zu stellen, Jamaa al-Fnaa sei ein Sammelbecken von Arbeitslosen.
Im Gegensatz zu dir möchte ich jetzt die These wagen, dieser in seiner Art seltene Platz ist doch ein kulturelles Ereignis. Dies lässt sich zunächst historisch belegen. Der Platz war, ich hoffe , du weißt es, ein Treffpunkt der Handelskarawanen aus dem tiefen Süden gen Norden und umgekehrt. Folgerichtig auch ein Vernetzungsort von unterschiedlichen regional geprägten Kulturen.
In der Almoravidenzeit erfreute sich der Platz Berühmtheit, später setzten die Almohiden das Markenzeichen von Jamaa al-Fanaa, nämlich der Turm der Koutubiamoschée, übrigens der Name der Moschée kommt daher, dass dort über Jahre eine wertvolle Bücherrei vorhanden war.
In den 40er Jahren haben die Franzosen ihre Residenz, heuete Konsulat, genauer links von der Moschee eingerichtet.
In den 60er jahren strömten die rebellischen Studenten von Dar al Baroud über den Platz und knüpften direkten Kontakt mit den Passaneten. Ähnliches passierte anfang der 80er Jahre, als die teilweise links orientierten Studenten der Uni Kadi Ayad auf der Suche nach Sympathie ihre Forderungen der Masse auf dem Platz bekannt machten.
Ab der 90er Jahre hat man bewußt Jamaa al-
Fanaa zu einem seelenlosen Platz verwandelt. Manche beobachter vermuten hinter diesem autoritären Akt eine gewisse Angst vor einer möglichen Verbreitung islamistischen Gedankengutes auf dem Platz.
Was ich hier mit diesem kurzen historischen Exkurs zu belegen versuche, ist die Tatsache, dass der Platz seit ehe und je ein zentrale Rolle in den Ereignissen der roten Stadt eingenommen hat und immer noch einnimmt.
Soziokulturel lässt sich meine These auch ohne Schwierigkeit belegen.
Die Angebote auf dem Platz von Unterhaltung bis hin zur Scharlatenrie sind alle kulturelle Erscheinungen. Ihre Abnahme in den letzten Jahren ist schlicht und einfach auf den Tourismus zurückzuführen. Die Darbieter treten heutzutage nicht mehr auf dem Platz auf, sondern in den Hotels. Nicht die Einheimischen sind Nutznießer ihrer Kultur, sondern die währungskräftigen Germanitanis, Kaugummikaner,Krankzosen und die neuen Reichen Europas, die Spanier. Der Platz hat längst an seiner Bedeutung zu verlieren begonnen. Wenn staatlicherseits etwas zugunsten des Platz unternommen wird, dann wird der Herr Sadikki mit seiner mittelalterlichen Makamat zum Star aus Rabat gemacht, leider mit dem Risiko, von den gewöhnlichen einheimischen Besuchern nicht verstanden. Sie wollen einen " Bakchich", " Saruch", "Doktor al-Hacharat"8 alle sind inszwischen gestorben. Ein in Marakkesch lebender spanischer Schriftsteller hat vor etwa einem Jahr einen super guten Aufsatz in le Monde diplomatique zu jamaa al-Fanaa als Denkschrift)
" Mechi" der naturtalentierte Alleinunterhalter fasziniert die Kleinen wie die Großen mit seinen Gags, Satiren, Publikumsbeschimpfungen,fast á la Peter Handtke.
Die Geschichteerzählungen, ohne die die Phantasie eines Herren Tahar Ben Jalloun nicht freigesetzt würde. Vor Ben Jalloun war der Paltz der Dreh- und Knotempunkt der literarischen Skizzen von Elias Kanniti.
Heute bieten die Menschenbewegungen in alle Ricgtungen auf dem Platz dem seit nun mehr als 30 Jahren in der Medina lebenden deutschen aus dem kalten Norden ( Kiel) Wolfgang Geerdt das Motiv seiner Malerei

Bakkali, langsam sollte es dir kalrer werden, dass es sich um etwas Besonderes geht, wenn die Rede von Jamaa al-Fanaa ist. Der Platz ist das Herz der Stadt rätselhaften Stadt Marakkesch.
Bei nächster Gelegenheit kommen noch mehr Ausführungen und Einiges zu der " marokkanischen Movida "

" Marrakech est un enigme,autant que sa place"
Aziz

Re: für ein neues Forum #37813
21/07/00 10:02 PM
21/07/00 10:02 PM

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Hallo Herr El Berr,
die erste Bitte:
seien Sie so nett, und geben mir die deutsche Web-Adresse des von Ihnen erwähnten und in der 'Monde diplomatique' publizierten Aufsatzes des in Marrakesch lebenden spanischen Schriftstellers über den 'Djemmaa el Fnaa'. Ich kann mich dunkel erinnern, dass ich so einen Artikel wohl wahrgenommen habe, diesen aber aus Gründen von Arbeitsüberlastung nicht gelesen habe.
Die zweite Bitte: können Sie etwas mehr über Tahar Ben Jalloun erzählen? Das wäre wirklich super! Ist er so etwas wie die 'Nachfolge' von Elias Canetti?
Und das dritte Anliegen wäre: was hat es mit 'Rabat'-Saddiki und dessen mittelalterlicher Makamat für Marrakesch auf sich?

Wie ich schon zum Marokko-Beitrag zur EXPO 2000 geschrieben habe, sehe auch ich im Djemmaa el Fnaa ein ganz besonderes, einmaliges (Sie schreiben leider nur 'seltenes') und originäres Kommunikationsmodell, das für die Zukunft durchaus grundlegende Bedeutung für den direkten Dialog zwischen Mensch und Mensch und einen gemeinsamen Lernprozess wiedererlangen kann. So etwas hat das technologisch hochentwickelte Nordamerika z. B. nicht; man denke z. B. nur an 'downtown' New York (mit dem Times Square), das zur Zeit und soziokulturell gesehen eben auch nur 'street-people' und 'lift-people' hervorbringt, wobei erstere Kategorie in der Form zahlungskräftiger Personen - im Regelfall egozentrisch kauforientiert und auf formale Über-Repräsentation bedacht - im 'öffentlichen Raum' entweder regelmässig der Droge des Konsums verfällt - wenn es denn nicht bloss gaffende 2-Wochen-Touristen auf Schnäppchenjagd sind - oder in Form der nicht zahlungsfähigen Kategorie am oder im Rinnstein vegetiert, und wo die zweite Kategorie sich nach dem stupiden täglichen Pendelvorgang 'Wohnung-Arbeitsstätte und zurück' in den Lift und das 'Heim' oder das Büro rettet: um dann über Internet der 'Sekundärkommunikation' zu frönen.
Es wäre entsetzlich, wenn der Djemmaa el Fnaa - auch nur im Ansatz - einen solchen Weg gehen sollte. Und - so scheint mir nach Ihren Worten - diese Gefahr ist vorhanden!

Mit freundlichen Grüssen:
Peter.

Re: für ein neues Forum #37814
22/07/00 12:03 AM
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hallo freunde
das ist ja ein wahrer genuß! es ist wirklich schön, so unterschiedliche meinungen von euch zu vernehmen. das besondere daran ist die gute argumentation und das feuer das hier förmlich zu spüren ist. ihr drei in einem cafe und der besitzer müßte wohl durchgehend geöffnet halten.
inhaltlich würde ich el berr zustimmen, kenne marrakesch zwar nicht so gut, aber die argumentation überzeugt.
ausserdem ist es interessant wenn amn von euch was liest, da man sofort merkt, daß ihr wißt wovon ihr spricht.
schade, daß ich jetzt in den urlaub fahre, aber ich freue mich schon auf eure diskussionen, wenn ich wieder da bin. also füllt das board schön mit qualitativen beiträgen.
gruß an euch alle und bis bald


Bens of Beni-Boughafer
Re: für ein neues Forum #37815
22/07/00 06:46 PM
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Tag Ihr drei!!!!

Ich kann Saids worten nur zustimmen.
eure diskusion hat mich in ein bann gezogen,
die argumentationen und vorallem euere wortgewantheit sind echt ein schmaus!!!

ich möchte Said zitieren der schrieb "..da man sofort merkt, daß ihr wißt wovon ihr spricht"
Ihr wißt es!! ich verstehe leider zum Teil nur Bahnhof!! :-) Elias Canetti, wer ist oder war das ?? Ben Jalloun ??????

El Berr & Co. macht weiter so, wir können nur von euch lernen!! Ich meine ich werde nachschlagen wer die beiden sind!!

Grüsse an euch alle aus Gütersloh
Hassan

(werde eure wortgefechte mit spannung verfolgen!!)

Re: für ein neues Forum #37816
23/07/00 02:51 PM
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Hallo alle zusammen,
mich fasziniert der Djemaa el Fna auch immer wieder und ich stimme Abdel Aziz El Berr voll zu.
Auch wenn der Platz sicher sehr touristisch und kommerziell geworden ist, so würde ich in eigentlich nicht als Sammelbecken der Arbeitslosen sondern eher als Sammelbecken der kleinen Händler, Köche bzw. Esstandbesitzer und Gaukler bezeichnen. Ende Februar waren am Platz jede Menge Einheimische anzutreffen, auch abends beim Essen und ich hatte nicht den Eindruck, dass das zum großen Teil Arbeitslose waren. Mich faszinierte die Geschäftstüchtigkeit der einzelnen Standbesitzer und die Anziehungskraft die die Geschichtenerzähler, Akrobaten etc. auf die Mrakkschis ausüben. Die Athmosphäre ist unvergleichlich und da scheinbar einige Elias Canetti nicht kennen: Sein Buch "Die Stimmen von Marrakech" gehört zur Weltliteratur und ist glaube ich im Suhrkamp-Verlag im Taschenbuch erschienen.
Sehr erstaunt es mich dass ihr Euren Landsmann Tahar Ben Jelloun nicht kennt. Ich glaube dass er der Zeit bekannteste Schriftsteller Marokkos ist, auch wenn er in Frankreich lebt. Sein Buch bzw. seine Auseinandersetzung mit seiner Tochter "Papa was ist ein Fremder" ist seit Monaten auf der Spiegelbestsellerliste und ich denke es ist sowohl für Europäer als auch für in Deutschland oder Frankreich lebende Marokkaner und ander "Fremde in Europa" ein unglaublich wichtiges Buch wenn es um den Dialog mit dem Andersein, dem Fremden, den Ausländer geht.
Nun zum Thema Ignacio Ramonet:
„Diejenigen, die an einen Wandel nach spanischem Vorbild denken, an eine baldige movida, hoffen daher vergebens. Marokko wird es gewiss langsamer angehen lassen, wie es der Tradition des machsen entspricht. Die geht davon aus, dass man die Bremsen nur nach und nach lösen darf, wenn man gut und sicher vorankommen will.“
Ich halte den Satz für richtig, auch wenn sich alle modernen Marokkaner einen schnellen Wandel wünschen. Man kann nicht´s übers Knie brechen wie man in Deutschland sagt. Wenn eine Modernisierung innerhalb kurzer Zeit stattfinden soll, dann erfordert das jede Menge Geldmittel, die auch dem armen Volk zu gute kommen. Dieses Geld hat Marokko nicht bzw. der König und seine Regierung kann gar nicht so schnell umverteilen wie er vielleicht möchte. Wenn die Reichen von ihren Privilegien etwas hergeben sollen, dann ist er gefährdet weil es sein eigenes Unterstützungsklientel verliert. Wenn die Armen nicht schnell genug was bekommen, dann schart sich das Volk hinter den Islamisten, v.a. in der Stadtbevölkerung und in den Slums. Deshalb müsste zuerst hier etwas getan werden.Die Bergbevölkerung steht trotz Armut, meiner Meinung nach schon aus Traditionsgründen fest hinter dem König.Auch wenn hier Unterstützung dringend nötig wäre, so finden diese Bevölkerungsteile aufgrund ihrer traditionellen Strukturen Halt in ihrer Gesellschaft. Hier wäre ein zu schneller Wandel eher abträglich. Stattdessen müsste versucht werden mit dem Erhalt der Traditionen Einkommensquellen aus den natürlichen Resourcen zu finden. Landwirtschaft, Ökotourismus etc. Wer drängt ist die verarmte Stadtbevölkerung und hier muss dringend ein Ansatz gefunden werden, wie die Arbeitslosigkeit gesenkt und ein Wirtschaftsaufschwung erzielt werden kann. Wenn seit Jahren die Analphabetenquote nicht heruntergeht, die Schulbildung schlecht ist aber auch die Akademikerarbeitslosigkeit hoch ist, dann muss was geschehen bevor die Unzufriedenen in der Religion ihr Heil suchen. Nichts gegen Religion und Islam, aber wenn dieser fanatisch wird wie im Iran oder Afghanistan oder mörderisch wie in Algerien, dann wird es gefährlich und bringt das Land eher an den Rand des Ruins als nach vorne.
Einen geglückten, schnellen Wechsel vom Mittelalter in das 21. Jahrhundert habe ich nur am Beispiel des Omans, der aber glücklicherweise über Öl verfügt, gesehen. Marokko hat leider kein Öl, aber viele andere natürliche Resourcen und ich wünsche Mohammed VI., dass es ihm gelingt den schwierigen Balanceakt zu schaffen, das Volk vorwärts zu bringen ohne seine Position zu gefährden.

Re: für ein neues Forum #37817
23/07/00 06:30 PM
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Salam an allen

Die ganze Aufregung ist ziemlich unverständlich, das historisch aber reiseführermässig Apercu über Jamae Al Fenae könnte eine informationsreiche Lektüre für Touristen.
Zurück zu unserer Debatte, wem nützt wohl zu wissen, dass Jamae Al Fanae doch ein kulturelles Ereignis sei? Wer profitiert vom diesem sogenannten Ereignis? Werden wir dadurch die Fundamentalisten bekämpfen!
Ich nehme zur Kenntnis, dass ich, genauso wie ihr, auf Marrackech und die ganze marokkanische und arabische Geschichte, stolz bin. Ich liebe diese Stadt, weil sie eine typische Marokko-Miniatur darstellt. Sie verkörpert eine glorreiche Epoque in unserer Geschichte und die Einheit Marokkos.
Ramonet hat seinen Artikel mit dem unten zitierten Gedanke beendet:
„Diejenigen, die an einen Wandel nach spanischem Vorbild denken, an eine baldige movida, hoffen daher vergebens. Marokko wird es gewiss langsamer angehen lassen, wie es der Tradition des machsen entspricht. Die geht davon aus, dass man die Bremsen nur nach und nach lösen darf, wenn man gut und sicher vorankommen will.“

Ich bin der Meinung, dass diese Änderungen so schnell wie möglich realisiert werden. Wir sind uns einig, dass der Islamismus in Marokko rasch und geschickt verbreitet. Durch karitative Projekte haben die Fundamentalisten in allen Städten eine enorme und organisierte Bewegung geschafft.
Diese Verbreitung könnte nur gestoppt werden, wenn wir uns auf eine schnelle und gezielte movida entscheiden, Dies ist zweifellos eine sehr schwierige Aufgabe aber eine notwendige.
Unsere Lage sieht zum Teil optimistisch. Wir haben einen jungen dynamischen König, der eine marokkanische movida befürwortet. Wir sollten diesmal nicht geduldig auf Änderungen warten, sondern wir haben die Möglichkeit dazu beitragen zu können.
Wir müssen die Fundamentalisten mit ihren Mitteln bekämpfen und vielleicht z.B. zusammen karitative Projekte zu organisieren.
( Falls es Freiwillige gibt, könnten wir bei der nächsten Angelegenheit es besprechen.)
Marokko erlebt seine letzte Chance um kulturelle, soziale und wirtschaftliche Änderungen selber zu inszenieren. Ich bin davon überzeugt, dass wir sie mit Bravour schaffen und die Fundamentalisten marginalisieren werden.
Wie ihr wahrscheinlich in Deutschland lebt, solltet ihr die marokkanische movida realisierbar halten. Die positiv enorme Änderungen, die Deutschland in den fünf letzten Dekanen erlebt hat, könnten nur dank Fleißes, sozialer Gerechtigkeit und Mut stattfinden. Deutschland zählt jetzt zu den reichsten Ländern der Welt. Einen Vergleich zwischen Deutschland im Jahr 1950 und Deutschland im Jahr 2000 werde ich in meinem Beitrag ersparen. Die „deutsche movida“, die ich sehr bewundere, wurde durch eine solide Verfassung und innovative Planungen durchführbar ohne jede Diskussion ob z.B. Brandenburger Tor ein kulturelles Ereignis oder ein Symbol der Spaltung. Heute kann Deutschland solche Diskussionen erörtern.

Mein Appell richtet sich Marokko so schnell wie möglich zu modernisieren, dadurch bewahren wir unsere Stabilität und unsere Patrimoine.
„Der Status von Jamae AL Fanae wird ein kulturelles Ereignis sein, wenn wir die Änderungen erfolgreich durchführen werden. Oder eine Hochburg der Fundamentalisten, wenn wir der Meinung sind dass, wir diese movida langsam angehen lassen sollen“.

Salam
bakkali
A continuer....

Re: für ein neues Forum #37818
24/07/00 12:30 PM
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ich kann nur sagen
WOW und SUPER, ich bin hingerissen, weiter so!gruss silla

Re: für ein neues Forum #37819
24/07/00 01:49 PM
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Hallo Hassan
wenn ich dir auf deine fragen antworten darf, um auch etwas weniges an dieser diskussion beitragen zu können.
Also, Elias Canetti ist ein wunderbarer schriftsteller, den ich sehr bewundere und auch alle seine werke gelesen habe. wenn du nicht sehr belesen bist, ist er ein bisschen schwer zum lesen, aber nur mut, du schaffst es. unter anderem das buch: Elis Caneti: die Stimmen von Marakesch ISBN Nr. 3-596-22102-X (zu unserem thema!!)TB Fischer Vlg. er wurde oft ausgezeichnet und wohl einer der shcönsten auszeichnungen war 1981 der nobelpreis für literatur. auch Tahar Ben Jelloun ist ein super erzähler, es lohnt sich seine bücher zu lesen. auch er hat eine auszeichnung erhalten und zwar für das buch: Tahar Ben Jelloun: die Nacht der Unschuld, eine sehr schöne geschichte. ("Prix Goncourt 1987) also los, aber vergiss uns hier nicht ganz, denn die bücher werden dich sehr beanspruchen.
liebe grüsse an alle
silla
(gruss an said, der jetzt in frankreich weilt, vergiss uns nicht)

Re: für ein neues Forum #37820
24/07/00 01:53 PM
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sorry für die Fehler, natürlich "Elias Canetti" und "Marrakesch".

Re: für ein neues Forum #37821
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Hallo Silla!!

Ich bedanke mich bei dir für die Ratschläge.
Ich lese gerne, nur habe ich bisher nur belanglose Romane gelesen z. B. Sofies welt ... Über Marokko habe ich auch nur Reiseführer gelesen.
Werde mir aufjeden Fall die Bücher besorgen!!
Nochmals danke grüsse
Hassan

Ich werde euch schon nicht vergessen, bin ja mittlerweile süchtig nach diesen Forum!!

Re: für ein neues Forum #37822
24/07/00 08:47 PM
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Hallo Hassan,
ich erlaube mir einen ersten Hinweis zur mail-Post:
Wenn Du "Sofies Welt" gelesen hast, bist Du m.M.n. ja schon ein ganz selbstbewusster und toller Leser!!! - hast Du Dich doch mit der Entwicklungsgeschichte der Philosophie in kurzgefasster Form vertraut machen können! - wenn auch in der etwas verworrenen und verknappten Art des Jostein Gaarder.
Gratulation dazu!

Ein zweiter Hinweis: Wenn Du die Buchhandlungen Deines Wohnortes nach den "Stimmen von Marrakesch" von ELIAS CANETTI durchstöberst, dann vergiss' nicht, Canettis 'Hauptwerk' zu bestellen:
"MASSE UND MACHT",
(Fischer Verlag, TB, DM 18,-)
für das Canetti zuallererst den NOBELPREIS erhalten hat und in dem er sich von Jugend an und sein ganzes Leben lang mit einem Thema beschäftigt hat, dessen Brisanz auch in Zukunft absolut gültig sein wird - ein zentrales Thems unseres Daseins, das uns alle bewegt, herausfordert und quält.
Natürlich kannst Du die Bücher auch über 'amazon.de' bestellen; besonders kannst Du Geld sparen, wenn Du die "Stimmen von Marrakesch" als 'TB-Lehrmaterialien' bestellst, so hat es mir zumindest eine meiner Töchter empfohlen, die ebenfalls ein Canetti-Fan ist und als Studentin eben auch ein bisschen auf's Geld achten muss.

Eine dritte Empfehlung: Wenn Du Anzeichen von 'Forumssüchtigkeit' verspürst, dann trink' einen guten, starken Minze, am besten den echten aus Marokko!

Ich hoffe, dass Du meine wohlgemeinten Literaturtipps nicht als 'klugsch...' Bevormundung auffassen wirst, und ich wünsche Dir einen guten Einkauf!
Wahrscheinlich wirst Du mit dem Lesen schon in der Buchhandlung beginnen! Aber aufpassen: nicht überfahren lassen!

Mit vielen Grüssen:
Peter.

Re: für ein neues Forum #37823
24/07/00 08:48 PM
24/07/00 08:48 PM

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Hallo Si Bakkali,

Zunächst zu meiner Antwort auf deinen ersten Beitrag: Vielleicht kommt sie dir wie eine informationsreiche Lektüre für Touristen vor, aber glaub mir, solche Infos kriegen die Touristen nicht zu hören. Von wem denn? Ich habe in keiner Weise das Thema Jamaa al- Fanaa im Verhältnis zum Tourismus, sondern in einem kulturanthropologischen Sinne angeschnitten. Vielleicht ist dir schon mal Literatur zur Stadt in der Moderne im Allgemeienen und speziell zu betsimmten Orten in einer Stadt begegnet. Wenn nicht, dann könnte ich dir dabei gerne behelflich sein.

Jetzt zu deinem Zitat:„Diejenigen, die an einen Wandel nach spanischem Vorbild denken, an eine baldige movida, hoffen daher vergebens. Marokko wird es gewiss langsamer angehen lassen, wie es der Tradition des machsen entspricht. Die geht davon aus, dass man die Bremsen nur nach und nach lösen darf, wenn man gut und sicher vorankommen will.“

Herr Bakkali. Dein Ramonet meint mit denjenigen, die an einen Wandel nach spanischem Vorbild denken, aller Wahrscheinlichkeit nach, den marokkanischen Islamismusexperten Mohammed Tozy von der Uni Casa, der schon vor und auch nach dem Tod Hassan II um eine Monarchie nach spanischem Vorbild wettete ( Siehe das Interview mit J.P Tourquoi in le Monde von August oder Spebtember letzten Jahres mit Mohammed Tozy mit dem Titel: Ich wette um eine Monarchie nach spanischem Vorbild.)
In der Argumentation Tozys, übrigens ein sehr guter Kenner des politischen Systems in Marokko( Vgl seine Arbeit: Monarchie et champ politique, Edition. Science PO, Paris 1999) sprechen viele Indizien dafür, dass der neue König Marokkos Sidi Mohammed einen starken Willen zur Gerechtigkeit bei einer überraschenden Abneigung vom traditionellen mittelalterlichen Arsinal an symbolichen und adminsitrativen Praktiken nachweist, welches auf Machtkonzeptionen der Unterwürfigkeit basiert. Dieses politische System bezeichnen die Politoplogen Makhzen ( apropos im Zitat ist das Wort falsch geschrieben).

Der zweite Teil des Zitats liest sich wie ein Rezept an die Adresse des Palastes mit der Bitte um Vorsicht bei Reformen, die zu schnell kommen. Man kann beim Lesen fast dazu neigen, zu glauben, dass dieser Teil des Zitats offensichtlich einen gewissen Anspruch auf Bevormundung kaschiert oder zu vermuten, dass die gegenwärtige Machterhaltstrategie der Monarchie in Marokko die jedem vertraute genauer dosierte Öffnungspolitik.
Dass Ramonet nun mal ein Humanist und mutiger Intellektuelle unter der Familie Le Monde ist, ist mir durchaus bekannt. Ich lese ihn schon seit einiger Zeit. Ich erinnere mich sehr gut an seine Positionen hinsichtlich der Westsahara und an seine kritischen Äusserungen zu Hassan II. Er ist von daher jemand, der die Machtpraktiken im "Cherifischen" Königreich sehr gut kennt. Und folgerichtig kann er sich anmassen, die Richtung vorzuschlagen, nämlich der schrittwiese vor sich gehende Prozeß der Befreiung der Politik in Marokko von dem mittelalterlichen Makhzen. Aber ramonet sagt uns nicht wie?.
Vor Lösungsvorschlägen sollte man meines Erachtens die richtigen Fragen zum Rezept von Ramonet: Sollen wir wirklich die Bremse langsam lösen, um besser voranzukommen? Haben wir noch Zeit für einen Schritttempo, wo Marokko zu 44% städtischer und dementsprechend politisierter geworden ist? Wie sollen wir die ab 2010 beginnende Freihandleszone mir der EU begegnen? Wie wollen wir dem Club der demokratischen Länder beitreten, wenn wir noch die Kultur der Furcht und Angst züchten? Kann Herr Ramonet dazu beitragen, die marokkanische movida durch Sensibilisierung der Weltöffentlichkeit für zivilgesellschaftliche Strukturen in Marokko?
In diesem Sinne verabschiede ich mich heute und hoffe von Si Bakkali bald zu lesen.
A Dieu
Aziz

Re: für ein neues Forum #37824
25/07/00 10:20 AM
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salam zusammen
ich möchte auch etwas dazu beitragen, obwohl ich mich bei weitem nicht so intellektuell ausdrücken kann, euer wissen über marokko ist
sensationell, was mich übringes total fasziniert !! ok,nun zurück zu unserem thema.
natürlich wäre es auch mein traum, ich spreche bewusst von einem traum, wenn die modernisierung so schnell wie möglich realisiert würde, aber genau davor habe ich auch angst. bakkali, nicht alle menschen haben das glück, so gebildet zu sein wie du!! (mit deiner weitsicht etc. etc.) Fortschritt hat ja auch mit bildung zu tun, oder? ich denke, ginge es zu schnell, wären viele menschen in marokko überfordert und die angst vor allem "westlichen" (sprich das moderne) ist doch recht gross, was ich machmal auch verstehen kann, denn wir sind ja nicht gerade "in allen dingen" ein parade beispiel!!! auch können sie keinen bauer vom pferd direkt in den ferrari setzen und erwarten, dass er davon braust.(BITTE, versteht mich nicht falsch, damit will ich weder die bauern diskriminieren, noch die marokkaner als bauern schimpfen!!), aber wie wir alle wissen, gibt es leider noch viele, die keine chance auf bildung haben, bis jetzt!! -- inschallah -- die lage der ungelösten problemen ist zu kompliziert und man kann und darf deutschland ("deutsche oder spanische movida"), die ich genau so bewundere, nicht in marokko erwarten. eine trennung von politik und religion gibt es, meines wissens, im islam nicht! leider wird seit einiger zeit die religion von gewissen leuten missbraucht (meine meinung) und das verursacht mir genau so kopfzerbrechen, obwohl es auch von dieser seite positive aspekte gibt, die man nicht ausser acht lassen darf. ich frage mich, welche strategie soll man anwenden bei einem neubeginn des politischen (nicht nur pol.) umschwungs, der zu solch tief greifenden veränderungen führt?? welche rolle muss/darf die religion einnehmen?
ich bin ganz deiner meinung bakkali, wenn du sagst, es sei die letzte chance für marokko. versuchen wir doch alle unser wissen/können so gut wie möglich einzusetzen und Mohammed VI mit alles kraft zu unterstützen. man muss mehr tempo geben und die chance packen, aber eben,"nummä nid gschprängt" ist berndeutsch und heisst: aber bitte nicht ZU schnell!!
p.s. bakkali, wie stellst du dir das vor, karitative projekte zu organisieren? würde mich interessieren.
liebe grüsse an alle
silla

Re: für ein neues Forum #37825
25/07/00 11:15 AM
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Bakkali. Bist der selbe wie beim Maroc-conférences? C´est interessant de le savoire. J´ai lu beaucoups de tes intérventions provoquantes. Si je me souviens bien tu t´appelles Anas.

Re: für ein neues Forum #37826
25/07/00 10:35 PM
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T e i l '1' zur Debattenlage:

DJEMAA EL FNAA -
Kommunikations- und Gesellschaftsmodell für die Zukunft oder Touristenteppich?

Salam Bakkali,
wollen wir doch noch ein wenig beim Djemaa el Fnaa verweilen - würde ich vorschlagen!
So können wir vielleicht etwas besser kreative und grundlegende Aspekte und Tendenzen für eine Weiterentwicklung in Marokko analysieren.
Allerdings muss ich einräumen, dass ich dazu die Perspektive des Stadt- und Regionalplaners verwende.
Die o.g. Untergliederung der Debatte halte ich für mich deshalb für nützlich, da ich mich auch schon der Materialsuche widme, um mich in El Berrs Konzept für einen 'Sammelband Marokko' einbringen zu können. Allerdings muss ich hier kritisch anmerken, dass El Berr mir leider noch keine inhaltliche Gliederung bzw. die Zielrichtung der von ihm beabsichtigten Publikation mitgeteilt hat. Aber das ist sicher auch unserer beruflichen Überarbeitung allgemein und den schleppenden Anmeldungen potentieller Autoren für sein Buch geschuldet.

Wie steht's um Dein Engagement für dieses phantastische Vorhaben?

Nun zu o.g. Teil 1 der Debattenlage.
El Berr hat uns ein wenig zur Geschichte des Platzes erzählt, und - da bin ich mit Dir einer Meinung - mit der Brille des wohlfeilen und historisch 'gesättigten Touristen' gesehen, d. h; er ist aus der Rolle des 'eigentlich Einheimischen' in die Rolle des in Marrakesch eher nur noch temporär beheimateten 'Flaneurs' geschlüpft - wie ich meine.
El Berrs Kritik an den Veränderungen, die der Platz erfahren hat, ist ebenfalls eher mager: Er sieht die kulturellen Erscheinungen des Platzes - vom öffentlichen Raum des Platzes weg - mechanisch in die umgebende bauliche Situation verlagert; alles geschuldet dem stärker werdenden touristischen Druck!!!

Aber auch Du übergehst m.M.n. die Thematik, dass Djemaa el Fnaa ein kulturelles Ereignis ist, viel zu schnell mit den eher beiläufig gestellten Fragen: Wem nützt es? Wer profitiert davon? Werden wir damit Fundamentalisten bekämpfen? ...
tragen doch alle diese Deine Fragen bereits einen eher aggressiv-konzeptuellen Charakter in sich, ohne allerdings eine tiefschürfende Analyse des Bestandes an den vorhandenen und historisch gewachsenen Qualitäten zu Grunde zu legen. (Beiseite gesprochen: Der Vorschlag für ein karitatives Projekt allein 'bringt's sicher auch noch nicht', aber er ist eine erste nützliche Idee - ein 'Bemutterungsprojekt', oder eine 'Erste-Hilfe-Idee' - im besten Sinne, eher eine Kur am Symptom denn an der Wurzel).

Nach meiner Meinung - und das ist meine erste These - ist DJEMAA EL FNAA immer noch ein beispielloses strukturiertes 'Energiefeld' (und kein Konglomerat!!!) ausgeprägt KOMMUNIKATIVER und vor allem DIREKTER - ÖFFENTLICH SICH VOLLZIEHENDER - BEZIEHUNGEN ZWISCHEN MENSCHEN.
Und damit ist er für mich länder- und nationenübergreifend ein zivilgesellschaftliches und höchst politisch-kulturelles KOMMUNIKATIONSMODELL FÜR DIE ZUKUNFT.

Das für mich Sensationelle am Platz war immer die Direktheit und nur durch die Öffentlichkeit kontrollierte jeweils eingegangene Beziehung: sei es der Kauf eines nicht preisgebundenen Schuhs direkt vom 'Produzenten'; sei es das stundenlange 'lernende' Feilschen um das dargebotene feinziselierte Silberarmband; sei es der Dialog mit dem phantastischen kindlichen oder 'verrückt'-paranoiden Märchenerzähler; sei es das unsägliche Wimmern des lepra-zerstörten bettelnden Voll-Amputierten beim Empfang der gespendeten Münzen; sei es der Schreck, wenn Dir urplötzlich die Schlange von ihrem Bändiger um den Hals gelegt wurde; sei es das ungläubige Erstaunen bei den wispernd vorgetragenen Angeboten einer Hure; sei es die offene Feuerstelle mitten auf dem Platz; sei es der 'Kaugummikaner'(ich zitiere El Berr), der dickwanstig und voller Ekel vor dem 'einfachen Volk' mit seiner Videokamera flüchtete; sei es der Zahnarzt mit seiner Zange - 'Zahnklempner' im schlimmsten Sinne: der Beispiele sind unendlich viele ...

Man stelle sich vor, die DIREKTHEIT der Beziehungen würde als erstes vom Platz verschwinden! Die Spontaneität und die Offenheit des Lebens und des Handels (als kultureller Akt! und nicht blosse pekuniäre Beziehung) wäre verloren:
der von Dir in Deinem ersten Beitrag spontan apostrophierte Ausweg: IT- Technologien, Diplommathematiker, Diplomphysiker, die 'globale Welt' muss her!!! das ist für mich wohl sehr notwendig, aber sekundär!

Man schaue sich die sogenannten europäischen und amerikanischen 'modernen Einkaufszentren und -strassen' an. Alle Funktionen sind von Strasse und Platz (also vom ursächlich öffentlichen Raum) in die Gebäude verlagert. Die Funktionen sind nur noch additiv-nacheinander und nicht strukturell-kommunikativ erlebbar: auf 'Leiser's' Schuhgeschäft folgt 'Stillers'Schuhgeschäft, dann 'Deutsche Bank', 'Sparkasse', Apotheke, dann 'Dresdner Bank', Obst + Gemüse; der Beispiele sind viele!!! Am Times Square z. B. (vgl. meinen Beitrag an anderer Stelle) werden die Menschen in "street people" und "lift people" unterteilt, beide Kategorien ausgeliefert dem Kommunikations- und Verkaufsgebahren einer profitsüchtigen Internet- und Online-Subkultur!

Ein gutes Beispiel für den Verlust dieser direkten und 'öffentlichen' Kommunikation - sozusagen das Anti-Beispiel zum Djemaa el Fnaa par excellence - ist der Luxemburg-Pavillon auf der Expo: Amphitheatralisch angeordnet sitzen dort etwa 100 voneinander isolierte Leute vor ihren Bildschirmen und 'hauen fortschrittsgläubig in die Tasten' - kucken weder rechts noch links.

So, das für heute.
Mit vielen Grüssen an Euch:
Peter.

Re: für ein neues Forum #37827
26/07/00 02:03 PM
26/07/00 02:03 PM

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Hallo Herr Peter Gerlach,
Dein Beitrag liest sich wie ein Seufzen der neuen Europamüden auf der Suche nach dem Urtypischen. Deine kritik an mir und dein Plädoyer für den Erhalt des strukturell-kommunikativen Charakters von Jamaa al-Fanaa lesen sich wie eine stadtplanerische Predigt eines Städtebauspezialisten, der der modernen Stadt das Modell der noch mit menschlicher kommunikativer Zwischenbeziehung überfüllten Stadt entgegenhält, eine Stadt, die an die Vergangenheit der Menschenheit erinnert, in der der Mensch nicht von den Finanzverwaltenden Institutionen, Geldbeutelleerenden Supermärkten und Verkehrsreglenden digalisierten Ampeln zur funktionierenden Maschine wird, deren Aufgabe darin besteht, am Rande der Satdt durch Veräußerung der Arbeitskarft an das im Stadtzentrum auszugebende Geld kommt. Vielleicht ein idealer Ort wie Jesus.

Im Rahmen dieses Forums, glaube ich, ist kein Raum für eine detaillierte historische
Analyse der Entwicklung von Jamaa al-Fanaa.Ich habe mich deshalb in meinen ersten Beitrag den Lesern zu Liebe auf bestimmte bewußt von mir ausgewählte markante historische Anhaltspunkte beschränckt. Andererseits wurden diese geschichtlichen Eckpfeile Zur Klärung der Tatsache herangeführt, dass Jamaa al- Fanaa kein Sammelbecken von Arbeitslosen ist. In dieser Hinsicht versteht sich von selbst, Herr Stadplaner, dass es dann zu langweilig wäre, wenn mann bestimmte Zeitabschnitte allzu sehr ausführt. Von daher der knappe historische Überblick.
Herr Europamüde. Als ich von den Bestrebungen der Studenten von Dar al Baroud oder später von der Uni Kadi Ayyad erzählte, tat ich es mit dem Hinweis, dass diese rebellische Masse in Marakkesch von der kommunikativen Bedeutung von Jamaa al-Fanaa wusste und dementsprechend deren Protestzug dorhin steuerten; wahrlich ein Moment einer Symbiose zwischen dem dynamischen intellektuellen Teil einer Stadt( Gramschi lässt grüssen) und den übrigen Stadtangehörigen.
Ohne ,wie du, irgendeinen " Kulturvoyorismus " betreiben zu wollen, habe ich in keiner Weise trotz Verlagerung der kulturellen Angebote vom Platz in die neuen Umsiedlungen behauptet, Jamaa al- Fanaa hätte deswegen ihre " Seele " verloren, die etwa bei einem Herren Hubert Fichte( inzwischen gestorben) in seiner Erzählung (der Platz der Geköpften)mit ethnologischem Anstrich oder bei seinem Freund Wolfgang Geerdt in seinem Roman( Es Lebe Marakkesch.. )festgehalten wird und aus Verlustangst in seiner Malerei verewigt wird. Ich erwähne hier nur die jenigen aus dem deutschsprachigen Raum, die in kulturvoyoristischer Weise Marakkesch zum Mythos erhöht haben und am Platz das Urtypische bewahrt sehen, so ungefähr wie du das tust mit deiner These von Jamaa al-Fanaa als kommunikativem Energiefeld. Gerade mit dieser oberflächlichen These flanierst du á la Hubert Fichte, entzückt wie ein Spätromantiker von den Kommunikationssituationen auf dem Platz, deren Teilnehmer Sensationelle Statisten mit in deiner Phantasie vibrierenden
(Ich zitiere dich) phantastischen kindlichen oder 'verrückt'- paranoiden Märchenerzähler; ... lepra- zerstörten bettelnden Voll-Amputierten.., Schlange... um den Hals i den wispernd vorgetragenen Angeboten einer Hure" und ober darauf der 'Kaugummikaner,."
Und das siehst du, Herr wahrer " Kulturvoyorist" als das ( ich zitiere dich noch einmal)" Sensationelle an dem Platz"
In deinem Bild Von Jamaa al Fanaa haben wir den Märchenerzähler, dem Voll-Amputierten, die Schlange um den Hals, die Hure und die Creme der Globalisierung den Kaugummikaner. Alles vermischt sich (vielleicht unter der Wirkung von Kanabis) zum behutsam zu bewahrenden Phantastischen. In deiner Fremdwahrnehmung ist die totale Negierung des Fremden zugunsten der Selbstbefriedigung. Fremde Kulturen als Therapie?. Freud hat nicht viel dazu erträumt.
Jetzt frage ich mich, Herr Stadtplaner, wer ist hier Flaneur?
Mehr Zerstücklung würdest du mit Sicherheit nicht ertragen. Wenn du willst, kann ich dir
gerne einiges von Jamaa al Fanaa als Volksuniversität, wo früher der Suffi als herumirrender Dichter mit seinen Pfeifen das Elend in dem Lande anprangerte. Auch ein sehr guter Aspekt von Jamaa al Fanaa, leider dem Kulturvoyoristen nicht so einfach zugänglich.

Ich schlüpfe aus meiner Haut und nicht in sie

Aziz.

Re: für ein neues Forum #37828
27/07/00 08:27 PM
27/07/00 08:27 PM

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T e i l '1' zur Debattenlage:

DJEMAA EL FNAA -
Kommunikations- und Gesellschaftsmodell für die Zukunft oder Touristenteppich?
---------------------------------------------

Hallo El Berr,
nun sind Sie endlich aufgewacht!
Ich freue mich über die Kreativität, die wir so langsam entwickeln!
Und ich wünsche Ihnen natürlich ein 'dickeres Fell', damit Sie nicht bei jeder Kritik in die Nähe eines Herzinfarktes kommen!

Ihre Antwort-Mail an mich hat mich ausserordentlich inspiriert.
Am liebsten würde ich den darin (noch)versteckten Dialog zuspitzen, wenn nicht sogar als modernes Theaterstück auf dem Djemaa el Fnaa inszenieren wollen:
SIE (als Bühnenfigur natürlich!) - als der transkontinental-kundige, universelle, keiner Kritik zugängliche, fest in marokkanischen Traditionslinien verwurzelte einheimische Geschichtenerzähler, der als Alleinunterhalter das (eigentlich schon für ihn unnütze!) 'normale' Publikum in Selbstgesprächen und Monologen beschimpft und polemisierend 'bespeit'.
ICH (als Bühnenfigur natürlich) - eine von Ihrer subjektiv verzerrten, immer noch lokal-verankerten Wahrnehmung geschaffene, flanierende Fremd-Figur-Puppe: noch nicht so ganz zum 'Feinbild' stilisiert, jedoch schon klischeehaft das Bild des 'neuen europamüden', lediglich kulturvoyeristisch veranlagten, hochspezialisierten Spätromantikers, der - wenn er schon nicht das 'Urtypische' findet und auch vermeintlicher Cannabisgenuss in diesem Suchprozess nicht helfen kann - sich wenigstens mit Hilfe der fremden Kultur von seiner Europamüdigkeit therapieren lassen will.

Vielleicht wäre auch zu überlegen (und auch das meine ich ernst), ob man dieses gesamte Bild nicht auch als Ausgangspunkt für einen Aufsatz nimmt mit dem Arbeitstitel:

'FIKTIVER DIALOG ZWISCHEN EINEM GESCHICHTENERZÄHLER AUS MARRAKESCH UND EINEM EUROPAMÜDEN KULTURVOYEUR'.

Aber ich warte ja Ihrerseits auch immer noch auf Gliederung, Inhalt und Grobkonzept für den von Ihnen angekündigten Sammelband.

Hallo Bakkali, was ist mit Dir? bist Du schon im 'Winterschlaf? M.E. wäre das zu früh, vielleicht bist Du ja auch gerade in Marrakesch?
Oder berauschst Du Dich an den Aussichten, die moderne Informations- und Kommunikationstechnologien für Marokko bieten?
Darüber würde ich gerne im 2. Teil der Debattenlage diskutieren (Schnelle/ langsame oder 'nachholende' Modernisierung in Marokko? - dargestellt vielleicht am Platz 'Djemaa el Fnaa'/ Altstadt Marrakesch).
Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass Du keine differenziertere Meinung zum Djemaa el Fnaa hast, als die so lax angebotene - unter der o.g. Debattenlage natürlich und im Hinblick auf meine Anfragen gemeint.
---------------------------------------------

Für heute würde ich sehr gerne erst einmal kulturhistorische Aspekte von Djemaa el Fnaa zur KONSTRUKTIVEN Diskussion stellen.

Halten wir zu dem o.g. Teil '1' der Debattenlage erst einmal kurz folgende Punkte - im wesentlichen von El Berr angedacht - und auch ANFRAGEN MEINERSEITS AN ALLE MITGLIEDER des 'VMK' (Virtuellen-Marokko-Kreises) fest:

1) Djemaa el Fnaa war - ursprungshistorisch gesehen - Treffpunkt von Handelskarawanen aus dem afrikanischen Norden in den Süden und umgekehrt. Es fand ein regelmäsiger Austausch von Gütern und Informationen zwischen unterschiedlich geprägten regionalen Kulturen des afrikanischen Kontinents statt.
Der Platz war elementarer 'Kommunikationsknoten' mit direkten und öffentlich vollzogenen und 'öffentlich kontrollierten' Beziehungen.
- Welche Ziel-und Endpunkte hatten die Handelskarawanen?
- Welche Hauptgüter transportierten sie?
- Welcherart/ Wie war der Informationsaustausch? und
- Wie schlug er sich in Marrakesch nieder?

2) In der Almoravidenzeit erlangte der Platz Berühmtheit.
(Wodurch insbesondere Berühmtheit? Hier sind ganz besonders Sie, El Berr, als Experte gefragt. Wie prägten die Almoraviden das kulturell-politische und religiöse Gefüge von Platz und Stadt? Wenn es geht, antworten Sie bitte so komprimiert und knapp wie möglich).

3) In der nachfolgenden Zeit der Almoniden (Wie prägten diese das kulturelle Gefüge des Platzes, El Berr??? auch hier würde ich mich über eine knappe Antwort freuen) erhielten Platz und Altstadt mit dem Turm der Koutubiamoschee ein weithin in Gesamtstadt und Landschaft wirksames architektonisches Merkzeichen I. Ordnung.
- Markenzeichen wofür??? historisch/ heute

4) Wie hat der 'Platz' die Franzosen überstanden?
- Wer kann hier noch antworten???

5) In den 60-er und in den 80-er Jahren war der Djemaa el Fnaa zweimal Schauplatz 'aussergewöhnlicher' Ereignisse.
Studentische 'Umkehrungsmassen' (vgl. Canetti in "Masse und Macht") - man könnte auch sagen 'Energiefelder' - artikulierten und deklarierten ihre Forderungen.
In der Umsetzung ihrer Ideen blieben sie allerdings erfolglos.
Keine Frage für mich ist, ob sie Sympathisanten auf dem Platz und aus der Bevölkerung suchten.
Interessant erscheint mir eher der Sachverhalt, dass hier m.E. bewusst-unbewusst auf die DIREKTHEIT und die unmittelbare ÖFFENTLICHKEIT (res publica!) einer Beziehung zwischen Mensch und Mensch/ Masse und Masse zurückgegriffen wurde, um möglicherweise einen kulturellen und politischen 'Urknall' zu initiieren.
- Welchen grundlegenden Inhalt hatten die Forderungen?
- War jemand dabei?
- Gibt es Erzählungen von Zeitzeugen, die jemand wiedergeben kann?
- Wie hat sich die Annäherung der beiden 'Massen' vollzogen? (künftige Elite/ 'Stadtvolk')
- Warum kam es zu keiner 'Kernfusion'?

6) Djemaa el Fnaa als Volksuniversität:
hier, El Berr, freue ich mich schon richtig auf die mir von Ihnen VERSPROCHENE Erzählung!!!
(Übrigens am Rande, Herr El Berr, habe ich vergeblich die Internet-Archive 'durchforstet' nach dem von Ihnen als 'super-gut' empfohlenen Artikel des spanischen Schriftstellers über Djemaa el Fnaa: übermitteln Sie mir doch bitte die web-Adresse).

Wenn wir diese in 6 Gedankensplittern fixierten Entwicklungsaspekte zum Djemaa el Fnaa als Hintergrundfolie hätten, würde ich gerne meine nächsten Gedanken zum jetzigen und zum künftigen künftigen Djemaa el Fnaa aufzeichnen.

Mit vielen Grüssen:
Peter.

Re: für ein neues Forum #37829
27/07/00 11:06 PM
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wo ist der beitrag vom 27.07.2000 18.27uhr
hin????
spinnt mein pc?? kann den beitrag nicht finden!

hassan

Re: für ein neues Forum #37830
27/07/00 11:30 PM
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Hab ihn !!
Danke Peter

bin gespannt wie es weiter geht!!!

GRÜSSE AN ALLE
Hassan

Re: für ein neues Forum #37831
28/07/00 11:09 AM
28/07/00 11:09 AM

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Hi Peter,
Wieso soll ich aufwachen. Ich bin ja ´nicht geschlafen.
Du hast ja Zeit gebraucht, um dich aufzurüsten. Mach dir keine Sorgen wegen meines Fells. Ich bin ein Unkraut.
Deine Idee mit dem Theaterstück fasziniert mich. Meine Ausführungen zu Jamaa al-Fanaa sind aber keine Märchen, sodass es bestimmt schwer wird, sie dramaturgisch zu verwerten. Am liebsten würde ich in deinem Stück die Rolle des Vieles in Frage Stellenden. Leider ist deine Idee schon längst realisier worden und zwar von dem in meinem ersten Beitrag erwähnten Theaterregisseur Sadikki. Soviel ich mich erinnern kann, hat Sadikki zusammen mit Franzosen und Amerikanern spontan auf dem Platz in etwa das, was man hier gerne an die Glocke hängt, nämlich den Kulturdialog live
dargestellt.
Die mir zugeteilte Rolle des transkulturellen Geschichtenerzählers würde ich aus Respekt zur Erzählkunst nicht annehmen, weil ich eben die narrative Kunst zu deiner Überraschung nicht perfektioniere. Also da musst du eine andere "Figur", wie du sagst, dir suchen.
Hast du schon mal von der Ästhetik des Widerstandes gehört?
Zu deinem fiktiven Dialog:
Hast schon mal Edward saids Orientalismuskritik gelesen? Diese Kritik kann dir höchstwahrscheinlich nützlich sein, wenn du überhaupt vorhast, dich mit Fremdkulturen auch in fiktiver Weise auseinander zu setzen.
Ich glaube, wir haben Bakkali durch unsere Fixierung auf dem Platz Unrecht getan. Deshalb schlage ich vor, den zweiten Teil der Debattenlage fortzusetzen: Kann irgendwann eine marokkanische Movida eintrettenn und unter welchen Bedingungen?

Re: für ein neues Forum #37832
28/07/00 03:17 PM
28/07/00 03:17 PM

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Jetzt folgt ein Beitrag zum Thema
" marokkanische movida". Den habe ich im Diskussionforum Maroc-conference in Maroc.net gefunden.
Ich finde den Beitrag äusserts interesant.
Vielleicht könnt ihr ihn auch lesen. Bakkali kennt ihn mit Sicherheit, denn das von ihm vorgeschlagene Thema war schon Gegenstand einer spannenden Debatte in Maroc-conference.

Der Autor des Beitrages ist Yotefa,

J'ai lu la semaine l'article d'I Ramonet qui fait une synthese sur la situation Marocaine actuelle, visiblement c'est très à la mode dans les revues
francophones puisque J. Afrique tente le même exercice dans sa derniere livraison. I Ramonet connait assez bien le Maroc puisque il y a été
correspondant du Monde si je ne m'abuse. La situation qu'il dépeint est celle que l'on connait tous cad celle d'un peuple dans l'attente de
changements perceptibles dans sa vie quotidienne, changements qui malheureusement ne surviennent pas. Ce peuple prend néanmoins son mal en
patience grace au dynamisme et au souci indeniable de faire avancer les choses d'un jeune roi que l'on pourrait qualifier de gauche. Toutefois mes
amis notre pays à un tres gros problème, il essaye en quelque sorte de nager avec une sorte de boulet de canon attaché à sa cheville, ce boulet
vous l'aurez bien compris correspond à notre cher gouvernement dit de l'alternance (sic.). Association unique de par le monde d'incompetence et
de lourdeurs insurmontables toutes marocaines. Ne parlons pas de notre cher parlement, desert des tartares sans les tartares dont la
determination du QI moyen procurerait quelques surprises.
En fait notre pays a fonctionné depuis des decennies sur la base du Makhzen dont le critere principal de selection de ses representants etait par
la force des choses la servilite bien avant la competence. La culture de la competence 'the right man at the right place' nous fait cruellement
defaut. Il est donc très probable que la vie de ce gouvernement de malheur qui a d'abord fait naitre l'espoir puis ensuite le desespoir est arrivée à
terme et roi n'aura probablement d'autres choix que de restreindre et de rajeunir cette equipe plethorique.
Enfin tout n'est pas noir, cette année notre pays à gagné deux petites places en passant de 126 à 124 au classement mondial PNUD (sic..). Un
rapport de la banque mondiale montre que les Marocains sont plus pauvres qu'il y a 10 ans, un accroissement du chomage au delà de 20% est
previsible et qu'il faudrait une croissance au delà de 6 point pour renverser la tendance. C'est clair que c'est raté pour cette année ou la
secheresse aidant la croissance sera de 0, la gestion gouvernementale n'aide pas les choses rien qu'a voir la gestion desastreuse par ex du
dossier des textiles.
Toutes les pateras disponibles dans le Nord vont bientôt être saturées, le mot d'ordre general étant Sauve qui peut, l'episode burlesque des
joueurs de Settat au Canada est revelateur, aux yeus du monde Occidental, le passeport Marocain porte la mention candidat à l'immigration et de
preference clandestine.
Ce qui est bien au Maroc c'est que le sous-devellopement atteint tous les milieux et toutes les activités, au moins comme ca il n'y a pas de
jaloux. Prenons l'exemple du sport, notre glorieuse equipe de football entrainée par un coach recevant un salaire mirobolant à pris recemment un
humiliant 5 à 1 en la presence de notre roi. On a même entendu Cet abruti de T Roland dire qu'il fallait arreter le match (la boucherie). Maroc 2006
c'est enfin notre tour !!! nous a t'on dit , normal c'etait la troisieme fois que l'on se presente et puis c'est le tour de l'Afrique . Allez vous faire
foutre !!! a répondu la FIFA et pour la troisieme fois. Cela etant dit, moi je comprends la FIFA, c'est la troisieme fois qu'on lui presente les mêmes
maquettes et les mêmes projets de construction d'hypothetiques stades. Il ne reste plus qu'a ranger ces maquettes pourles ressortir en 2010.
Un des rares points positifs concerne les telecoms ou le millionieme abonné à Maroc Telecoms a été atteint sans compter les 200000 abonnés à
Meditel. Je trouve que M Telecoms se debrouille tres bien grace en partie au dynamisme de son PDG et c'est probablement ce genre de dirigeants
dont notre pays à cruellement besoin. Il est dommage qu'Internet ne se developpe pas plus vite.
Et les islamistes dans tout cela, eh bien les islamistes ils sont à la plage, fanstasmes torrides de l'été, des jeunes filles toutes voilées, vetements
humides collés sur la peau, c'est le nouveau spectacle de l'été. Que represente les islamistes au Maroc? c'est la question à 50000 DH, certains
pensent que c'est un mouvement en pleine expansion dangereux à moyen terme; d'autres pensent que c'est un epouvantail commode. En fait, le
discours islamiste est une soupe prete à l'emploi confiée à des analphabetes ou assimilés qui la vehicule vers d'autres analphabetes. C'est ce qui
fait sa force. C'est un discours tout à fait adapté au niveau intellectuel de son auditoire qui englobe de large pans de la population marocaine,
population qui a été maintenue sciemment dans l'ignorance à travers les mauvais calculs et les negligences du passé. Phenomene boule de neige,
chaque nouvel islamiste se sentant oblige de precher la bonne parole tout azimuts à coup de hadiths recemments appris de veracité douteuse et
de versets coraniques extirpés de leurs contexte et dont la comprehension du sens le depasse largement. Tout recalcitrant est menacé de koufr
et de chatiments terribles. Les bonnes brebis sont promises à un paradis qui les fait patienter dans leur enfer terrestre.
L'islam n'est certainement pas incompatible avec la modernite et le progres par contre l'islamisme l'est sans aucun doute, discours figé,
anesthesiant puissant de la conscience, manicheen dans son approche ayant systematiquement tendance à classer les gens en bons et en
mauvais. Ce type d'ideologie mene invariablement aux exces telle la boucherie que subissent nos voisins pris en sandwich entre generaux et
islamistes tout aussi sanguinaires les uns que les autres .
Mes amis, l'islamisme est un fleau qui detourne notre religion l'islam à son profit et l'utilise pleinement et patiemment dans une strategie de prise
de pouvoir. Il est vrai que les islamistes accompagne leur endoctrinement par des actions sociales importantes. Ne l'oublions jamais, le combat
contre les islamistes ne se fera pas avec des arguments theologiques,il se fera par un combat journalier contre la misere,l'analphabetisme total ou
relatif et l'injustice sans oublier the last but not the least la corruption generalisee qui fait presque partie mintenant de notre patrimoine culturel.
Notre pays a connu cette année une avancée nette en terme de libertes. Sur le plan economique et social par contre nous ne progressons pas. la
liberte attenue t'elle les affres de la misere et de l'ignorance ?, bon sujet de dissertation. Est ce qu'un chien libre mais affame vaut mieux qu'un
chien relativement mieux nourri mais tenu en laisse, à l'image de nos voisins tunisiens ?.
Ce qui est à mon sens est clair c'est que la liberte et la misere + l'analphabetisme font rarement bon menage et constituent un melange explosif.
Tous les efforts dans le futur devront porter dans l'economique et le social et le roi semble l'avoir bien compris. Autrement deux eventualites
potentielles sont à prevoir, soit le retour à l'etat autoritaire Makhzen avec repression systematique de tout mouvement de contestation, soit la
montee en puissance d'un mouvement de contestation qui pourrait être le mouvement islamiste qui à partir du moment ou ll aura acquis un statut
de parti politique (ce qui se fera tot ou tard) pourra jouer avec les regles du systeme democratique et le vide politique laisse par les partis
traditionnels. Il va de soi que ce mouvement sitôt arrivé se chargera d'abolir et pour longtemps la democratie des soi-dsants ''laiques''

Bnol_Forat from Albarid

Re: für ein neues Forum #37833
28/07/00 06:16 PM
28/07/00 06:16 PM

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Hallo El Berr,
heute will ich versuchen, ein mögliches (machbares???) Anliegen zu formulieren und Missverständisse auszuräumen, die durch Deine letzte Antwort deutlicher geworden sind.Dazu folgendes:

1. Wäre es nicht wünschenswert, im Ergebnis unserer Bemühungen hier in diesem Forum einen 'binationalen' Aufsatz zustandezubringen?

2. Ein Vorschlag für den A r b e i t s t i t e l (!!!) wäre
"MOVIDA:DIALOG ZWISCHEN EINEM FIKTIVEN ERZÄHLER IN MARRAKESCH UND EINEM ZIVILISATIONSMÜDEN EUROPÄISCHEN TOURISTEN".

Natürlich kein 'Bühnendialog',sondern in Form eines Essays!

3. Methodisch: Um den Aufsatz zu erarbeiten, würde ich in allen seinen Stadien unser Forum hier im Internet nutzen mögen. Allerdings müsste der 'VMK' auch sehr aktiv mitarbeiten, denn er ist der wichtigste Gradmesser für die 'Richtigkeit' von Aussagen und kann wesentlich die Authentizität und Lebendigkeit der Inhalte modellieren helfen!!!

4. Um wissenschaftliche Kreativität und Neuigkeitswerte anzubieten (und nicht nur das Wissen von 10 'gestandenen' Autoren 'umzuschaufeln', mit eigenen Kommentaren zu verwässern und schliesslich einem nicht mehr interessierten Publikum ein 'neues Werk' anzubieten), würde ich den Dialog zwischen den beiden o.g. Personen vorschlagen und ihn trotzdem in Marrakesch lokalisieren - auf dem Djemaa el Fnaa eben!

5. Fiktiv deshalb, weil wir mehr wissenschaftliche und schriftstellerische Freiheit gewinnen, den 'Rollenwechsel' zwischen beiden fiktiven Figuren problemloser gestalten und auch perspektivische Vermutungen äussen können.

6. Djemaa el Fnaa/ Marrakesch - warum?
Es existiert der in Marokko gängige und auch bei uns endlich in das Bewusstsein gedrungene Satz, er sei "so etwas wie die Seele Marokkos" - und das würde ich sehr ernst nehmen!
Wichtig und neu m.E. wäre, dieses 'Herz' von Grund auf zu analysieren und zu beschreiben, undzwarin seiner kulturhistorischen und städtebaulichen Entwicklung (die 'Hintergrundfolie'), in seiner Rolle als Artikulationsraum für 'rebellische??? (wie Du sagst) Massen', in seinem Jetztzustand und in seinen 'Prostitutionstendenzen' hin zu Schaubühne und spektakulär-sensationellem Touristenteppich.
Wo aber sind die Invarianten dieser marrokanischen 'Seele'?
Das ist die Kernfrage unserer ersten Debattenlage, die - wenn man Antworten finden sollte - hinführt zu Dimensionen und Kriterien, mit denen man
aktuelle politische Tendenzen 'messen', d.h. besser im Hinblick auf die ineren Erwartungshaltungen beurteilen kann.

7. Dann erst würde ich - wenn solche Dimensionen gefunden wären - auf die Debattenlage 2 umschwenken. Diese müsste dann nach folgenden Diskursen angegangen werden:
- internationale soziale Standards und technische/ technologische Entwicklungstendenzen (die wichtigsten)
- Ableitung vonDimensionen zur Analyse: Wo steht Marokko heute?
- Entwicklungstendenzen

(Hallo, Bkkali, wäre das nichts für Dich?)

8. Aus dem Vergleich von Ergebnissen beider Debattenlagen könnten sodann Empfehlungen für eine schrittweise Umstrukturierung gegeben werden.
Ein grossartiger Monolog für den 'Erzähler'- wenn er denn nicht 'geköpft' wird! (kleiner Witz am Rande!)

9. Die - noch zu erarbeitende-Gliederung im Detail würde dann die Themen enthalten, die in weiteren Aufsätzen des Sammelbandes bearbeitet werden könnten.
Vorteil: Man hätte zu einer theoretisch fundierten Skizze die nötigen Untermauerungen.
Nachteil: Gezielte Autorensuche, die ggf. lange dauern kann.
Aber wieder Vorteil: Perspektiven mehrerer Wissenschaftsdisziplinen (Politikwissenschaft, Städtebau, Ethnologie, Soziologie, ...).
Das für heute. Beiseite gesprochen:
Ich hoffe nun nur noch, dass Du nicht wieder mit hermeneutischer Spitzfindigkeit Attacken meinerseits gegen Dich in diesen Text hineinkonstruierst. Woher kommt eigentlich diese 'martialische' Sprache wie z.B. "zerstückeln", "aufrüsten"?
Versuch doch mal konstruktiv zu sein, und die Gliederung weiterzuentwickeln, oder eine neue zu machen, aber bedenke, bitte, es handelt sich bei einer möglichen Fusion um einen Politologen und um einen Planer, die notwendigerweise andere Standpunkte haben müssen.
Ansonsten tu mir doch den Gefallen, und gib' mir die web-Adresse von dem Djemaa el Fnaa - Artikel, oder den Titel, die 'taz' sitzt bei mir 'um die Ecke'! - aber ich hätte wenigstens gerne den Namen des Spaniers oder das Erscheinungsjahr; wie schon gesagt, die Recherche hat es nicht gebracht!

Mit vielen Grüssen:
Peter.

Re: für ein neues Forum #37834
28/07/00 06:23 PM
28/07/00 06:23 PM

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Ich habe eben den von Dir, El Berr, gesendeten Artikel entdeckt - schade,schade: ich bin des Französischen leider nicht mächtig!
Frage: Gibt es - weil Du von einem Forum sprichst, das auch bakkali besucht hat - eine Englisch-Version?

Mit vielen Grüssen:
Peter.

Re: für ein neues Forum #37835
28/07/00 07:43 PM
28/07/00 07:43 PM

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Hi Peter,
Hier ist der Aufsatz zu Jemaa-el-fna

UN ESPACE MAGIQUE DE SOCIABILITÉ

Jemaa-el-Fna, patrimoine oral de l'humanité Par JUAN GOYTISOLO

COMME le montre Mikhaïl Bakhtine dans son admirable
analyse de l'oeuvre de Rabelais, il fut un temps où le réel et
l'imaginaire se confondaient, où les noms supplantaient les
choses qu'ils désignent, où les mots inventés avaient leur
existence propre : ils grandissaient, se développaient,
s'accouplaient et se reproduisaient comme des êtres en chair
et en os. Le marché, la grand-place, l'espace public étaient le
lieu idéal de leur épanouissement : les discours
s'entremêlaient, les légendes revivaient, le sacré était sujet à
moqueries sans cesser d'être sacré, les parodies les plus
acerbes étaient conciliables avec la liturgie, le conte bien
tourné maintenait l'auditoire en haleine, le rire se mêlait aux
actions de grâce, et le jongleur, ou le forain, en profitait pour
passer la sébile. Cet univers de fripiers et de porteurs d'eau,
d'artisans et de gueux, de maquignons et de voyous, de filous
aux mains soyeuses, de simples d'esprit, de femmes de petite
vertu, de forts en gueule, de garnements, de débrouillards, de
charlatans, de cartomanciens, de tartufes, de docteurs à la
science infuse, tout ce monde haut en couleur, ouvert et
insouciant, qui donna sa force vitale aux sociétés chrétienne et
islamique - beaucoup moins différenciées qu'on pourrait le
croire -, à l'époque de l'archiprêtre de Hita, a été supprimé
peu à peu, ou de façon radicale, par la bourgeoisie naissante
et l'Etat quadrilleur de villes et de vies ; il n'est plus qu'un
vague souvenir pour les pays techniquement avancés et
moralement vides. L'emprise de la cybernétique et de
l'audiovisuel nivelle les populations et les esprits,
« disneyise » l'enfance et atrophie ses capacités imaginatives.
Seule une ville conserve le privilège d'abriter le défunt
patrimoine oral de l'humanité, qualifié par beaucoup avec
mépris de tiers-mondiste. Je veux parler de Marrakech, et de
la place Jemaa-el-Fna, aux abords de laquelle, depuis plus de
vingt ans et à intervalles réguliers, j'écris, je déambule et
j'habite.

A Jemaa-el-Fna, les jongleurs, les saltimbanques, les clowns,
les conteurs sont presque aussi nombreux, et d'une qualité
tout aussi grande que lorsque je suis arrivé à Marrakech, ou
quand Elias Canetti y fit une visite qui laisserait une trace si
féconde, ou encore à l'époque où les frères Jérôme et Jean
Tharaud écrivirent leur récit de voyage, c'est-à-dire soixante
ans plus tôt. Si l'on compare son aspect actuel avec les photos
prises au début du protectorat, on y découvre bien peu de
différences : quelques immeubles plus compacts, quoique
discrets ; une augmentation du trafic ; la prolifération
vertigineuse des bicyclettes. Mais ce sont les mêmes remous,
les mêmes fiacres ; les groupes de maquignons se mêlent
toujours aux cercles qui se forment autour des conteurs, dans
la fumée vagabonde et accueillante des cuisines ; le minaret
de la Koutoubia protège, immuable, le royaume des morts et
l'existence affairée des vivants.

En l'espace de quelques décennies ont apparu, puis disparu,
les baraques en bois avec leurs vendeurs de boissons, leurs
bazars, leurs librairies d'occasion : un incendie a eu raison
d'elles, et on les a reconstruites dans le très florissant
Nouveau Marché (seuls les librairies ont subi un exil cruel à
Bab Doukala). Les compagnies d'autocars regroupées en haut
de Riad Zitoun - tintamarre, va-et-vient incessant, voyageurs,
portefaix, marchandises ambulantes, crieurs, cigarettes,
sandwichs -, elles aussi ont pris le large pour s'installer à la
gare routière toute flambante où règne l'ordre. Conséquence
des splendeurs et des fastes de la réunion du GATT en 1995,
la place Jemaa-el-Fna a été goudronnée, nettoyée,
pomponnée : les vendeurs à la tire qui s'y installaient à
heures fixes et déguerpissaient en un clin d'oeil dès qu'un
agent de police était en vue ont émigré vers des climats plus
propices. La place y a perdu un peu de son animation
grouillante, mais elle a préservé son authenticité.

ENTRE-TEMPS, la mort a causé ses ravages habituels parmi
les personnalités les plus célèbres. Ce fut d'abord Bakchich le
clown, avec son bonnet à queues de vache, dont le numéro
attirait quotidiennement vers l'univers insulaire de sa halca
(1) un cercle compact de badauds, adultes et enfants. Puis
vint le tour de Mamadh, l'artiste de la bicyclette, capable de
sauter du guidon sur la selle sans cesser de virevolter et
tourbillonner dans son cercle magique d'équilibriste. Il y a
deux ans, elle a frappé à la porte de Sarouh (la Fusée) :
prédicateur solennel et conteur effronté, qui inventait des
histoires piquantes sur le candide et rusé Jeha, il maniait sans
contrainte une langue d'une extrême richesse, et ses
métaphores allusives et élusives vibraient comme des flèches
autour de l'innommable cible sexuelle. Son imposante
silhouette - crâne rasé, bedaine pontifiante - s'inscrivait dans
une tradition ancienne de la place, incarnée il y a bien
longtemps par Berghut (la Puce), et dont les origines
remontent à des temps plus durs et cruels, lorsque les
opposants à l'auguste autorité du sultan apparaissaient
pendus à des crocs de boucher pour servir d'exemples ou se
balançaient, sous les yeux d'une population effrayée et
silencieuse, à la sinistre « balançoire des braves ».

J'ai appris avec retard, il n'y a pas très longtemps, la mort
accidentelle de Tabib Al Hacharat (Docteur des insectes), à qui
Mohamed Al Yamani a consacré quelques très belles pages
dans la revue Horizons maghrébins. Les habitués de
Jemaa-el- Fna connaissaient bien ce petit homme aux
cheveux clairsemés et hirsutes qui, entre chacune de ses
apparitions, de plus en plus rares, se promenait en titubant
autour de la place et ronflait comme une locomotive
asthmatique sous les tentes des gargotes, près des fourneaux
accueillants. Son histoire, mélange de vérité et de légende,
pourrait se comparer à celle de Saroun. Comme lui il avait
choisi la voie de la pauvreté et de l'errance, passé des nuits
dans les cimetières et les commissariats, fait quelques brefs
séjours en prison - qu'il appelait « la Hollande » - pour ébriété
sur la voie publique. Quand il en avait assez du Maroc, comme
il disait, il faisait son baluchon et partait « en Amérique »,
c'est-à-dire jusqu'aux terrains vagues entourant l'Holiday Inn.
Son génie verbal, sa capacité d'invention, ses jeux de mots,
ses palindromes renouaient sans le savoir avec les Makamat
d'Al Hariri - ignorés par notre arabisme officiel si indigent -, et
s'inscrivaient dans un paysage littéraire qui, comme l'a fort
bien vu Shirley Guthrie, tient à la fois des audaces d'Al Hariri
et de l'« esthétique du risque » de Raymond Roussel, des
surréalistes et de l'Oulipo (2). Ses parodies du journal
télévisé, sa recette du meilleur tajine du monde sont un
modèle d'imagination et d'humour. Je ne résiste pas au plaisir
de transcrire quelques paragraphes sur les vertus
thérapeutiques des produits qu'il conseillait à son auditoire : ni
filtre d'amour ni potion magique, comme les charlatans de
métier, mais du verre moulu, et de l'ambre extraite du trou
du cul du diable... « Et le charbon ? - Il sert pour les
yeux, pour le robinet de l'agate de l'iris de l'oeil, du coup de
phare de l'oeil. Tu poses le charbon sur l'oeil malade, tu
laisses lever jusqu'à l'éclatement de l'oeil, tu prends un clou
700, et tu l'enfonces bien dans l'oeil, et tu touilles bien jusqu'à
ce que tu arrives à sortir ton oeil, et quand tu l'auras dans la
main, tu pourras voir sur une distance de trente-sept
années-lumière ! Si tu as des puces à l'estomac, des souris
dans le foie, une tortue dans le cerveau, des cafards dans les
genoux, une sandale, un morceau de zinc, un concasseur, j'ai
trouvé une chaussette chez une femme de Dawdiyat.
Demandez-moi : où tu l'as trouvée ? - Où tu l'as trouvée ?
- Je l'ai trouvée dans le cerveau d'un professeur (3) ! »

Mais la perte la plus grave a été la fermeture inattendue et
définitive du Café Matich : bien qu'il ait coulé depuis beaucoup
d'eau sous les ponts - averses, rafales, inondations -,
Jemaa-el-Fna ne s'en est pas encore remise.

Comment définir ce qui, par son caractère protéiforme et sa
cordialité insinuante, échappe à tout schéma réducteur ? Sa
position stratégique, dans le coin le plus fréquenté, en faisait
le bastion, le coeur de la place. Quiconque y était assis
pouvait l'embrasser du regard tout entière, y surprendre ses
secrets : querelles, rencontres, salutations, ruses,
attouchements de mains furtives ou d'une tumescence
cherchant une concavité propice, insultes, agitation,
psalmodie itinérante des mendiants, gestes de charité. La
foule qui se bouscule, le corps-à-corps involontaire, l'espace
en perpétuel mouvement composaient la trame d'un film sans
fin, renouvelé. Des histoires ou des anecdotes à n'en plus
finir, des fables à la morale pour le moins suspecte, telle était
la nourriture quotidienne de ses habitués. A la terrasse du
café se mêlaient musiciens gnaouas (4), maîtres d'école,
professeurs de lycée, marchands de bazar, bateleurs,
trafiquants à la petite semaine, voyous au grand coeur,
vendeurs de cigarettes à l'unité, journalistes, photographes,
étrangers atypiques, clients aux poches vides. La simplicité
des rapports les mettait sur un pied d'égalité. Au Matich, on
parlait de tout et on ne se scandalisait de rien. Le préposé au
service de ces royaumes épars possédait une solide culture
littéraire, et n'accordait à la clientèle qu'une attention
intermittente - dont ne s'impatientaient que les nouveaux
venus -, plongé qu'il était dans une lecture d'une traduction
arabe de Rimbaud.

J'AI vécu là-bas la terrible tension et la douloureuse
amertume de la guerre du Golfe : quarante jours tragiques et
inoubliables. Les touristes avaient déserté la place et les
résidents étrangers, mis à part une poignée d'excentriques,
ne s'y aventuraient guère. Un vieux maître gnaoui écoutait les
informations, l'oreille collée au transistor. Les terrasses
panoramiques du Glacier et du Café de France restaient
désespérément vides. Au crépuscule, le soleil rouge saignait
sur la place, comme s'il prédisait l'horrible massacre.

J'y ai passé aussi la Saint-Sylvestre la plus délicieuse et
poétique de ma vie. J'étais assis là avec quelques amis et
j'attendais, bien emmitouflé, la venue de l'année nouvelle.
Soudain, comme dans un rêve, un fiacre vide apparut. Le
cocher, sur son siège, avait du mal à se tenir droit. Son
regard embrumé s'arrêta sur une jeune fille blonde installée à
l'une des tables. Ebloui, il lâcha les rênes ; le fiacre réduisit
son allure, et finit par s'immobiliser. Comme dans une scène
de cinéma muet filmée au ralenti, le modeste cocher saluait la
belle et l'invitait à monter dans sa voiture. Comme la belle ne
semblait pas faire cas de lui, il descendit de son siège,
s'approcha d'un pas incertain et avec un « madam,
madam... » laborieux, il refit son geste seigneurial, l'invitant
cérémonieusement à monter dans sa Rolls ou son carrosse
royal, son landau somptueux. L'attitude amicale des clients
donnait une réalité à son amour, à ses vieux vêtements
transfigurés en habits de fête, à l'élégante voiture de sa
splendeur éphémère. L'un d'eux, cependant, intervint pour
briser cette idylle, et l'escorta courtoisement jusqu'à son
fiacre. Le jeune homme ne parvenait pas à rompre le
charme : l'autre regardait en arrière, lançait des baisers et,
pour se consoler de son échec, flatta avec une ineffable
tendresse la croupe de sa jument (il y eut des
applaudissements et des rires). Puis il essaya de remonter sur
son siège, y parvint après maints efforts, mais bascula
aussitôt et tomba en arrière, roulé en boule, au fond de la
voiture (nouvelle salve d'applaudissements). Quelques
volontaires le remirent d'aplomb et, les rênes à la main, il
dessina des lèvres un baiser d'adieu à la déesse scandinave,
avant de se perdre au petit trot sur le goudron indifférent et
poussiéreux, dans le halo mélancolique de son éden aboli.
Depuis l'époque bénie des films de Chaplin, je n'avais jamais
assisté à une scène pareille : aussi délicate, onirique, pleine
d'humour, délicieusement romantique.

Depuis la fermeture du café, ses habitués se sont dispersés
comme une diaspora d'insectes privés de leur fourmilière. Les
gnaouas se regroupent la nuit sur l'asphalte inhospitalier, ou
bien s'entassent dans un vieux fondouk (5) de Derb Dabachi.
Les autres, dont je suis, se consolent comme ils peuvent de la
disparition de ce centre international des cultures, en se
remémorant épisodes et anecdotes de son passé mythique et
glorieux, comme le feraient des émigrés nostalgiques,
provisoirement réfugiés dans l'exil.

Mais Jemaa-el- Fna résiste aux assauts conjugués du temps et
d'une modernité dégradante et bornée. Les halcas continuent
de prospérer, de nouveaux talents se révèlent, et un public
toujours aussi friand d'histoires fait cercle autour des jongleurs
et des artistes. Grâce à son incroyable vitalité et à ses
capacités digestives, elle agglutine les éléments les plus
divers, elle abolit momentanément les différences de classes
et les hiérarchies. Les autobus chargés de touristes qui
viennent échouer là comme des cétacés sont immédiatement
pris dans sa fine toile d'araignée, et neutralisés par ses sucs
gastriques. Cette année, pendant les nuits du ramadan, la
place a attiré des dizaines de milliers de personnes autour de
ses cuisines ambulantes, parmi les cris des vendeurs de
chaussures, de vêtements, de friandises et de jouets. A la
lueur des lampes à pétrole, j'ai cru remarquer la présence de
Rabelais, de l'archiprêtre de Hita, de Chaucer, d'Ibn Zaïd, d'Al
Hariri, et de nombreux derviches. Dans cet espace encore
préservé, on ne voit pas de ces idiots bécotant leur téléphone
portatif. L'éclat et l'incandescence du verbe prolongent
miraculeusement son règne. Mais je tremble parfois en
pensant combien elle est vulnérable, et je sens monter à mes
lèvres cette question qui résume toutes mes craintes : jusqu'à
quand ?

JUAN GOYTISOLO.
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(1) Cercle des spectateurs. (2) NDLR. Sigle de l'Ouvroir de
littérature potentielle, groupe littéraire français caractérisé
par son goût pour les recherches formelles et dont le
représentant le plus célèbre est Georges Perec (1936-1982).
(3) Ce passage a été traduit de l'arabe par Mohamed Yamani.
(4) Musiciens noirs, descendants des confréries d'esclaves
venus de Guinée. (5) Hôtel.

Re: für ein neues Forum #37836
28/07/00 08:08 PM
28/07/00 08:08 PM

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Hallo El Berr,

ich danke Dir für den Artikel!! - nun hab' ich den Verfassernamen und kann gezielt recherchieren nach dt. oder engl. Fassung.

Viele grüsse:
Peter.

Re: für ein neues Forum #37837
29/07/00 12:12 PM
29/07/00 12:12 PM

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Hi Peter,
Wieso sprichst du von 'martialischer' Sprache in deinem vorigen Beitrag. Das gilt erstmal für dich. Du hast mir geraten, mich zu wappnen und ein " dickes Fell" zu haben, so als ob du Raketten mit Napalm 42 abschießen wolltest. Das ist eine sehr gute Strategie. Angriff ist die beste Verteidigung, sagen die Bauern. Spaß beiseite.
Peter, ich glaube, wir haben schon mit unserem Theater begonnen. Du willst aber nicht verstehen, das dieses Stück genauso wie auf Jemaa-el Fna nach dem Prinzip des organisierten Chaos funktioniert.
Merke dir organisiertes Chaos und denke dabei an die Formen, Körperhaltungen, Schreie, Gesichtsausdrücke und Angebote auf Jemaa el-Fna. Sie unterliegen keiner Strukturierung.
Wie sagte nochmal Goytisilo, Jemaa el-fna " UN ESPACE MAGIQUE DE SOCIABILITÉ". Das magische macht die Unstrukturiertheit aus. Dem Menschen,egal auf welcher Art, kann Jeamaa el-fna nicht rationalisieren, im Sinne von gezielten Eingriffen, eine Ordnung hineinzubringen. Jemaa el.fna also ist organisiertes Chaos. Chaos lässt sich bekanntlich und sogar nur fragmentarisch erfassen und beschreiben. Von hier aus müssen wir auf unserer virtuellen Reise uns überraschen lassen. Wir müssen mit Allem rechnen. Wir sind und dürfen kein eingearbeites Team mit einer Backgrundfolie.
Es ist wie auf dem Platz, man weiss nie von wem und wann oder warum man angesprochen wird. Wir könnten einen virtuellen Tag dort verbringen. Wir sollten einfach aufstehen , wenn der Paltz aufwacht und einschlafen, wenn er einschläft. Von Morgen in der Frühe bis spät in die Nacht ist der Platz Schauplatz von unzähligen Alltagsszenen, wahrnehmbare, unsichtbare und erfundene Szenen. Ihre Verbindungen laufen wie Elektronen, nie gerade sondern in alle möglich erdenkbaren Richtungen. Wir sollten uns daher mit den Chaostheorien erstaml beschäftigen, vielleicht gelänge es uns, sie auf den Platz anzuwenden. Dann kann ich sein, dass wir von diesem magischen Ort der Soziabilität gefangen genommen werden.
Lass uns mit Canettis Platzbeschreibung anfangen. Vielleicht können wir mit diesem Einstieg unsere Zungen retten.

Dies ist ein Vorspann.
Grüss aus Essaouira

Re: für ein neues Forum #37838
30/07/00 11:30 PM
30/07/00 11:30 PM

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Salam El Berr!

(1. EINIGE ERSTE ASPEKTE/ GEDANKENSPLITTER ZUM Profil des 'EUROPAMÜDEN' TOURISTEN)

Ich muss von den Strapazen meiner langen Anreise verschnaufen, ehe ich in den (virtuellen) Dialog mit Dir eintrete!

Als erstes lass' mich feststellen: Wir sind auf dem Jemaa el-Fna!!!
Und das kurz vor Sonnenaufgang!!!
Bald beginnt das quirlige Leben, das mich als deutschen Stadtplaner früher schon begeeister hat. Der Platz ist für mich ein fremdartiger, sprudelnder Jungbrunnen, nach dem ich 'giere', und den ich auch heute wieder zu sehen erwarte, zu erfahren trachte, mit allen Sinnen geniessen möchte!!!
Es ist für mich der geschichtsträchtige 'Platz der Geköpften', der literarische Tummelplatz des genialen Elias Canetti, der Platz des romantischen Hubert Fichte ... letztlich Ort und Raum, in dem viele Suchende und Glücksritter nach 'Gold gegraben' haben! Wolfgang Geerdt - habe ich gehört - malt hier seit geraumer Zeit seine von 'Verlustangst' geprägten Bilder, und Sadikki, der begabte Theaterregisseur, hat auf diesem Platz erst kürzlich ein 'multikulturelles Spontan-Spektakel' inszeniert: zusammen mit Franzosen und Amerikanern!
Eine kleine, beiseitegesprochene Abweichung vom Thema sei mir gestattet: Hab' ich gelacht, als ein Reiseführer im vorigen Jahr in Beni-Mellal scherzhaft von 'Krankzosen' und 'Kaugummikanern' gesprochen hat! Dafür haben ihm die Mitglieder der Reisegruppe dann auch kein 'Trinkgeld' gegeben - aber ich doch nicht! ich hab' ihm dafür das Doppelte gegeben, man muss ja schliesslich als reicher Europäer etwas gegen die Armut im Lande tun! Das beruhigt das Gewissen! Wer weiss, wieviel 'Mäuler der zuhause zu stopfen hat'! bei den vielen Frauen, die die Marokkaner haben können! Aber damit will ich nichts gegen die Moslems gesagt haben!!!

Warum hat bloss Sadikki uns Deutsche nicht mit in dieses multikulturelle Spektakel geholt? Wir hätten kräftig 'mitgemischt', hätten das Ganze bestimmt noch viel 'spassiger' gemacht, sind wir doch mittlerweile die Apologeten einer sich in Europa entwickelnden Spassgesellscheft!

Es geht durchaus aufwärts mit uns!

Gerade heute habe ich in einer grossen Berliner Tageszeitung gelesen, dass man Berliner Familien über Annonce aufgefordert hat, auf dem 'Boxhagener Platz' (liebevoll 'Boxi' genannt)ihre Kochkünste zu demonstrieren! Es gibt dafür reservierte Zeiten an zwei reservierten Wochentagen, zugewiesene und reservierte Kochstellen auf dem Platz, und der Platz befindet sich in einem etwas schmuddligeren Arbeiterviertel Berlins aus der Gründerzeit, wo man das noch machen kann. Allerdings müssen Hunde neuerdings Maulkörbe tragen - zumindest die, hinter denen die Polizei 'Kampfhunde' vermutet - und so bleiben den Hunden so manche Leckerbissen auf dem Erdboden verweigert. Dafür müssen sie dann doppelt heftig an ihren künstlichen Knochen nagen, wenn nicht 'Herrchen' ihnen denn doch noch ein saftiges Steak frisch vom Fleischer spendiert.
Und es wird beim Kochen Sieger geben, die ausgezeichnet werden! Ich ahne und vermute: Zum Akt des Kochens wird sicher auch der spontane Austausch von Rezepten hinzukommen, wer weiss, gewiss kommt eines Tages ein Feuerschlucker auf den Platz?!

Vielleicht schon ein kleiner deutscher Jemaa el-Fna in Sicht? ein kleiner europäischer Bruder seines berühmteren marrokanischen? Der 'Potsdamer Platz', das weiss ich, ist es jedenfalls nicht.
Ja, es tut sich sehr viel an Ideen und Einfällen bei uns, vor allem, seit Clinton und Schröder in einer Berliner Eckkneipe getafelt haben. Diese Eckkneipe (sie hat den spassigen Namen 'Guglhof') ist mittlerweile ein Wallfahrtsort für Einheimische und Touristen: jeder will mal auf einem der Stühle gesessen haben, auf denen soviel staatsmännische Weisheit gethront hat.
Ich vergleiche das schon mal mit dem Turm der Koutoubia-Moschee, der ist doch auch so etwas wie ein Wahrzeichen für Marrakesch und Marokko?

Nun genug von solcherart belastenden 'europäisch-kleinkarierten' Gedanken! Ich will mich schliesslich erholen, Urlaub machen! fremde 'Kultur' auftanken, vor Ort!! Kurz und gut: Mit dem 'Einatmen' fremder Kultur meine eigene 'Europamüdigkeit' therapieren - und vielleicht neue Ideen für die Arbeit gewinnen.

Lass' mich dennoch aber als zweites kurz erzählen, wie ich nach Marrakesch gekommen bin!

Nun, mit meiner High-Tech-Yacht hatte ich vorige Woche die langweiligen, quasi-europäischen 'Kanaren' verlassen, und jetzt liege ich in Al Dakhla vor Anker.
'Für den Ritt durch die Wüste - immer brav entlang der Küste' (reimt sich doch toll??? oder? und ist ein schöner Witz???) habe ich zu unserem Treffen hier in Marrakesch aber meinen eigenen 'Cherokee' genommen und nicht so ein altersschwaches Taxi, wie man sie bei Euch allenthalben sieht.
Station habe ich übrigens in Tiznit gemacht. Der Jeep ist geschnurrt und geschnurrt; einmal habe ich sogar zwei Polizeikräder 'abgehängt', aber wer weiss schon, dass ich den 'Chirokee' auf 280 PS aufgerüstet habe!? In Tiznit konnte ich endlich das Silbergeschmeide für meine derzeitige Freundin kaufen. Die ist auf der luxuriösen Yacht geblieben, sie hat Angst, dass ich sie wieder in den Gerbereihof 'schleppe', wie schon voriges mal zum Photo-Shooting - der Geruch hatte sie anschliessend für zwei Tage 'ausser Gefecht' gesetzt.
Aber gefeilscht habe ich in Tiznit wie ein echter Marokkaner! Und dass die Tresors du Sud für ihr Echtheitszertifikat einstehen, weiss ja mittlerweile jeder.

Bevor wir endlich mit unserem Dialog beginnen, möchte ich - drittens und letztens - an ein denkwürdiges Datum erinnern: Heute, genau vor einem Jahr, ist Euer König Hassan II. gestorben!
Ich möchte Dir - nachträglich, aber nicht minder aufrichtig - meine Kondolenz erweisen.
Du hast ihn einmal als 'Genie' apostrophiert, Ignacio Ramonet hat einen zwiespältigen Aufsatz über ihn geschrieben, der den Titel trägt "Der Jongleur ist tot", und etliche Leute bei uns haben gesgt: 'Der König ist tot. Es lebe der König'.

Doch nun beginnt der Platz aufzuwachen - ein organisiertes Chaos?

Mit vielen Grüssen
(Gratulation!:ausgerechnet nach Essaouira!)
Peter.

Re: für ein neues Forum #37839
31/07/00 02:03 PM
31/07/00 02:03 PM

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Hi Gerlach,
ich habe gestern im Cafe de la place in Essaoura Dubblin getroffen. Er hat mir von Alexanders Platz erzählt. Er kam mir traurig vor. Er sagte, seit der Wende hat man dem ALexaders Platz seine Seele verputzt; das rote Rathaus erträgt keine Aufnahmen japanischer Touristen. Vielleicht kommen noch einaml die Unzufriedenen aus dem Ostteil und reissen den Fernsehturm nierder. Denn jetzt können sie sich nicht mal eine Tasse Kaffée leisten. Wie traurig! Ich habe Dubblin von deiner Spassgesellschaft mitgeteilt. Er hat gelacht und iregndwas gemurmelt. Wahrscheinlich auf berlinisch. Ich habe es auf jeden Fall nicht verstanden. Seine Memik dabei liess mich vermuten, dass er von der Idee nicht ganz begeistert war. Ich habe ihm auch von der Love Parade erzählt. Darauf zitierte er aus einem Artikel im Spiegel, in dem irgendwo von der Fansiciety die Rede war.
Dann habe ich vom König Hassan erzählt. Er sagte, er war tatsächlich ein Genie, weil er von 1961 bios 1999 in einem Land geherrscht hat, das sich nie beherrschen liess. Dubblin war aber nicht einverstanden mit dem Konzept der genauer dosierten Demokratie.
Wie sehen gerade Ramonet zusammen mit dem jüdischen Königsbarater Azoulay das Hotel Salam verlassen. Es interessiert mich so sehr zu erfahren, was sie sich erzählen.
Ich werde jetzt dich verlassen und den beiden hinterherlaufen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Azoulay Ramonet von den Stimmen von Essaouira erzählen wird. Ramonet wird mit Sicherheit sehr schnell das Thema wechseln und den Königsberater auf Canettis Huldigung der Erzähler auf Jama- el Fan aufmerksam machen.
Gruss von Alfred und Essaouira

Re: für ein neues Forum #37840
31/07/00 11:10 PM
31/07/00 11:10 PM

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(2. WEITERE ASPEKTE/ GEDANKENSPLITTER ZUM PROFIL DES 'ZIVILISATIONSMÜDEN' EUROPATOURISTEN)

Hallo El Berr!

In Tiznit, im Cafe 'El Sahara' am Mechouar, habe ich bei meiner Rast den Günter getroffen, einen Architekten aus dem Ostteil der Stadt Berlin.

Günter hatte sich in Tiznit das Minarett der 'Grossen Moschee' angeschaut.
Er war ganz begeistert vom Oulad Jarrar, von den Proportionen des schlanken Minaretts und von den Stangen, die aus dem Turm ragen.
Wie er mir sagte, sollen sich dort die Seelen der Verstorbenen ausruhen!
Ein irdischer Aufenthaltsort für die Unsterblichkeit des Menschen? Ein Symbol des Islam? Ein Meditationsort auch für 'Zivilisationsmüde'?
Mach' mich wissend, El Berr!

Günter kam - angeregt durch die Besichtigung des Minaretts - sofort auf den Alexanderplatz in Berlin zu sprechen.
Da er etliche Jahre mit H. Henselmann, dem 'Schöpfer' des 365 m hohen Fernsehturmes auf diesem Platz zusammengearbeitet hatte, fing er an, mir dessen städtebauliche Theorie der 'Iconic - Signs' zu erklären.

Und das mitten in Marokko!!! und ausgerechnet bei einem köstlichen 'Minze'!
Und wo ich doch überhaupt kein Anhänger dieser 'Theorie' bin! - mich jahrelang eher mit der System- und der Chaostheorie sowie deren Übertragungsmöglichkeiten auf die Stadt- und Regionalwissenschaften beschäftigt habe.
Ausserdem hätte ich lieber nach meinem 'Cherokee' geschaut, der von einer dichten Menschenmenge umringt war!

Nun, Henselmann wollte alle wichtigen und grossen Städte der ehemaligen DDR mit symbolischer und dominanter Vertikalität ausstatten, mit 'symbolischen' Zeichen, die 'in den Himmel' ragen sollten, mit "Kathedralen des Sozialismus" - wie er selbst bemerkte - mit Zeichen einer 'neuen, sozialistischen Zeit'.
Konkret sahen Henselmanns Pläne so aus: für Magdeburg als Schwerpunkt des Maschinenbaus sollte ein Hochhaus in Form einer Schraube entstehen (nicht realisiert); für die Universitätsstadt Leipzig ein Hochhaus in Form eines aufgeschlagenen Buches (realisiert); für die Wissenschafts- und Industriestadt Jena ein Hochhaus in Form eines runden Turmes (der 'penis jenensis', wie er zynisch sagte, wohl wissend um die Impotenz der 'DDR'-Industrie - ebenfalls realisiert); für Plauen ein 'Volkshaus' in Form der weltbekannten 'Plauener Spitze' (nicht realisiert); für die an der Ostsee gelegene Hansestadt Rostock eine Hochhausdominante in Form eines Segels (nicht realisiert) und für Berlin eben den gigantischen 'Telespargel' (realisiert): Funk- und Sendeturm für die Botschaft des Sozialismus in alle Welt - aber was für einen Inhalt hätte diese Botschaft haben sollen?
Wenn es total nach dem Architekten Henselmann gegangen wäre, wäre Ostdeutschland heute ein Zoologischer Garten mit semantisch-unverständlichen Grossstadt-Symbolen.

Eine Seele einhauchen konnte man dem Alexanderplatz mit diesem formalen Symbolismus natürlich nicht!
Alfred Döblin hat die Seele des Alexanderplatzes in den 20-er Jahren und in den Jahren der Weltwirtschaftskrise treffend beschrieben!
Nach dem 2. Weltkrieg war der Platz 'gemordet', eine einzige Trümmerwüste, erhalten war nur noch die städtische 'Empfangssituation', d.h. die zwei von dem Architekten P. Behrens genial entworfenen Baukörper in Form einer frei modellierten Torsituation, die das von der S-Bahn kommende Volk sanft aber zielstrebig und direkt zum Platze - auch heute noch - hinführen.
Der Platz wurde dann nach den Plänen Henselmanns und seiner dienernden - und sich der Parteispitze andienenden - oder später sich 'modern' gebärdenden, Symbole nachahmenden Architekturvasallen und 'Schüler' umgestaltet; und heute - 10 Jahre nach der 'Wende' und 'konsumgesellschaftlich korrekter Funktionsanreicherung' - ist er Prototyp eines langweiligen, verödeten Platzes unserer kapitalistisch dominierten Zeit - zudem ideologischer Wallfahrtsort von 'DDR'-Nostalgikern - der nach den 'Visionen' von Architekt Kollhoff sogar mit einer 'Armada' von Hochhäusern ausgestattet werden soll, getreu dem Motto: Was ein einzelner Fernsehturm auf dem Alexanderplatz nicht vermag, 15 Hochhäuser werden es schon schaffen!!! (downtown Chicago/ schlimmer noch LA/ lässt grüssen!)

Tatsächlich wollten aber die Westberliner Architekten der 'Nachwendezeit' - und nicht die Ostberliner Bürger - den Fernsehturm abreissen (welch' gewaltige Demonstration deutscher Finanzkraft wäre das gewesen! - und wir hätten das ohne weiteres auch finanziell durchgestanden! Triumph der Ökonomie über die Ideologie!), um in nostalgisch konzipierten Entwürfen dieses ehemalige Ostberliner Merkzeichen I. Ordnung verschwinden zu lassen.
Allah sei Dank - die ökonomische Vernunft hat schliesslich gesiegt über den 'ideologiegesättigten' Streit drittrangiger Architekturkritiker!

Das erstmal für heute! Später mehr - auch und insbesondere zu Alfreds Ansichten.

Eines interessiert mich aber brennend: Alfred sagt mit Recht, dass Hassan II. von 1961 bis 1999 geherrscht hat. 38 Jahre - eine sehr lange Zeit!
Er sagt aber auch, dass Hassan in einem Land geherrscht hat, das sich nie beherrschen liess.
Was bedeutet dann aber 'Herrschaft' unter solchen Bedingungen? Ein einziges grandioses Missverständnis - beiderseits?

Hast Du Genaueres über das Gespräch zwischen Azoulay und Ramonet erfahren können? Hat Ramonet tatsächlich so schnell das Thema auf den Jemaa el-Fna bringen können?

P.S.
Ich denke, dass ich - wenn wir das Profil des 'zivilisationsmüden Touristen' unterfüttert haben - mich der System- und Chaostheorie zuwenden kann.
Vielleicht hast Du die Kraft, auch schonmal 'Dein virtuelles Profil' zu skizzieren?
Muss aber nicht sein! Weiter so! Deine Anregungen allein sind schon genial!

Mit vielen Grüssen nach Essaouira
(bist Du dort etwa im beneidenswerten Urlaub?):
Peter.

Re: für ein neues Forum #37841
01/08/00 01:32 PM
01/08/00 01:32 PM

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Hallo Peter,

Döblin hat sich in Essaouira als Dubb layin eingeweiht, es heißt soviel wie der sanfte Wolf. Ich nenne ihn Dubblin. Er findet das wunderschön. Ab und zu labbert er mich voll mit seinen Geschichten von Ostteilbewohnern in den Strassenbahnen, wenn sie in ignoranter Art auf die für sie Nicht-Deutschen losgehen.
Er erzählte mir eines Tages, dass sie keinen Sinn für imposante Bauten haben und dass sie nach wie vor auf Ideologen, Demagogen und Volkshetzer hören. Irgendein Verlagsbesitzer aus Allemanien soll im Stadtteil grosse Summen zum Sieg seiner Volkstümlichkeiten verpulvert haben. Allein Tele.com soll mit seiner Kampagne für ein reines deutsches Volk Millionen eingenommen haben. Immer wenn Dubblin mir von sowas erzählt, fühle ich mich traurig. Dann frage ich mich, wie kann sowas in einer Stadt wie Berlin möglich sein, wo alle Nostalgiker der 68er Jahre ganz oben in den höchsten Ämtern des Landes sitzen. Ich finde, sie sind nicht mehr wie damals, als sie in kleineren Foren mit Menshcen kommunizierten, wie die Erzähler auf Jemaa el-fna. Wenn sie überhaupt, was zu sagen haben, dann tun sie das nur noch bei Christiansen am Sonntagabend und dann geschickt. Gott sei Dank, ich bin stolzer Besitzer von einer Sattanlage.Ich empfänge bis bei mir ins Zimmer fast alle Fernsehprogramme ausser Bayern und dem schwarzen Kanal. Ich finde die Moderatorin eine gewifte schlaue Frau. Stell dir vor, in Deutschland ist es möglich von einer Hostesse zur Chefredakteurin zu werden. Mann oder Frau soll nur das richtige Parteibuch haben. Christiansen hatte das richtige und eben deshalb amüsiert sie sich auch in der Bärenstadt.Am liebsten hat sie den Joschka zu Gast. Mir ist immer wieder aufgefallen, dass sie ihm die gleichen Fragen stellt und insbesondere diese: wie kann man grün und sich von den besten Modedesignern bekleiden lassen? Wahrlich da übertreffen seine Parteigenossen alle anderen Parteikader in ihren komischen Anzügen. Die Partei des Ostteils kann da kaum noch mitkonkurrieren.
Der dicke Bisky und sein kleiner Begleiter tragen immer noch Westen aus der DDR-Zeiten. Ob bewußt? Das wissen nur sie.
Eigentlich wollte ich dir von Ramonet und Azoulay erzählen. Nun bin ich jetzt bei dir in der Stadt der Kulturen und langweile dich mit diesen Randbemerkungen zu deiner Stadt. Wieso auch nicht. Was wäre, wenn im Lande des Sonnenuntergangs der Berliner Wind wehen würde? Er soll aber keine Kohlianer mittragen.Davon haben wir mehr als genung. Ich habe gehört, dass unsere Kohlianer europäische Schäfer ein Wochenendworkshop in Sachen unauffälliger Schmiergelder anbieten.Eine gute Marktlücke.Ich bin zu dumm, warum bin ich nicht auf diese Idee gekommen.Hätte ich nur früher schon von deinem " Triumph der Ökonomie" mitgekriegt.
Jetzt gehe ich beten. Hoffentlich finde ich dort die Stille, von der dir dein Günter erzählte. Seit einiger Zeit sind diese
irdischen Aufenthaltsorte für die Unsterblichkeit des Menschen Meditaionsorte für die Zivilisationsmüden nicht mehr so ruhig. In den Gebetszeiten sitzen hier viele junge Menschen, in ihren Trachten verhüllt. Sie berühren entweder den bis zum Hals hängenden Bart oder ihre Brüste. Sie scheinen keine Leute der Meditation zu sein. Es sind viele geworden. Unglaublich aber wahr, seitdem sie gibt, kennt das Geschäft mit Alkohol keine guten Zeiten. Wenn sie in der Moschee auf den Strohmatten sitzen, dann sind alle in der Lektüre des Wortes Allahs versunken. Und immer wenn sie aufstehen, sprechen sie ganz laut und heldenhaft " Allah o Akbar " und " Nieder mit dem Westen, der uns versklavt, ausbeutet und dabei ist, uns zu christianisieren. Die Strände gehören uns. Wir wollen mit unseren Familien nach unseren Sitten Sommerferien verbringen. Wir lassen es nicht zu, dass sich die Touristen vor den Augen unserer Kinder entblößen. Zum Teufel mit den Reisegesellschaften, die nur an das Geld denken und unsere Schamzonen wie eine Fliege zerdrücken."
Ich verlasse lieber den Aufenthaltsort. Mir ist das alles doch zu viel. Von Ramonet und Azoulay erzähle ich dir morgen. Du ich muss jetzt gehen, der Dubblin kommt wieder.
A Dieu

Re: für ein neues Forum #37842
01/08/00 09:35 PM
01/08/00 09:35 PM

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(3. WEITERE ASPEKTE/ GEDANKENSPLITTER ZUM PROFIL DES 'ZIVILISATIONSMÜDEN' EUROPATOURISTEN)

Hallo El Berr!

Ich warne Dich - da ich Dich nun schon etwas näher zu kennen glaube, sei mir das gestattet - vor Dubblin!!
Er scheint - nach einem alten deutschen Sprichwort - der "Wolf im Schafspelz" zu sein!?
Dich hingegen schätze ich in Deiner gutmütigen, wissenden, gläubigen - auch noch in Zeiten hoher Belastung 'Koch-Rezept-spendenden' - Art eher als ein "Schaf im Wolfspelz" ein!

Von der Kategorie der 'Wölfe im Schafspelz' gibt es bei uns viele (von der anderen Kategorie aber auch). Um sich gegenseitig und die anderen besser auffressen zu können, nehmen sie mit Sicherheit an Workshops teil, wo das unauffällige Anbieten von Schmiergeldern und die dezente Geldwäsche trainiert werden, getreu dem Motto 'Wer gut schmeert (schmiert), der gut fährt!' - das war auch ein guter Slogan bei Betriebsneugründungen und joint-ventures (Beispiel: Leuna) in unseren neuen deutschen Ostgebieten, im schwerfälligen Amtsdeutsch 'Beitrittsgebiet' genannt.
Von den 'Kohlianern' in Marokko könnten wir gewiss noch eine Menge lernen, da gebe ich Dir recht: vor allem, was die Fähigkeit der Verwebung von Realität und Einbildung, von Wahrheit und Fiktion sowie die Verschleierungstaktiken für bestimmte Sachverhalte betrifft. So plump, wie in deutschen Landen geflunkert wird, da muss doch jeder Richter und Staatsanwalt vor Freude in die Luft springen, denn sein Broterwerb ist auf Jahrzehnte gesichert!
Von der 'Kunst der Lüge' hat hierzulande offensichtlich noch keiner gehört! Auf diesem Felde könnten wir Geld machen: in Seminaren, Workshops, Vorlesungen! Allerdings nur kleines, sauberes Geld. Das grosse, 'schmutzige', reinzuwaschende würden wir mit der praktischen Anwendung bekommen, Ruhm und bewunderung gratis!
Vielleicht gehört das - die Workshops der genannten Art und die Lehrjahre in der Parteiarbeit oder in Konzernen - aber auch alles zu einem 'wohlfeil inszenierten demokratischen Theaterstück', das Jean Ziegler in senem Buch "Die Barbaren kommen" scharfsinnig-analytisch beschreibt und in der zentralen These zuspitzt: "Das organisierte Verbrechen ist die höchste Stufe des Kapitalismus".
Das haben bei Euch die Drogen-Barone im Rif-Gebirge schon vor Jahren erkannt, als sie auf dem auch mit europäischen Geldern ausgebauten Strassennetz ihre Cannabis-Transporte per LKW noch sehr viel schneller, billiger und rationeller abwickeln konnten als bisher: damit - weitaus konkurrenzfähiger als der Libanon geworden - können sie heute pünktlich, bedarfsgerecht und auf Profitmaximierung bedacht, zum 'hochkulturellen Ereignis Love-Parade' in Berlin ihren Stoff absetzen: hoch lebe die Spassgesellschaft!

Warum habt ihr in Marokko eigentlich noch keine 'Love Parade'? sicher eine naive 'unverschämte' Frage, aber vielleicht hast Du eine Antwort? Schweigen hilft nicht!

Du würdest eine solche Parade mit Sicherheit aber nicht missen! oder?? Der Jemaa el-Fna ist 'Love Parade' genug? oder???

Deine Sat-Anlage und Dein Internet-Anschluss holen Dir ja die ganze Welt ins Haus!! Zwar bloss virtuell, aber immerhin! Damit gehörst Du zu den Glücklichen in Marokko, für die es keine Ländergrenzen mehr gibt! Ein 'Grossraum Marokko'? Eigentlich bist Du - von europäischer Warte gesehen - schon ein richtiger Kosmopolit. Und wenn Du mit dem Internet spazierengehst, hast Du ungeahnte Möglichkeiten weltumspannender Kommunikation.
Was willst Du mehr?

Bei uns hat man eine ganze Weile gesagt: "Nun sauf' Dich voll und fress' Dich dick, und halt' Dein Maul von Politik!"

Das ist auch mein Eindruck von den etablierten 'Alt-68-igern' in unserer Stadt.
Nur: die sind schon längst eingeschlafen!
Selbst in Veronas Peep-Show - und die geht wirklich an die untere Grenze - hatten sie versagt, als man sie nach der '69-iger'- Stellung fragte! Kommunikations- und politikmüde sitzen sie in ihren Ämtern und werden nur noch von ihren Titeln, Tantiemen und den Geschichten aus ihrer Vergangenheit zusammengehalten. Selbst wenn man sie zu wecken versucht, meist mit ihrem alten 'Schlachtruf' "Wer zweimal mit Derselben pennt, gehört schon zum Establishment", dämmern sie nur im Halbschlaf, auf dem 'rechten Auge ebenfalls blind wie unsere justitia', und vermuten, dass die 'Springer-Journaille' wieder mal in ihrer Intimsphäre schnüffeln will. Nur das lässt sie aus ihrem Koma erwachen.
Aber als die 'Kampfhunde-Debatte' war, da haben sie sich - als die Bürger ihnen Beine gemacht hatten - in's Zeug gelegt! Das hatten sie begriffen - da ging es um einfache Sachen und nicht so komplexe Dinge wie die Ausländerintegration: um Hund, Leine, Maulkorb, allenfalls noch um den Hundeführer, aber das war schon schwieriger zu diskutieren, und so schlief die Debatte wieder ein. Alles 'paletti'!

Was soll da noch Dubblins Verweis auf gewisse 'Strassenbahnen-Vorfälle'? Alles harmlose Einzelfälle, nichts Landestypisches. Warum gehen denn die Ausländer abends noch auf die Strasse? oder in die Disco?
Sollen sie doch fernsehen, so wie wir! sich halt' an uns anpassen!

Folgerichtig hat sich ein Grossteil der Politik ebenfalls in das Fernsehen verlagert.
Die Polit-Clownerie (wie ich scherzhaft immer sage) tritt tatsächlich in talk-shows noch am besten in Erscheinung. Und dort - im 'Nebenfach Medienwirksamkeit' statt auf ihrem Hauptfeld, eben der Politik - vermag sie sich auch am besten in Szene zu setzen, vorzüglich arrangiert und gemanagt von - wie Du auch offensichtlich gemerkt hast - der Moderatorin Sabine Christiansen. Das ist die beste von allen! Meine Freundin (die auf meiner Yacht in Dakhla jetzt ohne mich in der Sonne liegen muss) höhnt immer, die Christiansen ist 'Spezialistin für's Hochgeschlossene' und meint spöttisch, sie solle sich mit Wickert zusammentun: eine Synthese zweier 'Synthetiker'!
Diese Quotenfrau hat aber auch schon den dicken Bisky und seinen kleinen Begleiter Gysi in ihrer Runde gehabt! allerdings einzeln, nicht gemeinsam, da wären sie ihr zu 'scharfzüngig' geworden. Der kleine Gysi hat doch immer wieder von der hohen Arbeitslosigkeit im Osten und insbesondere in den strukturschwachen ländlichen Räumen dort geredet, wo die Arbeitslosenquote bei bis zu 27% liegt. Und dann hat er immerzu gefragt, warum der Osten immer noch bei 82 - 86% der Gehälter des Westens läge! Geradezu penetrant war das! eben typisch 'Ossi'-Manier! warten, dass der Staat ihnen, die erst noch leistungsbezogen arbeiten lernen müssen, gebratene Hähnchen in den Mund schiebt, aber so richtg antworten konnten ihm weder die geladenen CDU- noch die SPD- Strategen, und die Christiansen hat bei der für sie fremden Materie überhaupt nicht mehr durchgeschaut.

Beten werde ich heute nicht mehr können.
Wozu? und zu Wem?
Meditieren? Vielleicht.
Aber worin besteht der Unterschied zwischen Beten und Meditieren?

Was mir Hoffnung gibt: direkt am Brandenburger Tor bei uns in Berlin, in dem kleinen Torhäuschen, ist von den Architekten ein 'Raum der Stille' eingerichtet worden. Dort gehen meist die Einkaufsmüden hin. Mit ihren vielen Taschen und Paketen beladen gleichen sie Packeseln, wenn sie konsumgesättigt dort hineingehen. Meist kommen sie nach 10 Minuten wieder heraus, länger halten sie drinnen nicht aus: glückselig lächelnd und strahlend sind sie für neue Käufe gut gerüstet!
Einer meiner Freunde hat in Berlin das erste 'Grosstadt-Dormitorium' eingerichtet. Es hat zur Zeit 19 Betten, und es ist den ganzen Tag geöffnet. Jeder, der 'grosstadtmüde' geworden ist, kann sich dort für 1 Stunde hinlegen und schlafen und ausruhen. Was meinst Du, wieviele in dieser 1 Stunde überhaupt noch einschlafen können?

Mit vielen Grüssen:
Peter.

P.S.
Eine betrübliche Nachricht: ich habe drängende Termine, kann mich vorauss. die nächsten Tage nicht melden!!!
Bitte, mach weiter! Auch wenn Du keine direkte 'Ping-Pong'-Antwort bekommst!
Ich werde das dann von Dir produzierte Gedankengut aufarbeiten müssen!

P.P.S.
Was ist mit Bakkali? Ich mache mir schon richtig Sorge um ihn. Obwohl er erst einen Beitrag geschrieben hat, ist er mir fast schon so 'an's Herz gewachsen' wie Du.
Es gibt doch wohl kaum noch einen Ort, von dem man sich per Internet nicht in dieses Forum einklinken könnte!

P.P.S.
Wo bleiben die Kommentare des 'VMK' ('Virtuellen Marokko Kreises')?
Unser Dialog ist - in jeder Phase - eine öffentliche Veranstaltung!

Re: für ein neues Forum #37843
01/08/00 11:26 PM
01/08/00 11:26 PM
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Guten Abend, Herr El Berr,

ich habe mit großem Interesse Ihre Beiträge in diesem Forum gelesen, vor allem die politischen.
Können Sie mir evtl. Literatur, Zeitungsartikel etc. nennen, die die momentane politische Situation in Marokko thematisieren.
Auch nach längeren Nachforschungen habe ich lediglich ältere Literatur vorgefunden.

Karin Höhle-Faiz


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Re: für ein neues Forum #37844
03/08/00 02:08 AM
03/08/00 02:08 AM

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(1. DER PLATZ - ASPEKTE/ GEDANKENSPLITTER ZU SEINER BESCHREIBUNG)

Salam Aziz,

ich fass' es nicht!!!
ich fass' es wirklich nicht!!!
Oh Allah, welchen Fehler habe ich gemacht:
Dir zu erzählen, dass ich drängende, wichtige Termine habe!!!
Und schon ist 'Funkstille' bei Dir eingetreten!!!
Ich weiss aber - und das beruhigt mich - dass Du keinesfalls 'auf der faulen Haut'liegst! Aber was machst Du bloss???
Bist Du wieder in einem Minze-Cafe 'versackt', um Dich tiefsinnigen philosophischen Gedanken zu widmen? Gut so!!! wenn es denn unserer Analyse des Jemaa el-Fna nützt! Aber merke: Goethe hat schon gesagt "Grau, teurer Freund ist alle Theorie, und Grün ist nur des Lebens 'güldner' Baum".
Oder bearbeitest Du die an Dich gestellte Anfrage? Auf die Liste aktueller Literatur zu aktuellen politischen Themen freue ich mich ebenfalls!

Eine kleine 'Sensation' möchte ich Dir - der Du wie ich sicher die 'kleinen' aber wichtigsten Dinge des Leben liebst - auch noch mitteilen. Stell' Dir vor: meine jüngste Tochter hat am gleichen Tag wie Sidi Mohammed Geburtstag, am 21. August nämlich!!! Beide sind im Sternzeichen des 'Löwen' geboren! und so ist bei Euch sicher eine schnelle und energische 'Movida' zu erwarten! und keine langsam-gebremste -zumindest wenn ich von den nachhaltigen 'Attacken' meiner Jüngsten gegen mich ausgehe!
Auch meine Jüngste bevorzugt - wie Mohammed - Jeans, Ray-Ban-Sonnenbrillen und Marlboro - und hält sich, wann immer sie Zeit hat, gerne in Paris auf. Nun überlegen wir, ob wir eine Anfrage stellen, ob sie zu Mohammeds Geburtstag kommen kann!? Ich halte das garnicht für abwegig: "Welcome to the Club" - zumindest wäre das ein Startschuss, so einen Club zu gründen.
Also, bei den jungen Leuten auch bei uns, ist Mohammed bestens 'angekommen'!!! Das bestätigt wieder einmal meine These, dass das 'Outfit' und die ästhetisch gefällige Erscheinungsweise in unserer heutigen europäischen Gesellschaft eine ganz bedeutende Rolle spielen! Vielleicht noch vor den Inhalten, die man mitzuteilen hat(typisch dekadent-europamüder Stadtplaner, so höre ich Dich schon murmeln!).
Natürlich ist es wieder eine ganz andere Frage, wann man im Leben 'den Wolf im Schafspelz' spielt, oder es vorzieht, das 'Schaf im Wolfspelz' zu sein!
---------------------------------------------
Aber ich langweile Dich. Wollen wir uns dem Platz zuwenden.

Der Himmel über Jemmaa el-Fna ist noch dunkelbraun-schwarz und wolkenlos.
Der Platz ist noch nicht zum alltäglichen Leben erwacht, der Morgenruf des Muezzins ist noch nicht ertönt. Nur das Rascheln der Ratten, die in Abfallbergen Nahrung suchen, ist zu hören.

Es gibt den dickwanstigen 'Al-Bargouth' nicht mehr, der mit seinen grotesken Witzen die "Toten zum Lachen gebracht hätte" und dem 'Platz des Todes' heutzutage wieder hätte Leben einhauchen können; es gibt auch 'Abdeslam' nicht mehr, der sich in einer Zawiya zum Faqih 'emporgearbeitet' hatte und die Menschen in seiner vielbesuchten Halqua in 'Menschen' und 'Tiere' unterteilt hatte.

Boden und Platzwände vom Jemaa el-Fna sind noch nicht zu erkennen, nur schemenhaft zu erahnen.

Widmen wir uns - Aziz - also als erstes der 'Kuppel', die den Platz überspannt.

Es ist der Himmel, genauer: das Gerüst noch existenter und bereits erloschener Sterne. Klar und deutlich sind sie heute zu erkennen - Ergebnis einer 'chaotischen' Entwicklung, die mit dem 'Urknall' ihren Ursprung hatte und eines Tages enden wird.
Da wir aber im Hier und Heute leben: erkläre mir, bitte, den Sternenhimmel über Jemaa el-Fna, die Sternenbilder, die auf den Platz 'herabschauen' und schon 'herabgeschaut' haben, als Marrakesch noch Knotenpunkt von Handelskarawanen unterschiedlicher und äusserst differenzierter Kulturkreise war.

Nähern wir uns dem irdischen Platz also 'von oben'. Bevor es Licht wird und der Tag beginnt.
Ich denke, Du kannst mir einiges dazu erzählen: Welche Sternbilder wachen über Marrakesch? Welche Bedeutung haben sie für die Muslime, die unter ihnen schlafen?
Wer von den Herrschern war 'sternengläubig'?

Aziz, ich hoffe und bete zu Allah, dass der 'VMK' uns hier helfen kann - nicht nur mit dem Verweis auf Bücher, sondern mit eigenen Gedanken oder Buchinterpretationen. Ich denke, wir pirschen uns 'von oben' allmählich an das 'Magische' des Platzes heran.

Das für heute!
Mit vielen Grüssen:
Peter.

P.S.
Die Termine gibt es immer noch.

Re: für ein neues Forum #37845
03/08/00 10:01 AM
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Hallo Peter, Hallo Aziz, Hallo alle zusammen

Werde mich zu gegebener Zeit bestimmt auch wieder einmischen!! Im Moment habe ich keinen Mut (oder Wissen!)
Richtig, ich vermisse BAKKALI auch?????
Wo bist Du??
P.S. Peter, hast Du jetzt mein Mail bekommen?
Irgendwie hat's einfach nicht geklappt.
Gruss, Silla

Re: für ein neues Forum #37846
03/08/00 01:35 PM
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Hallo Peter,
du vermisst den VMK? Ich habe Schwierigkeiten eurem Theaterstück und geistigem Höhenflug zu folgen. Etwas abgehoben, aber ganz amüsant! So zivilisationsmüde scheinst du gar nicht zu sein, denn sonst säßest du auf dem Jemaa el Fnan wirklich beim Sternenhimmel und nicht im Internetcafé. Oder ist die Theorie schöner als die Wirklichkeit? Ich könnte ja mal versuchen eine bayrische Variante von Döblin einmischen, wie wär es z.B. mit Oskar Maria Graf, oder ist der in Berlin nicht bekannt?. Oder sollen wir nicht mal mit Stoiber diskutieren, was er von einem Beitritt mrokkos zur EU hält? Auch eine Einladung von Minister Beckstein auf den Djemaa el Fna wäre doch eine gelungene Variante um die bayerische Einwanderungspolitik mit neuen Gedankenschnipseln zu garnieren. Aber wir könnten ihn auch in das Cyber-Café in der Rue Bab Agnaoua locken, vielleicht gäbe es dann auch ein paar "blue cards" für Marokkaner? Immerhin hat Beckstein jetzt das Verbot der NPD in Deutschland angeregt, klingt ja gar nicht so schlecht, die braunen Schläger mal etwas zurückzudrängen, aber würde ein Verbot helfen?
Als Schaf im Wolfspelz in Marokko aufzutreten ist vielleicht nicht so schlau, alles was hundeähnlich ist, muß Schlimmes befürchten. Dann schon besser als Wolf im Schafspelz, hier kann man sicher mehr bewirken. Da du Goethe zitierst, wäre diese Rolle angemessener,jedenfalls passt das besser zu unserem bekanntesten Dichter.
Ich merke schon, mir fehlt etwas der Himmel über der Wüste um meine geistigen Höhenflüge auf Eurer Niveau zu katapultieren, zudem natürlich die Zeit, denn eigentlich müßte ich jetzt über der Aktualisierung meiner Buchtexte für die Neuauflage sitzen und ich schiebe die Arbeit von Tag zu Tag und blicke nach draußen auf einen grauen Himmel, der lediglich durch etwas grün und bunte Farbtupfer der Blumen in meinem Garten unterbrochen wird. Wann wird es endlich Sommer? Mein Mann und mein Sohn fahren nächste Woche in die Sahara und ich kann hier nur euren Ergüssen über zivialisationsmüde Europäer und fiktive Geschichtenerzähler verfolgen! Frust und nochmal Frust. Ich vermisse den Geschichtenerzähler! Aziz El Berr, die orientalischen Geschichten fehlen noch, oder soll die der vermisste Bakkali erzählen? Dubblin hilft dir sicher nicht mit orientalischen Geschichten weiter. Der Alexanderplatz ist schon so weit weg und die Geschichten so lange her. Erzähle lieber was von Essaouira. Malt Benhila noch schöne Bilder oder sind die einheimischen Künstler schon vor den Touristen geflüchtet? Ist die Purpurinsel mittlerweile zugänglich? Das wäre doch was für zivilisationsmüde Europäer? Grüße mir den Wind und die Wellen und den Duft nach Fisch und Gewürzen.
Die Pflicht ruft. Bis bald

Erika

Re: für ein neues Forum #37847
03/08/00 01:55 PM
03/08/00 01:55 PM

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Hallo Peter,
Mich hat weder ein Schlag getroffen, noch ist irgendeine Funkstille bei mir eingetretten. Minzetee habe ich genug getrunken. Und bei jedem Schluck sind mehr unzählige Gedanken in den Sinn gekommen. Von allen haben mich nur zwei gefesselt; die eine beim Denken an unseren Bakkali. Wo ist er geblieben? Er ist wie die Moderne in unseren Landen. Zerredet ist sie bis geht nicht mehr. Erlebt wird sie noch nicht. Warum, frage ich mich, hat die Moderne keine Chance im Lande des Propheten. Sie ist weder Jeans, noch Sonnenbrillen und auch nicht Shopping bei Cartiert in Paris. Sie ist auch nicht Technik,Internet,PCs, Autobahnen. Sie ist viel mehr als das. Sie ist Sinngehalte. Wie soll dich nun diese meine Bestimmung so klar darstellen, dass sich auch unser Bakkali unverzögerlich einschaltet und uns mit seinem Diskurs der Moderne zu Angehörigen der globalen Welt verwandelt. Zu dieser heiklen Angelegenheit werde ich mit Sicherheit meinen Faquih an der Sorbonner Medresa Zu Rate ziehen. Er wird mich gewiss nicht enttäuschen. Sobald ich von ihm was habe, werde ich dir mitteilen. Du kannst dann deinem Wolfgang von unerem Elend durch die und mit der Moderne erzählen. Aber mit Wolfgang möchte auch irgendwann doch auf Jemaa el- Fna sitzen und veileicht mit ihm zusammen unseren treuen Zuhöreren von Hafiz erzählen. Wolfgang hat schon 168 jahre vor uns seine virtuelle Reise in den Orient zur Orientierung unternommen. Damals schon von der Gelehretenrepublik fliehend, machte er sich auf der Suche nach einem Bleiberecht in der geistigen Loge des Orients.
Die zweite Idee, die mich überfiel und nicht mehr losliess, war, wie kann ich dich vom unserem Ramonet ( ab jetzt heißt er nur noch Rahmouni, wegen Urheberrecht) benachrichtigen. Zu deiner Beruhigung. Er wird nach Marakkech doch fahren. Und ich bleibe ihm auf die Spur.
Also es war so. Irgendwann verschwand der Fürst von Essouira. Ich kann dir nicht sagen,wie das passierte. Wahrscheinlich haben ihn die Geister von Essaouira verschlungen. Denn seitdem sie wissen, dass er großen Wert darauf legt, die Gnawamusik in dieser idyllischen Stadt zu fördern, schlossen sie mit ihm einen Treuepakt. Er bringt das Geld in die Stadt und die Bewohner bieten ihre Kultur an. Tatsächlich liebt Azoulay die Ganawamusik wie viele andere Juden dieser Stadt. Wie sehr hätte ich ihn darauf gesprochen und von ihm abgehorcht, was er mit dieser für meinen Geschmack die Tiefen der Seele ansprechenden Musik assoziert. Leider ist er jetzt verschwunden. Ein Andermal, Möge uns der Moses vereinen.
Rahmouni geht jetzt in ein Cafe am Paltz neben dem Hafen. Er setzt sich auf die Terasse und zieht aus seiner Tasche einen Zettel raus. Er wühlt in seinen Hosen-und Westentaschen, bis er einen Stift findet.Er zündet eine Gouloise an und zieht so tief, bis die Zigarette glüht. Er tut das mehrmals und berührt dabei seinen grauen Schnurrbart und seine etwas weiter forgeschrittenen Geheimratsecken. Ein megriger kellner bringt ihm seinen Expresso, den er auf einmal trinkt. Rahmouni dreht andauernd seinen Stift in seiner rechten Hand. Er überlegt eine Weile und schreibt ein paar Zeilen. Ich kann problemlos alles lesen. Ich sitze am Tisch neben seinem. Er notiert aus einem Bericht der Weltbank vom 18 Julli: Immer mehr arme in Marokko. Die Zahl der Marokkaner in Not stieg um 50% in ungefähr 10 Jahren. Heute leben 19% der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze gegen 13% 1991...Die Unterbeschäftigung in den Städten liegt bei 23,4% der aktiven Bevölkerung mit steigender Tendenz. Das Land bräuchte ein Wachstumsrate von etwa 6 bis 8% um jährlich die Schaffung von 200 000 Arbeitsplätze zu erreichen. Die Wachstumsrate lag im Zeitraum von 91 bis 98 bei 1,9%."
Rahmouni mag Zahlen. Er war immer dafür begabt, seine Ausführungen mit Zahlen zu belegen.Er ist eben ein moderner Erzähler. Durch die Zahlen rekonstruiert er die Realität. Die Äußerlichkeiten wie die Lebensfreude der Einheimischen, ihr Kinderreichtum, ihre Vorliebe für die Familie, ihr Sinn für die Großzügigkeit interessieren ihn nicht. Sein Zahlenfetichismus soll ihm als Garant und Symbol seiner erzälerischen Kompetenz dienen.
Ich habe den Eindruck, dass die portugiesische Festung in Essaouira unseren Rahmouni nicht begeistert, Wahrscheinlich weil er andalusischer Abstammung ist. Und da bleibt ihm nicht andres als die Stadt zu verlassen auf dem Weg zu einem Ort, wo noch Spuren des arabo-andalusischen Lebenstiles vorhanden sind. Der nächstmögliche Ort ist die Stadt der Tausend und eine Touristin.
Wie kommt er denn dahin?
Bis spät!

Re: für ein neues Forum #37848
03/08/00 07:38 PM
03/08/00 07:38 PM

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Der Kellner brachte ihm den dritten Expresso. Und wie nach althergebrachter berberischer tradition war unser Rahmouni dabei aufzubrechen.Er wandte sich mal nch links mal nach rechts. Ich dachte, er wäre mit dem Fürst von Essaouira verabredet. Und da lag ich gar nicht falsch mit meiner Vermutung.
Der grosse dünner mit der hellen Haut und dem schmalen Gesicht kam,nahm Platz und überreichte Rahmouni das Büchlein von Canetti mit der Bemerkung:" ich habe es leider nur in englischer Version. Vielleicht kannst du damit was anfangen. Für mich gibt es keinen besseren Reisebegleiter als diese Büchlein. Mir gefällt besonders die Passage, wo Canetti in ehrwürdiger Weise die Erzähler von Jemaa el Fna ehrt.Ich lese dir aus dieser Passage:
"...ich hoffe, der tag wir kommen, da ich diese fahrenden Erzähler so würdigen kann, wie es ihnen gebührt... Worte waren ihre Nahrung und sie leißen sich von neimand dazu verführen, sie gegen eine bessere Nahrung zu vertauschen. Ich war stolz auf die Macht des Erzählens, die sie über ihre Sprachgenossen ausüben. Sie erschienen wie ältere und bessere Brüder von mir. In glücklichen Augenblicken sagte ich mir: Auch ich kann Menschen um mich versammeln, denen ich erzähle; auch mir hören sie zu. Aber satt von Ort zu Ort zu ziehen, nei wissend, wen ich finden, wessen Ohren sich mir öffnen werden, statt im reinen Vertrauen auf meine Erzählung selbst zu leben, habe ich mich dem Papier verschrieben. Im Schutz von Tischen und Türen lebe ich nun, ein feiger Träumer, und sie im Gewühl des Marktes, unter hundert fremden Gesichtern, täglich wechselnd, von keinem kalten und über überflüssigen Wissen belastet, ohne Bücher, Ehrgeiz und hohles Ansehen. Unter den Menschen unserer Zonen, die der Literatur leben, habe ich mich selten wohl gefühlt.....Hier fand ich mich plötzlich unter Dichtern, zu denen ich aufsehen konnte, weil es nie ein Wort von ihnen zu lesen gab.."
Langsam wurde Rahmouni aufmerksamer und fast dachte er, er könnte es mit seinen zahlen und kaltem Wissen versuchen, Menschen um sich zu versammeln und ihnen von der Movida zu erzählen. Der Fürst verabschiedete sich inzwischen. Aber bevor er ging, erkundigte sich Rahmouni nach den Busverbindungen in die Stadt der Tausend und einer Touristin. Er wusste, dass die Franzosen die Moderne nicht bis in das Land der Berber gebracht haben. Da die Gegend in ihren Plänen zu dem unnützlichen Marokko gehörte, verzichteten sie auf die Bahnverbindung bis hierher. rahmouni erfuhr, dass der letzte Bus nach Marakkesch gegen 18 Uhr abfährt und um 22 Uhr dort ankommt.Inscha Allah.
Rahmouni beeilte sich, steckte seine Notizen in die linke Tasche seiner Weste, so wertvoll waren sie für ihn, und bestellte ein Taxi zum Busbahnhof am hinteren Stadteingang.
Jetzt sitzt er im blauen Bus von CTM. Er liest in le Monde, dass es Bewegung in der harten Linie der Bavarier gibt. Sie wollen so gern Zuwanderer, aber nicht die, welche die Bavarier ausnutzen, sondern die, welche die Bavarier ausnutzen können. Und der Verfechter dieser der Globalisierung angepaßten Menschenimportstheorie, nicht ohne taktischen Hintergedanken, investiert alles, um medienwirksam in aller Welt vorzukommen.Den Journalisten des Bayernkuriers habe er die Anweisung zukommen lassen, im Archiv der Münchner Stadtbücherei ein gutes pathetisches Gedicht von Oskar Maria Graf zu suchen und auf der ersten Seite zu drücken mit dem Titel: " blue cards für Marokkaner" und das alles soll wie ein Kochrezept geschrieben werden, ganz dem Bavarierniveau entsprechend. Rahmouni kann das nicht fassen. Aber in Bavaria gibt es ja nicht nur Konstantin Wecker, es gibt eben auch Strauss, Kirch und Schreiber." komisch, sagte sich Rahmouni, wie konnte sich Canetti im Lande Ludwig aufhalten"
Der Bus ist schon abgefahren.

Re: für ein neues Forum #37849
04/08/00 01:05 PM
04/08/00 01:05 PM

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Hallo Silla,
misch' Dich bloss bald wieder in unseren Dialog ein!!! Je eher, desto besser!
Eine so phantastische und 'bodenständige' Frau wie Du will keinen Mut oder kein Wissen haben?
Dass ich nicht lache!
Im Gegenteil: wenn unser virtueller Höhen-Ballon in Marrakesch zu früh starten sollte, dann lass' ihm ruhig ein bisschen Helium ab!

Aber eine Mail habe ich von Dir letztens nicht bekommen!
Schade, hast Du aber den 'underlink' in der Adresse richtig gesetzt?

Eine sehr herzliche Bitte oder Anfrage an Dich! Wie wär's, wenn Du Dich ein wenig auf die Materialsuche zu Sternenhimmel, Sternbildern und Sternen'sagen' (wenn es sie denn geben sollte)über Marrakesch begibst? statt weiter zu spekulieren, ob die 'Cous-Cous-Oper' ein Roman oder ein Kochbuch ist!

Eine nicht ganz leichte Aufgabe, muss ich zugeben. Da Du aber im Buchgewerbe wohl tätig bist, stehen die 'Sterne nicht schlecht'.
Und vielleicht kannst Du Ali fragen, den ich hiermit ganz herzlich Grüsse!! In seiner Bildergalerie bin ich schon wieder 'spazierengegangen', seine grossartigen Bilder faszinieren mich immer mehr!

Aziz, Du hast sicher auch ein paar Tel.nr., wo man präzise Auskunft bekommt ('9 Essays zum Islam...' als Stichwort).
Vielleicht kann Dir auch Erika helfen? deren wunderbare Bücher ich mir zugelegt habe. Da ihr Mann und Sohn ja nächste Woche in die Sahara fahren, hat sie ein bisschen mehr Zeit auf alle Fälle, und sie hat direkten familiären Kontakt zum Saharahimmel.
Und die Aktualisierung ihrer Neuauflagen macht sie doch 'mit links'. Frag' doch mal an!

Wie steht's mit Said, Youssef2, Hassan, Samy (Agadir! direkt vor Ort!) ... die mir so einfallen, und den anderen, und mit ihren Beiträgen?
Es wäre halt gut, wenn einige Weise aus der 'Halbmond-Halqua' das Gewölbe des Jemaa el-Fna etwas ausführlicher beschreiben könnten!

Von Said weiss ich, dass er in seinem Südfrankreich-Camp mit Schlamm, Modder und Wasser kämpft. Aber wenigstens einmal hätte er sich doch in ein Internet-Cafe 'prügeln' können! Na, vielleicht hat er sich frisch verliebt: Neue Liebe, neues Glück!!!
Dann können wir ihn natürlich ganz abschreiben!
Oh Allah: sollte es Bakkali ebenso ergangen sein???
Inscha Allah!

Jetzt will ich aber in's Wasser, mich abkühlen. Gestern hatte ich einen miserablen Tag (kaputter laptop, verkorkstes Essen, 'Zoff' mit der Gespielin: "nein ... igitt igitt, Lamm esse ich nicht!!!", mickriges Fernsehen - montag rufe ich die 'arte'-Macher an! ...).

Am Nachmittag will ich nach Dakhla, und dann will ich Aziz antworten.
Der ist doch schon mitten in einer Halqua drin, obwohl die Sterne noch über Marrakesch blinken!
Aber Aziz ist momentan mein 'Liebling'. bienenfleissig, hochkreativ - nur ein bisschen zuviel rauchen tut er.
Ich rauche übrigens 'Marlboro' - wie Sidi Mohammed, dessen Geburtstag naht.
Er ist - ich wiedehole mich - im Sternbild des Löwen geboren!

So long:
Peter.

Re: für ein neues Forum #37850
04/08/00 03:53 PM
04/08/00 03:53 PM

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Sidi Mohammed: König der Nähe

Une monarchie en perpétuel mouvement et un Roi régulièrement sur le terrain. Le centralisme monarchique a éclaté.
La capitale du Royaume est là où le
Souverain se trouve. Là où un travail ponctuel de supervision et d'incitation est
à faire. La représentation suprême de l'État devient plus mobile, plus légère, plus opérationnelle. Plus proche des gens et de leurs préoccupations. On a pu ainsi parler d'un Roi de proximité.

Abdellatif MANSOUR:Maroc-Hebdo.Semaine du 28 juillet au 7 septembre 2000

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