Marokkoforum Archiv Herzlich willkommen beim Marokkoforum, NUR ARCHIV
powered by Marokko.Net
Liebe Forennutzer, dieses Forensystem ist nur als ARCHIV nutzbar. Unser aktuelles Forensystem ist unter (www.forum.marokko.com) erreichbar.
...
Previous Thread
Next Thread
Print Thread
Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin #34287
02/03/04 12:16 AM
02/03/04 12:16 AM
Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
E
Elvire Offline OP
Mitglied
Elvire  Offline OP
Mitglied
E

Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
Guten Abend,

der Journalist, Mohammad Ali Anasi, der auch ein Freund der betroffenen jungen Frau ist, hat diesen Bericht verfasst.

Leider ist der Link in arabischer Sprache, aber vielleicht findet sich jemand, Übersetzungsarbeit zu leisten.

http://www.annaharonline.com/CULTS/PAGE2.HTM

Re: Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin #34288
02/03/04 07:13 AM
02/03/04 07:13 AM
Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
E
Elvire Offline OP
Mitglied
Elvire  Offline OP
Mitglied
E

Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
Guten Morgen

Re: Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin #34289
02/03/04 07:16 AM
02/03/04 07:16 AM
Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
E
Elvire Offline OP
Mitglied
Elvire  Offline OP
Mitglied
E

Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
leider hat annahar den Link geändert
Hinweis zu "Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin"

http://www.nadyelfikr.net/viewthread.php?fid=2&tid=17577&sid=

Re: Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin #34290
02/03/04 06:28 PM
02/03/04 06:28 PM
Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
E
Elvire Offline OP
Mitglied
Elvire  Offline OP
Mitglied
E

Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
Guten Abend,

hier ist der erste Teil der Übersetzung von
"Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin".

Übersetzung Teil I


Von Mohammed Ali Anasi (Übersetzung A.):


Meine Geschichte mit dem Hijab (Kopftuch) begann, als ich 22 Jahre alt war. Ich kann mich nicht sehr genau daran erinnern, weshalb ich mich entschied, mich zu verschleiern. Ich weiß nur, dass es ein schneller Entschluss war. Ich habe dann vier ein halb Jahre lang den Schleier getragen, bis ich mich wieder entschloss, mich davon zu trennen.

Am Anfang distanzierte ich mich allmählich von den freizügigen Kleidern, ich ging nicht mehr schwimmen und vermied es, an gemischten Partys teilzunehmen. Schon mit 12 Jahren fing ich an, regelmäßig zu beten und ich war davon überzeugt, dass das Kopftuch eine religiöse Pflicht sei, obwohl ich es noch nicht trug. Ich war in dieser Phase auf der Suche nach mir selbst, denn ich wusste nicht, was ich vom Leben erwartete und hatte das Empfinden, nach etwas Verlorenem suchen zu müssen. Ein Ereignis, das in dieser Zeit geschah, hatte möglicherweise meine Laufbahn beeinflusst: Ein Onkel von mir war gestorben und ich hatte seinen toten Körper mit eigenen Augen gesehen. Dieses Erlebnis hatte in meinem Herzen eine Tiefe wunde hinterlassen.

Während der Trauerzeit wurde im Hause dauernd gebetet und es herrschte eine tragische und religiöse Atmosphäre. Ich weiß nicht, was mich dazu bewegte, während der gesamten Trauerzeit ein weißes Kopftuch zu tragen. Ich erinnere mich, dass ich, das Kopftuch tragend, unter den Leuten sein wollte, um mein Empfinden zu testen! Zwei Wochen nach der Trauerzeit kündigte ich unter Erstaunen aller Anwesenden an, dass ich nur noch verschleiert leben möchte. Am selben Tag ging ich zum Souk und kaufte mir mehrere Kopftücher ein. Am folgenden Tag, als ich unterwegs zur Uni war, trug ich ein Kopftuch, aber ich blieb im Auto eine halbe Stunde lang sitzen, dann entschleierte ich meinen Kopf, schleuderte das Tuch auf den Rücksitz und ging schließlich ohne zur Vorlesung, doch ich fühlte mich dabei unwohl und am dritten Tag entschied ich mich endgültig, nur noch mit Kopftuch zur Uni zu gehen.

Ich vermied fortan Orte, in denen mir alte Bekannte begegnen konnten. Die ersten Bekannten, die ich traf, waren zwei Jungs, die 2 Jahre jünger als ich waren, ihre Bemerkung war beruhigend, denn sie sagten zu mir: „Glückwunsch, das Kopftuch steht dir gut!“ Eines Tages begegnete ich einer Freundin, ihre Bemerkung war weniger positiv; sie sagte während sie lachte: „Du hast dich angekleidet wie Frauen aus dem Dorf, was ist nur mit dir los, hast du dich zurückentwickelt?“
Und so ging es mit den Bemerkungen los, manche waren aufmunternd und andere verächtlich. Einmal sagte mir eine: „Du hast dich lebendig begraben, rechne ja nicht damit, auf diesen Weg einen Bräutigam zu finden.“
Meine besten Freundinnen sagten mir: „Was du für richtig hältst, ist dir überlassen, du wirst aber unsere Freundin bleiben.“

Viele unterstützten und beglückwünschten mich für meine Entscheidung. Mein Vater selbst hat meine Entscheidung weder beanstandet noch unterstützt, er sagte mir lediglich: „Überlege es dir gut, Kopftuch ist eine Prinzipsache und später ist es für eine Frau nicht einfach, sich davon zu trennen.“

In unserer Großfamilie trugen Frauen kein Kopftuch, aber als ich damit anfing, machten es mir die Töchter einer meiner Tanten nach und fingen auch an, Kopftuch zu tragen. Im Umkreis meiner kleinen Familie war man dagegen nicht streng religiös und meine Mutter selber war nie verschleiert.

Ich dachte am Anfang, dass das Kopftuch ein göttliches Gebot sei und dass mein Leid eine Prüfung sei, die meinen Glauben unter Beweis stellen sollte. Aus diesem Grund war ich davon überzeugt, dass Gott mich belohnen und mir die Kraft geben würde, all die Schwierigkeiten zu überwinden. Doch ich stellte auch fest, dass ich ständig im Konflikt mit mir selber lebte.


Religionsunterricht
Ich hatte zuvor noch nie an einem Religionsunterricht teilgenommen, doch später, nachdem ich mich für das Kopftuch entschied, erfuhr ich, dass es religiöse Abendkurse für Frauen gibt. Ich ließ mir die Anschrift von einer Freundin geben und machte mich eines Abends auf den Weg dorthin. Dort machte ich Bekanntschaft mit anderen Frauen, ich nahm am Anfang Platz in den letzten Reihen, hörte nur zu und beteiligte mich nicht aktiv an Diskussionen. Diese Kurse waren für mich wichtig, denn sie halfen mir, meiner Isolation zu entfliehen und andere verschleierte Mädchen kennen zu lernen. Ich fühlte mich nicht mehr einsam, nachdem ich das gefunden hatte, wonach ich suchte.

Wir beobachteten, dass im Unterricht der offenen Türen manche nicht verschleierte Teilnehmerinnen, die für eine Weile regelmäßig erschienen, nach kurzer Zeit Kopftücher trugen. In der Nacht des Schicksals (Laylatu Al-Qadr) entschieden sich zahlreiche Mädchen für das Kopftuchtragen, das Ganze belief sich im Rahmen gewisser Zeremonien, wir organisierten eine reichliche Malzeit zum abendlichen Fastenbruch (Iftar), dann verrichteten wir Gebete die ganze Nacht über. Später erschien die verantwortliche Lehrerin, die wir „Anissah“ nannten, sie brachte eine große Menge Kopftücher mit, um diejenigen Frauen zu versorgen, die in dieser heiligen Nacht ein Kopftuch tragen wollten.

Die „Anissah“ fing an zu lehren, dann meldete sich eines der Mädchen und äußerte den Wunsch, Kopftuchträgerin zu werden. Die Helferinnen übernahmen dann die Aufgabe, dem Mädchen ein Kopftuch darzureichen, während die anderen Frauen jubelten, sangen und trommelten. Es kam des Öfteren vor, dass das Mädchen dann anfing, gerührt zu weinen, auch andere Mädchen, vorwiegend diejenigen, die noch kein Kopftuch trugen, weinten mit. Manchmal weinte die „Anissah“ auch mit, beglückwünschte das Mädchen und betete zu Allah, er möge ebenso die anderen Mädchen zum rechten Pfad führen. Die „Anissah“ hervorhob auch, dass alle Gebete des Mädchens, das sich für das Kopftuch entschied, 40 Tage lang von Allah verrichtet und alle seine früheren Sünden verziehen werden. Danach lud die „Anissah“ das Mädchen ein, den Anwesenden seine Erfahrung und sein neues Gefühl zu schildern.
Ich selber weinte manchmal, deshalb möchte ich nicht, dass meine Erzählung als Verhöhnung verstanden wird.

In den nicht öffentlichen Kursen, war die zuständige Lehrerin nicht sehr viel älter als wir, sie war so um die 30, Studentin wie wir und hatte sich vor nicht allzu langer Zeit für das Kopftuch entschieden. Folglich war sie uns näher, konnte uns zuhören und unsere Probleme verstehen. Wir suchten sie auf, um mit ihr über unsere Alltagsprobleme zu reden.

Nach Beendigung der ersten Unterrichtsetappe, der so genannten „Fiqh Al-ibadat“ (Theologie der Anbetungen), erklärte uns die Anissah, dass es nun Zeit ist, in die nächst höhere Unterrichtsetappe einzusteigen, dafür würde eine qualifiziertere, neue Anissah die Verantwortung übernehmen. Ich fühlte seinerzeit, dass wir in eine Falle geraten waren, denn die Anissah, die wir als Freundin betrachteten, ließ uns einfach so fallen. Man hatte uns Angst vor der neuen Anissah eingeflüstert, auch die scheidende Anissah verlangte von uns, ihrer Nachfolgerin mit großem Respekt gegenüber zu treten. Wir durften in ihrer Anwesenheit auf keinen Fall mit einander reden und wenn sie das Unterrichtzimmer betrat, mussten wir aufstehen und warten, bis sie uns befahl, uns wieder hinzusetzen. Im Übrigen gab die Farbe des Kopftuchs einer Anissah Auskunft über ihre Rangstufe: die weiße Farbe war die unterste Stufe, dann die hellblaue, die dunkelblaue und anschließend die schwarze Farbe.

Teil II folgt

Re: Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin #34291
02/03/04 11:37 PM
02/03/04 11:37 PM
Joined: Feb 2004
Posts: 112
Dortmund
Bilal Offline
Member
Bilal  Offline
Member

Joined: Feb 2004
Posts: 112
Dortmund
ehrlich totalö spannend


BESLAMA
Re: Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin #34292
03/03/04 01:19 PM
03/03/04 01:19 PM
Joined: Nov 2003
Posts: 241
Bergisches Land
Farnmausi Offline
Member
Farnmausi  Offline
Member

Joined: Nov 2003
Posts: 241
Bergisches Land
@ danke Elivre....warte mit Spannung auf die Fortsetzung, Grüßele Farnmausi


Träume nicht vom Leben,
lebe Deinen Traum
Re: Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin #34293
03/03/04 08:59 PM
03/03/04 08:59 PM
Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
E
Elvire Offline OP
Mitglied
Elvire  Offline OP
Mitglied
E

Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
Guten Abend,

Fortsetzung
"Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin"

Teil II


Unter der langen Djellaba


Nach zwei oder drei Unterrichtseinheiten unter der Leitung der neuen Anissah, machte diese uns deutlich, dass jedes Mädchen, das zukünftig an ihren Lehrgängen teilnehmen möchte, unbedingt eine lange Djellaba zu tragen hat, fast alle Mädchen waren damit einverstanden, ich jedoch ließ von diesen Abendkursen ab.
Zu Anfang versuchte die alte Anissah (die Vorgängerin) vergeblich, mich davon zu überzeugen, meine Entscheidung zu revidieren.
Zu einem späteren Zeitpunkt schlug mir eine andere Anissah vor, mit ihr zusammen zu arbeiten, um gemeinsam einer Mädchengruppe Religionsunterricht zu erteilen, da ich mit diesen Mädchen gewissermaßen einen ähnlichen gesellschaftlichen Background teilte. Ich willigte ein, war aber nur an zwei Unterrichtseinheiten aktiv, bevor ich mich dann doch zurück zog.

Da ich seinerzeit ein Bedürfnis dafür empfand, Worte über Gott zu hören, jedoch ohne Verpflichtungen, hatte ich erneut angefangen, an den öffentlichen Kursen teilzunehmen. Doch man machte mir klar, dass meine Anwesenheit unerwünscht ist, da ich ja bereits zwei Jahre lang an denselben Lehrgängen teilgenommen hatte. Ich blieb dennoch dabei und unterhielt Kontakt zu anderen Mädchengruppen bzw. Anissahs, doch ich begriff letztendlich, dass sie alle um denselben Kern rotieren und so suchte ich definitiv die Weite.

Heute kann ich nur bestätigen, dass die Methode, die sie anwendeten, um uns zu manipulieren, eine ziemlich raffinierte war, und obwohl ich mich für intelligent hielt, ist es ihnen doch gelungen, mich einer Gehirnwäsche zu unterziehen und mich von Dingen zu überzeugen, von denen ich mir nie hätte träumen können, überzeugt zu werden: Beispielsweise einem Mann nicht die Hand zur Begrüßung zu geben, Musik nicht zu hören oder Augenbraun nicht zu zupfen.


Das Leid


Der Grund, weshalb ich es erwog, mich vom Hijab zu trennen, waren eigentlich meine Überlegungen, dass die Brauchtümer, die mit dem Tragen des Kopftuchs verbunden sind, sich mit meinen persönlichen Einstellungen, sowie mit der Freiheit und der gesellschaftlichen Rolle der Frau als Mensch, nicht vereinbaren ließen.

Es gab Dinge, an die ich glaubte und die ich erleben wollte, doch das gesellschaftliche Image der verschleierten Frau befindet sich ständig in Widerspruch zu bestimmten Verhaltensweisen, wie z.B. Freundschaften zum anderen Geschlecht aufzubauen, Musik zu hören, ins Restaurant zu gehen oder mit Freunden öffentliche Veranstaltungen zu besuchen.

Am Anfang ist mir eine Art Gehirnwäsche verpasst worden, aus diesem Grund verzichtete ich quasi aus eigener Überzeugung auf all die Aktivitäten, die sich mit der Lebensführung einer Kopftuchträgerin nicht vereinbarten. Meine Überzeugungen veränderten sich jedoch allmählich und ich fing an zu begreifen, dass diese verteufelten Aktivitäten eigentlich nichts Beschämendes aufweisen.

Ich denke, dass diese Gruppen sich vom Geist des Glaubens entfernt haben und sich mit Nebensächlichkeiten beschäftigen, wie etwa das Geheiß, dass eine Frau das Haus mit dem rechten und die Toilette mit dem linken Fuß betreten soll, oder dass die Frau ihre Nägel nicht wachsen lassen darf, weil der Satan unter den Nägeln wohnt. Oder dass die Frau mit Männern kein Wort mehr als „Guten Tag“ wechseln darf, wenn berufliche Belange es nicht erfordern… etc.

Zu Beginn dachte ich, diese Lebensregeln seien unzweifelhafte Axiomen. Ich vermied öffentliche Plätze, nahm nicht mehr an Hochzeiten teil und hörte sogar auf, mich für Musik zu interessieren. Überdies erdachte ich mir immer wieder neue Beschlüsse, z.B. Männern nicht mehr die Hand zur Begrüßung zu geben oder keine Hosen mehr zu tragen, mir gelang es aber nicht immer, meine Gedanken in die Praxis umzusetzen.

Ich erinnere mich einmal mit einer Freundin in ihrem Auto gefahren zu sein, schöne Musik dröhnte aus den Boxen, ich aber war durcheinander und eine furchtbare Auseinandersetzung mit mir selbst entfachte sich: Auf der einen Seite sagte ich mir, dass es eine Sünde ist, diese Lieder zu hören, auf der anderen dachte ich, wie könnte es denn vernünftig sein, dass diese schöne und wohltuende Musik mit meinem Glauben nicht vereinbar ist?

Diesen Konflikt musste ich in allen Lebenslagen erdulden. Am Anfang ignorierte ich die innere Stimme, die mir empfahl, spontan und zwanglos zu handeln, stattdessen quälte ich mich mit Fragen, ob etwas erlaubt oder beschämend ist, meine Rechtfertigung dabei war stets der Gedanke, dass Gott mir eine Prüfung auferlegt und dass ich letzten Endes belohnt werden würde.


Teil III folgt

Re: Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin #34294
03/03/04 09:41 PM
03/03/04 09:41 PM
Joined: Nov 2003
Posts: 241
Bergisches Land
Farnmausi Offline
Member
Farnmausi  Offline
Member

Joined: Nov 2003
Posts: 241
Bergisches Land
Danke Bila, dies ist ein Bericht der völlig meinem Denken und meinen Vorstellungen (nach langem lesen von Erfahrungsbüchern) entspricht; auch ohne den Rest zu kennen. Überzeugung und Glauben ist eine Sache; aber wir sind alle Menschen und beeinflußbar. Letztlich aber;

;\) eine lange und nicht ausrottbare Diskussion; welcher Gott ist der richtige? welche Religion? warum? wieso? weshalb?....wir Menschen geben immer nur Antworten doch das höchste Gebot bleibt immer bestehen;(egal wo) Liebe ... unter diesem Gebot brauche ich keine Vorschriften, Gebote anderer Menschen erfüllen; Gott hat mich geschaffen wie ich bin ...er wird sich schon was bei gedacht haben...ähm...(bitte nicht böse sein) aber wollte er das ich Kopftuch trage...er hätte es mir mitgegeben; wollte er das ich undenkende Gebärmaschine bin...er hätte es so gemacht...tja ...und das ist eben in allen weltlichen Religionen die Frage.... deshalb...vielen lieben Dank für diesen Bericht und noch mehr Dank an Dich Elivre \:\) ...und weiter warte \:\) ...Grüßele Farnmausi


Träume nicht vom Leben,
lebe Deinen Traum
Re: Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin #34295
04/03/04 05:08 AM
04/03/04 05:08 AM
Joined: Mar 2001
Posts: 176
Hamburg
B
broonsiede Offline
Member
broonsiede  Offline
Member
B

Joined: Mar 2001
Posts: 176
Hamburg
Guten Morgen!

Ich finde den Bericht sehr interessant, weil ich zum Großteil nur shiitische "Dauer-Hejab-Trägerinnen" kenne, und z. B. Dinge wie der Besuch eines Restaurants und die Kommunikation mit Männern für sie kein Problem darstellen.

Die junge Frau schreibt: "Ich denke, dass diese Gruppen sich vom Geist des Glaubens entfernt haben und sich mit Nebensächlichkeiten beschäftigen ...", und ich denke, sie hat recht.

In wie weit ein Hejab zu einer völligen Separierung führt, hängt aus meiner Sicht von der einzelnen Trägerin ab, aber sie scheint ja an Menschen geraten zu sein, die "hardcore" sind.

Yours,

I.

Re: Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin #34296
04/03/04 07:26 AM
04/03/04 07:26 AM
Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
E
Elvire Offline OP
Mitglied
Elvire  Offline OP
Mitglied
E

Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
Guten Morgen Farnmaus,
guten Morgen @,

nicht mir gebührt der Dank sondern dem Übersetzer, der in selbstloser Weise
seine Freizeit für die ausgezeichnete Übersetzungsarbeit geopfert hat. Der Verfasser dieser translation schaffte erst die Möglichkeit
die Geschichte in deutscher Sprache zu lesen. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit hierfür herzlich bedanken.

Einen schönen Tag!
Elvire

Re: Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin #34297
04/03/04 08:06 AM
04/03/04 08:06 AM
Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
E
Elvire Offline OP
Mitglied
Elvire  Offline OP
Mitglied
E

Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
Guten Morgen,

Fortsetzung von "Geschichte einer Kopftuchträgerin"

Teil III


Dieser Zustand dauerte nicht lange, denn ich begriff schnell, dass diese reglose Beziehung zu Gott für mich unlogisch war und dass ich mir Dinge verbot, die für mich völlig natürlich waren. In der Arbeit z.B. konnte ich die menschliche und gesellschaftliche Seite in meinen Beziehungen zu den Kollegen nicht außer Acht lassen, ich unterhielt mich mit ihnen spontan und freundlich, denn ich konnte nicht verstehen, weshalb ich ihnen stets mit versteinerter Miene begegnen sollte.

Manchmal führte ich interessante Diskussionen mit dem einen oder anderen männlichen Kollegen, doch ich machte schnell der Unterhaltung ein Ende, indem ich es vermied, zu lachen oder Überflüssiges zu sagen, ich hatte nämlich Angst davor, dass man sich ein falsches Bild von mir machte, obwohl ich in meinem Inneren wünschte, die Diskussion weiter zu führen, denn ich hatte mir nichts vorzuwerfen. Auch belanglose Dinge waren für mich beschämend, beispielsweise schämte ich mich, öffentlich zu rauchen, weil das Rauchen und das Image der Kopftuchträgerin sich nicht vereinbaren lassen. Das Gleiche galt auch für das Begrüßen von männlichen Mitmenschen, doch zum Schluss ließ ich mich nicht mehr beirren.

Ich erinnere mich, da ich einmal im Rahmen einer Veranstaltung den Praktikanten Zeugnisse aushändigen sollte, dass viele der Teilnehmer zögerten, mir die Hand zur Begrüßung zu geben, weil ich ein Kopftuch trug. Man hatte mir eine bestimmte Identität verpasst, die eines islamistischen Mädchens, das eine bestimmte Botschaft trägt und vermittelt, egal ob ich es wollte oder nicht.

In der Folge entstand eine Art Disharmonie zwischen dem Kopftuch und meiner Persönlichkeit, dennoch erinnerte ich mich jeden Morgen an das Stück Stoff, das ich tragen sollte, bevor ich das Haus verließ. Im letzten Jahr des Kopftuchtragens spürte ich die unermessliche Last dieses Tuches auf meinem Kopf, ich fühlte mich unwohl und hatte das Gefühl, etwas stimmte nicht in der Gleichung: „Ich mit Kopftuch“ und „Ich ohne Kopftuch“.

In einem bestimmten Abschnitt meines Lebens als Kopftuchträgerin hörte ich regelmäßig Bemerkungen von Mitmenschen, die meine Bekanntschaft machten und über meinen beruflichen Hintergrund Bescheid wussten. Diese Bemerkungen vermittelten stets die Frage: „Warum bloß das Kopftuch?“ Da meine Lebensweise dem nicht mehr entsprach, was man von einer Kopftuchträgerin erwartete. Meine Antwort auf diese Bemerkungen basierte auf der Logik, dass jede Kopftuchträgerin frei leben könne und dass die Religion kein Hindernis darstelle. Doch ich merkte, dass ich unsicher argumentierte und dass meine Antworten nicht überzeugend wirkten, dementsprechend hatte ich das Gefühl, mich selber zu belügen, da ich für etwas plädierte, wovon ich nicht überzeugt war.

Manche sagten mir, dass das Kopftuch vor Sünden hütete, ich aber begriff mit der Zeit, dass das Kopftuch mir meine Freiheit vorenthielt und mich daran hinderte, aktiv in der Gesellschaft mitzuwirken. Ich beobachtete auch, dass nur wenige Kopftuchträgerinnen es in der Gesellschaft zum geistigen, politischen oder wirtschaftlichen Erfolg brachten.


Trennung vom Hijab


Als ich es erwog, mich vom Kopftuch zu trennen, bekam ich überwältigende Angst vor der Strafe Gottes, doch ich kam zu der Gewissheit, dass es nicht Gott ist, der mich daran hinderte, mich vom Hijab zu trennen, sondern der Hijab selber war es, der mir die Kraft gegeben hat, mich von ihm zu trennen. Ich hatte nur noch Angst vor der Reaktion im Umkreis meiner kleinen bzw. großen Familie, sowie vor den Reaktionen der Gesellschaft.

Zweifel und Unentschlossenheit quälten mich hinsichtlich der Richtigkeit meines Vorhabens. In meinem Zwiespalt versuchte ich, die Meinung von Nahestehenden zu erkunden, mein Vater war in Sachen Religion stets flexibel, er hatte ein besonderes Verhältnis zu Gott und er pflegte mir zu sagen, dass Gott größer ist als all die Details, die mich plagten und dass Gott barmherziger ist als all die Strenggläubigen um mich. Seine Ansichten fand ich oft provokant, weil für mich die Religionsbelange heilig waren und nicht diskutiert werden durften.

Als ich anfing, über meine Entscheidungen nachzudenken, waren die Auffassungen meines Vaters die ersten, die mir durch den Kopf gingen und mich bestärkten. Seine Ansichten waren für mich von größter Wichtigkeit, denn obwohl er im Grunde dagegen war, dass ich mich wieder vom Hijab trenne, stand er auf meiner Seite, unterstützte mein Recht auf Entscheidungsfreiheit und sagte zu mir, dass ich in jedem Fall seine Tochter und Teil der Familie bleiben werde. Doch er hatte auch erkannt, dass etwas großes sich geändert hat und war sehr besorgt über die möglichen Reaktionen in der Familie und in der Gesellschaft.

Ich meinerseits machte mir auch bis zum letzten Moment Sorgen über die Reaktionen der Familie. Ich ahnte nach welcher Logik sie das Thema behandeln würden, nachdem ich all die Jahre verschleiert gelebt hatte. Diese Logik kann in einem Satz zusammengefasst werden: Der Hijab ist eine göttliche und unbestreitbare Pflicht, er schützt die Frau vor Missgeschick und erlaubt ihr, die Botschaft des Islams zu tragen.

Die Reaktion der Töchter meiner Tante war zu erwarten, eine heulte am Telefon, nachdem sie erfuhr, dass ich das Kopftuch beiseite legte. Sie sagte zu mir, ich sei das Licht der Familie und sie verdankt es mir, dass sie Kopftuchträgerin wurde. Eine andere Cousine schickte mir Religionsbriefe per Email, auch ein paar meiner besten Freundinnen fingen an zu weinen, als sie mich ohne Kopftuch sahen, sie beteten zu Gott, er möge mich wieder zum rechten Pfad führen und erzählten mir, dass der Hijab eine Art Djihad gegen sich selber und eine Prüfung der Seele sei. Aber alle ihre Versuche, mich zu überreden, blieben erfolglos.

Mein Lieblingsonkel litt viel darunter und hatte schlaflose Nächte, dass ich mich vom Kopftuch trennte. Einmal wollte er mit mir das Thema besprechen und meinte, dass ich wohl die Ausmaße meiner Entscheidung unterschätzte und dass es eine Entscheidung sei, die Einfluss auf Familie und Gesellschaft nähme. Ich antwortete: Ich bitte dich, aber mich interessiert nicht, was die Leute sagen, denn meine Entscheidung ist eine persönliche und die Anderen haben nichts damit zu tun. Was die Familie angeht, das ist ihr Problem und nicht meins.

Teil IV folgt

Re: Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin #34298
05/03/04 01:09 PM
05/03/04 01:09 PM
Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
E
Elvire Offline OP
Mitglied
Elvire  Offline OP
Mitglied
E

Joined: Jul 2002
Posts: 1,624
Süddeutschland
Guten Morgen,

nun folgt der IV. und zugleich letzte Teil der Übersetzung.

Teil IV

Ich versuchte einmal die Meinung einer sehr guten Freundin von mir zu erkunden, sie zeigte vorerst Verständnis für meine Position und meinte, dass es normal sei, dass man zu einer gegebenen Zeit mit Tiefpunkten fertig werden muss; man zweifelt am Sinn seines Daseins, an seinem Verhältnis zu Gott und an seinen eigenen Erkenntnissen. Ihr Standpunkt war dagegen unmissverständlich, als sie mich dazu zu überreden versuchte, das Kopftuch beizubehalten. Sie bekräftigte, dass Gott mir helfen würde, und dass der Hijab und mein Glaube mich aus dem Zwiespalt erlösen würden.

Diese Logik leuchtete mir jedoch nicht ein. Ein anderes Mal sprach ich mit einem Freund über das Thema, er sagte: „Diese Sache bedarf keiner langen Debatte, entweder du legst das Kopftuch beiseite oder du trägst es weiter.“ Seine kurze und bündige Antwort schockierte mich anfangs, da das Thema für mich sehr wichtig und ernst war. Seine schlichte Art, das Thema zu behandeln, ließ mich denken, dass die Angelegenheit an sich gleichzeitig einfach und heikel ist, und dass alles von meiner Handlungsweise abhängt.

Ich sprach auch mit einer Freundin, die sich ebenfalls vom Hijab trennte, ihre Beweggründe waren aber anders als meine, denn sie war von Anfang an nicht sehr überzeugt, sie trug das Kopftuch zwei Jahre lang auch deshalb, weil ihre Mutter zuvor gestorben war. Ich dagegen war in den ersten zwei Jahren zutiefst überzeugt und führte Streitgespräche, in denen ich hartnäckig meinen Hijab verteidigte. Diese Freundin beschrieb mir ihre Gefühle und den inneren Konflikt, den sie erlebte, als sie sich vom Hijab trennte. Ich suchte sie auf, bevor ich mich des Kopftuchs entledigte und hatte das Gefühl, sie würde mir aus der Seele sprechen. Ich sprach auch mit ihr in den ersten Tagen, nachdem ich keinen Hijab mehr trug; und schilderte ihr meine Probleme und Sorgen. Die Gespräche mit ihr und das Gefühl, jemanden zu kennen, der meine Lage versteht, halfen mir, die Schwierigkeiten zu überwinden. Sehr wichtig war für mich auch, dass wir zu einem Punkt angekommen waren, in dem wir unsere Situation und die der Anderen verstehen und nicht bagatellisieren. Ich fühlte mich befreit von einem Persönlichkeitsbild, das ich mir und den Anderen aufzwang, obwohl es meine Person nicht wahrhaftig widerspiegelte.

Eine nette und bedeutungsvolle Begegnung erlebte ich, nachdem ich das Kopftuch ablegte: Ich hatte eine religiöse Freundin, sie war verheiratet und hatte zwei Kinder. Bei jedem unserer früheren Treffen, da ich noch verschleiert war, vertraute sie mir an, dass sie mich nachahmen und den Hijab tragen möchte. Nach langer Zeit begegneten wir uns wieder in der Wohnung einer anderen Freundin, sie trug inzwischen den Hijab, ich dagegen nicht mehr. Als wir uns in die Augen sahen, sagte ich zu ihr: „Glückwunsch, der Hijab steht dir gut!“ Sie erwiderte widerwillig mit demselben schmeichelhaften Satz, allerdings in die umgekehrte Richtung! Als die Freundinnen sich nach ihrem Befinden und Erlebnissen als frische Kopftuchträgerin erkundigten, erzählte sie uns, dass ihr 5 jähriger Sohn, als er sie zum ersten Mal mit dem Hijab sah, sagte: „Warum tust du das Mama? Du bist so nicht schön und machst mir Angst.“

Natürlich fanden wir alle die Geschichte lustig und lachten, mir aber gab dieses Ereignis zu denken, denn ich finde, dass die Bemerkungen der Kinder sehr wichtig sind, weil Kinder unschuldig und ehrlich sind; und sie sind von der Gesellschaft noch nicht korrumpiert worden.
Das neue Aussehen seiner Mutter machte dem Kind Angst, weil es in seiner Natürlichkeit und seiner Ehrlichkeit erkannte, dass es kein normaler Zustand ist.

Mit einem nochmaligen Dank an den Übersetzer, der es erst ermöglichte, den Beitrag in Deutsch zu lesen, wünsche ich allen ein schönes + erholsames Wochenende.

Re: Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin #34299
05/03/04 03:46 PM
05/03/04 03:46 PM
Joined: Nov 2003
Posts: 241
Bergisches Land
Farnmausi Offline
Member
Farnmausi  Offline
Member

Joined: Nov 2003
Posts: 241
Bergisches Land
Liebe Elivre,

lieben Dank für die Übersetzung (dem Helfer selbstverständlich). Dieser Beitrag drückt auf einfache Art und Weise genau alles aus, was ich hier nicht zum Ausdruck bringen konnte/wollte. Möchte aber trotzdem bemerken; hier ging es um eine islamische Glaubenseinstellung ... in allen anderen weltlichen Religionen findet sich das selbe Muster wieder. Jemand mit eigner Einstellung hat es da nicht immer leicht ...aber letztlich ist es nicht schwer ein guter Mensch zu sein ... in diesem Sinne...ein superschönes Wochenende ...Grüßele Farnmausi


Träume nicht vom Leben,
lebe Deinen Traum
Re: Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin #34300
05/03/04 06:37 PM
05/03/04 06:37 PM
Joined: Feb 2003
Posts: 111
none
A
AvP Offline
gesperrt!
AvP  Offline
gesperrt!
none
A

Joined: Feb 2003
Posts: 111
none
@ Liebes mausili,

was meinst Du denn mit "...in allen anderen weltlichen Religionen"? AvP.

Re: Geschichte einer Ex-Kopftuchträgerin #34301
05/03/04 11:09 PM
05/03/04 11:09 PM
Joined: Nov 2003
Posts: 241
Bergisches Land
Farnmausi Offline
Member
Farnmausi  Offline
Member

Joined: Nov 2003
Posts: 241
Bergisches Land
Hallo Anton,

nun unsere weltlichen Religionen sind Dir bekannt. Wenn ich an religiöse Dogmen denke, fallen mir immer wieder gleiche Muster auf, die mit eigentlichem Glauben und innerer Selbstüberzeugung sehr wenig zu tun haben. Ein kleines Beispiel aus meinem persönlichem Umfeld; mein Bruder hat in eine sehr religiöse Familie eingeheiratet. In diesem Fall freikirchlich. Der gesamte Lebensalltag ist mit ettlichen Gebräuchen bestückt (beten vor dem Essen usw.kirchliche Veranstaltungen und vieles mehr) Realtität aber ist, meine Nichten folgen dem elterlichen Beispiel so das mich laufen irgentwelch religöse Mails erreichen. Was mich an all diesem aber extrem stört, gemäß der christlichen Nächstenliebe wird in diesem Umfeld ganz und garnicht gehandelt. Im Grunde genommen ist es eine Schow ... für wen auch immer. So ist es völlig okay andere zu übervorteilen und ähnliches. Es würde zu weit führen, darauf noch weiter einzugehen. Letztlich ist es aber, und unabhängig welcher Religion angehörend, oft werden Handlungsweisen und Dogmen übernommen ohne das sie in Frage gestellt werden. Das ist etwas, welches ich teilweise nachvollziehen aber nicht akzeptieren kann. Oje, dies ist ein weitreichendes Diskussionsgebiet und bevor ich abschweife ... glaube Du weißt schon worauf ich hinaus will. Liebe Grüßele Farnmausi


Träume nicht vom Leben,
lebe Deinen Traum

Search

Forum Statistics
Forums17
Topics18,515
Posts164,845
Members9,959
Most Online12,010
Dec 24th, 2014
Popular Topics(Views)
611,403 Strassenverkehr
Bildergalerie
Marokkoreise KaterKarlo ab 17.03.2016
Flechte als Gewürz
https://goo.gl/maps/xxwhc
Powered by UBB.threads™ PHP Forum Software 7.7.1