Marokkoforum Archiv Herzlich willkommen beim Marokkoforum, NUR ARCHIV
powered by Marokko.Net
Liebe Forennutzer, dieses Forensystem ist nur als ARCHIV nutzbar. Unser aktuelles Forensystem ist unter (www.forum.marokko.com) erreichbar.
...
Previous Thread
Next Thread
Print Thread
Über das Schreiben in Marokko #18020
20/02/01 12:35 AM
20/02/01 12:35 AM
Joined: Feb 2001
Posts: 475
düsseldorf
chibo72 Offline OP
Member
chibo72  Offline OP
Member

Joined: Feb 2001
Posts: 475
düsseldorf
DIE ZWEISPRACHIGE LIEBE

Über das Schreiben in Marokko
Eine Soirée über neuere marokkanische Autoren

MUSIK 1

SPRECHER:
Marokko, sagt man, ist ein Land der Gegensätze, ein Einfallstor nach Afrika und ein Fenster nach Europa, ruhig daliegend zwischen Mittelmeer und Atlantik, ein Ort der Begegnung und des Dialogs zwischen den Kulturen und Religionen, eine Region extremer Klimata, sehr trocken und sehr feucht, sehr heiß und sehr kalt; Marokko, so sagt man, ist ein Löwe, ist der Raum für eine bewegte Geschichte und eine reiche, vielfältige und rebellische Phantasie. Man sagt vieles, und alles ist wahr, aber doch viel zu allgemein, um dieses Land zu beschreiben. Marokko ist ein komplexes Ganzes voller Widersprüche, voller gegensätzlicher Sehweisen, ein offenes Buch, das die Unbeständigkeit der Zeit und die Vielfalt des Raumes geschrieben haben und aus dem mit verschiedenen Stimmen gelesen wird.
Wir wollen einige dieser Stimmen hören. Es sind die Stimmen der Dichter und Schriftsteller, die ihrem Land nicht allein mit dem Geist verbunden sind, sondern auch mit dem Herzen und ihrer Seele, die es lieben, weil es ihre Heimat ist, auch wenn sie nicht alle dort leben.
Eine dieser Stimmen, der nach Paris ausgewanderte marokkanische Schriftsteller Tahar Ben Jelloun beschreibt sein Vaterland so:

TAHAR BEN JELLOUN:
Ich würde sagen, daß Marokko einer Zimmerflucht gleicht, deren Türen sich öffnen, wenn man durch sie hindurchgeht. Man kommt nur weiter, wenn man das Land immer wieder besucht, sich immer aufs neue wundert und die Neugier bewahrt, es zu verstehen und sich ihm zu nähern. Jede Tür eröffnet einen anderen Ausblick: auf einen Raum, ein Gesicht, eine Stimme, ein Geheimnis. Aber Marokko ist kein Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Das ist ein Klischee, das oft auf die arabische Welt projiziert wird und dem nichts entspricht. Marokko ist ein Land, das von der Moderne erfaßt wurde, während es gleichzeitig in alten Traditionen verwurzelt blieb. Trotz des französischen Protektorats und der spanischen Kolonisierung in den Jahren von 1912 bis 1956 hat Marokko seine Identität bewahrt und seine Seele weder verloren noch preisgegeben.

SPRECHER:
Versuchen wir also eine Tür nach der anderen zu öffnen, ohne unsere Neugier zu verlieren. Versuchen wir, dahinter etwas von der Seele des Landes und des marokkanischen Volkes zu entdecken. Die Schlüssel zu den Türen finden wir bei den Dichtern und Musikern, die uns sowohl durch ihre Werke als auch durch ihre Persönlichkeit jener geheimnis-vollen Kultur näherbringen werden. Öffnen wir mit diesen Schlüsseln die Türen! Erwarten wir nichts! Sondern versuchen wir, uns in die Worte, in die Musik einzufühlen! Lassen wir uns von ihnen verführen, um so das zu er-fahren was in ihrem Tiefsten verborgen liegt! Marokko wird sich uns nicht ausliefern. Jeder von uns muß es sich selbst suchen, so wie es auch die Schriftsteller tun. ...

TAHAR BEN JELLOUN:
Der Schriftsteller ist ein Reisender. Er geht auf die Straße, beobachtet, hört zu, lebt und nimmt alle Lichter des Landes in sich auf. Er hört nicht nur auf seine eigenen existenziellen Ängste. Er stellt auch die Ängste des Landes dar, seine Widersprüche, seine Zerrissenheit, seine Geheimnisse, seine Schönheiten, seine Verrücktheiten.

MUSIK 2

SPRECHER:
Viele haben über den Maghreb, den afrikanischen Norden, Marokko, Algerien und Tunesien geschrieben. Den Europäern waren diese Länder im vorigen Jahrhundert durch die Aufzeichnungen einiger französischer Schriftsteller wie Chateaubriand, Flaubert, André Gide oder Maupassant bekannt. Sehr selten aber kamen Autoren aus den Ländern selbst bei den europäischen Lesern zu Wort. Erst seit den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg und besonders nach der Unabhängigkeit Marokkos im Jahre 1956, begann eine Generation von Dichtern und Schriftstellern, sich be-sonders auch in Europa hörbar zu machen.
Diesen modernen marokkanischen Schriftstellern geht es hauptsächlich darum, das Bild, das von den Kolonialisten hinterlassen wurde, zu korrigieren. Zu brechen mit den vom Kolonialismus übernommenen ästhetischen Formen, mit der versteinerten Betrachtung der Vergangenheit, mit der Verkalkung der Formen und Inhalte. - Die Suche nach einer neuen Identität ist bis heute nicht abgeschlossen und bleibt von daher eines der unveränderlichen Themen der marokkanischen Literatur. Diese Suche findet bereits in der Sprache selber statt. Der Schriftsteller sieht sich immer vor eine grundsätzliche Frage gestellt: in welcher Sprache soll er mit einem Volk kommunizieren, das zu 70 Prozent weder lesen noch schreiben kann?


TAHAR BEN JELLOUN:
Die Antwort, die am nächsten liegt, ist das Schreiben selbst. Arabisch oder Französisch: Man muß schreiben, aber vor allem anspruchsvoll sein und diesem Volk die besten Werke geben - eben weil es teilweise aus Analpha-beten besteht. Wie Pablo Neruda sagte: "Wenn die Arbeiter und Bauern meine Gedichte nicht lesen können, dann werden ihre Kinder sie lesen ..."

SPRECHER:
Die marrokanische Kultur ist zum großen Teil eine mündliche...auch heute noch ... Ein großer Teil der Analphabeten lebt in den abgelegenen, schwer erreich-baren Teilen des Landes. Schulen gibt es dort nicht, und häufig erlaubt es der Mangel an Elektrizität nicht einmal ein Radio oder einen Fernsehapparat zu benutzen. Dort gibt es auch heute nur: das gesprochene Wort ...

ERZÄHLER:
Man sagt viele Dinge. Man glaubt sie, man tut so, als glaube man sie. Jedenfalls gibt es nichts zu tun. Man muß sich eben beschäftigen, Geschichten erfinden und daran glauben, vor allem wenn die Dämmerung die Ebene ein-hüllt und jede Begegnung unsicher macht.
Wenn man in diesen kahlen, von allen verlassenen Dörfern lebt, träumt man so lange, bis man an Legenden glaubt, die für ein Kindermärchen-buch geeignet wären.

SPRECHER:
Deshalb stößt man in der marokkanischen Literatur immer wieder auf die Person des Erzählers. ...

ERZÄHLER:
Es gab einen alten Mann, großgewachsen, mit glattrasiertem Gesicht und Schädel, der alle Wörter, die Namen aller Städte und Länder, alle Träume und alle Märchen kannte, und der schwieg. Er saß auf der Schwelle eines Marabuts und sah die Vorbeigehenden an. - Er erklärte Träume; er malte mit der Spitze seines Stocks Zeichnungen in den roten Sand und sprach einige Schlüsselwörter, die den Traum klar oder kompliziert machten. Es war oft überraschend. Fast zu jedem sagte er nach langem Schweigen: "Diese Träume sind so alt wie die Welt; sie mußten durch so viele Nächte hindurch, daß sie, wenn sie von euch übermittelt bei mir ankommen, beschädigt sind. Ich muß sie wiederherstellen, zumal ihr einfach irgendwie erzählt; ich errate den Anfang und das Ende, ich phantasiere, ich erfinde, und ich irre mich selten."
Er lehnte es ab, bezahlt zu werden. Die Leute legten Früchte oder lebende Hühner zu seinen Füßen nieder. Er sagte: "Ihr braucht euch diese Mühe nicht zu machen, eure Träume genügen mir vollauf. Wenn man mir einen schönen Traum, eine schöne Geschichte erzählt, bin ich glücklich. Es hilft mir, die anderen Tage der Woche zu leben. Gebt mir kein Geld; erzählt mir schöne Geschichten, das genügt mir."

SPRECHER:
Heute versucht man, die mündliche Überlieferung mit Hilfe von Büchern festzuhalten. Dies ist eine häufig praktizierte und sehr bezeichnende Tatsache für die neuere marokkanische Literatur; denn sie konstatiert bereits den Beginn eines langsamen Untergangs der Erzählkultur, die man glaubt durch Bücher wiederzubeleben zu müssen. Es gibt in Marokko neben der arabischen und fran-zösischen Sprache noch das Moghrebi, die Sprache der Berber, in der die schönsten Geschichten erzählt werden.

MUSIK 3

SPRECHER:
Um die marokkanische Literatur vollkommen zu verstehen, müssen wir ein wenig über die Berber wissen: Diese wichtige Volksgruppe gehört anthropologisch zu den Mittelmeervölkern, sprachlich zur hamito-semitischen oder afro-asiatischen Sprachengruppe. Die Bezeichnung "Berber" geht auf die Römer zurück, die alle Nichtrömer als "barbari", Barbaren, bezeichneten. Die berberischen Dialekte zeigen an sich schon alle Kennzeichen einer Sprachmischung. Berbersprachen werden heute noch von der Küste des Atlantischen Ozeans bis nach Libyen und in der Sahara von mindestens 6 bis 7 Millionen Menschen gesprochen. Bei weitem die meisten Berber leben in Marokko, eine Tatsache, die auf die Literatur und die gesamte Kultur des Landes einen nicht geringen Einfluß hat. Ein Einfluß, der neuerdings von der monarchischen Regierung besonders hervorgehoben wird, um das Land kul-turell vom integralistisch verseuchten Nachbarland Algerien abzuheben.
Unter den marokkanischen Berbern werden drei große Volksgruppen deutlich unterschieden: die Rif-Berber, die Beraber und die Schlöh. Dieser Einteilung entspricht auch die Klassifizierung der Berber nach ihren Dialekten. Im Rif wird Tarifit oder Rifi gesprochen, im Mittleren Atlas Tamazight und im Süden Taschelheit.
Das ganze Rif-Gebirge im Norden ist von Berbern besiedelt. Es zieht sich halbkreisförmig zwischen Tanger und Melilla an der Mittelmeerküste entlang. Am östlichen Rand des Rif-Gebirges liegt die moderne Küstenstadt Al Hoceima. Die aktuelle Version des antiken arabischen Namens 'Al asamma', was soviel bedeutet wie Lavendelblüte. Die Stadt wurde 1926 von den Spaniern gegründet, die sie als eine Kolonie hielten - ähnlich wie Ceuta und Melilla und ein paar kleinere Inseln, die noch heute von den Spaniern verwaltet werden. 1956 erhielt die Stadt ihre Unabhängigkeit. Das lief ohne Blutvergießen ab. Schon wenige Jahre nach der Unabhängigkeit hatte Al Hoceima ihre Bevölkerungszahl verdoppelt. Es zogen zum größten Teil Berber aus dem Rif-Gebirge in die Stadt.
Juan Romàn ist der Sohn der ersten spanischen Zivilisten, die in Marokko landeten. Er wurde 1936 in Al Hoceima geboren und lebt seitdem dort, abgesehen von der Universitätszeit in Granada und einem Jahr, das er in Florenz verbrachte. Er ist der einzige Spanier, der in der Stadt geblieben ist, nachdem sie dem Königreich Marokko angeschlossen wurde. Da er zehn Jahre nach der Landung der Spanier dort geboren wurde, hat er praktisch die Stadt Al Hoceima von der Ansammlung einiger Baracken um den Hafen herum, über die Kasernen, bis hin zur heutigen Ausdehnung wachsen sehen.

JUAN ROMÀN:
Auch wenn ich mich wie ein Künstler verhalte, betrachte ich mich nicht als ein solcher. Ich würde mich eher als Visionär bezeichnen, der Zeugnis ablegt von der Berber-Kultur im Rif.

SPRECHER:
Juan Romàn ist ein Künstler von ganz besonderer Art, nicht wegen der vielsei-tigen Bereiche, die seine Kunst umfaßt - von der Dichtung über Skulptur, Malerei, Erzählungen, Essays bis hin zu Film und Photographie - sondern we-gen der Motivationen, die ihn dazu bringen, auf so vielseitige Weise künstle-risch tätig zu sein. Der Schlüssel hierzu liegt in seiner persönlichen Beziehung, in seinem Verhältnis zu der Stadt, zu seiner Stadt. Er sagt oft:

JUAN ROMÀN:
Al Hoceima ist eine kleine Stadt, eine Stadt am Rande. Doch gerade das gefällt mir. Darin erkenne ich mein ganzes Wesen, das ebenfalls 'am Rande' liegt. - Al Hoceima, das bin ich.

SPRECHER:
Auch umgekehrt ist es wahr: Juan Romàn ist Al Hoceima: er ist die Geschichte und das Gewissen dieses Ortes, seine lebende Erinnerung und sein Zeuge. Er hat die Stadt sowohl filmisch als auch fotografisch dokumentiert. Parallel zur visuellen Dokumentation gibt es eine Tondokumentation, die in der Berbersprache 'Rahed n'Al Hoceima' heißt, 'das Laufen von Al Hoceima'. Eines seiner schönsten Bücher ist in spanischer Sprache geschrieben und heißt 'Sobre el crecer despreocupado de este pueblo' - auf deutsch: 'Über das sorglose Wachsen dieses Volkes'.
Auch spanisch gehört zu den Sprachen der marokkanischen Schrifteller, und Juan Romàn hat viel von einem Spanier, aber mehr noch von einem Berber. Er hat die Kultur der Berber Nordafrikas sozusagen adoptiert. Die europäische Kultur wird in ihm von der berberischen gefiltert und umge-kehrt. Es entsteht somit durch seine Arbeit eine Mischform, die Form, die er selbst lebt. Er verkörpert den Zwiespalt zwischen der europäischen, westli-chen Kultur und der der Berber. Alle oberflächliche Exotik wird dadurch aus-geschlossen. Er sagt:

JUAN ROMÀN:
Die Berber sind keine Araber und sie mögen die Araber nicht. Ihre Kultur ist sicherlich weniger raffiniert und weniger institutionell als die arabische, aber es ist dafür keine Macht- und Herrschaftskultur, sie ist das nie gewesen. Die Berber haben ihre Sprache trotz der Besetzungen durch die Phönizier, die Punier, die Römer, die Araber und dann durch die Kolonisation der Franzosen und Spanier, völlig intakt halten können. Der Klang ihrer Sprache ist ar-chaisch und mysteriös, ihr fehlt jedwedes System von Schriftzeichen: eine rein orale Sprache, die aber reich ist an mündlicher Überlieferung unglaubli-cher Legenden und Geschichten, die die Berber sich selbst und den Fremden sehr gerne erzählen. ...

ALTE ERZÄHLERIN:
Wir haben nicht lesen und schreiben gelernt, aber wir sind nicht hohl. Wir wissen andere Dinge, die man in der Schule nicht lehren wird. Unsere Hände zum Beispiel sind gebildeter als unsere Köpfe; unsere Füße kennen Orte, die kein Buch beschreibt; unsere Haut bewahrt die Erinnerung an soviel Sonne und Regen; unsere Sinne genügen uns, um das Neue vom Alten zu unterscheiden. Unsere Schule ist die Natur, ist das, was unsere Ahnen uns von ihrem Weilen hienieden, auf diesem Stück Erde, in diesem zwischen zwei Gebirgen eingezwängten Dorf überliefert haben.
SPRECHER:
So die formalisierte Aussage einer alte Berberfrau ... Juan Romàn glaubt, daß die Ursprünge der Berber bis hin zu der sagenumwobenen Insel Atlantis rei-chen. So soll es einst für ihre Sprache Schriftzeichen gegeben haben. Heute weiß man, daß zum Beispiel die ältesten Pyramidentexte der Ägypter in einer alten berberischen Sprache abgefaßt waren. - Juan Romàn hat vor Jahren an-gefangen, berberische Lieder, Sprichwörter und Geschichten aufzuschreiben, indem er als erster der oralen Sprache neue graphische Zeichen gab. - Dadurch begann er, der Kultur der Berber und ihrer noch heute sehr lebendi-gen Mythologie eine neue Bedeutung zu geben. ....

JUAN ROMÀN:
Das Wort und die materielle Handlung stellen nur einen unendlich kleinen Teil unserer Betätigungen dar, während die geistige Tätigkeit eine ständig ak-tive Energie ist. Das heißt, das Leben ist vor allen Dingen Gedanke. Gedanke der jeden Moment unserer Existenz begleitet, auch wenn er hin und wieder für kurze Augenblicke durch die Sprache oder eine Handlung, dem Schreiben zum Beispiel, materialisiert wird.
Intuition und Poesie sind die Engel der Magie. Sie sind noch nicht durch falsche Sicherheiten und durch ein verkehrtes Selbstbewußtsein entheiligt worden. Die Intuition und die Poesie sind eine Energie in ständiger Bewegung, und von daher am wenigsten faßbar. Ebenso wie jener Gedanke, der keine absolute Wahrheit anerkennt und keinen Geboten folgt, es sei denn dem Chaos des Universums, das sich in ständiger Ausdehnung befindet.

SPRECHER:
Intuition und Poesie sind auf keine Schrift angewiesen. Sie bestehen als Energie. Mit ihrer Hilfe kann das Tor zur irrationalen Welt der Berber geöff-net werden, der Welt der "Djenoun". Das ist eine Anti-Welt oder eine paral-lele Welt, deren Eingänge die Spiegel sind. Unseren Körpern, die aus physi-scher Materie geschaffen sind und Schatten werfen, ist der Eintritt in diese Welt verboten. Mit der Kraft unserer Gedanken aber und mit unserem bloßen Willen können wir dieses Tor öffnen.

JUAN ROMÀN:
Djenoun ist der Plural von Djin und ist in der Berbersprache der Begriff mit dem die übernatürlichen und unsichtbaren Lebewesen bezeichnet werden, die Gott gleichzeitig mit den Menschen erschaffen hat. Aber während der Mensch aus Lehm gestaltet wurde, ist der Djin aus Feuer ohne Rauch geschaffen wor-den. Einige vertreten auch die Auffassung, daß die Djenoun nicht aus Feuer sind, sondern vor den Menschen auf die Erde gesetzt wurden. Von ihnen stammen Satan und andere Dämonen ab. Sie bringen Unglück, sind gefährlich und bösartig. Da sie vor den Menschen auf der Erde waren, sind sie ärgerlich und eifersüchtig auf sie, und deshalb versuchen sie, ihnen zu jeder Zeit Leid zuzufügen.

MUSIK 4

ERZÄHLER:
Gott fing an einem Sonntag an, die Erde zu erschaffen und hörte an einem Freitag auf, kurz vor dem Abendgebet. Und da er keine Zeit mehr hatte, den Djin vollständig zu erschaffen, machte er ihm Esels- oder Ziegenfüße, und da er ihn dabei an der Oberlippe festhielt, blieb dem Djin die Oberlippe gespal-ten, so wie bei den Hasen. Um sie für diesen Defekt zu entschädigen, machte er die Djenoun den Menschen gegenüber unsichtbar, aber nicht umgekehrt. Es gibt muselmanische, christliche, jüdische, städtische, schwarze, bäuerliche usw. Djenoun, Djenoun aller Berufssparten. Ihre Anzahl ist einer mehr oder einer weniger als die Hälfte aller Menschen. Der Glaube ist nicht sicher, daß jedem Menschen ein Djin zugestellt sei. Sie treffen sich nur nachts, zwischen elf und eins, außer Freitags, wo sie sich bis zum Sonnenaufgang treffen kön-nen. Sie können die Form von Haustieren oder von wilden Tieren annehmen. Hunde, Katzen und Schakale sind normalerweise gefährliche Djenoun. Die Schakale können außerdem Schatzwächter sein. Sie haben zu jedem Ort Zugang auch wenn er verschlossen ist.
Die Hunde Djenoun bekommen keine Tollwut und können sie auch nicht verbreiten, dafür können sie aber Fieber, Paralysen, Nervenkrankheiten und Blutungen bekommen und verbreiten. Während ihrer Freizeit ziehen sie sich an dreckige, feuchte, dunkle und verlassene Orte zurück: hinter Wände, Öfen, auf Friedhöfe, einzelstehende Gräber, in Senkgruben, unter kleine Brücken, in die Ecken der Moscheen oder Synagogen, vor Abgründe, an die Ränder oder auf den Grund der Flüsse, in die Felsen. Wie auch immer, man kann sich in den 'Marabouts', den Grabstätten der Heiligen, in den Moscheen und auf Friedhöfen für kurze Zeit vor den Djenoun schützen. Die christlichen Djenoun sind gefährlicher als die muselmanischen, die wiederum gefährlicher sind als die jüdischen. Die Djenoun können gut oder böse sein, aber die Menschen neigen doch immer dazu, sie zu fürchten.

MUSIK 5
SPRECHER:
Für alle, die auf dem Land leben, ist der Djin auch heute noch ein selbstverständlicher, wenn auch gefürchteter Bestandteil ihres Lebens. Es geht den Marokkanern nicht darum, sie zu beschwören und um Hilfe zu bitten, sondern ausschließlich darum, ihnen möglichst aus dem Weg zu gehen.
Eine etwas andere Beschreibung der Djenoun gibt uns ein Bauer aus dem Rif-Gebirge:

ERZÄHLER:
Sie leben nur ein paar Meter unter uns, in einer exakten Imitation der Landschaftsoberfläche der Erde. Jeder Baum und Fels, jedes Haus hat ein identisches Gegenstück auf der Erde. Der einzige Unterschied liegt darin, daß ihr Himmel aus Erde statt aus Luft besteht und es deshalb stockfinster ist. Aber da die Unterwelt eine exakte Reproduktion der oberen Welt ist, sind die Djenoun für das Leben dort unten perfekt ausgerüstet und ziehen es auch in der Tat dem in unserer Welt vor. Schwierigkeiten gibt es erst, wenn sie tie-rische oder menschliche Form annehmen und bei uns auftauchen, denn sie sind unsere traditionellen Feinde, ein fremder Stamm, immer auf der Lauer nach einer Gelegenheit, unsere Dörfer zu infiltrieren, und das passiert schon dann, wenn sie einfach nur Kontakt zu uns aufnehmen.
Begreiflicherweise kann sich die offene Stelle in der Grenze zwischen den beiden Welten überall befinden, meistens liegt sie jedoch in Höhlen und unter Wasser, besonders unter fließendem Wasser. Wenn dein Reiseweg über einen Fluß führt, dann achte darauf, daß du immer irgendeinen Gegenstand aus Stahl (oder wenigstens Eisen) zur Hand hast. Stadtmenschen behaupten ja oft, daß es gar keine Djenoun gibt, oder nicht mehr gibt, wenig-stens nicht in der Stadt. Auf dem Land aber, wo das Leben immer noch genau in den gleichen Bahnen verläuft wie seit Jahrhunderten, und wo es nicht so viele Autos und andere Dinge gibt, die Eisen enthalten, ist es wahrscheinlich, daß Djenoun auch heute noch existieren - das müssen selbst die Leute aus der Stadt zugeben. Aber dann fügen sie meistens schnell hinzu, daß die Autos sie am Ende alle vertreiben werden, denn sie können gegen Stahl oder Eisen ein-fach nichts ausrichten. Dann wird man sie nur noch in den Bergen oder in den abgelegenen Teilen der Wüste fürchten müssen.
Trotz dieser rationalen Beruhigungsversuche richten die Djenoun gelegentlich auch mitten in der Stadt ihre Verwüstungen an. Dann tauchen sie urplötzlich aus Ablußrohren auf und fallen Hausfrauen an. Aus diesem Grund hüten sich auch heute noch viele Frauen davor, heißes Wasser in den Ausguß zu gießen, mit anderen Worten, sie spülen ihr Geschirr mit kaltem Wasser, damit sie nicht aus Versehen einen möglichen Bewohner des Abflußrohres verletzen. Man weiß, daß die Djenoun in solchen Fällen extrem rachsüchtig sein können und es den Übeltätern meistens mit einer Lähmung heimzahlen.

SPRECHER:
Diese durchaus verbreitete Ansicht der Djenoun, wurde von dem 1910 in New York geborenen Komponisten und Schriftsteller Paul Bowles nach Erzählungen der Berber aufgeschrieben.
Nach einem unsteten, nomadenhaften Leben, das ihn durch die Hauptstädte der Welt und immer wieder nach Nordafrika und Südamerika führte, hatte sich Bowles nach dem Zweiten Weltkrieg endgültig in Tanger niedergelassen, wo er auch heute noch lebt. Seine erste Begegnung mit Marokko fand bereits Anfang der Dreißiger Jahre statt...

PAUL BOWLES:
Die Reise nach Marokko sollte eine Erholung sein, ein Jux, ein kurzes Gastspiel. Die Idee entsprach meiner Sehnsucht, New York so weit wie möglich zu entfliehen. Da ich keine Ahnung hatte, was mich erwartete, war ich vollkommen unbefangen. Man hatte mir gesagt, irgendwo würde es ein Haus geben, irgendwie ein Klavier und jeden Tag Sonne. Das schien mir genug.

MUSIK 6

PAUL BOWLES:
Als wir an Bord gingen, erfuhren wir, daß sich die Reiseroute geän-dert hatte. Das Schiff würde nicht in Tanger anlegen, sondern in Ceuta, in Spanisch-Marokko. Am zweiten Morgen ging ich bei Anbruch der Dämmerung an Deck und sah die zerklüftete Bergkette. Sofort wurde ich von einer großen Erregung gepackt; es war, als sei durch den Anblick des näher kommenden Landes ein innerer Mechanismus in Gang gesetzt worden. Ohne es je auszusprechen, gründete sich mein Gefühl, in der Welt zu sein, zumin-dest teilweise auf die unerklärliche Überzeugung, daß bestimmte Gegenden der Erde über mehr Magie verfügten als andere. Hätte mich jemand gefragt, was ich unter "Magie" verstünde, hätte ich es wahrscheinlich als eine geheime Verbindung zwischen der natürlichen Welt und dem menschlichen Bewußtsein definiert, eine verborgene, doch direkte Linie, die das Denken umgeht. Wie jeder Romantiker hatte ich stets vage vermutet, daß ich eines Tages an einen magischen Ort kommen würde, der mir durch die Offenbarung seiner Geheimnisse Weisheit und Ekstase schenken würde, vielleicht sogar den Tod. Und jetzt, als ich im Wind stand und die Berge vor mir betrachtete, spürte ich das Summen eines Motors in meinem Inneren, und es war, als nä-herte ich mich der Lösung eines bisher nicht geahnten Problems. Ich war un-beschreiblich glücklich, während ich zusah, wie die Masse der Berge langsam Gestalt annahm, doch ich ließ dieses Glück über mich hereinbrechen, ohne Fragen zu stellen.

MUSIK 7

ERZÄHLER:
Tanger, die weiße Stadt, 'Tand-ja', die Schöne. Die Stadt der Meerenge, "eine Taube in einem schmachvollen Käfig". Die Stadt, wo der Atlantik und das Mittelmeer zusammenfließen, eine Stadt aus aufeinanderfolgenden Hügeln, die von Legenden umgeben ist, ein liebliches, nicht faßbares Rätsel. Man erzählt, wenn die Stadt von zwei Meeren umschlossen ist, so deshalb, damit die Zweideutigkeit erlaubt ist. Tanger, das heißt Ort eines Schleichhandels; Schnittpunkt für die Freibeuter und die Piraten. Berühmt für den Wind. - Der Wind. Das ist der Feind. Dieser kommt aus jener Senke zwi-schen der Südspitze Andalusiens und der Nordspitze Afrikas. Manche spre-chen ihm eine hygienische Wirkung zu, weil er anscheinend die Stadt säubert, Moskitos und Mikroben vertreibt, vor allem jene, die man mit bloßem Auge nicht sieht. Er trägt sie mit sich und wirft sie ins Meer. Daß die Meerenge von Gibraltar verschmutzt ist, liegt am Ostwind, der die Viren hineinwirft.

SPRECHER:
Paul Bowles und dessen Frau Jane werden in den fünfziger Jahren zum Zentrum eines hochkarätigen literarischen Zirkels in Tanger: bei ihnen treffen sich unter anderem William Burroughs, Truman Capote, Gore Vidal und Tennessee Williams. Um diese Zeit schreibt Bowles auch seine großen Romane, die ihn endgültig bekannt machen. Sein Roman "Himmel über der Wüste" wurde vor ein paar Jahren verfilmt.
In der modernen marokkanischen Literatur spielt Paul Bowles eine besondere Rolle. Nicht als Autor, sondern als Vermittler. Mitte der Sechziger Jahre hatte er nämlich angefangen, die Geschichten von Einheimischen auf Band aufzunehmen, um sie dann ins Englische zu übertragen. Einer der Erzähler, die von Paul Bowles sozusagen 'entdeckt' wurden, ist Mohammed Mrabet. Er kann bis heute weder lesen noch schreiben und hatte seine Stories in Moghrebi auf Paul Bowles Tonband gesprochen .....

PAUL BOWLES:
Der Alltag in Tanger bot zwar nicht die Einsamkeit und unbegrenzte Muße, die zum Schreiben notwendig sind, ließ mir jedoch genügend Arbeitspausen, die ich zum Übersetzen nutzte. Im Winter arbeitete ich an der englischen Version einer langen Erzählung, die ich auf Maghrebinisch aufgenommen hatte, diesmal war es eine Erfindung von Mohammed Mrabet.

SPRECHER:
Mrabets Geschichten wären, wie viele der Erzählungen der Berber im Rif-Gebirge, für immer der Vergessenheit verfallen, wenn nicht Paul Bowles sie aufgezeichnet hätte. Voll zauberhaftem Humor und zuweilen deftigem Witz berichten diese Erzählungen von einer fast schon versunkenen Welt, von den tausend Weisen und Zwecken, Haschisch, Kif zu nehmen, und von Menschen, denen die diesseitige Welt als zu unwirklich erscheint, als daß sie sich damit bescheiden möchten.
Werner Pieper, der deutsche Herausgeber einiger dieser Erzählungen, erinnert sich an eine Begegnung mit Mohamed Mrabet, vor ein paar Jahren in der Wohnung von Paul Bowles in Tanger ...

WERNER PIEPER:
Ein mehrstöckiges Haus mit Fahrstuhl und einem Charme, den man von Häusern aus der ehemaligen DDR kennt. OK. Tief durchgeatmet und geklingelt. Mr. Bowles ist daheim und bittet mich freundlich einzutreten. Im abgedunkelten Zimmer sitzt Mohammed Mrabet, allerdings nicht ansprechbar. Es ist Sonnabend und die Fußballreportage im Radio erfordert seine erhöhte Aufmerksamkeit. So plaudere ich mit Paul, rauche von seinem, er von meinem, hatte ich doch extra asiatische Rauchkräuter mitgebracht, um mich nicht auf illegale Händlereien einzulassen.
Paul Bowles, Mrabets väterlicher Freund, erzählt über ihn:

PAUL BOWLES:
Er stammt aus einer armen Familie im Rif, ich glaube, sie waren vierundzwanzig Kinder. Er hatte nie die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen, obwohl seine Eltern später nach Tanger gezogen sind. Dafür lernte er die Suren des Korans. Er war in Amerika, aber es hat ihm nicht gefallen.

WERNER PIEPER:
Mohammed gesellt sich zu uns. Beide lachen. Ja ja, Deutschland: Beckenbauer, Müller. Wir haben ein Thema, auch wenn sein Englisch nicht allzugut zu sein scheint.
Sein literarischer Erfolg amüsiert Mrabet ziemlich. Er hält selbst nicht allzuviel von Schreibern, Intellektuellen und ähnlichen Beschäftigungsarten. Mrabet trägt zwei Armbanduhren, beide auf eine andere Zeit eingestellt. Er neigt dazu, laut zu lachen, manchmal in den unmöglichsten Momenten, und er weigert sich beharrlich, englisch zu sprechen, obwohl man bald den Eindruck hat, daß er jedes Wort versteht.
Fängt er erst einmal an zu erzählen, dann reiht sich eine Geschichte an die andere und jede möchte man am liebsten festhalten. Paul Bowles er-zählt:

PAUL BOWLES:
Ich sage ihm immer, warte, bis das Tonbandgerät eingestellt ist, aber er erzählt los und kann sich hinterher selber nicht mehr an die einzelnen Geschichten erinnern. Ich weiß nicht einmal, welche Stories er spontan erfin-det, und welche einen traditionellen Hintergrund haben. Ich glaube nicht, daß er es selber weiß. Für Marokkaner gibt es keine Trennung zwischen der ob-jektiven Wahrheit und dem, was wir Fantasie nennen. Was bist du bereit zu glauben? Was möchtest du denken? Es gibt eine Wahrheit für jeden. Kein Marokkaner wird einem jemals erzählen, was er denkt, was er fühlt oder meint. Er erzählt dir etwas hiervon, etwas davon, erfindet ein paar Dinge und webt so ein Netz von glaubhaften Geschichten. Was für einen Sinn hat es, die Wahrheit zu erzählen? Sie ist doch in den meisten Fällen nicht sehr interes-sant, also macht man sie durch ein paar neue Elemente spannender. Außerdem wäre es doch eine Torheit, sich andern gegenüber so zu öffnen. Du hast ja auch zwei verschiedene Kifsorten in deinen Taschen: in einer den guten für dich, und in der anderen den minderen für Freunde.

WERNER PIEPER:
Mohammed Mrabet hat sich die spanische Sprache als Autodidakt beigebracht. Er sitzt auf seinem Lieblingsplatz neben dem prasselnden Feuer in Paul Bowles' kleiner, immer halbdunkler Wohnung und schaut in meine Seele.

MOHAMMED MRABET:
Früher war ich Fischer und habe auch gut davon gelebt, aber als ich eines Tages von der Guardia Civil, so nennt man hier den Hammerhai, angegriffen wurde, wußte ich: das war ein Zeichen. Es gibt drei Sachen auf der Welt, die verstehen keinen Spaß. Das Meer, die Regierung und das Feuer. Wenn du mit dem Feuer spielst, wirst du verbrennen. Wenn du mit der Regierung spielst, wanderst du ins Kittchen. Wenn du mit dem Meer spielst, wirst du ertrinken.

WERNER PIEPER:
Ich habe ein wenig den Eindruck, er trauert den alten Zeiten nach; heute kann er nicht mehr ins Wasser, sein krankes Bein würde im kalten Meer absterben. Er durchbohrt uns mit einem Blick, der unser ganzes Dilemma auf einen ein-zigen glühenden Punkt konzentriert und läßt das Streichholz über der kleinen Pfeife aufflackern ...

MOHAMMED MRABET:
Allah ist groß, er sei gepriesen. Ich bin Marokkaner und ich verstehe mein Land und weiß, wie es sein sollte ... die Magie. Ich bin Moslem, ich schreibe nichts über Frauen, ich trinke keinen Alkohol, gehe nicht in Bars, um mir die Frauen anzuschauen. Das interessiert mich nicht. Ich habe eine Frau und Kinder, große Kinder. Das andere, das ist nicht mein Leben, denn ich bin Moslem. Und ich komme aus einer Familie von Moslems. Als ich die Augen öffnete, sah ich meine Eltern und Großeltern - lächelnde Moslems. Ein Mensch ohne Religion zählt nicht für uns. Ein Fußabtreter ist sauberer als ein Gottloser, denn man kann ihn wenigstens ausschütteln.

WERNER PIEPER:
Es ist schwer, sein Alter auszumachen. Manchmal ist er neunzehn und manchmal neunzig, aber was spielt das für eine Rolle, Zahlen sind Statuen, Erscheinungen einer phänomenalen Welt. Sie tragen Schleier und verbergen die vielen Wahrheiten, die es gibt. Hier gelten andere Regeln. Die Sprache Mohammeds ist ein Labyrinth wie die tausend Gassen der Medina - verlockend, aber gefährlich. Ohne Führer verliert man sich in Andeutungen und falsch verstandenen Anspielungen. Seine Kultur läßt sich mit unserem begrenzten, rationalen Denken nicht verstehen. Der einzige Weg hinein ist sich einfühlen, nicht denken, sonst bleibt man von dem, was man sieht, geblendet und dringt in die tieferen Geheimnisse nicht ein. Daher wäre es auch töricht, eine Geschichte so zu erzählen, wie sie ist, denn keiner würde sie glauben und sie wäre ohnhin nur ein Trugbild, ein Schleier, der vorbeiweht.
MOHAMMED MRABET:
Eine Zunge erzählt tausend Wahrheiten, aber ihr wollt immer nur eine sehen.

WERNER PIEPER:
Mohammed Mabret weiß, wovon er redet. Er kann nicht lesen und nicht schreiben, aber er kann reden. Seine Stories führen uns in eine andere Welt, in der Wirkliches und Erfundenes nicht Gegensätze sind, sondern eine Einheit bilden.

SPRECHER:
Es sind auch im Deutschen mehrere Bücher erschienen, die Mohammed Mrabet erzählt und Paul Bowles aufgeschrieben hat. Keines davon ist allerdings in Marokko in arabisch herausgekommen. Ein Buch aus dem Jahre 1969 heißt "M'hashish", was in Moghrebi soviel bedeutet wie 'voll von Haschisch'. Damit wird aber nicht nur eine Person im Rauschzustand bezeichnet, sondern auch solche, deren Verhalten irrational oder sonstwie unerwartet ist. In faszi-nierender Weise ungewöhnlich sind diese Erzählungen, in denen es nur vor-dergründig um Haschisch und Kif geht, dem marokkanischen Hanf. Denn es handelt sich nicht um 'ausgeflippte' Geschichten, sondern um Erzählungen, die die heitere Naivität des Orients wiedergeben und die in anregender Weise die Mentalität und Alltagswelt Marokkos lebendig werden lassen.

MUSIK 8

ERZÄHLER:
Ein Kif-Raucher stand eines Morgens auf, und nach dem Frühstück mit seiner Frau begann er eine Mischung aus Kif und Qoqa zu rauchen, (dem getrockne-ten und zu Pulver zerstoßenen Samen des Schlafmohns.) Als seine Frau das sah, schimpfte sie: Warum rauchst du morgens nicht Tabak und wartest mit Kif und Qoqa wenigstens bis zum Nachmittag? Du bist noch nicht einmal auf dem Markt gewesen.
Aber er sagte, er würde nur eine oder zwei Pfeifen rauchen, ehe er auf den Markt ging. Er rauchte zwei Pfeifen, stand auf und verließ das Haus. Er kaufte Gemüse ein und was sie sonst noch für diesen Tag brauchten. Dann ging er zum Fischmarkt, wo ein alter Freund von ihm eine Bude hatte. Sie be-grüßten sich und schlugen einander auf die Schulter.
Wie ist heute dein Kif? fragte der Fischhändler, der keinen bei sich hatte.
Mein Kif ist immer hervorragend, sagte der Mann. Ich schneide ihn jeden Tag selbst.
Stopfst du mir eine Pfeife?
Der Mann stopfte seine Sebsik, und der Fischhändler rauchte sie. Komm herein, sagte er. Ich habe heißen Tee für dich.
Der Mann ging hinein und setzte sich, und sein Freund goß ihm ein Glas Tee ein. Sie saßen eine Stunde oder etwas mehr, rauchten, unterhielten sich und schlürften Tee. Dann kaufte der Mann ein Kilo Schwertfisch, bezahlte dafür und ging nach Hause. Er war schon ziemlich benebelt von dem Kif, den er geraucht hatte.
Seine Frau öffnete ihm. Du warst aber lange weg, sagte sie. Das wird heute ein sehr spätes Mittagessen.
Stell dir vor, sagte er, ich habe einen Mann getroffen, den ich Jahre nicht mehr gesehen hatte. Wir kamen ins Reden, und es wurde spät. Hast du Hunger?
Ich habe ein bißchen was gegessen, sagte sie.
Er packte die Einkäufe aus. Hier sind die Sachen. Warum kochst du nicht das Essen?
Wo ist das Öl? Du hast kein Öl mitgebracht.
Gib mir die Flasche, dann hole ich welches, sagte er.
Sie brachte ihm eine alte französische Weinflasche mit einer Vertiefung im Boden. Er nahm sie und ging damit zu einem Laden, einige Straßen weiter.
Der Bacal stand hinter dem Ladentisch und wollte sich gerade seine Kif-Pfeife anzünden. Statt dessen begrüßte er den Mann und reichte ihm die Pfeife. Der Mann setzte sich auf eine Kiste neben dem Eingang und rauchte die Pfeife. Anschließend stopfte er sie wieder und gab sie dem Bacal zurück. Gib mir eine Limonade, sagte er. Ich habe Durst.
Der Bacal öffnete zwei Flaschen Limonade. Sie unterhielten sich und rauchten. Die leere Weinflasche lag am Boden, und zu Hause saß die Frau und wartete.
Als sie das Warten leid war, beschloß sie, zu einer Nachbarin zu ge-hen und sich Öl zu borgen. Zu Hause wartete sie dann noch eine Weile, doch schließlich wurde ihr Hunger so groß, daß sie den Fisch zubereitete und aß.
Der Mann und der Bacal saßen immer noch beisammen, unterhielten sich und lachten. Wenn Kunden hereinkamen, bediente sie der Bacal, und der Mann stopfte sich eine Pfeife und rauchte, bis der Bacal sich wieder zu ihm setzte.
Es wurde dunkel. Plötzlich hob der Mann mit einem erschreckten Ausruf den Kopf.
Was ist denn? fragte der Bacal.
Gib mir einen Liter Öl. Meine Frau wartet darauf.
Er gab dem Bacal die Flasche, und dieser füllte ein Litermaß mit Öl und fing an, es in die Flasche abzufüllen. Bald war die Flasche voll, doch we-gen des falschen Bodens blieb noch einiges Öl übrig.
Du hast hier noch mehr, sagte der Bacal. Wo soll ich das hintun?
Einen Augenblick stand der Mann da und betrachtete die Flasche in seiner Hand. Dann fühlte er die Vertiefung im Boden und drehte die Flasche um.
Hier, sagte er und zeigte dem Bacal die Vertiefung. Füll es da rein.
Der Bacal starrte ihn verständnislos an, während das Öl über den ganzen Ladentisch floß und auf den Boden tropfte. Doch da er selbst reichlich benebelt war vom Kif, goß er schließlich das restliche Öl in die Vertiefung des Flaschenbodens.
Der Mann bezahlte, verabschiedete sich und ging hinaus. Es war Abend, und der Ostwind hatte aufgefrischt. Als er draußen die frische Luft einsog, entfaltete der Kif, den er geraucht hatte, mit einem Mal seine ganze Wirkung.
Er kam in die Straße, wo er wohnte, und blieb stehen. Statt der Straße, die sich endlos vor ihm hinstreckte, sah er das Meer. Hohe Wellen rollten im Mondschein auf ihn zu.
Was für eine See! dachte er. Dann zuckte er die Schultern, zog Jacke und Hose aus, Hemd und Unterzeug. Als er nackt war, wickelte er die Flasche sorgsam in seine Kleider und band sich das Bündel auf den Kopf, damit er die Hände frei hatte zum Schwimmen. Dann machte er einen Hechtsprung in die Wogen.
Er landete auf dem Bauch vor einem Kaktuszaun, an dem Kothaufen lagen. Rauhe See, dachte er und kroch die Straße lang, als würde er schwimmen. Vor seinem Haus stand er auf und hämmerte an die Tür.
Als seine Frau ihn nackt und kotverschmiert und mit blutenden Schürfwunden sah, war sie so entgeistert, daß sie kein Wort herausbrachte.
Siehst du denn nicht? rief er. Das Meer ist gekommen. Schau nur, wie hoch die Wellen da draußen sind!
Sie packte ihn, zerrte ihn herein und knallte die Tür zu. Dann bugsierte sie ihn in die Toilette, goß mehrere Eimer voll Wasser über ihn und schrubbte ihn sauber. Danach trocknete sie ihn ab und brachte ihn zu Bett.
Mitten in der Nacht schreckte er hoch und rief: Ich habe das Öl gebracht! Du kannst jetzt den Fisch braten. Ich habe Hunger.

MUSIK 9

SPRECHER:
Als Nichtraucher ist es schwierig, sich in die Vorliebe so mancher Marokkaner für das Rauchen von Kif und Haschisch einzufühlen. Roland Barthes meint, daß die Gesten, die sparsamen Worte, die ganze Beziehung der Körper von Kif-Rauchern - reglose und Abstand wahrende Beziehung - daß all das entspannend wirke, entwaffne, daß es nicht zu vergleichen sei mit der Alkoholisierung, der legalen Form von Gewalt im Okzident. Tahar Ben Jelloun meint über das Rauchen von Kif und Haschisch in Marokko:

TAHAR BEN JELLOUN:
Kif rauchen heißt, sich in den Raum eines langen, eingeklammerten Satzes zurückziehen, um den Unterschied zu nennen / zu umreißen / zu tätowieren.
Die Männer, die rauchen, tun es nicht, um einen Zustand wiederzu-erlangen, den sie etwa verloren haben ... Sie ergötzen sich nicht ... Sie erleben den Kif, ohne ihre Verzweiflung zu hintergehen ... Sie wollen vor ihrem Los nicht davonlaufen, nicht das Schicksal betrü-gen ... Wie soll man einen Schleier über das Elend breiten, wenn dieses Elend durch unsere Poren atmet?

SPRECHER:
Tanger hatte in den fünfziger Jahren eine ganze Generation von amerikanischen Dichter-Rebellen angezogen: die Schriftsteller William Burroughs und Jack Kerouac zum Beispiel, die unter McCarthy wegen amerikafeindlicher Umtriebe abgewertet und beschuldigt wurden, nichts als "schlechten Geschmack, Zusammenhanglosigkeit und Beschimpfungen" zu produzieren. In Tanger konnten sie in Ruhe Kif und Haschisch rauchen, jede sexuelle Beziehung haben, die sie sich wünschten und in aller Freiheit und ohne Störung schreiben. Tanger hatte bis 1956 einen Sonderstatus: die Stadt war von den Siegermächten des Ersten Weltkriegs internationalisiert und entmilitarisiert worden. Noch heute zehrt Tanger, das legendäre Eldorado der Schmuggler, Mädchenhändler und Geheimagenten, vom Ruf ihrer Vergangenheit. - Tanger war schon immer der Ort der Versuchungen gewesen, meint Tahar Ben Jelloun, ein Ort des Mißtrauens an dem jeder Mensch ein Rätsel mit sich herumträgt ...

TAHAR BEN JELLOUN:
... durchsucht ihn, und ihr werdet in seinen Taschen unentzifferbare Schriften finden ... Ein wirres Wort.

SPRECHER:
Doch heute ist Tanger nicht mehr die Stadt des Verrats. Das Abenteuer steht heute in den Büchern.

TAHAR BEN JELLOUN:
Es gibt noch ein paar Veräter, aber sie leben im Verborgenen, in den Bergen oder unter dem Sand.
Das Wort gehört immer noch dem Bürger der Interzone, das sich an die Droge klammernde graue Gespenst - der unsichtbare Mann - William Burroughs - senkt den Blick - sieht seine schmierige Hose - die Tage rutschen nur so dahin, einer nach dem andern, auf seiner Spritze mit der langen, bluti-gen Nadel
"ich habe die Liebe vergessen
die Heftigkeit aller Vergnügungen des Körpers
ich bin ein graues Gespenst, das sich an der
Droge festhält"
Verrückte und hellseherische Poeten. Diese Poeten haben unsere Lüge am Zugang zur Dauer angesiedelt. Sie versuchen durch den Kif-Rauch andere Texte zu lesen, andere Bilder zu schauen.

SPRECHER:
In den Cafés der Stadt , die durch die Anwesenheit der Literaten berühmt ge-worden sind: Café de Paris, Café central, herrscht den ganzen Tag lang und auch während der Nacht ein reges Treiben. Das Café ist in Marokko eine Institution, ein geschlossener Ort, der Zeit entrissen. Frauen haben keinen Zugang. In einem Café kann eine Frau nur zweierlei sein: eine zur Wirtschaft Gehörende oder eine verkommene Prostituierte. Das Café ist der Ort, an dem man dem Wirklichen den Rücken kehrt. Deshalb ist es nach wie vor der Anziehungspunkt der Literaten.

TAHAR BEN JELLOUN:
Ort des Schreibens. Nein. Nicht ganz. Ort des Wortes. Aber welchen Wortes? Das Wort ist selten. Das Wort ist unnütz. Die tägliche Gewalttat gegenüber einem Volk läßt das Wort selten und nutzlos werden. Was man sagt, ist äuße-rer Schein. Die Worte, die gesagt werden können, sind wirklich unfähig, die andere Gewalt zurückzuhalten, jene, die anhäuft anhäuft anhäuft ....
Man trinkt Tee. Man raucht Kif. Man bewegt die Hände. Es genügt die Gebärde. Sie geht der Stimme voraus. Das ist ein Bruch mit der Schrift, betonter Bruch, weil man sich der Improvisation bedient. Tatsächlich liegt die Ausdruckskraft in den Händen, in den Augen, die den Raum durchschneiden.

MUSIK 10

ERZÄHLER:
Der Hunger ist im Rif. Die Dürre und der Krieg. Eines Abends bin ich nicht mehr imstande, meine Tränen aufzuhalten. Der Hunger schmerzt mich. Ich lutsche meine Daumen, lutsche und lutsche. Ich erbreche mich, doch nur Speichel sabbert aus meinem Mund.
Meine Mutter sagt immer wieder zu mir: "Schweig! Wir werden nach Tanger auswandern. Dort gibt es viel Brot. Du wirst nicht mehr um Brot weinen, wenn wir in Tanger angekommen sind. Dort essen die Leute sich satt."
Mein Burder Abdelkader weint nicht.
Meine Mutter sagt: "Sieh deinen Bruder Abdelkader an, er weint nicht, und du weinst."
Ich schaue in sein bleiches Gesicht und in seine leeren Augen und höre auf zu weinen. Nach wenigen Augenblicken verläßt mich die Geduld wieder, die ich von ihm geborgt habe.
Mein Vater kommt herein. Er findet mich weinend. Er verpaßt mir Fußtritte und Faustschläge.
"Schweig! Schweig! Schweig! Das Herz deiner Mutter wirst du fressen, du Hurensohn."
Er hebt mich in die Luft. Er schleudert mich auf den Boden. Er tritt mich, bis seine Füße erlahmen und meine Hose durchnäßt ist.
Auf dem Weg in unser Exil, zu Fuß, sahen wir Viehkadaver, um die schwarze Vögel und Hunde ihre Kreise zogen. Ekelhafte Gerüche. Zerfetzte Eingeweide, Gewürm, Blut und Eiter.
Nachts heulten die Schakale in der Nähe des Zeltes, das wir irgendwo aufstellten, dort, wo die Erschöpfung und der Hunger uns zum Halt zwangen. Da und dort begruben die Leute ihre Toten, wo sie soeben gestorben waren.
In Tanger sah ich das viele Brot nicht, das mir meine Mutter versprochen hatte. Der Hunger war auch in diesem Paradies, aber es war kein Hunger, der die Leute umbrachte.
Wenn der Hunger sich mit Gewalt über mich hermachte, ging ich hinaus in unser Viertel Ain Ktiouet. Ich suchte in den Mülleimern nach eßba-ren Resten. Ich traf einen Knaben, in den Mülleimern wühlend wie ich. Sein Kopf und seine Hände voller Pusteln. Barfüßig, Hemd und Hose durchlöchert. Er sagte zu mir: "Die Mülleimer in der Stadt sind besser als die in unserem Quartier. Die Abfälle der Christen sind besser als die der Muslime."
Nach dieser Entdeckung ging ich ab und zu weiter aus unserem Quartier hinaus. Alleine oder zusammen mit den Mülleimerkindern.

SPRECHER:
So beginnt Mohamed Choukris ergreifende Aufzeichnung der eigenen Kindheit, die unter dem Titel "Das nackte Brot" zum ersten mal 1973 in englischer Übertragung durch Paul Bowles veröffentlicht wurde. Mittlerweile wurde sie in neun Sprachen übersetzt und hat heute eine Gesamtauflage von einer Viertelmillion erreicht.
Eine Hungersnot treibt die Familie in die verheißungsvolle Stadt, Tanger. Aber auch hier finden sie nichts als Elend und Armut. Die Mülltonnen machen die herumstreunenden Kinder nicht satt, und so wird Choukris jünge-rem Bruder der Schrei nach Brot zum Verhängnis: Vom Jähzorn der Verzweiflung übermannt, erwürgt ihn der Vater und vertuscht sein Verbrechen. Nach einer Zeit des gemeinsamen Umherstreifens bricht Mohamed Choukri mit seinen Eltern und schlägt sich als Dieb, als Bettler, als Strichjunge und Spieler durch ...

ERZÄHLER:
Es war ungefähr ein Uhr nachmittags, als ich zum Hafen hinunterging. Ich war barfuß. Sehr müde. Ich trank einen Becher Wasser in einem der Hafencafés. Ich sah dort einen Strand, wo Baissar, eine Bohnensuppe, verkauft wurde. Eine einzige Peseta, und ich könnte eine Tasse davon trinken. Ich spüre einen grimmigen Schmerz im Magen. Der Taumel des Hungers und die glühende Sonne machen, daß mir die Dinge vor den Augen verschwim-men. Ich nehme einen kleinen zertretenen Fisch auf. Ich schnuppere daran. Sein Geruch ist zum Erbrechen. Ich ziehe ihm die Haut ab. Ich kaue ihn voller Abscheu. Sein Geschmack ist der Geschmack von Verwesung. Ich kaue ihn und bringe es doch nicht fertig, ihn zu schlucken. Die spitzen Steine schmer-zen mich in den Fußsohlen. Ich kaue den Fisch wie ein Kaugummi. Ich spucke ihn aus. Sein Geschmack bleibt mir im Mund. Ich kaue den Hohlraum in meinem Mund. Ich kaue und kaue. Meine Därme gurgeln, gurgeln und gur-geln. Es ist mir übel, übel und gelbes Wasser läuft mir aus dem Mund und aus der Nase. Ich atme tief ein. Mein Herz schlägt heftig. Eine einzige Zwiebel, und dieses Karussell käme zum Stillstand.
Eine Katze ist besser dran als ich. Sie ist imstande, die Fische vom Abfall zu essen, ohne sich zu erbrechen. Ich werde stehlen und betteln, doch ich bin schon fast sechzehn. Betteln ist das Geschäft der Kinder und der gebrechlichen Alten. Für einen jungen Burschen, der fähig ist zu stehlen, wenn er keine Arbeit findet, ist es schmachvoll zu betteln.
Als ich mich dem Eingang des Friedhofs näherte, dachte ich, dies ist der einzige Ort, wo ich alleine durchs Tor hineingehen kann, wann immer ich will, bei Tag und bei Nacht, ohne irgendwen um die Erlaubnis bitten zu müs-sen. Sie haben recht, wozu auch eine Wache? Da gibt es gar nichts von Wert. Die Toten treiben keinen Handel, fürchten sich nicht, bereiten niemandem Sorgen und streiten sich nicht. Wenn die Welt alt ist, dann ist die ganze Erde ein Grab. In der Stadt ist kein Ort sicherer als der Friedhof. Ich glaube, die Leute achten die toten Seelen höher als die lebendigen.

SPRECHER:
Später wird er, es ist das Jahr 1956, bei einer politischen Demonstration, von deren Zielen er unbeleckt ist, verhaftet. Im Gefängnis lernt Choukri, einund-zwanzigjährig, Schreiben und findet damit Eingang in die Welt der Literatur.

ERZÄHLER:
Unter großem Getöse schloß der Polizist die Tür und die Luke. Ich dachte, dieses gewalttätige Gebaren erschreckt mich nicht mehr. Auf die Dauer achte ich gar nicht mehr darauf, und so ist es auch mit unserer Lage. Hamid zog einen kurzen Bleistift aus der Tasche und begann auf die Wand zu schreiben. Ich fragte ihn: "Was schreibst du?"
"Ich schreibe zwei Verse eines tunesischen Dichters, Abulkasim El Schabi."
"Was sagt dieser Dichter?"
"Hier steht, was er sagt:
Will das Volk eines Tages das Leben
Dann muß auch das Schicksal es hören
Die Nacht muß sich erhellen
Und die Ketten müssen zerspringen."
Ich sagte begeistert: "Wundervoll!"
"Verstehst du, was er sagt?"
"Aber nein! Doch es ist wundervoll. Ich spüre, daß es wundervoll ist." Ich fügte hinzu: "Was ist denn die Bedeutung von dem, was er sagt?"
"Der Wille zum Leben, das ist die Bedeutung."
"Und was bedeutet 'Der Wille zum Leben'?"
"Es bedeutet, wenn ein Volk oder wenn Menschen versklavt sind und Freiheit wollen, dann wird Gott ihnen antworten, wie die Dämmerung auf die Nacht antwortet, und die Ketten werden zerreißen, durch die Kraft des menschlichen Willens."
"Ja, jetzt verstehe ich es."
Ich bemerkte, daß die anderen Burschen dem, was Hamid sagte, aufmerksam folgten.
Ich sagte zu ihm: "Du hast Glück."
Er entgegnete erstaunt: "Ich habe Glück?"
"Ja, du hast Glück!"
"Wieso?"
"Du kannst lesen und schreiben."
"Auch du kannst das lernen, wenn du willst."
Er schrieb etwas anderes an die Wand und fragte mich, indem er mit der Spitze des Bleistiftstummels auf den ersten Buchstaben zeigte: "Was ist das hier?"
"Ich weiß es nicht."
"Das ist alif ."
Dann zeigte er auf den zweiten Buchstaben.
"Und das da?"
"Ich weiß es nicht."
"Das ist der Buchstabe ba . Und das da?
"Ta ."
Er fragte erstaunt: "Woher weißt du das?"
"Ich habe die Leute immer sagen hören: 'alif ba ta' ."
"Du hast recht."
Er sagte: "Mit diesen drei Buchstaben können wir ein paar Wörter bilden, zum Beispiel: ab , Vater, bab , Tür, bata , übernachten."
Er setzte sich und sagte: "Eines Tages werde ich dir das Lesen und das Schreiben beibringen. Du hast die Begabung es zu lernen."

MUSIK 11


SPRECHER:
Mohamed Choukri verdiente sich sein Geld zuerst, indem er Arabisch am Gymnasium unterrichtete; heute arbeitet er als Redakteur einer Literatursendung beim Rundfunk in Tanger. Obwohl er ein sehr zurückgezogenes Leben führt, sieht man ihn oft mit Büchern, Papier und einem Stift in den Cafés der Stadt.
Als Paul Bowles ihm im Sommer 1973 erzählt, daß Tennesse Williams in Tanger sei, entschließt er sich sogleich, den berühmten amerikanischen Schriftsteller aus der Nähe kennenzulernen. Tennessee Williams hatte in Tanger seine bekannten Werke: "Die Katze auf dem heißen Blechdach" und "Plötzlich im letzten Sommer" skizziert. Fast jeden Tag sieht Mohamed Choukri Tennessee Williams. Er gibt ihm sein Buch "Das nackte Brot" zu lesen. Ein paar Tage darauf fragt er ihn:

MOHAMED CHOUKRI:
"Haben Sie weitere Kapitel in meiner Autobiographie gelesen? Ich würde sehr gerne wissen, was Sie darüber denken."
"Das gefällt mir sehr."
"Es ist das erste Buch, das ich veröffentliche."
"Schreiben Sie nur in arabisch?"
"Ja. Ich könnte nicht in einer anderen Sprache schreiben. Das ist eine Frage des Stils und meinen Stil habe ich mir in arabisch angeeignet."
"Ich verstehe."

SPRECHER:
Eine Woche später, am 1. August 1973 schreibt Choukri:

MOHAMED CHOUKRI:
Ich treffe Tennessee in der Avenue Mohamed-V. Er gibt mir ein Blatt Papier. Darauf hat er mit Schreibmaschine seine Meinung über "Das nackte Brot" getippt. "Ein aus dem Leben gegriffenes und erschütterndes Dokument über die menschliche Verzweiflung."
Ich lese und er sagt lachend:
"Voilà, eine Sentenz, die den Verkauf des Buches begünstigen wird."
Er lacht.
"Werden Sie die Rechte mit mir teilen, wenn es sich gut verkauft?"
"Natürlich. Vor allen Dingen wenn Sie für das Buch einen guten Verleger in den Vereinigten Staaten finden."
SPRECHER:
Die ersten Bücher, die unter seinem Namen erschienen, konnte Mohamed Choukri selbst nicht lesen. Es waren eben die englischen Übertragungen von Paul Bowles, der seinerseits die Originale nicht lesen konnte und statt dessen übersetzte, was ihm Choukri in spanischer Sprache diktierte. Aber auch als sein autobiographischer Roman zum erstenmal in einer Übersetzung aus dem arabischen Original erschien, erkannte sich Choukri über weite Strecken kaum wieder. Und doch diente diese französische Fassung als Vorlage für Übersetzungen in sechs weitere Sprachen. - Es mußten allerdings vierzehn Jahre vergehen, ehe sein erstes Buch in Marokko gedruckt wurde. Mittlerweile sind es vier, zwei davon schon wieder verboten, darunter auch das letzte, das mit seinen ältesten Geschichten. Es erschien 1985 in Casablanca, wie die anderen drei im Eigenverlag, finanziert mit Einkünften aus den Übersetzungen von "Das nackte Brot".
Die wenigen einheimischen Künstler und Schriftsteller haben in ihrem eigenen Land kaum eine Chance. Paul Bowles sagt:

PAUL BOWLES:
Sie werden hier nicht gewürdigt. Es gibt keine Tradition in der Richtung. Man will hier nicht kreativ sein, etwas Eigenständiges schaffen oder auch nur be-wahren. Man kann kein Buch schreiben, denn es gibt nur ein Buch, den Koran. Man kann keine Bilder malen oder Skulpturen schaffen, denn das verbietet der Koran. All dies ist heute nicht mehr so streng wie noch vor we-nigen Jahren, aber die öffentliche Haltung diesen Dingen gegenüber hat sich kaum gewandelt.

SPRECHER:
Sehr viele der jüngeren Schriftsteller in Marokko haben mit einer Autobiografie begonnen - kein Zufall in einem Land, das auf der Suche nach einer neuen Identität ist. Und gleichzeitig wird dabei dem Wunsch nach einer gewissen Zweideutigkeit Rechnung getragen. Fiktion oder Realität. Der Schriftsteller rechnet mit sich selbst und mit seiner Gesellschaft ab. Und auch der marokkanische Leser, auf der Suche nach einem Selbstbildnis, erkennt sich in den Werken seiner Autoren und in dem Wunsch nach Zweideutigkeit wieder.
Und wieder begegnen wir dem Problem der Sprache. Es heißt ja, daß die Muttersprache schützend wirkt, während eine fremde Sprache befreit und ent-heiligt. Insofern kann man sagen, daß die französische Sprache in Marokko den Weg freigegeben hat vom Heiligen zum Profanen, vom Koran zur weltli-chen Literatur. Und die Profanation des Wortes, des Buches, durch die Schriften der Laien, wird so notwendigerweise vom Bruch eines Tabus begleitet gegen den sich häufig die Zensur wendet. - Das obskure Vergnügen am Verbotenen.
Vielleicht kann Mohamed Choukris alptraumartige Geschichte "Die Dichter" uns ein Bild des materiellen und des psychischen Zustandes geben, in der sich Schriftsteller und Intellektuelle in Marokko heute befinden:

ERZÄHLER:
Die Menge wartet auf den Zug der Dichter. An der Hauptstraße steht eine Bühne auf dem Gehsteig, oben liegen auf einem Tisch Bücher mit den Nummern der Dichter. Daneben steht eine Mülltonne. Die Masse steht schweigend, dichtgedrängt. Die Leute beugen sich vor und recken die Hälse, um die Straße hinunterzuspähen. Das Gedränge nimmt zu. Sie hängen und kleben zusammen über dem Asphalt. Sie flüstern miteinander.
Da kommt der Dichterzug in Sicht. Er ist von Wächtern begleitet.
"Sechs Dichter."
"Sieben!"
"Nein, acht. Neun. Neun Dichter sind es!"
Die Blicke der Menge begegnen den Blicken der Dichter, die Augen der Dichter ruhen in den Augen der Menge.
"Sieh, wie lang ihre Haare und Bärte sind."
"Sicher waren sie an einem Ort gefangen, wo sie kaum die Sonne sahen und kaum Luft zum Atmen hatten."
Eine Menschenmenge dieser Art hat es hier noch nie gegeben. Das darüber lastende Schweigen ist an diesem Tag von besonderer Menschlichkeit. Sogar die Schritte der Wächter und der Dichter sind deutlich zu vernehmen. Die Leute trauen ihren Augen kaum. Auch die Kinder sind ganz still. Ihre Münder stehen offen. Irgendein Säugling beginnt zu weinen. Die Frau nebenan legt ihm sofort die Hand auf den Mund und ermahnt ihn zum Schweigen. Die Dichter tragen einen schwarzen Überwurf, der vorn und hinten mit einer großen, weißen Nummer versehen ist. Vier der Wächter stei-gen die hölzernen Treppenstufen zu der Bühne hinauf, dahinter der Zug der Dichter und der Rest der Wachen. Die Wächter stellen sich in einer Reihe vor dem Volk auf. Dann ruft der Kommandant den Dichter Nummer eins auf.
"Tritt vor und wirf deine Bücher in die Tonne!"
Der Dichter verharrt bewegungslos. Der Erste Wächter wiederholt seinen Befehl ein zweites und ein drittes Mal mit lauterer Stimme - ohne Erfolg. Drohend blickt er auf den Dichter Nummer eins. Dann gibt er dem Bücher-Abfuhrmann einen Wink. Der tritt vor und nimmt zwei Bücher in die Hand, auf die in weißer Farbe auf schwarzem Papier eine Eins gemalt ist. Mit Hingabe wirft er sie in die Mülltonne.
Die Stimme des Ersten Wächters wird zorniger mit jeder Nummer, die er aufruft. Der Bücher-Abfuhrmann spuckt auf einen Band, bevor er ihn in die Tonne wirft. Die Menge wird unruhig, die Kinder beginnen zu weinen, Protest wird laut. Der Erste Wächter flüstert etwas ins Ohr des Abfuhrmannes. Alle Dichter haben sich geweigert. Dann herrscht wieder Schweigen. Die Blicke der Dichter begegnen den Blicken der Menge, die Augen der Masse ruhen in den Augen der Dichter.
Und wie sie hinaufgeklettert sind, steigen sie wieder von der Bühne herunter, um dorthin zurückzukehren, woher sie gekommen sind.

MUSIK 12

SPRECHER:
Der 1938 in el Jadida, südlich von Casablanca, geborene Schriftsteller Abdelkebir Khatibi hat sich für beide Sprachen entschieden: französisch und arabisch. Er bestätigt damit, daß er zwei Kulturen angehört und verlangt dazu natürlich auch sein Recht auf Zweideutigkeit. Wie alle marokkanischen Schriftsteller kommt er aus der Tradition des Islams und der mündlichen Kultur. Abdelkebir Khatibi sagt:

ABDELKEBIR KHATIBI:
Literatur kann weder revolutionär noch konservativ sein: sie besitzt einen eigenen Rhythmus, der sozusagen unterirdisch das Leben durchdringt. Schließlich kann man ein Volk nicht mit Hilfe einer Sprache befreien, die ihm unverständlich erscheint und die über alle seine Probleme hinwegfegt. Allein in der mündlichen Literatur drückt das marokkanische Volk seine ganze, ihm ei-gene Lebensfreude aus.

SPRECHER:
Abdelkébir Khatibi hat vor zehn Jahren einen Roman geschrieben mit dem Titel "Die zweisprachige Liebe". Der Roman erzählt nicht nur die Leidenschaften zweier Liebenden aus verschiedensprachigen Ländern, sondern auch die Leidenschaften zweier Sprachen, zweier Kulturen. Der Roman aktuali-siert auf diese Weise das folgenschwere Dilemma der Zweisprachigkeit, mit dem die marokkanischen Schriftsteller sich seit den Tagen der Unabhängigkeit ständig auseinandersetzen müssen. Noch immer herrscht die Voreingenommenheit, marokkanische Schriftsteller seien sprachliche Mischlinge. Noch immer beschuldigt man sie - heute ganz zu unrecht allerdings - das Spiel der Neokolonialisten mitzumachen. Für Khatibi ist die "Zwei-Sprache" keine Bastardisierung entweder des Arabischen oder des Französischen, sondern eine Fusion zweier Seelen, die Vereinigung eines ungleichen Paares.

ABDELKEBIR KHATIBI:
Die Zwei-Sprache? Sie ist mein Glück, mein persönlicher Abgrund, aber auch meine wunderbare Fähigkeit zu vergessen. Eine Fähigkeit, die ich nicht, und das ist merkwürdig, als Mangel spüre; es ist als sei sie mein drittes Auge. Von einer Art Zersetzung verfolgt, ist es als hätte ich mich in eine gegensätzliche Richtung entwickelt, losgelöst von der Möglichkeit nur einer einzigen Sprache. Deshalb bewundere ich beim Blinden die Erhabenheit der Geste und beim Tauben, die verzweifelte und unmögliche Liebe zur Sprache.
Ein geheimer und überspannter Gedanke, der mich nicht mehr losläßt und der mir folgendes aufdrängt: jede Sprache sollte zweisprachig sein! Unsymmetrie von Körper und Sprache, von Wort und Schrift, an der Grenze des Unübersetzbaren.

SPRECHER:
Was Abdelkébir Khatibi hier als utopischen Gedanken ausspricht: "jede Sprache sollte zweisprachig sein!" - das hat sich in etlichen Sprachen unserer Zeit, selbst in den europäischen, schon ein wenig verwirklicht; und sicher wird es mit der Aufhebung der geographischen Grenzen auch eine Art Aufhebung der sprachlichen Grenzen geben. In Zukunft könnte es für viele - besonders für Schriftsteller - zu einer Notwendigkeit werden: die Seelen mehrerer Sprachen in sich zu vereinen und mit ihnen zu leben, sich durch sie auszudrücken.

MUSIK 13

SPRECHER:
Fès, etwa 800 nach Christus gegründet, war lange Zeit die intellektuelle Hauptstadt des Königreichs Marokko. Jahrhundertelang wurde hier die kulturelle und politische Elite des Landes herangebildet. Und von hier ging in den vierziger Jahren der marokkanische Nationalismus aus. Aus seiner Universität, die älter ist als die Sorbonne in Paris, gingen große arabische Theologen und Schriftgelehrte hervor. Hier unterrichtete vor mehr als 500 Jahren Ibn Khaldun, der Begründer der modernen Soziologie. Hier erfanden Mathematiker die Null. Hier entstand die Basis zum gregorianischen Kalender.
Fès ist wie das scheinbare Labyrinth einer Arabeske. Tritt man in eine der schmalen Gassen, dann wird man sogleich in ihren Puls versetzt und weggeschwemmt in den Kreislauf dieser lebendigsten aller marokkanischen Städte. Man spürt Verwirrung, man sucht und verliert sich dabei in abgelegene Winkel - doch plötzlich findet man sich wieder und glaubt sich da, wo man schon einmal war. Es ist wie der laufende Blick über die Linien einer Arabeske: ein andauerndes Sich-Verlieren, -Suchen und Sich-Wiederfinden. Dazwischen klopft es überall, kocht es, riecht es. Scharfe Gerüche, Gerüche von Fäulnis und Chemie, von Feuer, Rauch und von faulendem Wasser, Schweiß und Exkrementen, erfüllen die Luft. Aber auch süße Gerüche, von Blütenkonzentraten, Räucherstäbchen, hundert Gewürzen und überall und immer wieder der erfrischende Duft der Minze. Und steht man außen, vor den antiken Mauern, dann sieht man die heilige Stadt Fès immer unterhalb, tief in ihr Tal gebettet, dann klingen von unten die Geräusche der Stadt herauf, die wir heute meist verlernt haben zu hören - im überlagernden, übertönenden Motorenlärm unserer Städte.

MUSIK 14

ERZÄHLER:
Geräusche. Schrille oder tonlose Stimmen. Vulgäres Lachen, die betäubenden Schlager aus Radiogeräten. Eimer Wasser in den Hof geschüttet. Kinder, die eine blinde Katze oder einen dreibeinigen Hund quälen, der sich in diese Gäßchen verirrt hat, in denen sich Tiere und Verrückte wie in einer Falle fangen. Die Klagen und Wehrufe der Bettler. Der Gebetsruf, der fünfmal täglich über schlechte Lautsprecher kreischt. Das ist kein Gebetsruf mehr, sondern ein Aufruf zur Revolte.

SPRECHER:
Tahar Ben Jelloun, ein Sohn der Stadt, sagt ....

TAHAR BEN JELLOUN:
Fès, das vom Propheten erwählte!
Er soll es so genannt haben, auf seinem Pferd in der Nacht der Himmelsreise.
Mohammeds Wort fiel auf dieses Gebiet, ein von Geisteskeimen und -körnern weißer Fleck. Es wurde in dem Vorvätergedächtnis bewahrt und war somit Wiege, Schmelztiegel von Leidenschaften.
Diese Stadt, von der immer die Macht ausgegangen ist, befindet sich gegen-wärtig vergraben im Kindbett des Vergessens. Das Protektorat hat sie erst in zwei Hälften teilen wollen, indem es sie in die äußersten Bezirke des Andersseins verlegte; es hat, etwa achttausend Meter von der alten entfernt, eine Stadt nach eigenem Bild geschaffen, in der Tradition kolonialer Häßlichkeit. Es hat sie sogar mit Bewohnern von Fès, die lieber einen Wagen fahren als einen Maulesel treiben, bevölkern können. Die ersten Familien, die in die neue Stadt übersiedelten, waren jene, die die Christen, die Träger der Modernität und der neuen Unterschiede, recht gern mochten. Bald werden die-selben Familien auf die Entdeckung des freien Wettbewerbs und des Gewinns anderenorts stoßen: Casablanca, Dakar, Mekka ...
Die Lektüre von Fès wird zum Verlust von Worten und von Steinen.
Der Satz ist eine Straße, die vom Zufall der Geschicht


Augen zu und durch
Besucht: www.marokko-portal.de
Re: Über das Schreiben in Marokko #18021
20/02/01 12:42 PM
20/02/01 12:42 PM
Joined: Feb 2001
Posts: 792
N
A
Anna Norge Offline
Mitglied
Anna Norge  Offline
Mitglied
A

Joined: Feb 2001
Posts: 792
N
مرحبا, محمد! Hallo, Mohammed!

Na, ob jetzt wohl hier arabische Schrift erscheint? Die Zeichensetzung geht ihre eigenen Wege und ich wage auch nicht arabischen Text nach rechts zu justieren. Das würde mir das Board-Datenprogramm wahrscheinlich übel nehmen.

Ich wollte dir "Danke" sagen, für den Beitrag "Über das Schreiben in Marokko"!
Ich habe mir den Text gerade ausgedruckt, damit ich ihn in Ruhe bei einer Tasse "Café au lait" lesen kann.

Auf der letzten Seite fiel mir der Ausdruck "Geschichtenerzähler" ins Auge. Das ist genau die Person, die wir für das Thema "Es war einmal - Märchen aus Marokko" brauchen!

Gruss von Anna

Re: Über das Schreiben in Marokko #18022
25/06/01 07:36 PM
25/06/01 07:36 PM
Joined: Feb 2001
Posts: 792
N
A
Anna Norge Offline
Mitglied
Anna Norge  Offline
Mitglied
A

Joined: Feb 2001
Posts: 792
N
Hallo, alle Buchfreunde!

Als Ergänzung zu den Literaturthemen der letzten Zeit möchte ich diesen Beitrag von Mohammed wieder nach oben stellen.
Hier findet ihr viele interessante Hinweise auf Literatur in Marokko.

Gruss von Anna \:\)


Search

Forum Statistics
Forums17
Topics18,515
Posts164,845
Members9,959
Most Online12,010
Dec 24th, 2014
Popular Topics(Views)
611,701 Strassenverkehr
Bildergalerie
Marokkoreise KaterKarlo ab 17.03.2016
Flechte als Gewürz
https://goo.gl/maps/xxwhc
Powered by UBB.threads™ PHP Forum Software 7.7.1