Der König eines asiatischen Landes hatte an seinem Hof einen weisen Berater, der im Lauf der Zeit sogar sein Freund wurde.

Eines Tages, als sie wieder einmal auf der Jagd durch den Dschungel waren, trennte sich der König beim Durchschreiten des Dschungels versehentlich mit seiner Machete die Hälfte der linken Hand ab. Er blutete stark und schrie vor Schmerz. Doch sein Freund entgegnete lediglich: „Nimm es einfach von der positiven Seite. Vielleicht ist es ja einmal von Vorteil für Dich, dass dieser Unfall heute passierte. Deshalb hör auf zu jammern und freu Dich!“ Daraufhin wurde der König angesichts seiner verkrüppelten Hand sehr wütend und schmiss seinen Berater in den Kerker.

Die Zeit verging und manchmal dachte der König voller Wehmut zurück an die schönen, gemeinsamen Tage. Immer öfter kam ihm der Gedanke, er könnte seinen Berater vielleicht begnadigen, doch sein Stolz ließ es noch nicht zu.

Eines Tages schritt er wieder einmal alleine durch den Dschungel als ihn ein paar Kannibalen eines Urwaldstammes gefangen nahmen. Sie brachten ihn in ihr Dorf und wollen ihn aufessen. Doch da entdeckte der Häuptling die verkrüppelte Hand des Königs. „Mit einem solchen Opfer werden wir die Götter nur zornig stimmen“, beschließt er und lässt den König wieder laufen.

Daraufhin entließ der König sofort seinen Berater aus dem Kerker und entschuldigt sich bei ihm: „Du hattest Recht, ohne den damaligen Unfall und meine verkrüppelte Hand wäre ich jetzt tot. Aber sag mal, nachdem Du so lange Zeit im Kerker verbracht hast, musst Du doch ziemlich böse auf mich sein.“

„Warum denn? Ich bin Dir sogar sehr dankbar, denn wenn Du mich nicht in den Kerker gesperrt hättest, hätte ich Dich bei der Jagd begleitet und dann hätten sie mich jetzt geopfert und aufgegessen…“


Jürgen Höller