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Visum
Schwer verliebt oder Scheinehe?

Eine Schwerinerin kämpft gegen einen bösen Verdacht der Behörden: Die können sich kaum vorstellen, dass eine 52-jährige Deutsche und ein 26-Jähriger aus Marokko eine aufrichtige Liebe verbindet.

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Astrit Markert aus Schwerin hat mit ihrem Ehemann Aziz Ettajouar jeden Tag per Internettelefonie Kontakt.
Bild: dpa

Schwerin Ist es denkbar, dass eine 52-jährige Frau und ein 26-jähriger Mann sich ineinander verlieben, heiraten und gemeinsam leben? Für deutsche Behörden ist dies schlecht vorstellbar, auch wenn der umgekehrte Fall - älterer Mann liebt viel jüngere Frau - üblich und gesellschaftlich akzeptiert ist.

In Mecklenburg-Vorpommern, wo das Innenministerium und die Schweriner Ausländerbehörde Astrit Markert und ihrem Mann Aziz Ettaoujar eine Scheinehe unterstellen, ist Ministerpräsident Erwin Sellering 26 Jahre älter als seine Frau, Agrarminister Till Backhaus ist 24 Jahre älter. „Ich fühle mich als Frau diskriminiert“, sagt Astrit Markert.

Allerdings haben die Politiker deutsche Frauen geheiratet, während die Angestellte eines Schweriner Call Centers einen Marokkaner liebt. 16 Monate nach der Eheschließung in Marokko verweigert Deutschland ihm noch immer ein Visum, um in die gemeinsame Wohnung nach Schwerin zu ziehen. Dabei schützt das deutsche Grundgesetz das Recht auf familiäres Zusammenleben.

Wie viele Single-Frauen ihres Alters, die nicht allein sein wollen, suchte und fand Astrit Markert ihre Liebe 2010 im Internet. Nach einer Zeit des Kennenlernens im Netz flog sie nach Marokko. Sie hätten sich sofort bestens verstanden, berichtet die Frau mit dem schulterlangen Haar. Seitdem habe sie jeden Urlaubstag in Marokko verbracht, habe Überstunden geschoben, um die gemeinsame freie Zeit zu verlängern. Allerdings habe sie dann einen riesigen Fehler gemacht, bekennt sie.

Er wendet sich eines Tages ab, ohne Gründe zu nennen. Sie provoziert ihn, macht ihn eifersüchtig mit einem anderen Marokkaner, der sie sofort heiraten will. Sie habe ihm zugesagt, zum Schein. „Aber der wollte wirklich nur ein Visum“, urteilt sie. Letztlich erreicht sie, was sie bezweckt: Aziz kehrt zu ihr zurück, macht ihr einen Heiratsantrag. Im Januar 2013 wird mit seiner Familie in Marokko Hochzeit gefeiert. Die Fotos hat sie im Wohnzimmer immer im Blick.

Im Gegensatz zu ihrem Mann können die Behörden Astrit Markert ihren Fehler nicht verzeihen. Es sei vor allem diese kurze Affäre, die für die Ausländerbehörde in Schwerin, das Innenministerium und die deutsche Botschaft die Schutzwürdigkeit ihrer Ehe in Frage stellt, teilt ihr der Petitionsausschuss des Landtages unter Berufung auf eine Stellungnahme des Innenministeriums mit. Sein Verhalten, dass er der Frau verzeihe, passe nicht zur Kultur eines Moslems. Auch dass ihr Mann noch nie in Deutschland war, obwohl er hier leben wolle, wirft man ihm vor.

Eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz listet Indizien für eine Scheinehe auf - nichts davon trifft auf die Eheleute zu. Lediglich unter weiteren Punkten, die manche Ausländerbehörden als Anfangsverdacht werten, wird die „Heirat im Herkunftsland“ und bei der Hamburger Behörde ein „substanzieller Altersunterschied“ genannt.

Ihr erster Anwalt empfahl der Schwerinerin, doch nach Marokko auszuwandern. „Das möchte ich nicht, dort bin ich als Frau nicht frei“, sagt sie. „Hier habe ich eine gute Arbeit, eine schöne Wohnung. Nur mein Mann fehlt mir.“ Aber wie soll sie ihre Liebe behördlich beweisen?

Das fragt sich auch die Vize-Vorsitzende des Petitionsausschusses im Schweriner Landtag, Barbara Borchardt (Linke). Aus den Akten weiß sie, dass Astrit Markert viel Kraft und Geld, etwa in Anwälte und Gerichtsprozesse, investiert hat, um mit ihrem Mann zusammenzuleben. Sie empfiehlt der 52-Jährigen, im Petitionsausschuss eine zweite Beratung zu beantragen, in der Regierungsvertreter darlegen sollen, wie sie zu der Einschätzung „Scheinehe“ kommen. Deutschland geht nach ihrer Ansicht kein Risiko ein, wenn es den Mann einreisen lässt.

2012 zogen einer Studie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zufolge 430 Ehemänner und 621 Ehefrauen aus Marokko nach Deutschland. Insgesamt zogen rund 37.900 ausländische Ehegatten nach Deutschland. Von bundesweit 994 Verdachtsfällen auf Scheinehe 2010 betrafen laut Studie 25 Fälle Marokkaner.

Das Paar Markert-Ettaoujar führt inzwischen eine Bildschirm-Ehe. Beide skypen täglich, reden über alles. „Wir möchten zeigen, dass wir eine echte Ehe führen“, sagt Aziz Ettaoujar über Skype. Seitdem er seine Astrit kennt, hat er in Marokko am Goethe-Institut Deutsch gelernt. Er spricht und schreibt Deutsch, möchte in Schwerin arbeiten - entweder in seinem Beruf als Friseur oder etwas anderes.

Von ihrem Mann abgesehen, steht Astrit Markert mittlerweile ziemlich alleine da. Sie verlässt kaum noch die Wohnung. Mit ihrer Familie habe sie weitgehend gebrochen - mit der Tochter wegen ihres jungen Mannes. Sie habe wunderbare Kollegen, die ihr beim Umzug halfen, berichtet sie. Doch sind die Stimmen in der Firma gespalten: „Teils, teils. Manche verstehen sie, andere nicht“, sagt der stellvertretende Betriebsrat Steffen Bulß.

Ihr Arzt bescheinigt Astrit Markert, dass eine Besserung ihrer psychologischen Beschwerden ohne die Lösung des Visum-Problems nicht zu erreichen sei. Sie selbst klammert sich emotional an die Familie in Marokko: Von dort erfahre sie große Zuneigung, berichtet sie. Ansonsten setzt sie ihre Hoffnungen ganz auf ihren neuen Anwalt in Bonn.

Grüße
Zora