Zur Zeit lese ich den Koran. Zum einen habe ich eine Übersetzung von Max Henning (Reclam), zum anderen lese ich dazu den Koran für Nichtmuslime. Der ist eine Bearbeitung von Michael Celler (Frankfurt 2009). Sehr interessant ist hierbei für mich, dass durch zusätzliche Beiträge bestimmte Sachverhalte der Religion erklärt bzw. vertieft werden. Durch Fussnoten werden Textstellen nochmal erklärt bzw. Hintergründe der Entstehung dargelegt.

Die Lektüre beider finde ich sehr interessant und faszinierend. Manche Stellen finde ich auch befremdlich. Hier ganz besonders die vielen Textstellen, in denen die Hölle beschrieben wird. Da bekomme ich beim Lesen eine leichte Gänsehaut. Auf der anderen Seite halte ich den Koran für fortschrittlich.
Auf jeden Fall würde ich mich hier gern austauschen, da noch einige Fragen offen bleiben.

So z.B.:

Muss man nach dem Tod auf den jüngsten Tag (der für alle Muslime gleich ist?) warten oder ist der Zeitpunkt des jüngsten Tages für alle unterschiedlich?

Wenn man eine große Sünde begangen hat, sie aber zutiefst bereut- verzeiht Allah immer oder kann man auch mit großer Reue in die Hölle kommen?

Sind mit "Nebengötter" heute auch Dinge wie: Streben nach Macht, nach Geld etc. gemeint?

Interessant finde ich auch die Stellung Jesus.

Ich selber bin Christin. Ich lese aus Interesse den Koran. Manchmal lese ich auch Stellen aus der Bibel, die im Koran wiederzufinden sind. Dabei stelle ich fest, dass es viele Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Religionen gibt (z.B. Respekt gegenüber den Eltern, Sorge um arme Menschen etc.)

Ich würde mich über eine regen Austausch freuen.

Lyra

Hallo

Dann wird in die Posaune gestoßen und sogleich kommen sie aus den Gräbern zu ihrem Herrn herbeigeeilt. ( Sura 36/51)


Anas, Allahs Wohlgefallen auf ihm, berichtete, dass der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, sagte: "Wenn der Diener (Allahs) in sein Grab gebettet worden ist, seine Gefährten die Beerdigung beendet haben und dabei sind, wegzugehen - so dass der Verstorbene selbst ihre Schritte hört, kommen zu ihm zwei Engel, die ihn aufrecht setzen und befragen: »Was pflegtest du über diesen Mann Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, zu sagen?« Er sagt dann: »Ich bezeuge, dass er der Diener Allahs und Sein Gesandter ist.« Es wird zu ihm gesagt: »Schau hin zu deinem Sitz im Höllenfeuer! Allah hat dir stattdessen einen Sitz im Paradies gegeben!« Der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, sagte weiter: "Er sieht dann alle beide! Was den Ungläubigen - oder den Heuchler - angeht, so beantwortet dieser die Frage so: »Ich weiß es nicht! Ich habe nur das gesagt, was die Menschen zu sagen pflegten!« Es wird zu ihm gesagt: »Du weißt nichts und sprichst nichts!« Dann wird ihm mit einem Eisenhammer ein Schlag zwischen seine beiden Ohren versetzt, der ihn so schreien lässt, dass alle in seiner näheren Umgebung, mit Ausnahme der beiden Erdbewohner, ihn hören." (Bukhari)

Wie du an dem Koranvers siehst, ist der jüngste Tag für alle der gleiche Tag. Aber die Befragung über das eigene Leben beginnt schon im Grab direkt nach dem Begräbnis. Im Islam muss man ja auch am Todestag beerdigt werden bzw. wenn man nachmittags oder abends stirbt spätestens am nächsten Vormittag.

Jede Sure im Koran beginnt mit Bismillahi arrahmani arrahim = im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Allbarmherzigen. Und im Koran steht auch, dass wenn man bereut, Allah einem vergeben wird.
Um den Islam und den Koran besser zu verstehen, solltest du noch in der Sunna, die Taten und Aussprüche des Propheten Muhammad, lesen. Und auch in einem Tafsir, dieser erklärt die einzelnen Suren des Korans genauer. Unter www.alhamdulillah.net findest du, wenn du eine Sure eingibst immer den Tafsir dazu. Auf dieser Seite findest du auch Ahadith (also so heißen die einzelnen Aussprüche des Propheten, Singular Hadith, Plural Ahadith).

Jesus war für mich auch sehr interessant, er ist ein Grund, warum ich zum Islam konvertiert bin. Beim Christentum habe ich nie verstanden, wie Jesus Mensch sein kann, aber dennoch Gottes Sohn sein soll. Hörte sich für mich ein wenig nach griechischer Mythologie an, da gibt es ja auch einige Halbgötter. Zudem finde ich es schrecklich, dass er für die von Adam und Eva begangene Erbsünde sterben sollte, allein schon, dass es diese Erbsünde gibt ist ein Problem für mich. Und ein weiteres großes Problem war für mich die Trinität, die ja auch wieder mit Jesus zusammenhängt.

Streben nach Macht und Geld können auch Nebengötter sein, je nachdem wie stark das ausgeprägt ist. Geld oder Macht zu haben, zu erlangen ist keine Schande, aber wenn man immer mehr haben will ohne Rücksicht auf Verluste und dies immer wichtiger wird und vor allem wichtiger wird als Gott, dann ist es vielleicht schon mehr als ein Nebengott.

Liebe Grüße
Tahira

Salam,

ich kann tahira nur zustimmen in allem und einiges ergänzen.

Mit der Reclamausgabe habe ich auch angefangen und konnte nichts damit anfangen.

Ich habe dann eine zweisprachige Ausgabe gekauft, eine Seite deutsch, eine arabisch. Da bekam man schon beim Lesen ein anderes Gefühl dazu.

Danach einen Tafsir.

Und dann die Hadithe von Bukhari.

Und habe angefangen, konkrete Fragen, zum Teil idiotische, in Foren zu stellen. Und seit einem Jahr treffe ich mich mit anderen Frauen, die habe ich kennengelernt, als ich in der Moschee anrief, und wir lesen Abschnitte und reden darüber. Das hat mich am meisten weitergebracht. Wir sind auch nicht alle Muslimas, am Anfang war ich das auch nicht. Der Kreis ist offen und ich liebe diese Gespräche, die für jede Kritik oder Frage offen sind.

Ich stelle immer noch viele viele Fragen. Eine der Antworten, die ich auf die von Dir gestellte Frage bekam: es liegt bei Allah allein, ob er verzeiht oder nicht. Allah ist gütig.
Der große Unterschied zur Kirche ist aber auch: mit bestimmter Buße kannst Du nicht sicher sein, daß Du nicht in die Hölle kommst. Darum sollst Du Dich immer bemühen. Bestes Gegenbeispiel zu Ablassbriefen...

Soviel für jetzt
B.

Wa alaikum salam

@brunhilde99
Ich habe auch mit der Reclamausgabe angefangen. Und anfangs auch "idiotische" Fragen gestellt, vor allem an meinen Mann. Und die Ruhe und Gelassenheit, mit der er mir geantwortet hat, auch auf idiotische Fragen, haben mich sehr beeindruckt.