Deutsche Primärtugenden*
Auffällig unauffällige Täter Der typische Täter struktureller Korruption (Siemens) ist überwiegend
- männlich
- deutsch
- nicht vorbestraft
- keine Schulden (zumindest nicht bekannt)
- gewisse Macht- und Entscheidungsbefugnisse in Unternehmen und Verwaltung
- ehrgeizig, investieren viel Zeit in ihren Beruf, meist Fachkompetenz
- eher „Aufsteiger“, oft 2. Bildungsweg, viele Aus- und Fortbildungen, aber auch Vorstandsmitglieder
- mit Korruptionsstrukturen über 10 - 20 Jahre vertraut
- legen Wert auf gesellschaftlichen Status, hoher Lebensstandard
- keine illegalen Wertvorstellungen
- verstehen sich nicht als illegal handelnd, ausgeprägte Rechtfertigungs- und
Neutralisierungstechniken
Die typischen Täter sind überwiegend männlich. Die Täter sind fast ausschließlich deutsch (85,6 Prozent), nimmt man die Ausländerbehörden- und Führerscheinverfahren heraus, war nur ein nicht deutscher Verurteilter unter den Tätern. Oft waren die Täter verheiratet und lebten, wie es in den Urteilen häufig ausgeführt wird, „in geordneten Verhältnissen“. Ihre Ausbildung war überwiegend gut bis sehr gut. Sie verfügten meistens über gute Fachkenntnisse und hatten bestimmte Einflussebenen als Unternehmer oder Selbständige, in Unternehmen oder in
Verwaltungspositionen erreicht.
Es ist auffällig, dass sie beruflich als sehr ehrgeizig beschrieben wurden und viel Zeit in ihren Beruf investierten. Sie zeichnen sich also deutlich durch Fachkompetenz und Engagement aus und werden von Kollegen und Bekannten als erfahren, „korrekt“ und eher penibel beschrieben. Sie sind Personen, die in Vorgesetztenpositionen streng und „pingelig“ Unkorrektheiten und Nachlässigkeiten anderer kritisieren (oft vor anderen Anwesenden) und nach außen sehr angepasst wirken. Häufig findet
man eher „Aufsteiger“, die sehr ehrgeizig Priorität auf die berufliche Entwicklung legen. Sie werden als engagiert, aber auch als herrisch und durchsetzungsstark beschrieben. Über den Leiter einer Straßenmeisterei, der jahrelang drei Unternehmer regelrecht erpresste, immer höhere Summen an ihn zu zahlen, sagte sein Stellvertreter: „Er betonte das Sie-Verhältnis, war distanziert; M war immer Chef geblieben, er war sehr rechthaberisch und konnte laut werden.“
Josi
*aus:
Korruption in Deutschland
Professor Britta Bannenberg
Empirische Ergebnisse
Die Analyse einer bundesweiten strafrechtlich-empirischen Studie über Korruption beruht auf mehr als 100 Strafverfahren aus 14 Bundesländern mit 436 Beschuldigten. Das Ziel der Untersuchung lag darin, Erkenntnisse über das Hellfeld der Korruption aus Strafakten zu gewinnen