Hallo Waleska,

ich wollte dir schon eher etwas zu deiner Frage schreiben, hatte aber einfach keine Zeit. So hoffe ich, dass du trotzdem noch mal hier reinschaust.

Auch ich war 1999 mehrere Monate alleine in Marokko unterwegs und habe aus dieser Zeit großen persönlichen Gewinn gezogen. Was heißt „alleine“? Du wirst in Marokko nicht lange „alleine“ bleiben, denn – da stimme ich ausnahmsweise mal Ibn Rushd zu – Marokko ist ein sehr gastfreundliches, „fremdenfreundliches“ Land, d.h. du wirst mit Sicherheit schnell Leute/Freunde kennen lernen, zumal durch dein Praktikum soziale Kontakte ja schon gegeben sind.

Trotzdem schreibe ich hier nicht, um in den „Alles kein Problem“-Reigen einzustimmen. Ich denke, je nachdem was für ein Typ du bist, wo deine persönlichen Grenzen sind, kann es schon zu Problemen kommen, bzw. ist es sicherlich sinnvoll sich mit bestimmten Dingen vorab auseinander zu setzen – was du ja gewissermaßen durch deine Fragen hier im Forum schon tust.
Eines ist gewiss: Um Leib und Leben brauchst du dir in Marokko keine Sorgen zu machen – jedenfalls nicht mehr als an irgend einem anderen Ort. Vielleicht sogar eher weniger.
Was dir aber begegnen wird ist „Anmache“, einmal mehr wenn du einigermaßen blond und erkennbar europäisch bist. Nun „Anmache“ gibt es überall, sie funktioniert nur nach unterschiedlichen Mustern und du wirst einen Umgang in Marokko damit finden müssen.
Ich kenne Urlauberinnen, die sich davon massiv gestört gefühlt haben und denen dadurch ihr Aufenthalt zum Graus wurde. Denen empfehle ich meist nicht mehr nach Marokko zu reisen.
Du hast dich aber entschlossen ein Praktikum dort zu machen, von daher nehme ich an, dass du bereits mehr Bezug zu dem Land hast.
Nun kann es ja sein, dass du durchaus „offen“ für Avancen bist, dann wird es dich vielleicht ohnehin gar nicht stören angesprochen zu werden. Wenn es dir doch zuviel wird, gibt es ein paar Tipps, die du beherzigen solltest. Über angemessene Kleidung (die für dich „verträglich“ sein sollte) ist hier im Forum schon an anderer Stelle gesprochen worden). Den Blick musst du nicht senken, aber die jungen Männer vielleicht auch nicht zu direkt angucken – das könnte als Aufforderung (die du vielleicht gar nicht beabsichtigt hast) verstanden werden. Wenn dir jemand zu aufdringlich erscheint kannst du ihn in die Schranken verweisen, entweder mit dem Verweis auf den Respekt, der dir als anständige Frau gebührt, oder – wenn du es kurz haben willst – mit dem Hinweis darauf, dass du bereits „vergeben“, das heißt verheiratet oder in festen Händen bist. Das wirkt – meiner Erfahrung nach – immer, auch wenn es meiner feministischen Seele zutiefst widerstrebt, dass ich nur in Ruhe gelassen werde, wenn ich sozusagen der „Besitz“ eines anderen bin.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich rede hier von Dingen, die dir als allein reisende Frau auf der „Straße“ (und besonders in den großen Städten) begegnen können. Sobald du privaten Kontakt zu marokkanischen Familien/ Frauen/ Studenten hast, wirst du dort ohnehin überall mit Respekt behandelt und das beinhaltet auch, dass du nicht „angemacht“ wirst.

Ich wünsche dir eine gute Zeit in Marokko.