@rasjerry
"Die Hofstellen waren extrem verfallen, kaum ein Gebäudedach, das noch intakt war. Die Maschinen eigentlich núr noch Schrotthaufen. Offenbar keinerlei Investitionen seit Jahrzehnten."

Was erwartet man in einem Land in dem viele Menschen kein Geld haben. Ich kenne zahlreiche Handwerker in Meknes und Fes, welche gut arbeiten, ab nichts verkaufen können, weil die Kunden kein Geld haben. Dieses zieht sich durch die ganze Gesellschaft. Selbst in den Städten gibt es zahlreiche Wohnhäuser die defekte Dächer haben.


"Im weiteren Verlauf der Gespräche mit der Administration stellte sich heraus, das überhaupt kein Interesse daran besteht, z.B. eine höhere landeseigene Getreideernte zu erzeugen, da ein Import vom Weltmarkt wesentlich billiger ist."

Es ist so, dass der Brotpreis in Marokko staatl. subventioniert wird. Getreide gibt es auf den Weltmärkten, zu solch günstigen Preisen, dass eine eigen Produktion unrentabel ist. (Dumpingpreise der Industriestaaten: Die EU hält innerhalb der EU den Preis stabil hoch (künstlich); die Überkapazität geht zu Schleuderpreisen auf den Weltmarkt).

Intention von "Agripartenariat" sei vielmehr (ausländische) Investoren anzuziehen, die im Land aus einer Hand produzieren, verarbeiten und vermarkten, Arbeitsplätze schaffen und evtl. Exportkanäle öffnen."

Ein europäisches Unternehmen könnte z.B. billigst produzieren und dann die Güter nach Europa einführen. Ein rein marokkanisches Unternehmen muss hingegen viele Zollhürden überwinden.


"Ist dies der Ausverkauf maroder marokkanischer Staatsgüter? Ist dieser Sektor bald wieder im Zustand wie in der Protektoratszeit? War es ein Fehler, die Franzosen vom Land zu vertreiben."

Es ist die Chance für Marokkaner einen Arbeitsplatz zuerhalten. Ausländer sind dann halt wieder die Herren.

@Thomas

"es ist ueberall so, wie von Dir geschildert:
Sobald die "Kolonialherren" ein land verlassen hatten, war das, was sie aufgebaut hatten, dem Verfall preisgegeben."

Nein, es ist häufig so, es gibt auch um Meknes herum Betriebe die gut funktionieren.


Z.B. in Aethiopien hatten die Italiener hervorragende Olivenplantagen angelegt, die heute enorme Mengen an Oel erwirtschaften koennten. S etwas wuerde einem Land wie Aethiopien sehr gut tun. Statt dessen sie die Plantagen verwildert, abgeholzt und verweist."

Ich glaube da stimmt einiges nicht. Äthiopien hieß , früher Abessinien und wurde vom faschistischen Italien 1935 überfallen (Erithrea war vorher bereits italienisch). Landhungrige Kolonisten
sollten dort Zeugnis von der "Größe und Überlegenheit der römischen
Zivilisation" ablegen. Denn Mussolini wollte ein neues großes römisches Reich.
1934 wurde mit den Ausbau der Häfen in Massaua und Mogadischu. Von dort wurden Straßen Richtung Äthiopien gebaut. Flugplätze wurden gebaut.
Ohne Kriegserklärung drangen am 3. Oktober 1935 starke motorisierte
Verbände von Eritrea im Norden und Somaliland im Süden aus in Äthiopien ein.
Die als Zangenangriff angelegte Militäroperation nahm sich gewaltig aus. Auf
dem Höhepunkt der Kämpfe setzte Italien nicht weniger als 330 000 Soldaten
aus dem Mutterland und 87 000 Askaris ein. Weitere 100 000 Militärarbeiter
unterstützten das Heer, sie bauten Pisten und Brücken für den Nachschub. In diesem Krieg wurden Senfgasgranaten und Yperitbomben eingesetzt. Das ganze war für die einheimische Bevölkerung ein qualvolles Sterben. Nach der Entscheidungsschlacht von
Mai Ceu ließen Mussolinis Bomberpiloten am Ashangi-See große Mengen von Yperit über den geschlagenen Resten der kaiserlichen Garde niederregnen - und machten die Überlebenden mit Maschinengewehrfeuer nieder. Um Angst und Schrecken zu verbreiten, ließen die italienischen Generäle auch Flüsse, Seen, Wasserstellen, Pässe und Triften, Äcker und Felder und selbst
Viehherden besprühen. Wanderhirten und Bauern gingen qualvoll zugrunde, als sie mit ein paar Tropfen in Berührung kamen oder kontaminiertes Wasser tranken. Viele von ihnen erstickten. Das Yperit verursachte Blasen und Geschwüre am ganzen Körper und ließ die Opfer erblinden. Selbst Menschen, die nur leichte Vergiftungen erlitten hatten, starben oft, da es in den abgelegenen Gebieten des Hochlandes keine medizinische Hilfe gab.
1941 endete das italienische Kapitel in Äthiopien.
Welches bis dort hin zahlreiche Progrome an Äthiopiern ausübte.


"Fakt ist, dass es den afrikanischen Staaten heute am besten geht, wo der "europaeische Einfuss" am laengsten war."

Äthiopien war so ein Beispiel?
Nein europäischer Einfluß führte zur Zerstörung bestehender intakter Kulturen. Es wurden wahllos Grenzen gezogen, so dass solche Progrome wie in Ruanda entstanden konnten.
Kolonien dienten nur als billige Liferanten für die Kolonialstaaten. Waren die Staaten ausgeblutet, so waren sie dann uninteressant.

"Auch heute werden wiedereinmal in afrikanischen Laendern "boese weisse Grundbesitzer" von ihren Guetern verjagt. Der fuer die neuen "Besitzer" so schnell und ihne langwierige Arbeit erlangte Reichtum reicht in der Regel nur so lange, bis das vom Verkauf des Saatgutes erlangte Geld verbraucht ist. Dann liegt alles Brach."

Es stellt sich die Frage was kann man anbauen, was kann man dann verkaufen und wo von soll man leben können. Fakt ist: der Gütertransfer geht nur von den Industriestaaten in die 3. Welt. Der 3. Welt sind die Märkte aber verschlossen. Das ist das Problem.


"Leider ist es so, dass gerade deutsche Meinungsvervielfaeltiger einseitig ueber die Kolonialzeit berichten. Es ist stehts von Ausbeutern die Rede. Dass zu jener Zeit aber Strassen, Schulen, Fabikenund Wissen aufgebaut wurde, was noch heute hilfreich ist, wird verschwiegen oder anders dargestellt."

Ja, ich habe einseitig über die Kolonialzeit berichtet. Nein Äthiopien ist ein ganz dunkles Kapitel in der Kolonialzeit. Man kann sich nur schämen. Es stellt sich auch die Frage, ist es sinnvoll europäische Maßstäbe auf andere Kontinente zu übertragen?


"Ich denke an meine Zeit in Togo zurueck, wo sich nicht gerade wenige die Deutschen zurueck wenschten, denn dann, so waren sie sich sicher, ging es dem Land besser."
Viele Unternehmen in Togo sind im Besitz von Europäern. Hauptausfuhrprodukt ist Phosphor.
Togo hat bis heute bestehende Kolonialstrukturen.


"Selbststaendig sein wollen und selbststaendig sein koennen (auf internati. hohem Niveau) ist ein himmelweiter Unterschied, ein Mentalitaetsproblem wie ich meine."

Was ist das internationale hohe Niveau?
An der Mentalität liegt es eher nicht. Nein das Problem liegt darin, dass die Staaten die mal unter Kolonialherschaft waren, nur einseitig produzieren und die Weltmärkte ihnen verschlossen bleiben.

"D.h. nicht, dass ich die Kolonialzeit zurueckwuensche oder sie gutheisse. Sie war meiner Meinung nach auch nicht zu frueh, aber zu schnell, beendet worden."

Was soll das? Zu schnell beendet worden?
In Wahrheit ist es so, dass eine Rekolonisierung erfolgt. Der Kampf der Rohstoffe ist schon entfacht (Irak). Man stelle sich mal vor was wäre, wenn alle Erdölstaaten die Produktion stoppten und sagen würden, "wir wollen jetzt doppelt soviel Geld".
Sehr schnell würden die Armeen ausrücken, denn es ist ja "die Demokratie in Gefahr" oder es könnte
eine Gefahr entstehen "durch diese Staaten".


"Statt mit allzuviel Eifer die Europaer zu enteignen und aus dem Land zu jagen, haette man sich mit den Betreibern von Guetern auf Kooperationen zum gegensetigen Vorteil einigen sollen."
Dieses wird doch an Togo und anderen praktiziert.
Der gegenseitige Vorteil besteht darin, dass die ehemalige Kolonie das produziert, was die anderen brauchen. Es wird aber nicht das produziert, was man selbst braucht.


"Dies hoere ich auch haeufig von den Menschen in ehem. Kolonialstaaten."
Was sind die Ursachen? Es ist die bestehende Armut und die fehlende Perspektive.