einem besucher und nutzer dieses forums, der ein teil seines lebens in maroko verbracht und sich mit dem land auch anderweitig beschäftigt hat, fällt durchaus der umstand ein, dass die theologische auseindandersetzung einen erheblichen anteil an der diskussion und austausch in diesem forum einnimmt. ihm würden ferner einige andere fassetten des landes ausgeklammert scheinen, während wichtige aktuelle themen nur dann zu einer erwähnung bzw. behandlung kommen, wenn sie ein gewisses maß an sensation erreichen und in deutschen medien auch berücksichtigung finden.

spätestens in der diskussion über den feminismus ist dies mir deutlich geworden. während ich mich bemühte, über den arabo-islamischen schleier hinaus über die marokkanische gesellschaft aus meinem subjektiven blickpunkt zu berichten, stellten einige mitglieder sich fragen über meine arabischkentnisse und meinen kontakt zum land. hätte ich in dem land nicht bis zum ammnesalter studiert und gelebt, wäre ich dazu geneigt, einzulenken und aufzugeben, so überzeugend kommt es herüber, dass marokko eine reine islamische gesellschaft sei.

doch einige signale waren schon vor diesem austausch bezeichnend. zwei themen, die eine gegensätzliche behandung erfuhren dürfen dies bestätigen: der streit marokkos um die kleine insel "torah" und "wahlen". während das erste, welches eine form von sensation erreicht, und die medien selbst in deutschland teilweise beschäftigt hat (!), zu einer reichlich dynamischen und wie auch immer gearteten diskussion geführt hat, blieb das intial-posting von @moulay_ismail bezüglich whalen zunächst ohne echo. wahlen sind aber kein unwichtiges ereignis für ein land und, dass man im gegensatz zu anderen themen einige tage wartet, bis elementare informationen wie das datum überhaupt, an dem die wahlen statt finden, von dem einsteller des intialpostings selbst quasi siegreich vermittelt werden, darf doch auffallen. irgendwann ist dann eine art diskussin doch noch in gang gesetzt worden...

um welches vermittelte bild von marokko geht es in deutschland und diesem forum eigentlich? spricht man dem austausch hier eine representativität zu, müßte man von einer tief religösen und frommen marokkanischen gesellschaft ausgehen, in der die männer sich um das erlernen des koran und seiner interpretation wie tibetanische mönche bemühen und frauen an ihrem kopftuch und an korandogmen festkalmmern, und die in sich gravierende ethnische konflikte trägt, wobei eine arabische mehrheit eine mazighische unterdrückt.

das interesse an dem land und seiner gesellschaft leitet sich jedoch und paradoxerweise von seiner vielbeteuerten vielfal; das land der kontraste und widersprüche ist hier zwischen der islmaischen und amazighischen frage gehaftet.

wenn marokko und seine gesellschaft für die medien und öffentlichkeit in deutschland keine themen sind, dann bleiben die vermittler eines marokkobildes die jenigen menschen, die sich einen austausch über das land interessieren und es durch ihre berichterstattung, interessenprojezierung und gedanklichen schwerpunkte formen und färben: die hier lebenden marokkaner und einige deutsche.

die hier lebenden marokkaner kommen zu veilleicht 90% aus dem rif, einer der konservativsten und frömmesten gegenden marokkos überhaupt. anfang der 60er jahre, als deutschland gastarbeiter aus südeuropa und nordafrika rekrutierte, öffnete das land seine agenturen fast nur im norden des landes, um junge, kraftvolle und ledige männer nach deutschland für den bergbau und die stahlindustrie zu befördern. sie waren die erste generation der marokkaner in deutschland, deren nachfahren zur zeit die dritte generation bilden, die ihre sitten, traditionen und vor allem religion, wie es ausschaut, erfolgreich weitertragen.

man muß bis ende der 80er jahre warten, um den ersten gruppen marokkanischer studenten in deutschland zu begegnen, die auf ihrer seite häufig von städten wie kenitra, casablanca, rabat oder marrakesch und ihren umgebungen kommen.

auch ein teil dieser marokkaner kehrt irgendwan nach der ernüchterung zu "den wutzeln" zurück und fängt an, die religion und die eigenen traditionen und werte in den mittelpunkt zu rücken. dem anderen teil begegnet man weiterhin in kneipen und auf feten wie marhaba in köln usw. allen diesen gruppen marokanischer jugendlicher und studenten ist es gemeinsam, dass sie sich in der regel die deutschen sichtweise und sprachduktus aneignen. fragt man einen marokaner beispielsweise, was er in deutschland gut findet, antwortet er gleich wie ein deutscher "das grundgesetz"!

teil dieser sichtweise ist ohne zweifel ein gewisser gründlicher und möglichst nicht heuchlerischer umgang mit der eigenen religion. es ist es was u.a. erklärt, dass die ausübung der islamischen religion unter in deutschland lebenden marokkanern viel gründlicher sei als die der marokkaner in ihrer heimat. überhautp ist das stärkere festhalten an die traditionen und religionen der väter bekannt und auch bei anderen gruppen von ausländern wie bei türken schon beobachtet und gemessen.

das in der form so gewirbelte und religiöskonservative bild von marokko trifft auf ein entsprechendes bedürfnis von der deutschen seite nach begreiffung durch vereinheitlichung und normung. für die deutschen ist marokko ein orientalisches, islamisches land und teil einer arabisch-islmischen welt. nicht mehr und nicht weinger. was anders würde nur zur verwirrung und verkomplizierung beitragen. hin und wieder stolpert man auch auf die eine oder andere bekanntmachung oder veröffentlichung des orient-instituts in hamburg, was das orientalische bild abrundet und "wissenschaftlich" einbettet.

dieser umgang der deutschen mit dem ausland bzw. mit dem gegenüber hat sich historisch entwisckelt und begrenzt sich nicht auf marokko und die arabisch-islamischen gesellschaft, sondern betrifft den rest der welt und somit auch sogar die engsten nachbarn wie frankreich und polen.

die marokansiche gesellschaft, da wo sie zuhause ist, ist aber sehr vielfältig, kontrasthaft, widersprüchlich und pradox. sie bietet zwar eine arabisch-islamishce fassade an, die ihr soziales gewebe auch durchaus stärkt und koordiniert, versteckt aber in ihren ecken und höfen tausend wahrheiten und lügen. auch diese arabsch-islamische fassade ist so einheitlich nicht und sonst sind die stoffsorten der kopftücher für frauen nicht die tägliche hautbeschäftigung der marokkanischen gesellschaft.

aus meiner sicht sollte man sich mit dem land und seine gesellschaftbeschäftigen, und dafür die eigenen horizionte der neugier und der der suche erweitern, oder in sich kehren und das forum als eines für marokanische migranten in deutschland und deutsche touristen definieren.

gruß
jm
ps: mit den zeilen oben möchte ich keinem auf die zehe treten, sondern nur ein paar ungeordnete gedanknen, die mir zur zeit bzgl. des forums den kopf durchqueren, ausdrücken.