Hallo Uschen,
vieles was Du beschreibst, ist mir in den letzten 20 Jahren bis zum Machtwechsel auch aufgefallen oder bessr gesagt aufgestossen.
Sowohl Konsulatsbeamte als auch die Marokkaner in Deutschland haben sich beispielsweise nicht getraut, die von Dir angesprochenen Probleme öffentlich zu machen, oder sie haben es gerade plakativ gemacht, wie z.B. damals der Marokkanische Arbeiterverein in Düsseldorf oder andere oppositionelle Gruppierungen.
Zu Anfang habe ich diese Opposition nicht verstanden, aber im Laufe der Zeit wurde ich immer wieder eines besseren belehrt!
Nachdem ich Bücher wie von den Oufkirs, Perrault, Rami und andere gelesen habe, seitdem habe ich sogar die Gewissheit, daß diese Gruppierungen zu Unrecht verfolgt worden sind und irgendwie schäme ich mich heute dafür, daß ich diesen Leuten bewußt aus dem Weg gegangen bin!
Bis zu diesem Zeitpunkt gehen wir also konform!
Ab der Machtübernahme des jungen (und in meinen Augen fantastischen) Königs kann sich aber natürlich nicht sofort ALLES radikal verbessern, sondern bestimmte Strukturen müssen erst einmal aufgebrochen werden. Diese über Jahrhunderte aufgebauten Seilschaften verschwinden nun mal nicht über Nacht, sondern erfordern ein Maximum an Energie, und das besonders von den Intellektuellen Marokkos als Unterstützung des königlichen Programms zur Umstrukturierung Marokkos in einen wirklich freiheitlichen demokratischen Rechtstaat nach europäischem Vorbild! Und das wird auch noch Jahre oder realistischer Jahrzehnte dauern, bis Marokko die Erblasten abgeschüttelt hat bzw. die Bevölkerung soweit ist. Es gibt Schätzungen, die sprechen von ca. 50 Jahren, die Marokko Industriestaaten wie Deutschland hinterherhinken soll, obwohl es Teilbereiche z.B. in Casa gibt, wo der Modernismus den europäischen Touristen jetzt schon total überrascht!
Uschen, mach bitte nicht den Fehler, zurück zu schauen und laufend Vergleiche mit dem augenblicklich Erreichten anzustellen, sondern geh mit der Zeit und versuche mit Deiner sicherlich über die Jahre erworbenen Erfahrung und Kompetenz Dein Land und seinem Repräsentanten nach besten Kräften zu unterstützen!
Es sind nicht nur die Beispiele an den Grenzen, die ermutigen, mittlerweile hört man einiges, sei es günstigere Kredite für die Auslandsmarokkaner zur Ankurbelung der einheimischen Wirtschaft oder die Angst der Beamten "Rischuan/Cachwa" anzunehmen und dafür bestraft zu werden!

Marokko ist zur Zeit auf dem richtigen Weg (auch wenn es mal Rückschläge wie die Zensur der Zeitungen gibt) "und das ist auch gut so"!

Gruß Rainer