Liebe Sinka, eines solltest Du bei all Deinen Überlegungen berücksichtigen.

Ein Kind mit 6 Jahren kann seine Religion noch nicht entscheiden. Es wäre damit vollkommen überfordert. Ein "religiöses Bewußtsein" mit tatsächlichem Verständnis entwickelt sich in etwa ab dem 13. - 14. Lebensjahr, bei vielen erst ab Mitte 20.

Bis dahin geschieht alles, was das Kind möchte (z. B. in den christlichen Gottesdienst gehen, oder die islamischen Waschungen vornehmen), nicht aus Überzeugung für eine Religion, sondern aus Brauchtum, Tradition, und aufgrund der Nachahmung der Eltern/Familie.

In der Praxis sieht das so aus: Wenn Deine Tochter gerne in den Gottesdienst geht, dann vor allem, weil sie mit Dir etwas zusammen machen möchte.

Ein befreundetes bi-nationales und bi-religiöses Paar lebt die Religionsthematik so: Die Kinder erhalten Ethik-Unterricht in der Schule, zuhause werden einige der religiösen Traditionen aus beiden Religionen (z. B. Weihnachtsfest und Hammelfest) gelebt und beide Elternteile erzählen von ihren Religionen.

Seit etwa dem 10. Lebensjahr der Kinder (vorher wäre es zu verwirrend für sie) besuchen alle gemeinsam einmal die Moschee, und ein anderes Mal einen Gottesdienst. Die Betonung liegt auf "gemeinsam", damit zeigt jeder Ehepartner den Kindern die Wertschätzung der Religion des Partners.

Auf Wunsch der Eltern werden die Kinder einmal selber entscheiden, ob sie überhaupt eine Religion praktizieren und wenn ja, welche.

Aus meiner Sicht ist das eine große Erziehungsleistung - sie funktioniert aber aus meiner Sicht auch nur, weil die beiden eine sehr innige, wertschätzende, liebevolle Ehe-Beziehung pflegen, in der jeder der Ehepartner versucht, dem Anderen soviel Raum wie möglich zu geben. Nicht das Ego jedes Einzelnen steht im Vordergrund, sondern das Wohl des Anderen und das Wohl der Kinder.

Viele Grüße, Ulla


Viele Grüße, Ulla

"Ein Kind ist kein Gefäß, das gefüllt, sondern ein Feuer, das entzündet werden will" Francois Rabelais