Re: Texte aus Marrakesch
#19288
17/02/02 11:05 PM
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Blandina
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Hi Umniya,
schade da hättest Du mich mitnehmen können, wäre ja auf dem Weg Obwohl da wärst Du ja dann wohl hingeflogen, und so mobil bin ich dann doch nicht.
Viele Grüsse
give peace a chance.
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Re: Texte aus Marrakesch
#19289
19/02/02 11:29 PM
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Hallo, kann uns Jemand einen kleinen Bericht über diese Lesung und die literarische Qualität schreiben ? Danke Mohand
Tidt n umya!
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Re: Texte aus Marrakesch
#19290
20/02/02 05:32 PM
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Hallo, hat Jemand diese Lesung besucht ? Danke für eine Antwort. Mohand
Tidt n umya!
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Re: Texte aus Marrakesch
#19292
21/02/02 03:22 PM
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Hallo,
die Titel der Bücher von Hans-Werner Geerdts lauten - neben "Yahya Marrakesch" (nicht mehr lieferbar) - "Petroglyphen - Homochiffren", Verlag Nieswand, Kiel 1997 und "Landeinwärts vom Berberdorf ins Safranland", Verlag Nieswand, Kiel 2000. Aus diesen drei Büchern hat er auch, soweit ich das verfolgen konnte, gelesen. Außerdem hatte er noch drei oder vier sehr schöne Bilder ausgehängt. Gruß, Elke
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Re: Texte aus Marrakesch
#19293
22/02/02 10:17 PM
22/02/02 10:17 PM
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Salam a Si Mohammed, ich dane Dir und Faust für die Antwort. Die Lesung war wirklich sehr kurz. Ich war auch dabei und meine Fahrt von Münster nach Düsseldorf hat sich nicht gelohnt.Ich wollte nach der Lesung mein Eintrittsgeld ( 5 Euro ) zurückbekommen, aber es ging leider nicht. Das Bild über den Tisch, wo er gelesen hatte, fande ich sehr interessant ( Tanzende Gnawa-Musiker ). Die Dame von der Deutsch-Marokkanischen Gesellschaft war zwar ganz nett, aber sie konnte nichts über ihn erzählen. Dies tat der Leiter des Metjens-Museeum, der den Autor vorgestellt hatte und ab und zu vom Geerdts in einigen Sachen korrigiert worden ist. Beide scheinen sich gut zu kennen und deshalb gab es eine Werbung für Gerrdts " Als Weltkünstler / Europäischer Künstler ", die ich daneben fand. Ich war so entäuscht, dass ich auf den Tee und Gebäck , die angekündigt worden war, verzichtete und nur zum Parkplatz gehen wollte. Die Lesung fand in einem Raum, der rechts liegt; links davon gab es eine Keramikausstellung u.a islamische Keramik. Dies alles soll Dir und Faust nur beweisen, dass ich auch dort war. Mit meiner Frage wollte ich eigentlich nur andere Urteile über diese Lesung hören. Anscheind habt ihr beide nicht ganz darauf geachtet , WAS erzählt worden ist und WIE er seine Texte vorgetragen hat. Mich hat eigentlich seine Sprache und den Stoff interessiert und nicht so sehr ob er nett oder nicht ist. Ich bin 140 Km gefahren , um seine Texte zu hören. Ich habe mit Sicherheit einen anderen Geschmak als Du und andere , was ganz normal ist,aber meine Entäuschung über seine Texte will ich Dir und den anderen erzählen Seine Texte würde ich folgendermassen nennen : Schwachsinnige deutsche Texte aus Marrakech nennen ". Warum ? Literatur ist zunächst eine Sprachanstrengung, die zum Stoff passen muß. Ich glaube, dieser Mensch ist ein guter Maler aber kein Schriftsteller. Wenn Jemand 39 Jahre !!!! in Marrakech lebt und immer noch die Augen eines Touristen besitzt, dann ist er trotz seinen 39 Jahre immer noch ein " Ausländer , der es nicht geschaft hat, sich einen anderen Einblick in die marokkanische Gesellschaft zu verschaffen. Wenn einem Touristen , der höchstens 2 Wochen in Marokko verbringt, Schuhputzer , Armut , Schmutz usw...besonderes auffalen und ihn nicht loslassen, dann habe ich dafür Verständnis.Aber von einem Menschen, der 39 Jahre dort lebt und sich mit KUNST befasst, erwarte ich eine andere Sicht und einen anderen Einblick als die Touristen. Was seine Erzähltechnik angeht, hat er mich ein bisschen an alte ethnologische Texte erinnert, die weder literarische noch wissenschaftliche Texte sind sondern eine Gattung für sich. Eine arme Frau zu beschreiben, die ihr Rücken nach Urin stinkt, weil ihr kleiner Sohn, den sie auf dem Rücken trägt, gepinkelt hatte, zeigt, dass dieser Herr nichts zu erzählen hat. Eine ähnliche Situation( Auf der Brust ) habe ich mehrmals bei Frauen mit Kindern auch hier erlebt. Ich könnte über die andere Texte sprechen ( Autoraserei und Schokolade / Gold und Kinder / Verkäuferin auf dem Markt ), die er gelsen hat, aber ich erspare es den neugierigen LeserInen lieber, weil sie , erstens, stoffmäßig schelcht sind und zweitens , sehr schlecht erzählt worden sind. " Die Stimmen von Marrakech "( Elias Canetti ) machen aus gewöhnlichen Begegnungen interessante und lässt durch arme Menschen auf dem Jamea El-fna ( Bettler und Blinde ) Fragen stellen, die alle Menschen betreffen, gleichgültig , ob sie in Deutschland oder in Japan sind. Die Texte von Herrn Geerdts sind , literarisch gesehen , sehr schwach und den Stoff , den sie bearbeiten wollten, ist überhollt und nur für Exoten von Wichtigkeit ist. Es gibt alte interessantere Berichte über Exotischen Erlebnisse als die ich am 19.02.2002 in Düsseldort gehört habe. Es war weder eine Werbung für Marrakech noch für den Autor. Es war eine Erniedrigung der armen Menschen und ich vermute , die Verantwortlichen der DMG haben die Texte gar nicht verstanden. Sie wollen nur Werbung für Marrakech machen ! Das war eine gute Werbung ! Ich habe öfter Lesungen besucht und habe nie erlebt, dass ein Autor froh war, nicht mehr lesen zu müßen. Ich war erstaunt, dass er schnell wie möglich aufhören wollte. Und ich war sehr sauer als ich er sagte, " ich will Ihnen grausame Geschichten ersparen, sie wollen ja schließlich das Buch kaufen ". Grausamme Geschichten gibt es überall, aber von einem Menschen , der sage und schreibe 39 Jahre lang in Marrakech lebt , habe ich einfach etwas anderes erwartet, als jene schwasinnige Texte. Zum Schluß möchte ich auf einige Sachen hinweisen, die mir aufgefallen sind. Bemerkenswert fande ich die große Zahl der Frauen bei der Lesung, die alles beklatscht hatten und nur davon begeistert waren, dass er DEUTSCHER 39 lang in einer fremden Kultur lebt !! Die Marokkaner scheinen sich nicht für Literatur zu interessieren. ( 4 bis 5 Marokkaner ist zu wenig ) Bemerkenswert, fande ich auch die Frage eines jungen Marokkaners ( Der einzige , der gefragt hat )Er hat Herrn Geerdts gefragt, ob er nach 39 Jahre auch Arabisch oder Marokkanisch sprechen und schreiben könne. Herr Geerdts Antwort war eine Katastrophe : Nach 39 Jahre kämpfe er immer noch mit der richtigen Aussprache von " Sabah el-chir / Guten Morgen " und das er sich darüber schäme. Wenn einer 39 Jahre in einem Land lebt ohne die Sprache ( oder Sprachen ) des Landes zu sprechen, wie könnte man über dieses Land berichten ? Und wie kann man in die Gesellschaft hineinschauen ? Wie würde ein alter Marokkaner oder Türke , der 40 Jahre in Deutschland ohne das Deutsche lebt, über Deutschland berichten ? Deutsche sind Biertrinker / Bratwurstesser / Weißwurstfresser / Unfreundlich / Rasisten usw.... also all die Klichees und Vorurteile, die alle Menschen kennen ! Dieser Mann, Herr Geerdts, ist troz seiner 39 Jahre in Marrakech ein Fremder geblieben und der nur mit Franzosen ( mit meinem gewissen Bertrand ! ) zu tun hat. Es mag sein , dass er ein guter Maler oder ein netter Kerl ist , aber für mich als Marokkaner und Deutscher ist er eine Katastrophe für die Kunst in Marrakech. Anstatt über das Kulturleben in der Stadt zu berichten, wollte er noch weitere Schwachsinnige Geschichten mit einigen Deutschen erzählen , die Haribo von ihm bekamen und einen Flugplatz in Zagora suchten. Ich war froh als ich draußen vor dem Eingang/Ausgang eine ältere deutsche Dame traf, die empört war über seine Texte und seine " literarischen Augen "( Zitiert nach der Dame ). Die Dame erzählte mir, sie sei mehrmals in Marrakech gewesen und erlebe neben den touristischen Atraktionen usw.... ganz andere Eindrücke in der Stadt. Auf meine Frage, ob sie auch andere literarische Texte über Marrakech kenne, sagte sie zu mir : " Ich habe Hubert Fichtes Text und Elias Canettis " Stimmen...." gelesen " und sie hätte mehr aus diesen Texten gelernt als aus dem , was der Herr, auch nach 39 Jahren, zu erzählen versuchte. Auf meine Frage, warum soviele Frauen bei der Lesung waren, sagte sie : " viele Frauen verbinden mit Marokko nur das Exotische und die Sehnsucht , von Kunst und Literatur haben sie keine Ahnung . Sie empfinden eine Symatie zu Marokko, die auf falsche Beurteilung des Landes beruht ". Dieses Gespräch fand auf dem Weg zum Parkplatz , wo ich und zufälligerwise auch diese Dame , geparkt haben. Die Dame kam wegen der Lesung aus Köln. Ich habe ihre rechte Hand geküßt , mich von ihr freundlich verabschiedet und bin Richtung Münster losgefahren. Und weil ich so entäuscht war, habe ich sofort nach meiner Ankunft ( um 22Uhr29 ) meine erste Frage hier geschreiben und gebetten, dass ein anderer einen kleinen Bericht über diese Lesung zu schreiben. Gruß und gute Nacht Mohand
Tidt n umya!
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Re: Texte aus Marrakesch
#19295
22/02/02 11:55 PM
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Hallo Mohand, ich kann über den Vortrag nicht urteilen, kann Dich aber verstehen. Nur eine Frage. War dieses Erlebnis mit der älteren Dame nicht die Reise von Münster wert ? Auf alle Fälle wird es Dir ein unvergessenes Erlebnis bleiben. Viele Grüsse
give peace a chance.
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Re: Texte aus Marrakesch
#19296
23/02/02 12:27 AM
23/02/02 12:27 AM
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Hallo Sabina, meine Kritik bezieht sich ausschließlich auf die literarische Qualität der Texte, die er in Düsseldorf gelesen hat. Ob er für ein Dorf einen Brunnen gebaut hat oder nicht, dass ist ich hier nicht die Frage. Bitte vermischen und verwechseln Sie nicht Persönliches und Sachliches. Ein Mensch kann sehr freundlich und nett sein, aber wenn er in der Sache( Literatur) nichts zu sagen hat, dann soll er es lassen und lieber malen. In einer Lesung interessiert mich in erster Linie , ob der Autor schreiben und interssantes erzählen kann oder nicht.Wer das ist und was er macht, das ist für mich sekundär und das ist nicht das Kriterium, wonach ich einen Autor zu beurteilen habe. Thomas Mann hat gesagt " Wenn einer einem Volk gehören will, muß er seine Sprache lernen und schreiben ". Ich gehöre dem deutschen Volk , sprachlich gesehen, seit 1993 und erwarte es von einem Menschen , der seit 39 JAHRE in Marokko lebt, auch. Und das ist nicht viel verlangt !! Gruß Mohand
Tidt n umya!
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Re: Texte aus Marrakesch
#19297
23/02/02 01:21 AM
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Liebe Ute, Du hast vollkomen recht und ich werde es nie vergessen, wie sie mit ihrer reinländischen Ausprache ihre Entäuschung über die Lesung und ihre Begeisterung über Marrakech zum Ausdruck brachte. Sie war eine fabelhafte Dame. Ihr Lächeln und ihre Erklärungen werde ich immer in meinem Gedächnis behalten. Das waren wirklich köstlichkeiten. Sie schien viel belesen zu sehen.
Heute hätte Arthur Schopenhauer seinen 214 Jährigen Geburtstag gefeiert und aus diesem Anlaß möchte gern einige Passagen von Schoepnhauer zitieren, die mit Literatur und Schriftstellern zu tun haben: Er schrieb im Jahre 1851 über Schriftsteller und Literatur folgendes : " Einem Schriftstller gebührt nur dann der Name > GROSS <, wenn er ohne Rücksicht auf die herrschenden Abwege und Irrtümer seiner Zeitgenossen oder die Absichten der Machthaber einzig dem rechten und Wahren und Echten nachgeht, unbekümmert über den dadaurch verschertzten Beifall seiner Zeit oder seine persönliche Wohlfahrt. Die Schriftsteller kann man einteilen in Sternschnuppen , Planeten und Fixsterne.- Die ersteren liefern die momentanen Knalleffekte : Man schaut auf, ruft > siehe da ! < , und auf immer sind sie verschwunden. Die zweiten, also die Irr- und Wandelsterne, haben viel mehr Bestand. Sie glänzen , wiewohl bloß vermöge ihrer Nähe, oft heller als die Fixsterne und werden von Nichtkennern mit diesen verwechselt. Inzwischen müssen auch sie ihren Platz bald räumen, haben zudem nur geborgtes Licht und eine auf ihre Bahngenossen ( Zeitgenossen) beschränkte Wirkungsphäre.Sie wandeln und wechseln: Ein Umlauf von einigen Jahren Dauer ist die Sache. Die dritten allein sind unwandelbar, stehn fest am Firmament, haben eigenes Licht , wirken zu einer Zeit wie zur anderen , indem sie ihr Ansehen nicht durch die Veränderung unsers Standpunkts ändern, da sie keine Parallaxe haben. Sie gehören nicht, wie jene andere , EINEM systeme ( Nation ) allein an , sondern der Welt. Aber eben wegen der Höhe ihrer Stelle braucht ihr Licht meistens viele Jahre, ehe es dem Erdbewohner sichtbar wird " Arthur Schopenhauer 1851
Gute Nacht Mohand
Tidt n umya!
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Re: Texte aus Marrakesch
#19298
23/02/02 01:40 AM
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Sie schien viel belesen zu sein !!!
Tidt n umya!
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Re: Texte aus Marrakesch
#19299
24/02/02 01:46 PM
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umniya
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Mohand,
Geerdt hat eine moderne Schriebart. er hüttet sich vor Interpretationen und hält greifbare momente fest. er verfährt dabei teilweise ethnographisch, diese Art des schriebens sehe ich als die neutralste, weil nicht voreingenommen und kaum mit vorprägungen arbeitet. der einfluß seines hamburger freundes Hubert Fichte und dauergast in seinem riad in l´mouassin ist spürbar. Fichte ist der ethnograpische schriftsteller per exelence. sein roman: der Platz der geköpften" gemeint jamaa el fnaa hat einenn höhen wert, nämlich einen dokumentarischen wert. genauso in der art hat sich Geerdt das Schreiben zugetraut und ich würde sagen, mit erfolg. ich gehe bei diesem urteil ohne normatives literaturverständnis,d.h. ohne aus der literatur eine " moralische anstalt" zu machen, deren finalität die ästhetische erziehung des konsumenten sein sollte.
ich persönlich bekomme im Geerdt werk, sprachliches wie künstlerisches, unendliche denkanstöße, die bis zu einem gewissen punkt auf mich bereicherend ausgewikt haben. ein Beispiel: wenn Geerdt die bewegungen der menschen auf jamaa el fanaa zum zentralen punkt seiner "betrachtungen" macht, dann tt er das vergleichend mit bewegungen der menschen in seinem herkunfstkulturraum und findet heraus, dass auf dem jamaa el fana leine Liniaritär der bewegungen zu sehen ist. man bewegt sich auf dem platz in alle richtungen und es finden zahlreiche kreuzungen und zwagläufige begegnungen. Geerdt vermißt sie in seinem kulturraum, wo er ehe bewegungen gangsraten feststellt, die fast militarisert sind und zielgerichtet sind. es ist zweifellos ein interessanter vergleich mit dokumentarischem wert im kulturanthropolischen sinne. für diese art des schriebens ist man nicht auf die beherrschung der landessprache angewiesen, obwohl man sie nur noch als geräusch wahrnimmt, wie das canetti in seinen skizzen " stimmen von marrakesch" tat. und gearde dies dient dem schreiben enorm. würde ich jetzt geerdt mit Schoepnhauers kategorisierung betrachten, dann ist er ein prototyp des schriftstellers als " irr-und wandelstern". Geerdt hat nie den Anspruch erhoben, die sphäre der literatur zu " überfallen". Was er geschrieben hat, sind aufgefangene momente, so wie sie wirklich waren. die frau mit dem kind auf dem rücken ist doch uns allen bekannt. es ist hier abschätzung der armen, sondern festhalten ihres alltags in schriftlicher form, zumal die die in marokko dominierende kultur solche szenen nicht mag und sie nicht bewahrt.
umni
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Re: Texte aus Marrakesch
#19300
24/02/02 01:54 PM
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umniya
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Mohand,
Geerdt hat eine moderne Schreibart. er hüttet sich vor Interpretationen und hält greifbare momente fest. er verfährt dabei teilweise ethnographisch, diese Art des schreibens sehe ich als die neutralste, weil nicht voreingenommen und kaum mit vorprägungen arbeitet. der einfluß seines hamburger freundes Hubert Fichte und bis zu seinem Tod dauergast in seinem riad in l´mouassin ist spürbar. Fichte ist der ethnograpische schriftsteller per exelence. sein roman: der Platz der geköpften" gemeint jamaa el fnaa, hat einenn höhen wert, nämlich einen dokumentarischen wert. genauso in der art hat sich Geerdt das Schreiben zugetraut und ich würde sagen, mit erfolg. ich gehe bei diesem urteil ohne normatives literaturverständnis aus, d.h. ohne aus der literatur eine " moralische anstalt" zu machen, deren finalität die ästhetische erziehung des konsumenten sein sollte.
ich persönlich bekomme im Geerdts werk, sprachliches wie künstlerisches, unendliche denkanstöße, die bis zu einem gewissen punkt auf mich bereicherend ausgewikt haben. ein Beispiel: wenn Geerdt die bewegungen der menschen auf jamaa el fanaa zum zentralen punkt seiner "betrachtungen" macht, dann tut er das vergleichend mit bewegungen der menschen in seinem herkunfstskulturraum und findet heraus, dass auf dem jamaa el fana keine Liniaritär der bewegungen zu sehen ist. man bewegt sich auf dem platz in alle richtungen und es finden zahlreiche kreuzungen und zwangläufige begegnungen. Geerdt vermißt sie in seinem kulturraum, wo er ehe bewegungen und gangsraten feststellt, die fast militarisiert sind und zielgerichtet sind. es ist zweifellos ein interessanter vergleich mit dokumentarischem wert im kulturanthropolischen sinne. für diese art des schreibens ist man nicht auf die beherrschung der landessprache angewiesen, obwohl man sie nur noch als geräusch wahrnimmt, wie das canetti in seinen skizzen " stimmen von marrakesch" tat. und gearde dies dient dem schreiben enorm. würde ich jetzt geerdt mit Schoepnhauers kategorisierung betrachten, dann ist er ein prototyp des schriftstellers als " irr-und wandelstern". Geerdt hat nie den Anspruch erhoben, die sphäre der literatur zu " überfallen". Was er geschrieben hat, sind aufgefangene momente, so wie sie wirklich waren. die frau mit dem kind auf dem rücken ist doch uns allen bekannt. es ist hier keine abschätzung der armen zu sehen, sondern festhalten ihres alltags in schriftlicher form, zumal die die in marokko dominierende kultur solche szenen nicht mag und sie nicht bewahrt.
umni
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Re: Texte aus Marrakesch
#19301
24/02/02 05:28 PM
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Hallo,
ich hätte nicht gedacht, dass unsere Veranstaltung eine solche Diskussion anregt. Freue mich aber darüber. Erst mal - vor allem an Mohand - eine Entschuldigung für die Kürze der Lesung. Das war so nicht geplant. Hans-Werner Geerdts ist ein älterer Herr (ich glaube er ist 77) und ein Krankenhausaufenthalt stand unmittelbar bevor. Es ging ihm nicht sehr gut und er hatte Schwierigkeiten mit seiner Stimme (deswegen konnte man in den hinteren Reihen auch sehr schlecht verstehen).
Ich persönlich schätze Geerdts auch mehr als Maler, denn als Schriftsteller. Ich denke aber, das ist Geschmackssache und er ist heute eine der "Stimmen von Marraksch", die eines Emigranten einer bestimmten Generation, einer bestimmten (individuellen) Geschichte. Wenn man die Migrtationsliteratur in Deutschland betrachtet, ist diese ganz sicher auch zum Teil voller Klischees. Der Unterschied ist, dass wir inzwischen in Deutschland eine vielfältigere Migrationsliteratur haben, in der zahlreiche Stimmen nebeneinander stehen. Bezüglich Marokko bin ich da auch immer noch auf der Suche und dankbar für Literaturempfehlungen. Ich empfinde Canetti an einigen Stellen übrigens auch als "orientalisierend".
Auch zur arabischen Sprache hier noch eine Bemerkung: Ich denke Geerdts bedauert es wirklich, nicht richtig Arabisch zu können. Ich fand die Frage aus dem Publikum anregend besonders im Hinblick auf die leidige Diskussion hier in Deutschland. Nicht jedem Menschen ist das Glück beschieden, im erwachsenen Alter noch eine Fremdsprache zu lernen, schon gar nicht eine so schwere wie Arabisch oder Deutsch. Vielleicht sollte man durch das Beispiel Geerdts (ja immerhin ein Intelektueller) mehr Verständnis für in Deutschland lebende Migranten (gleich welcher Muttersprache) entwickeln, die sich mit dem Erlernen der deutschen Sprache schwer tun. Aus meiner Erfahrung als Deutschlehrerin weiß ich, dass es oft nicht an mangelndem Interesse liegt, sondern tatsächlich manchmal an der Schwierigkeit der Sprache scheitert.
Ich denke Hans-Werner Geertds liebt Marokko auf die ihm eigene Art und er drückt es auch auf seine Art aus. In einem Land zu leben, heißt aber nicht allem kritiklos gegenüber stehen zu müssen, das wäre eine erschreckende Forderung. Und über Armut zu schreiben, heißt nicht diese zu verachten. Ob man das für gute Literatur hält, ist eine andere Frage. Gruß, Elke
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Re: Texte aus Marrakesch
#19302
24/02/02 07:52 PM
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Ahlan a Si Umniya, " eine moderne Schreibart " als eine literarische Kategorie gibt es nicht. Entweder kann einer schreiben oder er kann es nicht. Einige ältere Schriftsteller ( Robert Musil : 1880-1942 ) sind moderner im Sinne der Sprachanstrengung und Abbildung der Realität als die heutien " neuen " Schriftsteller , welche jedes Jahr von bestimmten Verlagshäuser erfunden werden und sie dazu bewegt, so zu schreiben, wie man spricht ! Und das nennt man moderne Literatur heute ! Er ist kein Schriftsteller und das haben einige Besucher festgestellt, die sich mit Literaturen einigermassen auskennen. Er ist ein guter Maler und das finde ich gut. Die Erfahrung Hubert Fichte mit anderen Sprachen und Kulturen hat ihn dazu geführt sich intensiv mit den jeweiligen Kulturen auseinanderszusetzen.Man kann ihn nicht mit Geerdts vergleichen ! Hubert Fichte war überzeugt davon , dass erst wenn man weiß, wer die anderen sind, man auch weiß, wer man selbt ist ! Und das beginnt aus seiner Sicht mit der Sprache. Der erste ist ein Ethnopoet und Lyriker und der zweite ist ein Maler, der nicht schreiben kann. Vielleicht sieht Geerdts Fichte als seinen Vorbild an , aber Fichte fühlt sich als Halbwaise ,Halbjude und Homosexuller dafür prädistiniert zu sein, mit dem europäischen Enthnozentrismus , der europäischen Identitäts-Lüge und der Exotismus-Freude ins Gericht zu gehen, was Herr Geerdts in diesen schwachsinnigen Texte aus Marrakech, für mich jedenaflls , immer noch verstanden hat. Was Fichte anprangerte skizziert Geerdts für einen Verleger, der an die Bilder Geerdts interessiert ist und sie unbedingt mit Texten verkaufen will. Es ging ihm nicht darum , Tabus zu beschreiben , sondern für seinen Verlag einige Texte zu den Bildern zu schreiben. Und hier hatte er sich getäuscht. Es ist einfach kein Schrifsteller ! Und Schrifsteller-Sein ist kein Beruf , sondern eine Berufung. Fichte war , aus seiner Biographie heraus, zum Lyriker berufen. Arthur Schopenhauers Zitate, habe ich nur erwähnt , damit einige an ihn denken und nicht vergessen. Es gib Schrifsteller, " die der Sache wegen , und solche , die des Schreibens wegen schreiben. Jene haben Gedanken gehabt oder Erfahrungen gemacht, die ihnen mitteilenswert scheinen; diese brauchen Geld , und deshalb schreiben sie, für Geld. Und das " große Publikum meint, es sei mit den Büchern wie mit den Eiern : sie müßen frisch genossen werden; daher greift man stet nach dem Neuen. ( Arthur Schopenhauer )
Mohand
Tidt n umya!
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Re: Texte aus Marrakesch
#19303
24/02/02 08:19 PM
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Faust, es gibt keine" schwere " oder " leichte " Sprache ! Mann kann nur bereit sein, eine Sprache zu erlernen, oder nicht. Was Thomas Mann gesagt hat, gilt immer noch und überall. MigrantInen, die hier die Sprache nicht erlernen, leben " ausserhalb " der deutschen Gesellschaft und schaden sich und ihre Kinder. Und ein " Intelektueller " , der sich in dem Land X nicht verständigen kann, bleibt ein Tourist oder stummer Gast. Wenn Sie meinen Herr Geerdts sei ein Intelektueller in Deutschland , dann sage ich dazu lieber nicht. Aber meine Kritik hat in erster Linie mit der Qualität seinen Texte zu tun. Was die Frage des jungen Marokkaners anbetrifft und dass sie die Disskusion ein wenig angeregt haben soll, dann sage ich Ihnen dazu folgendes : Nachdem der junge fertig war, sprang eine Tante , die vor dem Raumeingang stand , und sagte mit einer überheblichen Stimme : " Ob , Sie( Geerdts) nun Arabisch können oder nicht, das ist unwichtig , hauptsache , Sie haben das alles so wunderbar für uns erzählt und geschildert ". Nach diesem Blablabla wurde die Lesung beendet und wäre er an einer ernshaften Diskussionen interessiert gewesen , hätte ich ihm erzählt, warum es manchmal besser ist, Maler zu bleiben und das Schreiben anderen zu überlassen. Mohand
Tidt n umya!
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Re: Texte aus Marrakesch
#19305
26/02/02 09:18 PM
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Lieber Mohand, warum sind Sie dann nicht nach der Lesung geblieben und haben mit den Leuten gesprochen? Ich hätte mich beispielsweise gerne mit Ihnen unterhalten.
Von der "deutschen Gesellschaft" und wer dazugehört und wer nicht scheinen Sie, im Einklang mit manchem hiesigen Politiker, ein recht klares Bild zu haben. Die Menschen haben aber, ich bleibe dabei, unterschiedliche Sprachniveaus und verschiedene Begabungen neue Sprachen zu lernen. Das trifft gerade im Erwachsenenalter zu und ist in der Sprachlehrforschung wohl auch unbestritten. Wenn es keine leichten oder schweren Sprachen gibt, so gibt es Menschen, denen es leicht fällt Sprachen zu lernen und solche denen es sehr schwer fällt. Das hat nicht unbedingt was mit Intelligenz zu tun und auch nicht zwangsläufig mit Motivation, obwohl beide zum Lernprozess natürlich erheblich beitragen. Ich will mich hier nicht zur Verteidigerin von Herrn Geerdts aufschwingen, aber ich glaube er kann auch mehr Arabisch als er zugibt. In gewissen Kreisen in Marokko ist es im Übrigen gar nicht so leicht seine Sprachkenntnisse anzuwenden. Ich habe es selbst erlebt, dass mir Leute (wohl gemerkt in gewissen Kreisen) hartnäckig auf Französisch geantwortet haben, obwohl mein Arabisch besser ist als mein Französisch.
Und als letzte die vielleicht noch etwas provozierende Frage: Gehören Berber, die kein Arabisch sprechen auch nicht zur marokkanischen Gesellschaft? Und wie stets mit Leuten, die gar nicht sprechen können??
Maa salam, Elke
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Re: Texte aus Marrakesch
#19308
27/02/02 09:20 PM
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Hallo zusammen, im Prinzip hat jeder von uns Recht, weil jeder/jede die Welt und die Themen subjektiv ( d.h aus seinen Erfahrungen heraus ) betrachtet. Der Unterschied zwischen Menschen in ihrer Beurteilung hat aus meiner Sicht , erstens, damit zu tun, WAS und WORÜBER man gelesen und gedacht hat und , zweitens, ob man selber eine Sprach- oder Sprachenerfahrung gemacht hat. Wer keine Spracherfahrung gemacht hat kann einfach nicht literarisch schreiben. Lichtenberg , ein großer Physiker und Schritsteller schrieb im 18 Jh. : " ich bin nach England gegangen, um Deutsch gut und schön schreibenzulernen ". Herr Geerdts ist eín Maler und PUNKT.
Liebe Frau Faust, es gibt keine einzige Spracherwerbstheorie, welche besagt, dass für die Erlernung einer Sprache ein " bestimmtes Sprachniveau " und eine gewisse " Begabung " Vorausetzungen sind ! Alles, was man braucht, hat man von Geburt an und ist uns von Natur gegeben. Das Sprechen / das Denken / Das Gehen usw.... Für das Sprechen haben wir von der Natur Sprechorgane : Mund / Gaumen / Lunge / Zähne usw.... und ein Sprachzentrum ( Über dem linken Auge bzw. dem linken Ohr ). Dass Spracherlernung im Erwachsenenalter langsam vorangeht als im Jungendalter ist bekannt und bestreiten wir doch nicht.Eine Schnecke bräuchte , wenn sie von Düsseldorf nach Münster gehen würden, zwar etwas länger als einen Vogel, sie würde aber in Münster auf jedenfall ankommen , wenn sie WILL und ihr unterwegs natürlich nichts passierte. Ihre Frage bezüglich der Berber und Arabisch finde ich, wie Sie selbst gesagt haben, ein wenig provokativ. Ich bin ein Amasir ( Berber ) aber wir sprechen hier nicht über die Sprachpolitik in Marokko , sondern über Geerdts Texte.
Etaws allgemeines :
Die wahre und schöne Kunst (Literatur/ Dichtung / Lyrik )ist die, welche zwei Fragen zu beantworten versucht: WAS IST DAS LEBEN ? WOZU LEBEN WIR ?
Eine enthnologische KUNST , ethnologische-oder Migrantinenliteratur ist keine KUNST oder Lietartur im obigen Sinne, sondern etwas, was folkloristischen bzw. exotischen und journalistischen Charakter hat. Es gibt natürlich eine Ähstetik der Exotik, aber die wichtigste Frage lautet : Was können MarokkanerInen oder andere " Exoten " mit dieser Ähstetik anfangen ? Und wie sollen sie betrachten ! Ich jedenfalls, sehe jede ethnologische Literatur oder Kunst als eine Verschönerung eines Menschen, den wir heute nicht mehr als Barbarisch, sondern exotisch hinmalen und beschreiben. Stellen Sie sich einfach mal vor, wenn Deutsche als Exoten dargestellt werden ! Wie würden z.B Deutsche reagieren ? Damit meine Ausführungen nicht abstrakt bleiben gebe ich ein Beispiel, was mit dem Opferfest zu tun hat. Die Darstellungen eines " Orientalen " , der ein Opferfestes im " ORIENT " feiert , werden in der ethnologischen Literatur ( auch in der Kunst ) poetisch und lyrisch so bearbeitet und behandelt, dass man eine gewisse Sehnsucht und Neugier dabei empfindet. Man empfindet sogar eine Ähstetik darin und entwickelt sogar eine falsche Nostalgie. Der Orientale aber , der in Köln oder München für das Opferfest einen Widder schlachtet ist schlicht und einfach ein BARBAR !. Mir geht es um das Frembewußtsein und seine Auswirkungen auf Menschen.
Zurück zu Arabisch und Geerdts :
Wir sind uns doch alle darüber einig, dass erst die Erlernung der Sprache/Sprachen eines Landes den WAHREN Einblick in die jeweilige Gesellschaft ermöglicht, weil man dadurch neue Brillen bekommt. Darum geht es mir , wenn einer etwas über das Land X scheiben will. Wenn einer nur Malen will, dann kann er es doch machen.Ich habe nichts dagegen.
Ich glaube, wir sind an einem Punt gelangt, wo wir nichts mehr zu diskutieren haben. Zum Glück sind die Menschen unterschiedlich und die Geschmäker auch. Gruß Mohand
Tidt n umya!
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